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Adorker Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Dreizehntem Jahrgang. . P«i, für »en Jahrgang dri «etzellung »an der Post: t Thaler, bei Bestellung def Blatte« durch Botengelcgenbett 2» NeugrosHen. 10 s. März 1848» Was ist geschehen und was ist zu thun? - Wir haben unseren Lesern in den lezten beiden Nummern „Bilder aus der Ferne" gegeben und ihssen in solchen Zustande anderer lculscher Provinzen vvr- gefuhrt, die unter kirchlichem und politischem Druke schmachten (gleichsam als bliebe für uns selbst gar nichts wehr zu wünschen übrig). Gerade aber in dem Augcn- Hlike, wo wir diese Bilder zu emfalten begannen, ent- hviselten sich, in noch grösercr Ferne zwar, aber doch .immer so nahe, dass sie den mächtigsten Einfluss auf zmsere eigenen Zustande äußern werden und müssen — Oeschike, welche uns Gelegenheit bieten, Bilder trr ernstesten und erhabensten An auszurollcn. Frankreich har seine dritte Nevoluzion begonnen! Wenige Tage reichten hin, in dem „grosen Thale von Paris, der Wiege des neuen Europas, "dem weiten Zaubcrkessel, in dem die Weltgeschichte siedet, aus dem sie immer von Neuem hcrvorsprudell", einen gänzlichen Umschwung der Dinge herbcizuführen. In der Mille des Monat Februar fas der greise „Burgerkonig" Louis Filipp noch auf dem Throne Frankreichs und dieser Thron schien unangreifbar zu sein: das Ende des näm lichen Mvnarö fand diesen König bereits mit seiner ganzen Familie aus Frankreich gefluchtet und dieses Frankreich zu einer Republik erklärt! Es hat sich crho- ken, dieses Frankreich, und den Absolutismus zertrüm mert, der es unter dem Scheine konstituzioneUer Rechte teil der zweiten Nevoluzion vom Jahre >830 beherrscht hol. Uwgesiurzt ist der Julithron, entflohen sind Gui- -vt und die übrigen Minister, die dem „Burgerkönigc" so lange als Werkzeuge einer, nur auf das eigene In teresse berechneten, Regierung gedient haben, durch welche dem Lande, mitten im Frieden, eine ungeheuere Schuldenlast ausgeburdet, aber, was noch schlimmer ist, durch allmähliche Entsittlichung des Volkes für dieses selbst ein trobcndcr Abgrund geöffnet worden ist. Es kann nicht unlere Absicht sein, unseren Lesern das, was in Frankreich seil kaum 14 Tagen geschehen ist, vorzucrzählen. Der Beruf unseres kleinen Blattes Ol cs nicht, von dem Leben der Staaten die neueste Kunde zu bringen. Selbst einen v o l lst and ige n Ab riss des Verla'usF .der dritten französischen Nevoluzion nachträglich zu geben, scheint gegenwärtig nicht un- lere Aufgabe, scheint den ernsten Ereignissen desAugen- bliks nicht angemessen zu sein. WaS geschehen ist und wie es geschehen ist, werden wenigstens die meisten un. serer Leler bereits wissen. Wollten wir aber das Ge schehene den übrigen Lesern noch mittheilen, die keine Gelegenheit haben, die Zeitereignisse aus den grosen Ta- gesblatlern zu studiren, so müssen wir befurchten, über Linge iu berichten, die, während wir sie berichten, vielleicht gar keinen Werth und keine Wichtigkeit mehr haben. Denn die Ereignisse drängen sich in der über raschendsten Weise. Eine Stunde enthält jezt eine gan ze Geschichte. Das, was wir jezt als das Wichtigste betrachten, kann, ehe unsere Betrachtung dem Leser zu,, komm:, nur noch als ein unbedeutendes Glied in der Keue der Ereignisse erscheinen. An eine vereinzelte, Anfangs scheinbar vielleicht unwichtige, Thatsache knüpft ssch dieknächlige Wucht der inhatrschwersten Folgen für ein Volk, für ein Land, für ein Regierungssistem! Frankreich ist zur Republik erklärt! Wer hätte dies geahnt, hätte diesen Aufschwung einer Nazion geahnt, Vic Jahrelang zum Spiclvall der Regierung gedient hatte und alle Kraft verloren zu haben schien! DaS französische Volk verlangte nach einer Wahlreform und sprach dies besonders in zahlreichen Banketten aus, die in verschiedenen Städten des Reichs gehalten wurden. Aber auch das Recht der Versammlungen wollte die Re gierung nicht mehr anerkennen „und richtete darum das Schwert der Gewalt gegen die Zwekessen." Wenn der Bogen am straffsten gespannt ist und nicht mehr nach zugeben vermag, zerreisst er endlich. Ein Rcformban- kell der bezeichneten Art sollte am 22. Februar (in Pa rts) gehalten werden. Die Regierung drohte, es mit Gewalt zu verhindern und zu stören, darum trat die Opposizion der Kammer, die Verantwortlichkeit fürch tend, die sie dadurch auf ihre Schultern zu laden schien, vom Bankett zurük. Aber cs half der Regierung nichts, dass dieses Bankett nunmehr unterblieb. Das VolE trat selbst in die Schranken, um sein Recht zu wahren oder vielmehr wiederzugewinnen. Schon am Abend des 22. entbrannte der Kampf. „Es lebe die Wahl reform! Nieder mit Guizot!" war das Fcldgeschrei des Volks. Bald stimmte auch die Nazionalgarde in diesen Rus ein und machte mit dem Volke gemcinschafb- liche Sache. Selbst das Militär war nicht mehr zu verlässig. Nun muste der König sich entschliessen, s««