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Adorter Wochenblatt. M i t t h e i l n n g e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. - Dreizehnter Jahrgang. Prei« für den Zadrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung de« Blatie« durch Betengelegcnbeit -u Neugroschen. 9. «.März 1848. Bilder aus der Ferne. 2 Zustände im Herzogtbume Nassau. Eine der schönsten, von der Natur vorzugsweise geschmückten und mit Rcichthümcrn aller Art am mei sten gesegneten Provinzen von Teutschland ist das Herzoglbum Nassau. Der Rhein durchströmt dieses kleine Ländchen in der herrlichsten Gegend, die schön sten Weine wachsen auf seinen Bergen (man denke nur an den Johannisberger, Geisenheimer, Rüdeshei mer u. s. w. — sowie das eigentliche sogenannte Rheingau im Nassau'schcn gelegen ist), im Auslände im Ruse stehende Bäder, die cs hat, ziehen eine Men ge Fremder in'S Land— es hat Bergbau, Schifffahrt, Handel u. s. w. Und doch — scheint das Glück dort »icht eben sehr heimisch zu sein! Die nachfolgende Schilderung, welche vor Kurzem im ,,Deutschen Zu- fchauer"') erschienen ist, giebt einen Beleg dazu. Wir haben uns daher auch nicht versagen können, dieselbe unter unsere „Bilder aus der Ferne" aufzu- oehmcn. „Die Unzufriedenheit des Volkes mit den bestehen den Zuständen wird mit jedem Tage größer. Die Noth desselben hat einen bedenklichen Höhepunkt er reicht. Man fangt an, die Ursache der drückenden Zustände zu erforschen, und kann, bei der Fruchtbar keit und der günstigen Lage des Landes, dieselbe nur in der Regierung finden. Das Herzogthum Nassau hat allerdings nicht allein die schlechteste Verfassung, nicht allein die mangelhaftesten Gesetzbücher, sondern cs ist auch mehr als ein anderes Land mit Steuern und einem zahlreichen Beamtenlhume belastet und übcr- flulhet. Alles dieses zehrt das Mark dieses von der Natur gesegneten Landes auf. Es giebt dort, außer ') «lehr Nr. «. »»m 4- Februar dies. Jahr. der Masse indirekter Steuern, welche, nebenbei gesagt, willkürlich belegt, und eben so willkürlich erhoben wer den, noch eine Menge von direkten Steuern, als StaatS-Simpel, Herren-Simpel, Gemeinde-Simpel, Kirchen-Simpel, Armen-Simpel, Zehner.Simpel, Blut- Simpel rc. — Unter allen diesen Simpeln giebt es für den Landwirth keinen drückenderen, als den Zeh ner Simpel. Alle Produzenten müssen den zehnten Theil ihrer Ernte in Garben gebunden auf dem Felke zurucklassen. Geschieht es nun, daß eine Ernte sich herausstcllt, die nur die Hälfte von dem Ertrage in sich enthalt, welche als Durchscknittsnorm feststeht, so zahlt der Landmann keinen Zehner-Simpel mehr, son dern einen „Fünfer-Simpel", also das Doppelte. Alle diese Gelder, welche aus diesen Zehner Simpeln gelöst werden, fließen in die Privatkasse des regierenden Her zogs. Der große Qucllenreichthum, der von Gottes und Rechts wegen dem Staate zuflicßen sollte, weil alle Domänen, worunter auch die Quellen gehören, Eigenlhum der Staaten sind, wird von dem regieren den Hause, als diesem angchörend, behandelt. Die Verwaltung hat vor einiger Zeit wiederum mit Frank reich und England sür bedeutende Sendungen abge schlossen. Alle diese Gelder fließen ebenfalls in die Privalkasse des Herzogs. Dasselbe geschieht mit den 40,000 fl., welche der -Besitzer der Spielbank in Wies baden als Miethe für dieses Höllenprivilegium zahlt. Man schätzt das Privatvermögen des Herzogs auf 7 Millionen fl., und in dem Grade, als sich dort Schätze auf Schätze anhäufen, in demselben Grade wird das Volk ärmer und ärmer. Bedenkt man noch, daß die Bauern beim Verkaufe ihrer Ernte mit der großen Masse, die dem Herzoge an Früchten und Wein zufließt, konkurriren müssen, so liegt ein krank» Haftes Geschwür des Staatskörpers des Herzogthums Nassau offen vor unsern Augen. Man fragt sich be. ständig, wo diese Gelder alle bleiben? Ich glaube,