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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 1 Mark 20 Pf. prMnumolanäo. Anzeiger Inserate werden bis spätestens Wittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 63. Sonnabend, den 29. Mai 1880. 5. Jnhrg. Tagesgeschichte. Deutschland. Das Zustandekommen einer Botschafter-Con- ferenz in Berlin zum Zwecke der Detailirung einiger Punkte des Berliner Vertrages scheint nunmehr definitiv gesichert. Officiös wird aus Wien versichert, die österreichisch-ungarische Negierung habe auf Antrag der französischen dem Gedanken dieser Nachkonferenz bereits zugestimmt, nachdem sie sich vorher mit Deutschland in's Einvernehmen gesetzt. — Ein Erlaß des Reichskanzlers an den deutschen Botschafter in Wien, verbreitet sich über die kirch liche Vorlage. Aus demselben geht hervor, daß Fürst Bismark trotz seiner friedlichen Absichten gegen die Kirche dennoch nicht zum Gange nach Canossa aufgelegt ist. Der Bundesrath hält jetzt seine Plenarsitzungen in rascher Aufeinanderfolge. Nachdem solche am Sonnabend und am Dienstag stattgefunden, war bereits wieder eine Sitzung auf Donnerstag anberaumt worden. — Auf die Tagesordnung find gesetzt die erste Berathung der Entwürfe von Dienstvorschriften, betreffend die Besteuerung des Dabaks, und von Regulativen, be treffend die Niederlagen für unversteuerten inländischen Tabak und die Kreditirung der Tabakgemichtsteuer; ferner der Antrag der be züglichen Ausschüsse, betreffend des Eisenbahn-Betriebsreglement, endlick der mündliche Bericht des Ausschußes für Rechnungswesen über den Bericht der Neichsschulden-Kommission. Oesterreich. Das Interesse an der leidigen Tagespolitik tritt in Wien gegenwärtig vor einer anderen peinlichen Affairc zurück. Der Fürst von Moutenuovo, ein Vetter des Kaisers, ist für irrsinnig erklärt und einer Irrenanstalt übergeben worden. Der Fürst ist ein Sohn der Gattin des ersten Napoleons aus deren zweiter (morga natischer Ehe. Erlebte der Kunst und Wissenschaft, scheint darüber aber seinen Haushalt so sehr vernachlässigt zu haben, daß seine Verhältnisse ganz zerrüttet wurden und er selber in die Netze von Wucherern siel. Frankreich. Gambetta, der bei den Nachwahlen am Sonntag indirekt eine Niederlage erlitt, hatte bei der Neuwahl eines Senats präsidenten eine kleine Herzstärkung, der bekannte Finanzier Leon Say wurde gewählt. Die Rechte, die Gambetta's „intimsten Feind" Jules Simon wählen wollte, gab weiße Zettel ab, da sie voraussah, daß sie damit nicht durchdringen würde. England. Die Nachrichten ans Afghanistan lauten wieder kritisch. Am 20. dieses Monats griff eine von Peshbelak kom mende britische Streitmacht 4000 Afghanen unweit Djellalabad an. Der Feind, der eine starke Stellung inne hatte, wurde nach hart näckigem Widerstand daraus vertrieben und bis Sheikh Maidan verfolgt, worauf er sich nach allen Richtungen hin zerstreute, lieber hundert Afghanen blieben todt auf dem Platze, während der britische Verlust sich auf 2 Todte und 4 Verwundete, unter letzteren zwei Ofsiciere beschränkte. Dreitausend Afghanen stehen im Altimore« Paß, gegenüber Barters Position im Logarthale und Hissarak. Es heißt, daß in Ghuzni sich eine neue Combination unter Mohamed Jan gebildet, daß mehrere Wardak-Chefs sich derselben angeschlossen, und daß der Feind sich in ziemlicher Stärke zwischen Shekabad und Ghuzni concentrire. Räubereien finden wieder in Maidan statt, und die dort nach Kabul führenden Straßen sind unsicher. In Kabul selber wurden am 20. d. M. Abends 28 Läden durch eine Pulver explosion zerstört, deren Ursache noch unermittelt ist. Belgien. Zu der demnächst statlsindenden Feier der 50jührigen Unabhängigkeit des Königreichs Belgien werden im ganzen Lande große Vorkehrungen getroffen. Die einzelnen Städte begehen für sich besondere Feste und haben dazu an verschiedene Städte Englands, Frankreichs und Deutschlands Einladungen erlassen. In