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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementSpreis betrüg, vierteljährlich l Mark 20 PI ÄMiaer für Inserate werden bi« spätesten« Mittag« de« vorhergehenden Lage« de« Erscheinen« erdete« und die CorpuSspaltenjtUe mit Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. Sonnabend, den 3V. Decembcr 1882. 7. Jahra. Kum neuen Jahre. Wenig, ja fast nichts ist ein Jahr im ewigen Laufe der Zeiten, ein Schritt und oft ein wichtiger ist aber ein Jahr ini Leben der Nationen und noch vielmehr bedeutet ein Jahr im Leben der ein zelnen Menschen. Deshalb ist es Sitte geworden, für Menschen und Völker Neujahrsbetrachtungen zu pflegen und auch einige Rückblicke auf das verflossene Jahr zu werfen. Das Jahr 1882 war ein eigenartiges Jahr. Mit großen Hoff nungen für die Entwickelung von Handel und Wandel, für reiche Ernten und gedeihlichste Fortschritte der allgemeinen Cultur und des Völkerfriedens begann es, und doch brachte es dann manche herbe Enttäuschung und manche Noth und Sorge trat an die Menschen und Völker heran, wie zumal Wassernoth und Kriegslärm noch vor Kurzem bewiesen. Aber im Allgemeinen kann inan das verflossene Jahr darum noch kein Nothjahr nennen, denn es trat weder eine allgemeine Noth in ihrer schrecklichen Gestalt auf, noch wurden die zeitweiligen Befürchtungen bezüglich einer Mißernte, eines Kriegs ausbruchs und des Nahens der von Asien her Europa bedrohenden Choleragefahr zur Wahrheit und immer verzogen sich die düsteren Wolken wieder oder richteten keine allzugroßen Schäden an. In dieser Erfahrung mit dem alten Jahre liegt nun für den Sehenden offenbar viel Tröstliches für das neue Jahr, denn wollten sich die Menschen und Völker ohne Weiteres viel Schlimmes, was im Jahre 1883 Alles passiven kann, vormalen, so könnten sie zu ihrer Beruhigung an den Ereignissen des Jahres 1883 constatiren, daß die drohenden Gefahren ost eben so rasch verflogen als sie kamen, und wollte man sich den rosigsten Hoffnungen für das neue Jahr hingeben, so müßte uns das verflossene Jahr etwas vorsichtig machen. Hoffnung und Vertrauen, aber auch Geduld und Maß halten verlangt daher die Zukunft von allen Menschen und allen Völkern, wenn sie nicht vorzeitig und ohne Noth an sich selbst verzweifeln oder den schwersten Enttäuschungen entgegen gehen wollen. Niemand, weder Staatsmänner, noch einfache Bürger, weder Hoch und Niedrig, Alt und Jung dürfen auch für die Zukunft außer Acht lassen, daß wir in sofern in einer schweren Zeit leben, weil wir mit schweren politischen, socialen und wirthschastlichen Gegensätzen im heutigen Leben der Staaten und Völker zu kämpfen und zu rech nen haben. Ob es dieserhalb zu wirklichen ernsten Conflicten im neuen Jahre kommen wird, wer vermag dies zu verneinen oder zu bejahen?! — Nur so viel wissen wir, daß, wenn die Mehrheit der Menschen und Nationen Gerechtigkeit und Menschlichkeit üben, das Schlimmste immer verhütet werden kann und so schließen wir mit dem Wünsche, daß auch im neuen Jahre überall Gerechtigkeit und Menschlichkeit wachsen möge, damit die Zukunft gedeihlich werde und die Menschheit von keinen schweren Prüfungen heimgesucht wird. politische Iahresrundschau. Abermals sind wir im ewigen Kreislauf der Zeit an den Punkt gelangt, an welchem das alte Jahr hinabsinkt in das Meer der Vergangenheit und sein junger Nachfolger lächelnd an der Schwelle des neuen Zeitabschnittes erscheint. Wie nun der Mensch im bürgerlichen Leben am Jahreswechsel noch einen Blick auf das abgelaufene Jahr zurücksendet, so pflegt auch der Politiker am Jahresschluffe noch einmal auf den vergangenen kurzen und doch auch wieder so langen Zeitraum zurückzublicken, den ein Jahr um schließt; gerade in den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr fließt der politische Born infolge der vorangegangenen Festtage mit am dürftigsten und es verliert die Politik den Charakter der Einzel heiten, so daß schon aus diesem Grunde sich eine Rückschau auf die politische Vergangenheit des Jahres rechtfertigt. — Wenn wir nun zunächst auf Deutschland blicken, so gilt es vor Allem, unseres er habenen Kaiserhauses und hierbei in erster Linie wiederum unseres greisen Kaisers Wilhelm zu gedenken. Noch immer hält derselbe trotz seiner 86 Jahre mit kräftiger Hand das Scepter des Reiches und auch im vergangenen Jahre kehrte er von seinen vielen Reisen neugekrüftigt nach Berlin zurück, so daß wir uns der Hoffnung hin- g-bon dürfen, Kaiser Wilhelm auch im neuen Jahre