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A-orter Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. «rei« für de, Jahrelang dei Bestellung von der Post: I Thaler, bei Bestellung de« Blatte« durch Botengelezenhcit 20 Steugroschen. 16. i». April 1848. Was sind Geschworenengerichte? - (Fortsetzung.) Zu jedem Geschworenengericht gehört ferner ein Ankläger, d. h. es muß Jemand dasein, welcher den Beschuldigten anklagt und die Gründe für seine Schuld entwickelt. Dies ist in England ein Advokat, welcher von der Partei bezahlt wird, in Frankreich ober ist es ein StaatSdiener. Die englische Einrich tung hat Manches gegen sich, obgleich sie die Eng länder über Alles schätzen und werlhhallen. In Eng land gilt der Spruch: wo kein Kläger ist, ist «uch kein dichter, vollkommen. Sobald aber der Sraat verklagt ist, dann wählt der Staat sich auch einen Advokaten und läßt anklagcn (der Attorney General). In Frankreich aber klagt lediglich der Staat an und hat dazu besondere Advokaten angestellt, Staalspro- kuratoren oder- Staatsanwälte. vr. Braun sagt darüber: „Untersucht man die leitende Idee, welche daS In. stitut der Staatsanwaltschaft in seiner jetzigen Gestalt in's Leben rief, so findet man diese in der Ansicht von der Nützlichkeit, ja Nothwendigkeit einer Behör de, welche unabhängig von jeder richterlichen Beschäf tigung die Gerichte in ihren Amtsverrichtungen über wache, das Interesse des Staates, sowie derer, welche vermöge ihres natürlichen, moralischen oder sonst ge setzlich ausgesprochenen Unvermögens ihre Rechte selbst ständig zu verfolgen behindert sind, bewahre und ver trete, welche, ein Schutz gegen Parteilichkeit des Rich lers, auf Anwendung des Gesetzes bestehe, welche den Schuldlosen schirme, den Frevler erreiche und dem Arme der Gerechtigkeit überliefere und welche für ge hörig« Bollstreckung der gesprochenen Urlheile sorge." Weil nämlich das Geschworenengericht von dem Grundsatz ausgcht: wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter, so hat der Staat dafür gesorgt, daß bei jeder Verletzung des Criminalrecktes ein Kläger vorhanden sei, welcher das Gericht anruft, das Un recht oder Verbrechen erforscht und verfolgt und die Vollstreckung der Erkenntnisse überwacht. Zu diesem "Zwecke besteht in Frankreich eine besondere Behörde, welche die Sraatsprokuratur heißt und deren Beamtete "General oder Slaatsprvkuratoren, oder auch General- «dvokatcn heißen, je nachdem sie höher oder niedriger stehen. Diese zu Verfolgung der Verbrechen ernann ten Beamteten bilden ein besonderes Ministerium und dürfen, nach französischer Einrichtung, ohne Bewilli gung desselben, keine Anklage erheben. Sobald näm lich ein Verbrechen vorgcfallen ist, nimmt der General advokat oder Staatsprokurator sogleich eine vorläu fige Erörterung vor und erstattet an den General- prokuralor Bericht und dieser ordnet nun nach seiner Ansicht die Verfolgung des Verbrechers an, d. h. er läßt bei dem Untersuchungsgericht die Untersuchung durch den Staatsprokurator beantragen. Solcherge stalt kann der Slaatsprokurator oder der Ankläger nicht Jedermann beliebig in Untersuchung bringen, wie bei uns jetzt jeder Amcmann Jeden in Untersuchung neh men kann, sondern der öffentliche Ankläger muß erst über die Gründe, aus denen er Jemand verfolgt, der Regierung Rechenschaft vorlegen und von dieser hangt es ab, ob Jemand in Anklagestand kommen soll oder nicht. Dadurch verliert die Anklage- oder Saatsan wallschaft das Gehässige^ denn der Ankläger ist der Repräsentant der bürgerlichen Gesellschaft, deren In teressen er, gegenüber dem Verbrecher, vertritt. Der Slaatsprokurator ist nicht lediglich da, um Bestra fungen hervorzubringen, sondern er soll die Wahrheit suchen und den Schleier lüften, die sie decken, wie Braun sagt. Der Staatsprokurator soll den Schul digen suchen und den Unschuldigen schützen, wenn er sich von der Unschuld des Verfolgten überzeugt hat. Dabei verstchr es sich von selbst, daß trotzdem, daß ein Slaatsprokurator bestellt ist, jeder Privatmann, ge gen den ein Verbrechen begangen worden ist, daS Recht hat, den Verletzer zu verfolgen, anzuzeigen und in Un tersuchung nehmen zu lassen. Ohne tüchtigen Grund kann aber Niemand nur in Untersuchung kommen, denn es gehört ferner zu jedem Geschworenengericht eine Voruntersuchung. Der hauptsächlichste Zweck der Voruntersuchung geht dahin, feftzusetzen, daß nicht ein ganz Unschuldi ger in Untersuchung komme. Die Voruntersuchung stellt nur fest, oo wider einem Beschuldigten so viel Verdacht vorhanden ist, daß der Staat, ohne Vorwurf, wider Jemand die Last einer Eriminaluntcrsucbung ver hängen könne, mir andern Worten, daß Jemand in Anklagestand versetzt werde.