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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich I Mark 20 Pf. prssnumvrnnUo. AmtiM Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit IO Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. für Zwönitz und Umgegend. Amtsblatt für den Stabtgemeinderath, den Kirchen-- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Nedacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 12«. Donnerstag, den 3V. Oktober I87S.4. Jahrg. Unsere innere und iinßcre Uage. Zwei Begebenheiten beschäftigten in der vorigen Woche lebhaft die politischen kreise. Zunächst der Abschluß des deutsch-österreichischen Bündnisses, dnrch welches Oesterreich die Stellung, die es 1866 zu Deutschland verlor, in andrer Weise und in anderein Sinne wieder gewinnt, und welches bestimmt ist, uns gegen die Kosacken im Osten wie gegen die Turcos im Westen — beide in der Civilisation eben bürtige, edle Brüder — zu schützen. Neben diesem in seiner Trag weite hochwichtigen Ereignis; waren es innere Dinge, die die Auf merksamkeit fesselten. Der preußische Cultusminister sollte zurück treten wollen. Herr v. Puttkamer würde, wenn bei ihm das Sprüchmort zutrifft, daß Todtgesagte am längsten leben, noch eine große Zukunft vor sich haben. Aber, so unbegründet das ihn betreffende Gerücht mich gewesen sein mag: Die Wiederannäherung zwischen Bismarck und Bennigsen ist nicht widerrufen worden, vielmehr bestätigt, und diese könnte unter Umständen sich bedentungsvoller erweisen, als das Bleiben oder Gehen des Cultusministers. Dürfen an diese Wiederannäherung Erwartungen von liberaler Seite geknüpft werden? Befürchtungen von der conservativen Seite? Wir beantworten diese Fragen keineswegs unbedingt mit Ja. Wir erinnern vielmehr an ein Wort, das Fürst Bismarck vor einigen Jahren aussprach, indem er auf England hinwies, wo die conserva- tivste Regierung ost die liberalsten Reformen durchsetzte, die liberalste Regierung aber ost sehr conservative Politik treibe. Wer weiß, warum Fürst Bismarck gerade jetzt den Herrn v. Bennigsen aufsucht und vielleicht immer noch den Gedanken trägt, ihn in die Negierung zu berufen! Wir sehen die Sache ganz unparteiisch an. Vor zivei Jahren suchte Fürst Bismarck Fühlung mit dem liberalen Herrn v. Bennigsen, um mit seiner Hilfe conservative Maßregeln durchzuführen: d. h. seine Finanz- und Wirthschaftsrcform. Dieser Plan hat sich allerdings zerschlagen, jene Reform ist mit ausschließlich conservativer und ultramontaner Hilfe zn Stande gebracht. Jetzt sucht abermals der Kanzler den liberalen Herr v. Bennigsen. Wir möchten fast ver- muthen, es geschieht das wieder, um eine conservative Sache durch- znfechten, und wir sehen als solche z. B. den Frieden mit Rom an, für den der Fürst sich im Voraus die liberale Partei sichern möchte, aus Gründen, über die man nur Vermuthungen anstelle» kann. Wie dem auch sein mag. Unsere Lage nach außen, das frevel hafte Spiel Rußlands, die in Frankreich weiterglimmende Rachsucht, die an dem Schüren Rußlands leicht neu aufflammen könnte, das macht den inneren Frieden zn einem dringenderen Bedürsniß als sonst, und unser neues Verhältniß zu dem freundlich zu Rom stehenden Oesterreich läßt es, wie es scheint, in den Augen unserer Regierung wünschenswerth sein, daß auch bei uns die Consessionen, Staat und Kirche wieder Versöhnung feiern, so weit das eben möglich ist. Wir wissen nicht, ob der Ausspruch ächt ist, der in diesen Tagen einer sehr hohen Stelle zugeschrieben wurde und der dahin lautete: „Wir haben den Franzosen oft ihren frivolen unverantwortlichen Kriegsvorwand 1870 vorgeworfen, aber sie werden in ihrer Leicht fertigkeit noch von den Russen übertroffen; gegen die nichtswürdige Art, wie die den Krieg schüren, könnten die Franzosen ihren Krieg von 1870 einen heiligen nennen." Dieser Ausspruch ist treffend. Nichts ist leichtfertiger, als dieses Spiel gewisser Kreise in Rußland, diese Nauschseligkeit kurzsichtiger Diplomaten, unfähiger Generale and beschränkter Prinzen und Prinzessinnen, auf die das Wort des Dich ters paßt: „Es schmiedete der Gott um ihre Stirn ein ehern Band; Rath, Mäßigung und Weisheit und Geduld verbarg