noch rüstig an der Spitze der Geschäfte zu sehen. Unter den wichtigeren Ereig nissen der innern Politik sind die Ablehnung des Tabakmonopol», durch den Reichstag sowie die Neuwahlen zum preußischen Äbgeord- netenhause zu erwähnen, welche letzteren zwar einen Sieg der con? servativen Partei, trotzdem aber keine wesentliche Umgestaltung der, Parteiverhältnisse im preußischen Abgeordnetenhause ergaben. WaS die auswärtige Politik des deutschen Reiches anbelangt, so hat die selbe unter der bewährten und zielbewußten Leitung des Fürsten Bismarck auch im vergangenen Jahre entschieden mit dazu beige« tragen, das friedliche Verhältniß der europäischen Mächte zu einander zu erhalten, namentlich aber ist die Zusammenkunft Kaiser Wilhelm» mit Kaiser Franz Josef zu Ischl als eine Bürgschaft für die Er haltung des allgemeinen Friedens zu betrachten und diese Bürgschaft wird hoffentlich auch im neuen Jahre ihre Kraft bewähren. Von Deutschland gleitet der Blick naturgemäß zu Oesterreich- Ungarn hinüber, als dem Allirten des deutschen Reiches. Leider ist aus dem Donaureiche nicht allzuviel Erfreuliches zu berichten; di« Versöhnungspolitik des Grafen Taaffe geht noch immer auf Kosten des liberalen Deutschthums ihre eigenthümlichen Wege und besonder» den Czechen gegenüber beweist das Ministerium Taaffe ein Entgegeit« kommen, das mit der Zweitheilung der Prager Universität noch lauge nicht seinen Höhepunkt erreicht zu haben scheint. Während so ini Innern der Nationalitätenstreit noch weiter glimmt, arbeiten auch von Außen gewisse Elemente, dem österreichischen Staate Verlegen heiten zu bereiten, wobei die irredentistischen Putschversuche und Attentate — wie das von Triest gelegentlich der Eröffnung der Aus stellung — vor Allem hervortraten. Mit Aufstandsversuchen hatte sich Oesterreich auch im vergangenen Jahre zu befassen und noch heute scheint in der Herzegowina und Bosnien noch nicht, Alles ganz» in Ordnung zu sein. In Frankreich muß als das wichtigste Ereigniß des Jahres die Ersetzung des Ministeriums Freycinet durch das Cabinet Duclerc be zeichnet werden, welch letzteres indessen nur ein Verlegenheitüministerium genannt werden kann, welches aller Wahrscheinlichkeit d«K Ende t>e» Jahres 1883 nicht erleben dürfte. Im Uebrigen legten die Ver handlungen der Depntirtenkammer dar, daß der alte Gegensatz zwischen den französischen Parteien noch in voller Schärfe fortbe steht; indessen sind weder die Fraktionen der Rechten noch auch die Ultraradicalen vom Schlage der Clemenceau und Genoffen stark genug, um das französische Staatsschiff in das monarchistische resp, in das radikale Fahrwasser zu lenken, so daß gegründete Hoffnung vorhanden ist, daß die gemäßigt-republikanischen Elemente in Frank reich auch ferner die Oberhand behalten werden. Mit Genugthuung kann, was die auswärtige Politik anbelangt, England auf das verflossene Jahr zurückschauen, denn dasselbe bracht« durch den kurzen und glücklichen egyptischen Feldzug Ruhm und Ehr« für die brittischen Waffen, während zugleich die dominirende Stellung, welche das brittische Jnselreich nunmehr am Nil einnimmt^ di- brachten Opfer an Geld und Menschenleben reichlich aufwiegt. Weniger erfreulich ist dagegen der Blick auf die innern Verhältnisse Englands; alle Erfolge, welche das Cabinet Gladstone auch im Par lamente davongetragen hat, vermögen nicht, den düsteren irischen Verhältnissen ein helleres Relief zu verleihen und so nimmt deny England die irische Frage ungelöst mit in's neue Jahr hinüber, Schließlich sei noch der Veränderungen im englischen Eabinet g«? dacht, das durch den Eintritt von Lord Derby und Sir Charle» Dilke um zwei Mitglieder vermehrt wurde. Aus dem Czarenreiche war im vergangenen Jahre merkwür diger Weise wenig von der Thätigkeit der Nihilisten zu melden; allerdings kann man nicht behaupten, daß die russischen Revolutionären gesonnen seien, auf die Mitwirkung von Dynamit und sonstige« un« heimlichen Dingen bei der Durchführung ihrer geheimen Pläne zts verzichten, aber daß sie sich so verhältnißmäßig ruhig verhaltey haben, ist immerhin schon ein Gewinn. Da machte das wüste TreilM detz Panslavisten viel mehr von sich reden, deren Kreuzzug gegen aüetz Deutsche nur zu deutlich darauf hinweist, wessen sich das Deutsche thum in« und außerhalb Rußlands vom Panslavismus zu verseyeü hat, wenn derselbe jemals in Petersburg aus Ruder gelangen sollt«. Eine gewisse Beruhigung muß daher für uns Deutsche das Ableh-y des General Skobeleff haben, des Apostels des Panslavismus, detz