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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementsprcis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. proennmerailäo. AmtiM Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. für Zwönitz und Umgegend. Amtsblatt für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 92. Donnerstag, den 14. August 1879. 4. Jnhrg. Tagesgeschichte. Deutschland. Berlin, 11. August. Die Pariser Presse nimmt sich mit einem Eifer, der wohl nicht blos vom Mitgefühle für die Unglücklichen eingegeben ist, der Abgebrannten im elsässischen Städtchen Kestenholz.(Chatenois) an. Es wird eine Sammlung organisirt, die offenbar politische Nebenzwecke hat. Dem gegenüber ist es eine Ehrensache für Deutschland, dein Unglücke seine Theil- nahme zu beweisen, und es ist um so uothwendiger, das Interesse für die Abgebrannten in Kestenholz anzuregen, als das größere und die Phantasie mächtiger ergreifende Brandunglück von Serajewo ge eignet ist, die Aufmerksamkeit von dem Bedrängnisse, in welches unsere Landsleute im Elsaß gerathen sind, abzulenken. Köln. Nicht lange mehr, und der herrliche Dom wird in seiner ganzen Majestät, ein Zeugnis; vom deutschen Gottvertrauen und ein Sinnbild der deutschen Einheit, vollendet dastehen. Nach mehrwöchentlicher, durch die Ungunst des Wetters, namentlich durch die heftigen Winde herbeigeführter Unterbrechung konnte in den letzten Tagen die fünfte Gerüstetage der beiden Hauptthürme, welche bis dahin nur zur Hälfte aufgeschlagen war, vollendet werden. Nun mehr gehen die Zimmerleute an den Aufbau der sechsten Etage, der noch weitere zwei folgen werden. Während so daß kunstvoll kon- struirte Baugerüst und zugleich die beiden Thurmhelme, in luftiger Höhe weit in die Nheinlande hineinragend, ihrer Vollendung entgegen wachsen, schreiten auch die Einwölbungsarbeiten der Thurmhallen rüstig vorwärts, so daß eine im Publikum in Folge der ungünstigen Witterungsverhältnisse bereits befürchtete Verzögerung des Vollend ungstermins, wenn nicht unberechenbare Zufälle sich ereignen, nicht eintreten wird. Gleichzeitig mit dem Aufbau der Helme macht die Restauration der untern Theile des südlichen Thurmes, bei welcher ein großer Theil der vorhandenen Kräfte thätig ist, die besten Fort schritte. Gegenwärtig ist man mit der Ausführung der großen Kronenblütter für die Thürme befaßt. Die Steine, welche dazu ver wandt werden, haben ein Gewicht von je 200 Zentnern. Oesterreich. Bad Gastein, 12. August. Kaiser Wilhelm ist heute Nachmittag um 2 Uhr abgereist. Vor und auf der Treppe des Badeschlosses bildeten zahlreiche Kurgäste Spalier, die deutschen Kur gäste trugen Kornblumen. Als der Kaiser auf der Treppe erschien, spielte die Kurkapelle „Heil Dir im Siegerkranz" und die Kurgäste brachten enthusiastische Hochs aus. Der Kaiser verneigte sich grüßend nach allen Seilen und nahm von vielen Damen Kornblumen und Bouquets entgegen. Der Kaiser sprach dem Bürgermeister Gruber seine Befriedigung über den ihm in Gastein bereiteten Aufenthalt aus, es sei ihm hier auch die besondere Freude zu theil geworden, mit dem Kaiser von Oesterreich, seinem lieben Neffen, zusammenzu treffen. Schließlich bemerkte der Kaiser, daß ihm die Kur außer ordentlich gut bekommen sei, verabschiedete sich in huldvollster Weise und bestieg unter fortdauernden Hochrufen den vierspännigen Wagen. Der Kaiser spendete 500 Gulden für das Spital und die Annen von Gastein. Prag, 9. August. Von den zahlreichen Protokollen und Akten stücken, welche in der fortgesetzten Verhandlung über den früher ge meldeten von der Familie Vondra an einer Tochter und Schwester verübten Mord zur Verlesung gelangten und im Ganzen weniger wichtige Momente enthielten, war es das Protokoll über die Miß handlungen, welche schon früher gegen die später ermordete Anna Vondra verübt worden waren. Und während das Publikum mit Grauen die Verlesung dieses Protokolls anhört, betrachten die drei Angeklagten (Mutter und zwei Söhne) einander wohlgefällig und — lächeln! — Präs, (nach Verlesung des Protokolls). Was haben die Angeklagten darauf zu bemerken? — Josef Vondra (lachend). Nun, das ist Alles so richtig, wie's