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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Marl 20 Ps. prwnumvrLnäo. Mcher für Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwömtz und Umgegend. Organ für den Stavtgemeinderath, den Kirchen- nnd Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. . 1^1. Sonnabend, den 27. August !88l. 6 Iahrg. Tagesbericht. — Der Kranken - Untcrstützuugs-Verein sächsischer Lehrer hat seit seinem Bestehen stets höchst segensreich gewirkt. Im vorigen Vereinsjahre kamen allein an erkrankte Mitglieder 7084 Mk. Unler- stützungSgelder zur Venheilung. Die Einnahme des Verein« betrug in genannter Zeit 8019 Mk., die Gesammtausgabe aber 7895 Mk., so daß sich ein Ueberschuß von 124 Mk. ergab; das Vereinsver mögen beläust sich jetzt aus 15,174 Mk. — Besonders lebhaft verspricht die Reichstagswahl in Dresden zu werden. Zu den schon bekannten Candidaturen des von Con- servativen und Gemäßigt-Liberalen vorgeschlagenen Oberbürgermstr. vr. Stübel, des von der Fortschrittspartei aufgestellten Professor vr. Wigard und des bisherigen Vertreters Bebel kommt neuerdings noch die des Hofpredigers Or. Stöcker aus Berlin, welchen der Dresdner Reform-Verein vorschlägt. — Dresden, 22. August. Unter der Ueberschrist: „Eine Probe sächsischer Gemüthlichkeil" erzählt das „Berliner Tageblatt" folgende Geschichte: „Einer unserer Mitbürger, Herr I. Kaim, Grüner Weg 42, Socius der Firma L. Siedel, welcher für diese Firma viel auf Reisen ist, passirle am 7. August d. I. Dresden und übernachtete daselbst in einem Hotel, in welche», er alle 4—5 Wochen eiuzukehren pflegt. Am 8. August erschien bei ihm ein Polizist, fragte ihn, ob er Herr Kaim sei und forderte ihn nach Bejahung dieser Frage auf, ihu nach dem Polizei-Bureau zu begleiten. Dort wurde der Arrestat einem peinlichen Verhör über seine Persönlichkeit unterworfen und ihm dann eröffnet, daß er aus Posen steckbrieflich wegen Meineides verfolgt werde. Unser Mitbürger lehnte diese Ehre entschieden ab und schlug vor, man möge in Berlin telegraphisch über seine Per sönlichkeit anfragen, auch werde ihn sein Dresdner Hotelwirth recog- nosciren. Doch barsch wurde ihm enviedert: „Das machen wir, wie wir wollen." Man führte Herrn Kaim hierauf nach der Polizeidi- rectiou, wo er von U0/z—12 Uhr zubringen mußte, und von einem Referendar aufs Rene gründlich examinirt wurde. Dann brachte man ihn wieder in den Gewahrsam, wo er bis Abends 5^ Uhr verblieb, um nach dem Amtsgefäuguiß überführt zu werden, in dem er bis zum nächsten Abend ö'/y Uhr inhaftirt blieb. Darauf führte man ihn vor den Untersuchungsrichter. K. machte darauf aufmerk sam, daß der steckbrieflich Verfolgte I. S. Chaim heiße, während er sich I. I. Kaim schreibe, er bat, ihn auf seine Kosten zur Recog- uoscirung nach Posen zu senden, endlich, daß man ihn wenigstens nach Berlin an seinen Compagnon und seine Frau schreiben lasse. Alles vergeblich! Endlich wurde ein Brief von ihm an seine Frau expedirt, der am Donnerstag den 11. August, Mittags in Verlin ankam. Am Freitag Vormittag trafen seine Frau und sein Com pagnon in Dresden mit allen nöthigen Papieren ein. Dennoch wurde er nicht entlassen. Am Sonnabend früh transportirte man den Arrestaten vielmehr nach Posen, wo er Abends 6 Uhr ver nommen wurde. Hier mußte er jedoch noch bis Montag Mittag 12 Uhr im Gefängniß bleiben. Dann mar Termin, in dem sich herausstellte, daß der Jnhaftirte mit dein gesuchten Meineidigen nicht identisch fei, und um 1 Uhr konnte Herr Kaim gehen. Der „kleine Jrrthum" hatte ihn acht Tage Haft gekostet und ihn geschäftlich un endlich geschädigt." — Hiernach könnte es erscheinen, als wenn den Organen der Dresdner Polizeibehörde wegen der Festnahme des Genannten der Vorwurf der Uebereilung und des Mangels an Um sicht zu machen sei. Das ist jedoch keineswegs zutreffend, denn im vorliegenden Falle würde jede andere Polizeibehörde ganz ebenso gehandelt haben, wie Dies aus folgender actenmäßigen Darlegung des Sachverhaltes erhellen dürfte: Vom König!. Landgericht zu Posen wurde ein israelitischer Kaufmann 'Ramens Isidor Samuel Chaim wegen