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Blatt Amts und des StadtraLhes des Königl. Amtsgerichts KuLsnrtz Vorm. 9 Uhr aufzuaeben. Preis für die einspaltige Cor- puszeile (oder deren Raum) 10 Pennige. Abonnements-Preis Vierteljährl. 1 Mk. 28 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Als Beiblätter: l. Jllustrirtes SonntagSblatt (wöchentlich); 2. Landwirthichaftiiche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Moste und G. L. Daube L Comp. Länigsbrück, ttadcbcrg, iiadrburg, Moritzdmg u»i> Uinzcgcnd. , ,,, Druck und Verlag von E. L. Für st er's Erden in Pulsnitz. Ainundfünfzigsteu Jahrgang. Verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in PulSnitz. Sonnabend. Nr. 96. 2. Deeember 18V9 Bekanntmachung, öen öieszäbrigerr GHristmavkL betvefferrö. Der diesjährige ßhristmarkt wird in diesem Jahre Sonntag, de« 1?. Dezember, von mittags 12 Uhr an abgehalten. Zu demselben werden nach 8 28 der hiesigen Marktordnung nur -er sächsischen Oberlausitz angehörigen Händler zvgelasseu. Pulsnitz, am 28. November 1899 Der Stadtrat h. Schubert, Bürgermstr. Heim von England. Unser Kaiser ist mit seiner Gemahlin wieder in der Heimat angelangt; der Aufenthalt in England hat seinen Abschluß erreicht. Von den mancherlei Befürchtungen, die vor der Reise in Deutschland laut wurden, daß der Besuch des Kaisers in London oder sonstwo drüben zu unliebsamen Demonstrationen Anlaß geben könnte, hat sich keine bewahr heitet, es war ihnen auch schon im voraus jede schärfere Spitze dadurch abgebrochen, daß die Mäjestäten jedwede Ein ladung zu ihnen zu Ehren veranstalteten Festlichkeiten abge lehnt hatten. Die Briten mußten unter solchen Umständen sich darauf beschränken, in den Zeitungen ihren Herzen Luft zu machen, und das ist denn auch weidlich geschehen. Das Papier ist geduldig; es hat die Verherrlichung Kaiser Wil helms II. ebenso gelasten hingenommen, wie früher die hef tige Anfeindung aus Anlaß des Telegramms an den Präsi denten Krüger, und der Monarch, der die Thatsachen kennt, wird sich aus dem einen wohl ebenso wenig gemacht haben, wie aus dem anderen. Immerhin ist diese Wandlung in den Gedanken und Gefühlen der Engländer ein wichtiger Beleg dafür, wie doch veränderte Zeitverhältniste aus den Menschen einzuwirken vermögen. Für die Politik ist es eine schätzensw:rthe Bereicherung der Erfahrung, eine Vertiefung der Erkenntnis des englischen Charakters Die englischen Zeitungen, die während der ganzen Be suchsdauer nicht müde wurden, der Anwesenheit des Ober hauptes des Deutschen Reiches eine besondere Bedeutung bei zulegen, haben sich zum Abschied zu wahren Ausbiüchen des Enthusiasmus aufgeschwungen, darüber, daß Kaiser WilhelmII der Freund der britischen Nation sei, dessen Anhänglichkeit an daS Land seiner hohen Großmutter über allen Zweifel erhaben sei. Sie haben daraus gefolgert, daß ihr kaiserlicher Gast nicht nur alles gut heißt, was gegenüber den südafri kanischen Buren bereits geschehen ist, sondern auch durchaus mit dem einverstanden ist, was etwa noch geschehen wird. So malen sich heute die Dinge im Kopfe der Engländer, und dies Bild ist bei der bekannten britischen Selbstgefällig keit durch nichs zu zerstören, nachdem der Kaiser nun ein mal in Schloß Windsor und in Sandringham-House gewesen ist. Es wird von deutscher Seite auch kauin ein solcher Ver such unternommen werden, wir müssen es der Zukunjt über lasten, die Briten zu kurriren. Daß die deutsche Neichsre- gierung sich in den Transvaalkrieg nicht einmischen wird, ist ganz gewiß, eS ist aber weder hiermit, noch durch ihr Schwei gen bewiesen, daß sie alles billigt, was England gcthan hat oder etwa noch thun wird. Man hat dem Empfange des Kolonialministers Chamberlain, dem Urheber des ganzen Boren-Kriegeü, durch den Kaiser eine besondere Bedeutung beigelegt, resp. Herr Chamberlain hat sich wohl bemüht, diesen Empfang zu seiner Reklame zu verwenden, aber es steckt nichts dahinter und Deutschland hat sich die Hände