England und Frankreich hat man vielfach beschlossen, Glückwunsch-Deputationen nach Belgien zu entsenden; jetzt ist auch seitens deutscher Städte eine Anregung ergangen dies Beispiel nachzuahmen. Die Verhand lungen sind eingeleitet, und es steht in Aussicht, daß die betreffenden Pläne in würdiger Weise zur Ausführung gelangen. Rußland. Petersburg, 26. Mai. Die Schlußsitzung im Prozeß Weimar dauerte dreizehn Stunden. Gegen sämmt« liche Angeklagte wurde auf schuldig erkannt, und das Urtheil Morgens 3Vz Uhr verkündet: Michailoff und Saburoff Tod durch Strang, Troschtschansky zwanzigjährige, Weimar Berdnikoff fünfzehnjährige Zwangsarbeit in den Bergwerken, Kolenkina zu gleicher Frist Fabriks zwangsarbeit, Löwenthal zu zehnjähriger Festungs-, Nathanson zu sechsjähriger, Witeniewa zu vierjähriger Fabrikzwangsarbeit, Mali nowskaja zu Verbannung nach Tobolsk mit Verlust aller Rechte. Bnlanoff ebenso ohne Verlust der Rechte. Bei Weimar und Kolenkina waren Milderungsgründe bewilligt. Türkei. Tie hohe Pforte windet sich wie ein Aal um die Bestimmungen des Berliner Vertrages herum. Die Großmächte haben nun aber ein einmüthiges und energisches Vorgehen beschlossen. Die Seele dieser Aktion ist der französische Botschafter Fournier, der sich schon vor der Abreise auf seinen Posten bestimmt dahin äußerte, daß die Bevormundung der Türkei durch die Großmächte eine Nothwendigkeit geworden sei. Angesichts dieser Sachlage ist man auf der Pforte auf den Plan verfallen, die vor bald' vier Jahren oktroyirte Verfassung aus den Archiven hervorzuholen und das Parlament wieder einzuberufen. Indem das Parlament in den Vordergrund gestellt und nach den Negierungs-Intentionen dressirt werden soll, hätte die Regierung jedesmal, wo es sich um unangenehme europäische Vorschläge handelte, die Gelegenheit bei der Hand, sich hinter dem Parlament zu verschanzen. Kostales und Sächsisches. — Bei dein bevorstehenden Beginne der Fischerei in fließenden Gewässern werden Besitzer und Pächter derartiger Fischereien zur Beachtung bei Neuanschaffung von Fischermgeräthen darauf aufmerk sam gemacht, daß, nach § 9 der Verordnung zu Ausführung des Gesetzes vom 15. October 1868, die Ausübung der Fischerei in flie ßenden Gewässern betreffend, vom 28. October 1878, vom Jahre 1881 an beim Fischfänge keinerlei Netze und Geflechte oder ähnliche Fanggeräthe angemendet werden dürfen, deren Oeffnungen (Maschen) im nassen Zustande an jeder Seite (von Knoten zu Knoten) nicht mindestens eine Weite von 2g Centimeter haben und daß diese Vor schrift von allen Theilen und Abtheilungen der Fanggeräthe gilt. Dresden. Se. Maj. der König wird dem Vernehmen nach nächsten Sonnabend die an diesem Tag eröffnete 5. Dresdner Pferde ausstellung mit seinem Besuche beehren. Allerhöchstderselbe hat auch zur Ausstellung für das beste in Sachsen gezüchtete Pferd einen Ehrenpreis, bestehend in einer prächtigen Nemontoiruhr, ausgesetzt. Dresden. Im Monat Juli tritt bekanntlich hier der 11. deutsche Feuermehrtag zusammen. Bezüglich des dabei zu arrangirenden Fest- znges verlautet, daß sowohl die Turn- wie Münnergesangvereine, als auch die Scheibenschützengilde an demselben theilnehmen und eine Abtheilung berittener Bürger den Anfang machen wird. Nach An kunft des Zuges auf dem Festplatz in der Neustadt (in der früheren Gardereiter-Kaserne) soll sodann von sämmtlichen Männergesang vereinen ein gemeinsames Lied zum Vortrage gebracht werden, wo rauf nun die Uebungen der Dresdner Feuerwehr beginnen. Als Festgruß ist der Spruch gewählt worden: „Dem Höchsten zur Ehr', dem Nächsten zur Wehr" und soll derselbe auch musikalische Geltung erlangen. Wie es scheint, wird auch aus Deutsch-Böhmen lebhafter Zuzug zum Fcucrwehrtage kommen. Dresden. Am Sonntag früh löste sich in der großen Mcißner- gasse wieder ein Sandsteinsims oberhalb eines Etagenfensters von einem Hause und stürzte auf das Trottoir herab. Nur die frühe Stunde,