da steht. (Sensation). — Präs, (streng). Und Sie können noch lachen über etwas, worüber die ganze Welt sich entsetzt? — Josef Vondra (frech lachend). Warum denn nicht? — Ueber diese unerhört cynische Antwort des Angeklagten entsteht im Publikum sowohl, wie auch auf der Geschwornenbank eine anhaltende Bewegung. Im Publikum werden Rufe laut, welche für die Mörder auf der Anklagebank nicht sonderlich schmeichelhaft klingen. Den Huissiers gelingt es endlich, die Ruhe wieder herzustellen. — Unter tumultuarischem Andrang der Menschenmassen wurde heute Abend das Urtheil publicirt: Josef und Anton Vondra wurden des voll brachten Meuchelmordes an der Schwester einstimmig schuldig erkannt,' ebenso einstimmig des versuchten Meuchelmordes an den übrigen Opfern, ausgenommen an dem jüngeren Bruder Johann Vondra, in welchem Falle mit 10 und 11 Stimmen gegen 2 und 1 Stimme der Schuldspruch erfolgte. Die Mutter Anna Vondra wurde der Mitschuld am Meuchelmord und des Giftmordversuches an dein Sohn einstimmig schuldig erkaniit. Josof Vondra wurde zum Tode durch den Strang, Anton Vondra, weil erst 18 Jahre alt, zu zwanzig jährigem, Anna Vondra zu achtzehnjährigem schweren, vierteljährig mit einem Fasttag und am Jahrestage des Verbrechens mit Einzel haft und Fasten verschärften Kerkers verurtheilt. — Die Menschen massen, die ordnungslos in den Saal eingedrungen und auf Tische und Bänke gestiegen waren, brachen in Beifallsrufe aus. Die Ver- urtheilten fuhren wie bisher fort, sich gegenseitig mit frechen; Lachen anzugrinsen. Vor dem Urtheilsspruch waren vom Richtertisch das Crucifix, die Leuchter und Tintenfässer entfernt worden, dainit die Verurtheilten nicht nach einem Gegenstände greifen können. Sie waren ferner von Polizeiwache umstellt und scharf beobachtet. Auf Befragen der Vertheidiger, ob sie apelliren, schüttelten sie die Köpfe mit höhnischem Lachen. Im Publikum herrschte ungeheure Erbitterung, so daß mittels Einschreiten der Polizei die Räumung des Saales bewerkstelligt werden mußte, worauf erst die Verurtheilten unter starker Bewachung abgeführt wurden. Bosnien. Serajewo, 11. August. Der Brand im Taschlihau dauert bei angestrengter unermüdeter Arbeit der Pionniere und Jäger fort. Der Bach wurde in den Hofraum geleitet. Ungeheure Vor- räthe an Kaffee, Zucker, Tabak, Fett und andere Artikel, dann ein Theil der ärarischen Magazine, meist Moscheen, brannten ab. Der annähernde Werth zugrunde gegangener Artikel beträgt zwei Mil lionen Gulden. Bergrath IN-. Herbisch verlor sämmtliche Aufzeich nungen und Instrumente; Theaterdirector Pelesch seine ganze Habe. Viele Beamte sind ohne Wohnungen. Die Unterbringung der Be völkerung hat begonnen. Das Militär wird aus den Privathäusern in das Lager gezogen. — Ein Theil der wohlhabenderen Bevölkerung übersiedelt wegen Mangels an Quartieren vorläufig nach Trawuik. — Das Hilfscomito Serajewo's besteht aus 6 Delegirten des Mili tärs und der Regierung, dann vom Stadtrath Mehmed Beg Kape- tanovics, Djordje Rajkovics, Archimandrit Kosanovics, Fra Andrija Buzak, Oberrabbiner Salom, Javer Efendi Baruch, Hagschi Jrvo Livaics, Stadtsekretär Kreueis. Das Comito vertheilte am ersten Tage 400 Mehl, 1000 Brodportionen und 100 Gulden. Ver gangene Nacht war Stnrm und zeitweilig Regen. Spanien. Madrid, 8. August. Der Unfall, der dem König begegnet ist, hat hier im ersten Augenblicke die größte Bestürzung hervorgerufen; der plötzliche Tod der jungen Infantin hatte ohnehin schon eine gewisse Aufregung in die Gemüther gebracht. Die Regierung ließ in der Hauptstadt unst im Lande den Bericht des Leibarztes veröffentlichen, der im Gefolge des Königs und also sofort zur Stelle war. In diesem Berichte heißt es: „Der Wagen, in welchem der König und die Infantinnen nebst General Echagne saßen, schlug im Puerto (Passe) Naval Cerrado um. Der König setzte sich den rechten Arin aus, indem er auf die Kante der Chaussee fiel. Ich legte sofort den passenden Verband um die beschädigten Gelenke und ließ Se. Majestät in einen anderen Wagen bringen, mit welchem er ohne Verschlimmerung der Verletzung La Granja erreichte. Gefahr ist nicht vorhanden, innere Verletzung ist nicht zu bemerken". Weitere