freigehalten. Der Kaiserbesuch hat also keine Ueberraschung gebracht, anders hat man eS auch kaum erwartet. Wir müssen ge- stehen, daß man aber doch etwas neugierig ist, ob nicht in einer nahen Folge ein Ereignis kommen wird, das uns even tuell beweisen könnte, wie es wirklich um Englands Gesin nung gegen uns bestellt ist. Mit anderen Worten: Wir möchten wohl wissen, ob Staatssekretär Graf Bülow, welcher den Kaiser begleitet, Versicherungen der Londoner Regierung mitbringt, die erkennen lassen, daß die nun schon ein paar Jahre andauernden Handelsvertragsverhandlungen endlich vor ihrem Abschlusse stehen. Englands Haltung in dieser Sache ist für seine wahre Gesinnung viel bezeichnender als der Samoa-Vertrag, als alle Zeitungsartikcl und sonstiges. Die Engländer haben viel Glück. Sie finden entwe der gutinütige Nationen, die ihnen die Kastanien aus einem hellodernden Feuer holen, oder sie begegnen der Unschlüssig keit anderer Regierungen, die in für England kritischen Mo menten doch nicht wagen, die günstige Konjunktur auszunützen. Großbritannien sitzt — trotz aller momentanen Siegesberichte — in Südafrika so gewaltig in der Klemme, daß es für seine Rivalen Frankreich und Rußland eine Kleinigkeit wäre, sich auch ein paar reife Aepfel vom Baum zu schütteln. Frei lich hätte das dem Friedens-Zaren nicht sehr gut zu Gesicht gestanden. Aber sie warten ab. Nun, vielleicht ist auch das Abwarten nur ein Intermezzo, es geht vorüber. Zum Advent. Der Beginn jedes neuen Kirchenjahres steht unter dem freudevollen Zeichen des Advents. Der Herr kommt! so klingt seine Botschaft heilverheißend und Herz erfreuend, eine liebliche Vorbereitung auf das schöne Christfest. Wie viel auch der Jahre kommen und gehen, wie die Geschlechter dec Menschen auch ausblühen und wieder welken mögen, im Laufe der Zeiten, im Wechsel der Jahrhunderte bleibt diese Botschaft sich gleich. Das Kind begrüßt sie mit klopfendem Herzen in fröhlicher Weihnachts-Erwartung, der Greis vernimmt sie mit stiller Freude in dankbarem Heimwehgefühl. Durch alle Wirren und Wandlungen des Lebens und der Geschicke zeigt uns dies Wort den bleiben den Inhalt alles irdischen Geschehens: der Herr kommt. Aus diesem Worte dürfen wir Trost schöpfen im Blick auf so mancherlei Tieftrauriges, das unser Herz schwer macht und uns die Freude an dem Leben die Hoffnung aus den Sieg des Guten in der Welt rauben will. Fürwahr, es sieht in unserer Zeit oft so aus, als käme das ganz wilde Heer der bösen Geister aus dem Abgrunde herauf, um die Herrschaft auf Erden zn führen. Aber wie bange uns auch werden mag, gegenüber dem beständigen Wachsthum von Verbrechen und Laster, von Unglauben und Ruchlosig keit — wir brauchen nicht zu verzagen. Die Kräfte der Erneuerung des sündigen Menschenwesens wachsen auch, das Wort Gottes hat seine Macht noch nicht verloren, die Liebe Christi wirkt in unsern Tagen stärker als je: der Herr kommt, und seine Feinde müssen vor ihm zu Schan den werden. Wenn aber dies zuversichtliche Glaubenswort heute in alle Gemeinden der Christenheit hineinschallt, ach, so ist nur Eins zu wünschen, daß es auch die Häuser und Herzen offen finde! Damit es wahr weroe, daß der Herr in dieser Welt, zu dem Geschlecht unserer Tage, zu den Kin dern unseres Volkes kommt, ach, so laßt zuerst uns sebst bereit machen, daß er bei uns einkehren kann! Er hat schöne Weihnachtsgaben auszutheilen; Friede des Herzens, Trost im Leid, Kraft zum Geben, Liebe zu den Nächsten, Hoffnung für die Ewigkeit. Wer wollte solchen werthen Gast verschmähen? Die Herzen auf, du Christenvolk, mache deinem Heiland Platz darinnen, damit das neue Kirchen jahr für unS Alle werde ein angenehmes Jahr deS Heiles, ein Jahr des Herrn! Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. An den nächsten vier Sonntagen vor Weihnachten, den 3., 10., 17. und 24. Dezember, ist es den Geschäftsinhabern unserer Stadt gestattet, ihre Geschäfte mit Unterbrechung des Vormittags- und Nachmittagsgottes dienstes bis abends 10 Uhr zum Verkauf offen zu halten. Wir machen hierdurch das kaufende Publikum darauf auf merksam. Pulsnitz. Nächsten Montag, den 4. Dezember, abends findet im Saale des Gasthofs zum HerrnhauS der zweite öffentliche Vortragsabend des kaufmännischen Vereins statt. Herr Assessor Gerlach wird über: „Der Waaren- kauf nach neuem Rechte" sprechen. Voraussichtlich wird dieser Vortrag dem vor Kurzem gehaltenen mit so großem Beifall aufgenommenen über „Die Miethe nach neuem Rechte" an wissenswerthen Ausführungen nicht nachstehen und ist ein zahlreicher Besuch nur zu empfehlen. Die Wahl des Themas läßt erwarten, daß der Vortrag auch für manche Dame von Interesse sein wird. Pulsnitz, Bei hiesiger Sparkasse erfolgten im November 378 Einzahlungen im Betrage von 28 726 Mk. 82 Pf. und 137 Rückzahlungen im Betrage von 21 934 Mk. 38 Pf. Der baare Gesammtumsatz betrug 75 430 Mk. Pulsnitz. Die Weihnachtszeit rückt h-ran. Da ist es für den Geschäftsmann ost eine Lebensfrage guten und reichlichen Absatz seiner Waaren zu finden. Dies kann er indessen nur, nach den jetzt waltenden Umständen, wenn er keine Kosten scheut und fleißig in den Blättern, beson ders in den Lokalblättern inseriert. Inseriert er nicht, so bleibt sein Geschäft und seine Wuare, wie vorzüglich sie auch sein mag, dem Publikum unbekannt Die Zeiten haben sich eben geändert! Der Vertrieb jeder Waare ge schieht jetzt säst, ausschließlich durch Annoncen. Je öfter der Name der Firma in der Zeitung erscheint, um so fester prägt es sich dem Gedächtniß deS Lesers ein. Man lächelt vielleicht anfangs über die Annonce, aber man versucht es doch einmal dort zu kaufen, und siehe da die Erwartungen Werden an Güte und Reellität übertroffen. So hat man einen neuen Kunden erhalten, der wieder unbeabsichtigt andere Kunden für das Geschäft werben wird. — Falbs Prophezeihungen werden heute bald mit demselben Humor hingenommen wie die bekannte Bauern regel: „Wenn die Hühner kratzen auf dem Mist — dann wird's Wetter anders, oder es bleibt wie's ist." Gleich, wohl sei auch für den Dezember wieder auf Falbs kritische Tage aufmerksam gemacht. Ein solcher 2. Ordnung soll der 3., ein kritischer Tag 3. Ordnung der 17. Dezember sein. — Dämmerstunde! Draußen ist's jetzt un freundlich und 'alt, trübe Wolken jagen einander am Himmelszelt dahin und selten durchdringt ein Sonnenstrahl den dunklen Wolkenschleie'. Die Kühle des Spätherbstes läßt uns recht wohl empfinden, daß jetzt der wärmende Ofen unser Freund ist. Wohl dem Menschen, welchem im Innern des Hauses eine wohlige Stätte bereitet ist. Wie ruht sich's doch so gut am warmen Herd, wenn draußen die Winde lustig wehen und des Baumes letztes Blatt herabschütteln! Dämmerstunde ist's — traute, lrebe Dämmerstunde! Im Ösen prasselt lustig die Flamme und singt leise knisternd ihr Lied. Wer es zu deuten ver mag, dem kündet es allerhand bunte Mär. An unserer eigenen Kindheit goldene Tage erinnert es uns. Auf die Postille gebückt zur Seite des wärmenden Ofens saß die Großmutter. Um sie versammelt lauscht andächtig der Enkel Schaar. Heimlich still ist's im Stübchen. Nur der großen Wanduhr gleichmäßiges Ticken unterbricht die Stille. Das Kätzchen dehnt sich und streckt sich unter dem warmen Ofen. Neben ihr ruht friedlich des HauseS treuer Hüter. Da erzählt denn Gcoßmütterlein aus alten, vergangenen Tagen. Wie unsere Altvordern den Tag des ersten Herdfeuers gefeiert, oder wie die Kobolde und Hein zelmännchen des Nachts kamen und arbeiteten, oder von Nixen und Elfenkindern, vom Däumling und Dornröschen. Gruselige Geschichten und doch so schön zu hören! Der Kindheit schönster Traum mit all' dem Märchenzauder aus Tausend und Einer Nacht zieht an unserer Seele wieder vorüber. Unsere überaus hastende und schnelllebige Zeit weiß freilich davon nur noch wenig. Der empfäng- liche Sinn für dieses stille, heimliche Glück ist uns viel fach verloren gegangen und doch liegt die Zeit gar nicht so weit, da man sich dessen recht wohl bewußt war!