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Blatt Amts und des Stadtrathes Wutsnitz Als Beiblätter: l. Jlluitrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. Landwirthichaftliche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Geschäftsstellen: Buchbruckereicn von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidmdank, Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. Inserate id bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzuaeben. Preis für die einspaltige Cor- puszeile (oder deren Raum) 10 Pennige. Abonn - ments - Pr - is des Kömgl. Amtsgerichts Vierteljährl. 1 Mk. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu ¬ sendung. Nr. 92. Sonnabend. DM« m.d Sinnndfüntzigflkv Jahrgang Verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in Pulsnitz. 18. November l8W. Für Friedrich Edwin Prescher aus Ohorn, jetzt unbekannten Aufenthalts, ist Herr Gerichtsschöppe August Frenzel in O h o r n als Abwesenheitsvormund in Pflich genommen worden. Pulsnitz, am 13. November 1899. Königliches Amtsgericht. v. Weber. Hirsch. Ortskrankenkasse Pulsnitz M S. und Böhmifch-Vollung. Zu der am Sonnabend, den 25. November L. 0., abends 8 Uhr in Menzels Gasthof stattfindenden ordentlichen GeneraLverfammkung werden alle Herren Arbeitgeber und Arbeitnehmer hierdurch eingeladen. — Tagesordnung. — 1. Wahl des Prüfungsausschusses der 1899er Jahresrechnung. 2. Anträge. 3. Mittheilungen. U. A. Bekanntmachung bez. Besprechung der Jnvaliditäts- und Altersverficherungs - Gesetze von 1900, welche wesentliche Abänderungen gegen früher enthalten. Es muß jedem Herrn Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer von Interesse sein und dürfte daher ein allseitiges Erscheinen der Mitglieder erwartet werden. Der Vorstand der Ortskrankenkasse zn Pulsnitz M. S. und B ö h m. - V o l l u n g. August Morche, Vorsitzender. Der Kaiserbesnch iu England. An diesem Sonnabend beabsichtigt Kaiser Wilhelm seine Reise nach England anzutreten, die in der öffentlichen Mei nung Deutschlands schon lange lebhaft erörtert worden war, und die bis vor kurzem noch als ein ziemlich ungewisses Projekt galt. Man konnte es in weiten Kreisen des deut schen Volkes nicht recht fassen, daß der signalisirte Besuch des Kaisers am englischen Königshofe gerade zum Zeitpunkte des Krieges zwischen England und den Boern, in welchem ja die Sympathien des nicht offiziellen Deutschlands fast ausnahmslos und dazu mit bemerkcnswerther Entschiedenheit dem tapfer um seine Freiheit und Unabhängigkeit gegenüber britischer Ländergier kämpfenden Boernvölkchen gehören, statt finden sollte. Hierzu gesellte sich die peinliche und noch so frische Erinnerung an all' die Nadelstiche deren sich die englische Politik gegenüber Deutschland während der letz ten Jahre befleißigte, eine Erinnerung, die unleugbar viel zu der im deutschen Volke herrschend gewordenen antienglischen Stimmung beigetragen und kaum erst durch das deutsch - englische Samoa - Abkommen eine leise Ab schwächung erfahren hat. Aus diesen Gründen nahm man darum im deutschen Vaterlande nur mit gemischten Empfindungen von dem englischen Reiseprojekt des Monar chen Notiz und auch selbst jetzt noch, da dasselbe zur Ver wirklichung gelangt, steht man in unserer Nation dem Kaiser besuche in England vielfach mit Reserve gegenüber, welche Thatsache auch die Berliner Regierungsprcsse schwerlich wird zu leugnen vermögen. Wenn cs indessen einen Umstand giebt, der geeignet ist, dies Ereigniß der öffentlichen Meinung bei uns in etwas freundlicherem Lichte erscheinen zu lassen, so ist dies wohl der Charakter der jüngsten Englandfahrt unseres Kaisers als der eines ausgesprochenen Familienbesuches am verwandten Hofe von Windsor. Man weiß ja, das Kaiser Wilhelm hierdurch