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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 1 Mark 20 Pf. prsenumoraiiäo. ÄWM für Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Ps., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Ilmgegend. Qrgan für den Stabtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. Sonnabend, den 24. April 188V. 5. Jahrg. Tagesgefchichte. Deutschland. Der Reichskanzler hat die letzte „Krisis" so glücklich überstanden, daß er voraussichtlich noch an den Neichstags- berathungen theilnehmen wird. Wahrscheinlich wird er bei Gelegen heit der Stempelstenerdebatte im Hause erscheinen. Ein Wiener Blatt läßt sich telegraphiren, der Kanzler habe einem hervorra genden Parlamentarier gegenüber geäußert, er habe noch zwei hohe Ziele, gewissermaßen als „Krönung des Gebäudes," das Tabaksmo nopol und ein freundnachbarliches Verhältniß zu Frankreich! Oesterreich-Ungarn. Der Stand der Dinge in Wien hat sich noch nicht geändert. Die „verfassungstreuen" Minister Stremaper, Horst und Korb wünschten sofort zurückzutreten; Taaffe suchte sie zu bewegen, wenigstens so lange zu bleiben, bis die Etatsberathungen zu Ende geführt seien; alsdann wolle er selbst um seine Entlassung bitten. Aber die Herren wollen nicht so lange ausharren; Stremaper wird sich der Verlegenheit dadurch entziehen, daß er einen längeren Urlaub nimmt. Frankreich. Die Radikalen agitiren ausdauernd gegen Gam betta, der dringend die Auflösung der Deputirtenkammer befürwortet. Er glaubt jetzt noch Ansehen genug zu besitzen, um wiedergewühlt zu werden, fürchtet aber dieses Ansehen nach und nach zu verlieren und bei einer Neuwahl im nächsten Jahre erst durchzufallen. Seine ra dikalen Gegner klären das Volk in ihrer Weise über den Exdictator, sowie über den ebenbegonnenen Kulturkampf, mit welchem man das Land beschäftige, auf und nennen den letzteren eine bloße Komödie. England. London, 22. April. Es verlautet bestimmtest, daß Beaconsfield, der Abends nach Windsor ging, demisionirte. Die Minister richteten Schreiben an ihre Departementschefs, worin sie Abschied nehmen und für die Unterstützung der letzten 6 Jahre danken. Rustland. Loris-Melikoff gewinnt bei der breiten Masse des Volkes durch seine durchgreifenden Maßregeln immer mehr an Po pularität. Jetzt hat er "die Zustimmung ches Czaren dazu erlangt, daß die'„Verschickteu" genau beaufsichtigt und dieselben, falls sie ihre Verirrung eiusehen und untrügliche Zeichen von Neue und Besserung ablegen, entweder völlig begnadigt werden oder ihnen doch die Er- laubniß zur Rückkehr in ihre Heimath gegeben werden soll, woselbst sie dann noch eine Zeitlang unter Polizeiaufsicht stehen würden. — In Gortschakoffs Befinden macht sich eine leise Wandlung zur Besser ung geltend; wenn die Aerzte ihn durchbringen, ist eine Rückkehr nach Baden-Baden in Aussicht genommen. — Die Petersburger Blätter melden von einer furchtbaren Hungersnoth im Kaukasus; 200 Dörfer seien ausgestorben. Türkei. Konstantinopel, 22. April. Der Mörder des Großcherifs von Mekka ist zum Tode verurtheilt worden. Uolrnlrs nn- Sächsisches. * Zwönitz. Nachdem die Behändigung der Einkommensteuer zettel in hiesiger Stadt als beendet zu betrachten sein dürfte, wollen wir hierorts nicht unterlassen, noch darauf aufmerksam zu machen, daß etwaige Reklamationen gegen erfolgte Einschätzung oder die Berech nung des Steuerbetruges bei Verlust des Neklamationsrechtes binnen 3 Wochen vom Empfange der Zufertigung au gerechnet, schriftlich bei der Königlichen Bezirkssteuereinnahme zu Chemnitz auzubringen sind, daß das Eiukommenstcuercataster innerhalb der Reklamationsfrist bei hiesiger Stadtstcuereinnahme eingesehen werden kann und daselbst die Steuerbetröge, eingewendeter Reklamation ungeachtet, zu den ge ordneten Terminen, vorbehältlich der späteren Ausgleichung, abge führt werden müssen. — Von dem Schöffengericht zu Stollberg ward am 6. d. M. der Volksschullehrer Detmar Maschke, weil er einen seiner ehemaligen Schüler, der nun eine andere Klasse besuchte und ihn auf der Straße einmal nicht grüßte, unter der Bezeichnung „Flätz" die Mütze vom Kopfe geschoben hatte — weshalb der Vater des Knaben Strafantrag gestellt hat — zu 3 Mark Strafe und Kosten nach § 155 des R.