Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich I Mark 20 Pf. prsenuwsrsnäo. Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit io Pf., unte>' „Eingesandt" mit L0 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stabtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 80.Dienstag, dm II. ZulL 1882.- 7. Jaürq. Tagesbericht. — Zwönitz. Auf einer Streifung durch die Gendarmerie am 7. Juli zwischen hier und Stollberg wurde vom Gendarm Kuhnert in dem sogen. Haselbusch bei Niederzwönitz ein Frauenzimmer ausge griffen, welches bereits wegen Diebstahls verfolgt und fluchtig war, und sich acht volle Tage nebst den gestohlenen Sachen im dortigen Walde verborgen gehalten hatte. — Wenn auch nur in wenigen Fällen, so ist doch alljährlich die Thatsache zu konstatiren, daß eine Anzahl ausgehobener Rekruten der deutschen Reichsarmee sich schon vor ihrer Einstellung zum aktiven Truppentheil verehelichen. Zu einer derartigen Verheirathung ist unter allen Umständen die Ausstellung eines Konsenses beim zustän digen Bezirkskommando »achzusuchcn, doch entsteht daraus weder für die Ehefrau des betreffenden Rekruten, noch für ihre Kinder Anspruch auf Unterstützung durch den Staat oder die Gemeinden. Auch wird während der aktiven Dienstzeit keine Rücksicht aus die Verheirathung genommen, sondern der Betreffende stets als unverheirathet betrachtet. — Fast täglich liest man in den Zeitungen über militärische Hebungen, über Infanterie- und Artillerieschießen, Kavalleriemanöver u. s. w., von der schwersten Arbeit aber, welche die Pionniere und Mineure leisten müssen, kommt ganz selten etwas in die Oeffentlich- keit. So sind gegenwärtig unsere sächsischen Pionniere und Mieneure tief unter der Erdoberfläche in Strehlen bei Dresden mit Ausgraben von Minen, Schächten und Stollen beschäftigt. Von zwei Seiten wird ein förmlicher Krieg, der Minenkrieg, geführt. Große Stollen gestatten den Eintritt in die Minen in aufrechter Haltung. Diese Stollen sind aus das Sauberste gearbeitet und mit Holz verkleidet; ein Uneingeweihter, welcher mit Bangen solche Stollen betritt, be kommt gleich nach den ersten Schritten die Ueberzeugung, daß von einem Einstürzen derselben, bezw. von einer Lebensgefahr nicht die Rede sein kann. Der zweite angelegte Stollen ist nur gebückt zu passiren und der Arbeitsstollen nur in kriechender Lage zu erreichen. In kleinen heißen Löchern arbeiten die Mineure bei Laternenschein den Boden aus und werfen, bezw. tragen die Erde nach der ziem lich entfernten Ziegelei. Wenn man so arbeiten sieht, muß man diese Mineure schon ihrer Ausdauer wegen bewundern. Stundenlang liegen die Leute „vor Ort" und müssen ihre bestimmten Kubikmeter ausschachten und rransporliren, die Holzverkleidung und Balke» be festigen. In jedem der Stollen hat ein Unteroffizier die Aufsicht und mißt genau Zeit und Umfang der Arbeit aus. Nicht selten kommt es aber auch vor, daß Minenkranke fortgeschafft werden müssen, da bei größeren Sprengübungen in den Stollen schlechte Gase entstehen und die Mineure betäuben. Sämmtliche Mineure stehen unter direktem Befehl des Jngenieurmajors Friedrich; die Schichtenaussicht führen Offiziere des PionnierbataillonS. — Stollberg, 8. Juni. Am letztverfloffenen Dienstag verun- glücktederKohlenfnhrmann Hartmann aus Niederwürschnitz dadurch, daß er mit einem mit 40 Ctr. Eise» beladenen Wagen, ohne das Hemm zeug anzudrehen, den steilen Berg beim Gasthof „zum Kronprinz" in Niederwürschnitz Hinabfuhr. Die Pferde konnten den Wagen nicht erhalten und das Gefährt prallte mit solcher Gewalt an einen Chaussee baum an, daß ein Pferd sofort todt liegen blieb und Hartmann aus der Schoßkelle hinausgeschleudert wurde, wobei er schwere Verletz ungen erhielt. — Am 1. Juli d. I. ist der Gemeindevorstand Herr Friedrich Louis Lämmel in Gornsdorf als Standesbeamter für den Stan« desamtsbezirk Gornsdorf in Pflicht genommen worden. — Vor kurzem ergriff der im Uhlig'schen Gasthofe in Groß rückerswalde bei Marienberg anwesende Fleischergeselle Schönherr aus Niederlauterstein die einem von der Jagd zurückgekehrten Ein wohner gehörige