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Adorter Wochenblatt. Mittheilnngen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Dreizehnter Jahrgang. Pen« surren Jahrgang bei Bestellung von tzer Post: t Thaler, bei Bestellung de« Blattet durch Botengelegenheit: 2u Neugroschen. n -Ju«? 1848^ Ein Wort an die deutscl, e Nazion von Ur. Johann Georg August Wirth. Wir sind in dir Zeit der Tkalcn cingclrcten und in einer solchen schwinden die schimmernden Redensarten. DaS Wort der Handlung ist kurz. Deutschland ist in den Zustand derStaats umwälzung eingcrreten! Wer kann kiese Bewegung lenen? Die Fürsten mir Ministern aus der freisinnigen Richtung ? Geschich te und Logik antworten hierauf. Es ist gerade jetzt ein Jahr, daß ich in der Einleitung zu der neuesten Ge schichte Deutschlands den Eintritt der Staatsumwäl- zung dei der Fortsetzung des politischen Sistems der Fürsten für unabwendbar erklärte. Ich habe gezeigt, tast die Einheit Deutschlands herg'estcllt, Preßfreiheit, Deffentlichteil der Rechtspflege, Geschwornengcricht, Religions- oder Gewissensfreiheit, ernste Verantwort lichkeit der Minister eingesuhrt werden müssen: ich habe kargerhan, daß die regierenden Landesherren mit den vormaligen reichsstandischen Fürsten und Grafen das Ober oder Fürstenhaus und frei gewählte Volksvertre ter das Unterhaus bilden müssen, daß über beiden ein RcichSvberhaupt mit verantwortlichen Ministern stehen soll. Wenn man sich die Muhe geben will, im 7. und 8. Hefte meiner neuesten Geschichte das erste Hauptstuck vom ü. Buch zu lesen, so wird man sinken, daß dort die Grundzuge erner freien großartigen Reichsverfassung im Zusammenhang« und nach organischen Gesetzen eni- wickelt sind, wovon jetzt bald hier, bald dort avgerisse- nc Gekauten hervortrelen. Das geschah zu einer Zeit, wo Niemand an eine französische Staarsumwalzung oder Mozion für ein deutsches Parlament dachte. Dort war eine friedliche, ruhige Reform möglich, weil Vie unermeßliche Mehrheit der deutschen Razion eine solche freie Neichsvcrfassung alS einen großartigen Fortschritt mit Dank angenommen haben wurde. Aocr was thaten die Fürsten? Sie würdigten den Vor- schlag der Reform nicht der mindesten Beachtung, ob gleich für den Fall fernerer Hartnäckigkeit der unaus bleibliche Eintritt der Rcvoluzion bestimmt varausge- fagr wurde. Was angekündigr ward, hat sich erfüllt, d,e Slaatoumwalzung ist cingclrcten! Kann man sich jetzt mit den Fürsten auf die Bedingungen vergleichen, welche ihnen vor dem Eintritt jenes Ereignisses ange boten wurden? DaS wäre gerade so, als wenn nach erfolgter rechtskräftiger Entscheidung eines Streites der Sieger die Opfer eines Vergleiches bringen wollte, den er vor dem Urtheil wegen der Ungewißheit der Entsch idung vorgeschlagcn. Meil Uebcrlegung und Vorbedacht haben die Fürsten alles auf einen Wurf gesetzt: „entweder unsere volle unbeschränkte Macht oder Ruin!" Sie haben verloren! Wird man ihnen erlauben, ihren Einsatz zurückzunehmen, das Spiel für einen Scherz zu erklären? DaS deutsche Volk ist gutmüthig, eS würde dazu gebracht werden können, jene Einwilligung zu enhcilen; allein auch über dem Volk steht eine hö here Macht, die Weltordnung, diese versagt ihre Zu- stimmung: die Sache steht viel ernster, nach den Ge setzen der Weltordnung kann das deutsche Volk den Fürsten ihren Einsatz nicht zurückgeben, auch wenn eS wollte. In den Zeiten der Thaten muß man den Geist und den Gang der Bewegung scharf erkennen und feststel len, den Punkt, der alles beherrscht, bestimmt erfassen; er heißt: es handelt sich nicht mebr darum, ob eine freie großartige Reichsverfassung, im konstiluzionellen Sinne, nicht besser sei, als eine Republik, sondern da rum, daß keine menschliche Macht im Stande ist, die Republik in Deutschland aufzuhalten, und wäre die letztere auch zehntausendmal schlechter, als eine edle konstituzionelle Verfassung. Ich gestehe, daß ich eine Reichskonstituzion Deutsch lands, wie ich sie in der neuesten Geschichte vorgeschla- gen, der Republik bei weitem vorgezogen Härte: sie wurde ungleich mehr Würde, Anmurh und Fruchtbar keit entwickelt haben, sie würde der Wissenschaft und der Bildung förderlicher gewesen sein, das Volk glück licher gemacht haocn. Doch sie war auf dein Wege der Reform möglich, durch den Eintritt der Staats umwalzung wurde sie todt, tort wie alle ähnliche vor- geschlagcnen Verfassungen, wie namentlich jene, wel che die Volksversammlung in Frankfurt beantragen oder versuchen wird. Das oberste Gesetz der Revoluzionen ist jenes, daß sie wenigstens vorübergehend unaufhaltsam zur Repu blik Hihren. Fuhren sie nicht dazu, so sind sie keine Revoluzionen, sondern Reformbewegungen. Demnach