einer an ihn schon vor Monaten ergangenen Be suchseinladung seiner erlauchten Großmutter, der Königin Victoria, Folge leistet und es lag nur an den sonstigen Dispositionen des kaiserlichen Herrn, wenn er das englische Reisevorhaben nicht früher aussühren konnte. Außerdem erhellt aber der familiäre Charakter des letzteren aus der Thatsache, daß den Monarchen seine hohe Gemahlin, sowie der kleine Prinz Oskar und die Prinzessin Luise nach Eng land begleiten, was in der That nur schwer zu einer poli tischen Wichtigkeit dieses Ereignisses passen würde. Ferner bekundet die Ablehnung der dem Kaiser von den Portsmouther Stadtbehörden zugedachten Begrüßungsadresse und deS Früh stückes, welches der Rath der Stadt London den kaiserlichen Majestäten bei ihrem geplanten Besuche der englischen Haupt stadt geben wollte, daß der erlauchte Herr selber jedes poli tisch aussehende Moment seines Aufenthaltes auf englischem Boden möglichst unterdrückt zu sehen wünscht. Freilich dürfte die Englandfahrt der Majestäten trotzdem der politischen Färbung nicht gänzlich entbehren, da es nunmehr als aus gemacht gilt, daß sich hierbei der Staatssekretär des Aeußeren, Graf Bülow, mit in ihrem Gefolge befinden wird. Wahr scheinlich wird man sich denn englischerseits auch bemühen, wenigstens diesen letzteren Umstand nach Kräften auszubeuten und ihn als einen Beweis hinzustellen, daß dem jetzigen Kaiserbesuch in England doch seine unverkennbare politische Bedeutung zukomme, natürlich in der Richtung der Bekun dung eines intimen Einvernehmens zwischen Deutschland uns England. Demgegenüber ist indessen darauf hinzuweisen, daß die Anwesenheit des Grafen Bülow bei dem Besuche unseres Kaisers jenseits des Canals offenbar lediglich auf das als zweckmäßig anerkannte Bedürfniß zurückzuführen ist, an den Auslandreisen des Kaisers in Rücksicht auf die hiermit zusammenhängenden Obliegenheiten und Möglichkeiten einen Vertreter des Auswärtigen Amtes theilnehmen zu lassen, und als solcher politischer Begleiter eignet sich ja Staatssecretär Graf Bülow als hervorragender politischer Vertrauensmann des Kaisers ganz besonders. Von der diplomatischen Gewandtheit und dem Takt des Grafen Bülow darf man gewiß auch erwarten, daß er es verstehen wird, von seinem erhabenen Herrn alle unlauteren politischen Zu- muthungen von englischer Seite fern zu halten und den englischen Ministern ein erfolgreiches Poroli zu bieten. So kann denn das deutsche Volk hoffen, daß diese jüngste Englandreise des Kaisers jener politischen Umrahmung entbehren wird, welcher ihr die englischen Staatsmänner und die englische Presse so gern verliehen wissen möchten und welche doch mit den Empfindungen unserer Nation in völli gem Widerspruche stehen würde. Nein, eine politische Demon stration ist diese Kaiserreise gewiß nicht, am wenigsten im Sinns einer Uebereinstimmung der deutschen Politik mit der englischen Politik gegenüber den Boern, das hat sich endlich in der jüngsten Zeit herausgestellt und vielleicht wird man sich auch noch in England selbst zu dieser Ansicht nothge drungen bequemen. Wenn das Ereigniß etwas beweist, so ist es vielleicht das, daß Deutschland sich in seiner aus wärtigen Politik weder von den Russen noch von den Eng ländern die Hände binden läßt, und daß Familienbeziehungen auf den Gang der auswärtigen Politik des deutschen Reiches keinen Einfluß auszuüben vermögen. Unter diesem Gesichts punkt kann sich die öffentliche Meinung Deutschlands freier und unbefangener zu dem Kaiserbesuch in England stellen, als dies bislang möglich war, und die Zuversicht hegen, daß derselbe die freien Entschließungen der deutschen Regie rung in den schwebenden Problemen der Weltpolitik nicht weiter beeinträchtigen werde Oertliche rmd sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Wie wir bereits durch Extra - Blatt gemeldet haben, erhielten bei der an voriger Mittwoch stattgefundenen Stadtverordnetenwahl als Ansässige: Herr Schuhmachermeister August Hedrich 184, Herr Töpfermeister Georg Borsdorf 127, Herr Waqenbauermeister Gustav Löhnig 114 Stimmen; als Unansässige: Herr Rechtsan- Walt Otto Dietrich 164, Herr Goldschmied Eduard Pötschke 148, Herr Schuldirektor Robert Dreher 127 Stimmen; dieselben sind somit gewählt. Außerdem wurden für (die Herren Julius Fischer 92, Ernst Trepte 87, Richard Schmollig 84, vr. woä. Kreyßig 76, Rechtsanwalt Eißner 24 Stimmen abgegeben. Von 346 stimmberechtigten Bür gern machten 213 von ihrem Recht Gebrauch. Pulsnitz. Heute Sonnabend, abends 8 Uhr wird im Saale des Hotels „Grauer Wolf" Herr Oswald Zimmermann aus Dresden einen Vortrag halten über das Thema: „Deutschland, Transvaal und die Juden". Wir verfehlen nicht, auch an dieser Stelle auf diesen Vor- trag hinzuweisen. Pulsnitz. Postkarten von Bethlehem. Von Herrn Kaufmann Bernhard Beyer, Hier, geht uns die Mitthei- lung zu, daß der ganz außergewöhnliche Anklang, den die Idee, am letzten heiligen Weihnachtsabend des XIX. Jahr hunderts eine Künstler-Postkarte von Bethlehem aus an jede beliebige Adresse zu senden, in allen Schichten des Volkes gefunden hat, die Unternehmung auf Mittel und Wege sinnen ließ, die Ablieferungsfrist der Karte nach Möglichkeit zu erweitern. Es ist gelungen, den Schluß termin der Bestellungen bis 25. November zu verschieben. Die Karten können auch hier eigenhändig beschrieben und adressirt werden. Wir möchten daher unsere Leser noch mals auf die gebotene Gelegenheit, ihren Lieben eine ganz eigenthümliche und sinnige Aufmerksamkeit zu erweisen, aufmerksam machen. — Der vertagte Weltuntergang. Der Weltuntergang am 13. November infolge des Zusammenstoßes unserer Erde mit einem Komelen ist infolge der Versicherungen der Astronomen über die Grundlosigkeit dieser Befürchtung vertagt, vorläufig bis zum Jahre 2300. Das Erdende zu dieser Zeit prophezeit uns der englische Chemiker und Physiker Lord Kelvin, dessen Name mit den sensationellen Entdeckungen der letzten Jahre über neue gasförmige Ele mente in derAtmosphäre eng verknüpft ist. Nach seinerHypothese werben wir nämlich nach längstens 400 Jahren nicht mehr Sauerstoff genug in der Welt baden, um zu athmen, da wir denselben alsdann dank unseren Kohlenfeuerungen gänz lich zu Kohlensäure verbrannt haben werden. Der Sauer- stoffvorrath der Luft läßt sich, da die Zusammensetzung derselben überall fast genau die gleiche ist, sehr genau be- rechnen und beläuft sich auf rund 1000 Billionen Tonnen, ein Quantum, welches zwar auf den ersten Blick fast un- erschöpflich zu sein scheint, aber doch, falls der Kohlenver- brauch in demselben Maße wie in diesem Jahrhundert weiter zunimmt in der gedachten Zeit aufgebraucht fein würde. Zum Glück berücksichtigt auch diese im Uebrigen unanfechtbare Berechnung zwei Umstände nicht, nämlich die zunehmende Verwendung der durch Wasserkräfte er- zeugten Elektricität, welche dem Anwachsen des Kohlen verbrauchs einen wirksamen Riegel vorschieben und im 20. Jahrhundert fast alleinherrschend werden wird, und die constante Regeneration des Sauerstoffs durch die Pflan zenwelt, welche die Kohlensäure der Lust einathmet und nach Verbrauch des Kohlenstoffs zum Aufbau des Pflan zenkörpers Sauerstoff in Freiheit setzt und ausathmet. — ES trifft nichts mehr zu auf dieser Welt! Nach dem erst der für Montag angekünbigt gewesene Weltunter gang unterblieben ist, waren auch in den verflossenen Nächten trotz eifrigen UmherspähenS nicht viele Sternschnuppen zu sehen. Für den Ausfall dieses Schauspieles liegen nun drei Erklärungen vor. Entweder entzogen die dichten Wol-