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Erscheint wSchentlich drei Mol und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. prssimmei-anäo. Inserate werden bis spätestens Mittag« des vorhergehende« TagcS des Erscheinen- erbeten und die Corpusspaltenzeile mit lv Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 28. Dicnstag, den 7. März 1882. 7. Jahrg. Tagesbericht. — Leipzig, 2. März. Nicht ohne Interesse ist es, zu ver gleichen, wie sich die im Königreich Sachsen eingeführten Steuern in Bezug auf die Erhebungs- und Vermaltungskosten zu einander verhalten. Im Jahre 1879 haben, wie wir aus dem Rechenschafts bericht der Ersten Kammer ersehen, diese Kosten betragen; bei der Grundsteuer 15,6 Procent der Brutto-Einnahme, bei der Steuer vom Gewerbebetriebe im Umherziehen 16,5 Proceni, bei den Zöllen und Verbrauchssteuern 13,1 Procent, beim Urtundenstempel und der Erbschaftssteuer 3,7 Procent, bei der Einkommensteuer 5,3 Procent. — Die außergewöhnlich milde Witterung scheint auch auf die ge flügelten Jnsecten, die erst zur Frühjahrszeit sich einzufinden pflegen, von Einfluß zu sein, denn vorgestern wurden nicht weniger als drei Maikäfer eingefangen, welche sich munter befinden. Die Maikäfer werden sich durch ihr vorzeitiges Erscheinen noch ihren Namen ge fährden. — Der Nath in Chemnitz sieht sich genöthigt, ein besonderes Gebäude für zeitweilig obdachlose Familien zu errichten. — Ein dortiger Monteur, Herr Oscar Meißner, hat eine Dampfmaschine erfunden, welche weniger Dampf als andere verbraucht und wegen ihrer Kleinheit überall aufgestellt werden kann. Das bei ihm in Thätigkeit befi übliche Exemplar von zwei Pferdekräften ist bereits bei einem Druck von einer Atmosphäre arbeitsfähig. Tie Anmel dung beim Patentamt ist erfolgt. — Buchholz. Durch den gepr. Fleischbeschauer Städler wurde ein trichinöses Schwein vorgefunden und von der Polizei sofort konfiszirt. — x Auerbach. Am Freitag Abende fand im hiesigen Casino saale ein Csncert zu Gunsten der Abgebrannten in Adorf, Mühltroff und Mylau statt. Beim Ccmcerte wirkten, unterstützt von Frau Be zirksarzt Schröter, das Stadtorchester und ein gemischter Chor. Tie Einnahme belief sich auf 245 Mark. Auch Herr Sup. Meltzer bc- theiligt sich am Liebeswerke, indem er eine Sammlung von milden Gaben sür die Brandcalamitosen veranstaltet hat. — Frühling! Lerchen trillern, Staare pfeifen, Bienen Höseln, Schneeglöckchen läuten, Veilchen duften und Haselsträucher blühen. Ob zu früh? — — In Wildenfels wurde seit Montag früh ein Fleischer ver mißt, welcher mit einer größeren Summe Geldes nach Zwickau ge gangen, um Vieh einzukaufen, von dort aber verschwunden war und nichts wieder hatte von sich hören lassen. Seine Familie befürchtete schon, daß ihm ein Unglück zugesloßen sei, es hat sich aber heraus gestellt, daß er bei einem hiesigen Auswanderungsagenten sich die nöthigen Papiere zur Ueberfahrt nach Amerika gelöst und dürfte derselbe bereits auf dem Meere schwimmen. — Gestern Nachmittag gegen 4 Uhr hat im Werdaner Wald, Marienthaler Seite, ein Waldbrand stattgesnnden, bei welchem auf einer etwa 60 Fnß langen, 10 Fuß breite» Strecke das Strauchwerk theilweise beschädigt wurde, das dürre Gras abbrannte und die Weiterverbreitung auf größeren Holzbestand nnr durch Vorhanden sein eines Grabens verhindert wurde. Die Entstehungsursache ist unbekannt; doch dürfte eine wiederholte Mahnung zur Vorsicht, bei einem solchen Vorfälle, nur am Platze sein. — Aus der Lausitz, 1. März. D'e Stadt Löbau ist noch voller Entsetzen über den Mord, den gestern früh der Chansseeinspector Fröhlich an seiner Frau, seinem Kinde und an sich selbst vollzogen hat. Vergeblich forscht man bis jetzt nach den Gründen dieser ent setzlichen That. Der noch junge, rüstige Mann war früher Officier, in welcher Eigenschaft er mit Auszeichnungen den deutsch-französischen Krieg mitgemacht hat. Im Besitz einer ausreichenden Lebensstellung hcirathete er, und als Frucht einer glücklichen Ehe konnte er sein dreijähriges Töchterchen betrachten. Auch in gesellschaftlichen Ver hältnissen freute sich die Familie besonderer Achtung bei Löbau's Be völkerung, so