Meineides steckbrieflich verfolgt. Bei der genugsam bekannten Thatsache, daß herumziehende israelitische Kaufleute aus dem einen oder anderen Grunde gar oft ihre Vor- und Zunamen willkürlich verändern, glaubte die hiesige Polizei den Gesuchten in der Person des in der Fremdenliste als „Isidor Itzig Kaim" bezeichneten Kauf manns vermuthen zu sollen, und es erfolgte daher am 8. August dessen Sistirnng. Das von Posen aus vorliegende Signalement des Verfolgten paßte genau auf die Person des Sistirten, der nicht ein mal im Besitze von Legitimationspapieren war und bei seiner Ver nehmung angab, wegen Hehlerei bereits im Gefängniß bestraft morden zu sein.' Da überdies der Jnhaftirte sich behufs seiner Recognition auf eine in Oberblasewitz bei Dresden wohnende, aber zufällig ab wesende Cousine seiner Frau berufen hatte, deren Ehemann auf Be fragen erklärte, daß seine Frau ihm niemals Etwas von einem Ver wandten des Namens Kaim oder Chaim erzählt habe und das diese den Verhafteten nicht werde recognosciren können, so erfolgte noch an demselben Tage dessen Ablieferung an das hiesige Amtsgericht behufs Wahrnehmung des Weiteren in der Sache. Lediglich der Legitimationslosigkeit des Herrn Kaim, der Namensähnlichkeit desselben und der äuffälligen Uebereiustimmnng des Signalements mit dem des Verfolgten, sowie endlich dem fataler Weise mißlungenen Ver suche, sich durch seine hiesigen Verwandte» legitimiren lassen zu wollen, war es zur Last zu legen, daß ihm in Dresden der „kleine Jrrthum" passirte. Jedem Anderen kann es unter gleichen Umständen aller Orten ganz ebenso ergehen. — Chemnitz. Es ist leider noch immer nicht gelungen, Spuren des Mörders der kleinen Dora Lehmann aufzufinden. Da somit die tiefgehende Beunruhigung der Einwohnerschaft fortdauert, so hat der Rath beschlossen, um auch seinerseits zur Auffindung mög lichst beizutragen, für Ermittelung des Thäters eine Belohnung von 300 Mk. auszusetzen. Außerdem setzt neuerdings die Königliche Staatsanwaltschaft in Chemnitz mit Genehmigung des Königlichen Justizministeriums eine dergleichen Belohnung im Betrage von 500 Nik. aus. — Schwarzenberg, 23. August. Unser Herr Bürgermeister Weidauer, der sich in einer 41jährigen Wirksamkeit vielfache Ver dienste um Schwarzenberg erworben hat, wird im September d. I. in den wohlverdienten Ruhestand treten. — Treuen, 21. Ang. Kanin daß nach der naßkalten Witterung etwas Wärme eingetreten ist, so sind anch schon die Gewitter wieder da. Gestern Nachmittag in der 3. Stunde entlud sich über Treuen und Umgebung ein Gewitter, welches mit Hagel bis zur Größe von kleinen Hühnereiern begleitet mar und den Haus- und Feldbesitzern nicht geringen Schaden zufügte, indem 1000 von Fensterscheiben ein geschlagen, die Dächer nicht unbedeutend beschädigt und die noch an stehenden Feldsrüchte zum größten Theile vernichtet wurden. ' Bei der Kirche und einer Fabrik waren je über 80 und bei gewöhnlichen Wohnhäusern bis zu 40 eingeschlagene Scheiben zu zählen; auch sogar Schaufenster wurden zertrümmert und erschlagene Vögel auf- gefimden. Das Wetter berührte die Orte und Fluren von Alt mannsgrün, Treuen, Schreiersgrün und Eich. — Auch in den Orten Markneukirchen, Erlbach, Siebenbrunn und Umgegend hat am Sonntag ein orkanähnlicher Sturm gewüthet, welcher viele Häuser, Bäume u. s. w. theils demolirt, theils arg beschädigt hat. Die höchstwahrscheinlich hierbei vorgekommenen Verletzungen an Menschen sind zur Zeit noch nicht bekannt. Der gegenwärtig die König!. Amtshauptmannschast Oelsnitz vertretende Herr Bezirks-Assessor Weger ist bereits am 22. d. Vormittags nach den Unglücksstätten abgereist. — Am selben Tage schlug auch in Meusdorf bei gewitterdrohendem Himmel, gerade als der Gutsbe sitzer Teichmann im Begriff war, ein Fuder Getreide in seine Scheune zu fahren, ein Blitz in dieselbe, worauf sie alsbald in Flammen aufging. — Saalfeld, 20. August. Ein bedauerlicher Unglücksfall er eignete sich hierselbst. Der Lehrling des Kaufmanns Zacharias war im Keller damit beschäftigt, Spiritus auf ein anderes Faß umzu füllen und stellte dabei die Petroleumlampe auf ein kleines Füßchen,