er ihren: scheuen düster» Blick." — Nun, die drohende Gefahr hat den Fürsten Bis marck schnell auf der Warte gefunden. Arm in Arn: mit Oesterreich giebt es keine Gefahr mehr für Deutschland. Opfer hat aber viel leicht diese oder jene Partei, was unsere inneren Verhältnisse betrifft, zu bringen. , Tagcsgcschichte. Deutschland. Mehrfachen Gerüchten zufolge soll demnächst eine Zusammenkunft zwischen den: Kaiser von Oesterreich, dem Kaiser von Rußland und dein König von Italien in Berlii: stattfinden. Auch von dem Fürsten Gortschakoff heißt es, er werde auf seiner demnächstigen Durchreise einige Tage in Berlin verweilen. — Der Ausschuß des Bundesraths für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr, und für Rechnungswesen hielten am Sonnabend Sitzungen. Was die Vorlagei: für den Landtag betrifft, so wird hin und wider bezweifelt, daß das Kommunalsteuergesetz sich wiederum unter den selben befinden werde. Es ist dieser Zweifel indeß, wie es heißt, un begründet, da das Gesetz dem Landtag wieder zugehen wird. Ebenso sind die Zweifel unberechtigt, welche gegen die Vorlage des Schank gesetzes ausgesprochen worden. Auch die Einbringung dieses Gesetzes steht bevor. Wie man in unterrichteten Kreisen missen will, wird der Rücktritt des Justizministers Or. Leonhardt, der wohl unmittel bar bevorsteht, voraussichtlich die Frage wegen einheitlicher Leitung des Neichsjustizamts und des preußischen Justizministeriums von Neuem in den Vordergrund stellen. Wenigstens wird auf das Be stimmteste versichert, daß Fürst Bismarck diesen seinen Lieblingsplan keineswegs aufgegeben hat. — Die Frage des Simultanschulwesens wird voraussichtlich schon in der nächsten Woche das Abgeordneten haus beschäftigen, da man liberalerseits sofort nach Constitutirung des Hauses die Elbinger Angelegenheit in Form einer Interpellation zur Sprache zu bringen gedenkt. Berlin. Se. Majestät der Kaiser und König begab sich am Sonnabend früh zur Abhaltung einer Hofjagd auf Rothwild nach der Schorfhaide. Der Kaiser fuhr niit zahlreicher Begleitung von hier zunächst mit Extrazng nach Eberswalde und setzte von da dis Fahrt zu Wagen über Schöpffurth nach dem Rendezvous im Walde fort, wo ein Frühstück eingenommen wurde. Nach beendigter Jagd begab sich der Kaiser mit der Jagdgesellschaft nach Hubertusstock zur Mittagstafel und kehrte Abends nach Berlin zurück. — Am Hofe wird es erst um Mitte des nächsten Monats lebhafter zugehen, nm welche Zeit Ihre Majestät die Kaiserin für längere Dauer nach Berlin zurückzukehren gedenkt; bis dahin wird der Kaiser sich meist an den Hosjagden betheiligen. Der Kronprinz wird erst gegen Ende des Jahres erwartet und zwar nur zu vorübergehendem Aufenthalt, da er beabsichtigen soll, noch einmal nach Italien znrückurkehren. — Die feierliche Eröffnung des Landtages fand am Dienstag Mittags 12 Uhr im Weißen Saale des Königlichen Schlaffes zu Berlin statt. Der Eröffnung ging ein Gottesdienst vorauf, welcher für die evan gelischen Mitglieder des Landtages im Dom und für die katholische:: Mitglieder des Landtages in der St. Hedwigskirche abgehalten wurde. Oesterreich-Ungarn. Der von: Abgeordnetenhause zur Vor- s berathung der Bosnien' betreffenden Regierungsvorlage niedergesetzte Ausschuß hat den Beschluß gefaßt, vor Eintritt in die meritorische Debatte der Vorlage erst die Regierung aufzufordern, über die Mo tive der Vorlage, sowie über die gegenwärtige Verwaltung Bosniens und der Herzegowina Aufschluß zu gebe» und über die bisherige Finanzgebahrung, die Civilverwaltung und das Landesbudget die Ausweise vorzulegen. In: Wehrausschuffe beantwortete der Minister Horst die an ihn gerichteten Fragen über die Präsenzftärke des Heeres, über die Zweckmäßigkeit einer Herabsetzung der Präsenzdienstzeit, so wie über das Stärkeverhältniß anderer Armeen gegenüber Oester reich. Seine nächste Sitzung wird der Wehrausschuß erst abhalten, nachdem das Expose des Finanzministers ihm vorgelegen hat, in welchem der Ausschnß Aufklärungen über die in der Thronrede er wähnten Ersparungen bei»: Armeebudget erwartet. — Der öster reichisch-ungarische Botschafter in Konstantinopel, Graf Zichy, soll um seine Entlassung nachgesucht haben.