daß im ersten Augenblick Niemand an die grauenvolle Thal glauben wollte. Dennoch war sie Wahrheit. Das Dienst mädchen sand Morgens die Thttren zum Schlafzimmer verschlossen und da ihr dringendes Rufen zum Oeffnen nichts fruchtete, machte sie Anzeige, worauf der Schlosser die Thür gewaltsam öffnete und nun die ganze Größe des Unglücks den Eintretenden sichtbar wurde. Da lagen sie, Mann, Fran und Kind, durch Cyankali vergiftet, welches offenbar allen von dem Gatten und Vater gereicht wurde, der sich außerdem noch zu erstechen versucht hatte. Mit klarem Verstände hatte derselbe noch einen Brief an einen Rechtsanwalt geschrieben, in welchem er alle seine Angelegenheiten zu ordnen gesucht. Daß Löbau's Einwohner gespannt sind auf weitere Enthüllungen in dieser traurigen Angelegenheit, läßt sich denken. — In Neustadt bei Coburg starb am 22. Februar Vr. Braunschmidt, ein sehr gesuchter und tüchtiger Arzt. Sein letzter Wunsch, den er äußerte, war: nach dem Tode dem Feuer übergeben zu werden. Zwei Tage hernach ist sein Leichnam denn auch nach Gotha übergesührt worden. Abermals ist die Welt durch eines jener fluchwürdigen Atten tate auf die geheiligten Personen von Monarchen und Staatslenkern in Aufregung und Entrüstung versetzt worden, durch welche leider gerade unser Jahrhundert sich in so trauriger Weise von früheren gleichen Zeitabschnitten abhebt. Als die Königin Victoria von Eng- iand am 2. März, von London kommend, auf dem Bahnhofe von Windsor in den Wagen stieg, um sich nach diesem ihren Nesidenz- schlosse zu begeben, feuerte ein Individuum einen Pistolenschuß auf die Königin ab, durch welchen glücklicherweise Niemand verletzt wurde. Der Thüter, ein heruntergekommener Commis, Namens Roderick Mac Lean, wurde sofort verhaftet, während die Monarchin, welche während des aufregenden Vorfalles ihren vollständigen Gleichmuth bewahrte, sich nach Schloß Windsor begab, wo die Hostafel in ge wohnter Weise stattfand. Soweit die ursprüngliche Meldung über das Attentat, worüber wir weiter unten Näheres bringen. Hier wollen wir nur noch erwähnen, daß die englische Monarchin sich schon vorher nicht weniger als fünfmal durch Angriffe auf ihre Person bedroht sah, nämlich 1840, zweimal im Jahre 1842, 1850 und 1872, welche aber ebensowenig wie der Mordversuch vom 2. März, von irgendwelchem Erfolge waren. Deutschland. Das gesummte Interesse in unserer inneren Politik concentrirt sich gegenwärtig auf den Gesetzentwurf betreffend die Einführung des Reichs-TabakmonopolS, welcher dein preußischen VolkSwirthschuflSrathe zur Begutachtung vorgelegt worden ist. Dem Volkswirthschaftsrathe ist bereits die Berechnung über den voraus sichtlichen Ertrag des Tabakmonopols zugegangen, < hiernach sollen die Gesammt-Einnahmen 347,770,442 Mk. und die Gesammt-Aus- gaben 175,445,667 Mk. betragen, sodaß sich ver Ueberschuß auf 175,445,667 Mk. belaufen würde; der Reinertrag würde nach Ab zug der Verzinsung und Amortisation des Entschädigungscapitals von 234,300,000 Mk. noch 165,487,917 Nik. ergeben. Inwieweit sich diese Hanptzahlen bei einer eventuellen Realinrung des Tabak- monopolprojectes als richtig erweisen würden, darüber läßt sich noch kein sicheres Urtheil abgeben, da aber die angeführte Berechnung von genauen Kennern unserer gesammten Tabaksindustrie aufgestellt worden ist, so läßt sich füglich an deren Richtigkeit im Allgemeinen nicht zweifeln. Im preußischen Volkswirthschaftsrathe hat außerdem in voriger Woche die Generaldebatte über das Tabakmonopol be gonnen; die meisten Redner sprachen sich gegen dasselbe aus, doch darf man hieraus noch keinen Schluß auf ein abfälliges Gutachten des Volkswirthschaftsrathes über den betreffenden Gesetzentwurf ziehen. Das preußische Abgeordnetenhaus beschäftigte sich in der letzten Hälfte der vergangenen Woche noch vorwiegend mit der fortgesetzten Berathung des Etats des Ministeriums des Innern, wobei die ein zelnen Specialetats ohne wesentliche Debatten meist im Sinne der Regierung genehmigt wurden. Hervorzuheben ist noch aus der Sitzung vom 2. Mürz, daß der Antrag des Gesammtvorstandes des Hauses, es möge auf die schleunigste Ausführung des Baues