Flinte in der Meinung, dieselbe sei nicht geladen, als im selben Augenblicke ein Schuß ertönte und Schönherr todt zu sammenbrach. Die Flinte war mit Rehposten geladen und Schön herr der Schuß durch den Kopf gegangen. — Penig, 5. Juli. Ueber den am vorvergangenen Sonnabend in Penig vorgekommenen Eisenbahnunfall liegt nunmehr im „P. W." ein ausführlicher Bericht vor. Nach demselben fuhr am vergangenen Sonnabend der Mittag Uhr von Glauchau kommende gemischte Zug auf dem Bahnhofe auf den im Nebengleis stehenden Bauzug, da im letzten Augenblick eine erst richtig stehende Weiche umgestellt worden war. Den, Locomotivführer des Glauchauer Zuges war es infolge davon trotz des sofort gegebenen Bremssignals und Gegen dampfes nicht mehr möglich, die Katastrophe zu verhüten. Durch den erfolgten Zusammenstoß sind vom Zugspersonal 4 Mann glück licherweise nur leicht verletzt worden, während die Passagiere mit dem Schrecken davon kamen und nur einzelne ganz unerhebliche Quetschungen erlitten. Dagegen war die an der Locomotive und besonders an den Packwagen und Lowrys angerichtete Zerstörung eine ganz bedeutende und gab Zeugniß von der furchtbaren Gewalt eines solchen Stoßes. So hatte die Maschine, welche entgleist war und mit den Rädern tief im Sande festsaß, den letzten Wagen des Bauzugs, einen großen Packwagen, förmlich aufgegabelt. Eine Achse davon mit zwei Rädern thronte auf der Locomotive, die die Esse dabei eingebüßt hatte, noch lange, nachdem die Reste des Wagens längst beseitigt waren. Den Packwagen des Glauchauer Zuges, in welchem sich der Zugführer aufhält, halte es vollständig ausgehoben und nach der andern Seite gestürzt, während zwei dicht hinter dem Tender gekuppelte Lastlowrys vollständig zertrümmert und ineinander geschoben waren, so daß die Bestandtheile derselben und ihre Ladung, Kohlen und Rollenholz, wild durcheinander lagen. Der Anblick war ein ganz eigenartig interessanter und lockte im Laufe des Tages viele Hunderte von Menschen heran. Die Aufräumungsarbeiten wurden sofort in Angriff genommen und es gelang unter umsichtiger Leitung, wenigstens das nebenliegende Hauptgleis sehr bald wieder frei zu machen. Zur Beseitigung der übrigen Trümmer und zum Flottmache» der entgleisten Maschine und Wagen wurden die für solche Fälle stets eingerichteten Rettungsmannschaften aus Chemnitz herbeigezogen. Dieselben waren nur erst von Narsdorf zurückge kehrt, wo am vergangenen Freitag ebenfalls eine Entgleisung einer Güterzugsmaschine mit mehreren Wagen vorgekommen war und die Bahn auf kurze Zeit gesperrt hatte. Nachts zwei Uhr hatten die selben auch hier ihre Arbeit vollendet und dampften bald darauf nach Chemnitz zurück, und bereits anr Sonntag Nachmittag ging schon der zweite niit den Wagentrümmern und der beschädigten Locomo tive belastete Extrazug nach Chemnitz in die Reparaturwerkstatt ab. Der ganze Unfall ist demnach noch ganz erträglich verlaufen, wenig stens hat er kein Menschenleben gekostet. Wie das „P. W." hört, ist der Weichenwärter, welcher die Umstellung der Weiche bewirkt hat, sofort entlassen worden. Deutschland. Am Sonntag, den 9. Juli, hat die vom besten Erfolg begleitete Cur Kaiser Wilhelms in Ems ihr Ende erreicht. Der Kaiser gedachte am Nachmittag des genannten Tages Ems zu verlaffen und sich zu seiner erlauchten Gemahlin nach Coblenz zu begeben, von wo aus nach etwa zweitägigen« Aufenthalte die Reise nach der Insel Mainau fortgesetzt werden soll. Die kirchenpolitische Frage in Preußen, welche nahezu einge- schlunimert war, droht in ihrer ganzen Schärfe wieder aufzuleben. Sowohl aus der scharfen Polemik zwischen der ofsiciösen „Nordd. AUg. Ztg." und der „Germania", dem Hauptblatte der Ultramon tanen, wie auch aus den: Beschlusse des Bundesrathes, den diese Körperschaft noch unmittelbar vor ihrer Vertagung faßte, den Reichs tagsbeschluß über die Aufhebung des sogenannten Expatriirungs- und Jnternirungsgesetzes sür die renitenten katholischen Geistlichen abzu lehnen, geht hervor, daß die preußische Negierung an einem^Wende- punkt ihrer Kirchenpolitik steht. Man scheint an leitender Stelle in