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A-orter Wochenblatt. M L t t h e i l 11 n g e n über örtli6)e unv vaterländische Angelegenheiten. Dreizehnter Johr gang. «preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: I Thaler, bei Bestellung des Blattes durch Botengelegenheit 2» Nengroschen. M. A. Oktob^t. 1848- Zerstreute Gedanken II. Dio höchste politische Freiheit kann uns nur die Republik gewähren; denn sie Hal, — wie der ß. 3. des französischen Entwurfs lautet, — zum Dogma (Lehr satz) die F r e i h ei t lnatürlich die gesetzliche), die Gleich heit (die vor dem Gesetz, nach Aufhebung aller bevor rechteten Stände, wohin natürlich auch der AdelS- kitei gehört —) und die Brüderlichkeit! — Letztere darf man sich aber durchaus nicht als voll kommen und erreicht durch da« Einführen von Du und Du und durch das Zurufen: Wie geht'ö Bruder herz? — vorstellen. Die Brüderlichkeit suche und finde ich nur da, wenn jeder Bürger des Senates das Vaterland als scine Muller, das Volk, —- die Bewohner dieses sei nes Vaterlandes im Ganzen, — als seinen Vater — anerkennt; — und seine Mitbürger sonach, alS gleich- geborne Brüder begrüßt und sie, — mit Auf opferung seiner selbst, — gegen jegliche Unbill verlhcidigt, sie in jeglichem Unglück unterstützt, ihre Schwachen mit brüderlicher Liede zu mildern sucht, ihre .«grafte nicht überschätzt, ihren sauer erworbenen Verdienst nicht durch tausend hartherzige Kunststück chcn hinten und vorn bezwackt! Das ist allerdings eine republikanische Tugend, — wovon die Leute so gern reden, die uns noch lange nicht fähig zur Republik erklären; — und sie haben nicht ganz unrecht; — nur mit dem kleinen Unterschiede, daß dieser Brüderlichkeilsinn noch am ersten bei dem gemeinen Mann gefunden; am meisten aber bei den Leuten vermißt wird, die vermöge ihrer Bildung und ihr,» Geldes sich allein ganz gewiß für fähig zur Republik hallen! —7- . Gehen wir die« näher durch. 1) Ein Republikaner muß seinen Mitbür ger gegen jegliche Unbill verlheidigen! Wie oft ist ein armer Teufel, in sonstiger, aber noch nicht gar lang vergangener Zeit von den gnädigen Her ren auf den Schlössern, — mit der Reit» eit sch, oder mit Faust sch lägen lrnklirl worden; wie oft ist ein Bauernsohn nicht unter das Militär gesteckt worden, wenn sein Vater oder seine Mutter, seine Schwester, oder auch er selbst — dem gnädigen Herrn oder dessen gnädiger Frau Gemahlin nicht recht getban oder dem Junker einen Gefallen verweigert hatte. Wie oft haben die Herren Gerichtsdirekloren die Bauern kurz und lang geheißen, sie mit Du und Er und Flegel unh Ochs angeschnautzt, — noch bis in die neuesteZeit herein! — Wie oft hat mancher Pfarrer daS Ge treide in der Scheuer nachzählen lassen, damit ihm ja kein Hälmlein seines Mammons entgehe, den er eigent lich nicht dienen soll; — und gab es denn nicht noch in dec neuesten Zeit geistliche Herren, die Katho liken Kirchstühle in protestantischer Kirche verwei gerten, darum, weil in katholischen Ländern die Protestanten gleiche Rechte auch nicht genös sen!!!— gab es nicht Geistliche, die einer armen Frauens person, die ledigerwelse ein Paar Kinder halte, — den Ankauf eines Kirchen stuhlS verweigerten und sich erst deshalb Rath beim Hrn. Superindentenden holen mußte? — Heißt das menschliche Schwächen mit dem Mantel der christlichen Liebe zu decken? — Und so giebt eS noch lausend und aber tausend Falle, die uns beweisen, daß gerade aus den Reihen derer, die die Macht dazu hatten, Niemand auftrat — seine Mitbürger gegen jegliche Unbill zu verthei» digen!— Also gerade dem Vornehmen, dem Gebildeten fehlte diese Reife zur Republik und unser armes Volk müste heule noch die allen Fesseln kragen, — wenn es sich nicht selbst geholfen, — wenn nicht ein Bürger den an, deren gegen jegliche Unbill verlheidigt hätte; die er geduldig, wenn auch murrend, lange Jahre hin, durch ertragen halte. Wer war also zuerst im Besitz dieser republikant« scheu Tugend? — der gemeine Mann oder bet Vornehme? — 2) Im Unglück soll ein Bürger den eru der» Bürger unterstützen! — Das Unglück bricht verschieden über die Manschen herein; und eben so verschieden muß daher die'Unter, stützung sein. — So giebt eS z. B. das Unglück de« Brandes. — Habt Ihr wohl da jene feinen Herrchen«, mit schneeweißen Händen und feinen Sliefelchen, jemals recht wacker und unverdrossen zu greifen sehen? oder — Hal der Handwerker und der Bauer, mit seinen schwieligen