- St.-G.-B. verurtheilt. — Am 16. April wurde der Schuhmacher und Hausbesitzer Christian Friedrich Reinhold in Zwönitz wegen Diebstahls von Hölzern im Werthe von 7 M. 50 Pf. unter erschwerenden Um ständen zum Nachtheile der verw. Stadtgutsbesitzerin Müller daselbst nach Art. 1, 3, 4 1a. und 2o. des Gesetzes vom 30. April 1873 seines Leugnens ohnerachtet mit fünf Wochen Gefängnis; bestraft. Nachdem am Montag ein zwischen Nossen und Lommatzsch fahrender Bahnzug die Strecke bei Zella gegenüber der Klosterruine passirt hatte, fiel unmittelbar danach, aber ganz langsam, ein Loch von Mannestiefe und einigen Metern Länge und ein Meter Breite ein. Vermuthlich gehört das Loch zu einem unterirdischen Gewölbe von Kloster Zella aus. Als die Bauverwaltung am nächsten Tage das Loch ausfüllen lassen wollte, fand eine weitere Senkung statt. x Auerbach. Ein zeither noch nicht bestrafter SOjähriger Ein wohner von Rempesgrün stahl auf dem Wege gewaltsamen Ein bruchs aus einem Wirthschastshause einen Ofentopf. Bei der Ver haftung entschuldigte sich der Dieb damit, daß das gestohlene Object dort übrig gewesen sei, er aber nothwendig einen Ofentopf gebraucht habe. — Ein IZl^jähriges Mädchen aus Reumtengrün, eben con- firmirt, erschwindelte vor wenigen Tagen von einem hiesigen Kauf mann V. 2 Mark, versuchte sich am Tage darnach im Taschen diebstahle und entwandte einem 11jährigen Mädchen aus Rodewisch das Portemonnai nebst Inhalt (etwa 2 Mark) und wurde endlich von der Gendarmerie ermittelt und gefangen gesetzt. — Am Sonntag führte hier Herr Seminaroberlehrer Reißmann mit dem Seminar chore und sangeskundigen Damen der Stadt das Oratorium „die Schöpfung v. I. Hapde" auf. Die gewaltige Aufgabe wurde glän zend gelöst. Alles that seine Schuldigkeit, sowohl die gewiegten So listen, als Chor und Orchester, und lange noch wird das Gehörte in unseren Herzen nachhallen. Gm weiblicher Vampyr. Roman von LH. Senk erlich. (Fortsetzung.) Waldow glaubte darin eine Geberde des Widerwillens erkennen zu müssen. „Welche sichtliche Qual verursacht ihr mein Anblick," sagte er sich voll Bitterkeit, „ihre Abneigung ist so groß, daß sie selbst die einfachsten Gebote der Höflichkeit vergißt." Eine Vlutwelle stieg ihm in's Gesicht; es war der Stolz des Mannes, der verletzt wurde und der sich nun trotzig aufbäumte. Mit einigen entschuldigenden Worten trat Waldow einen Schritt näher. Der strenge, unversöhnliche Ansdruck in seinen Zügen ward von den Augen Lügen gestraft, denn je länger diese auf der zarten, niedergebeugten Gestalt ruhten, desto wärmer, desto inniger wurde sein Älick. Virginie aber sah nichts davon. Sie hatte die Augen zu Boden geschlagen und ihre weißen Hände waren herabgeglitten; sie ruhten unbeweglich in ihrem Schooße. „Ich bin gekommen, um Abschied zu nehmen, Fränlein Norden, und bedauere sehr, Herrn und Fräulein Rodenberg nicht angetroffen zu haben. Leider ist meine Zeit zu beschränkt, als daß ich mir das Vergnügen gönnen könnte, meinen Besuch zu wiederholen. Wollen Sie die Güte haben, mich den Anwesenden zu empfehlen?" Ein vcrzweifluugsvolles Weh preßte Virginiens Brust zusammen. So war es. also wahr, daß er von hier fortzugeheu beabsichtige! Daß dies aber so bald geschehen würde, hatte sie nicht geahnt. Und nun stand er vor ihr, — zum letzten Male in diesem Leben!