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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementspreiS beträgt vierteljährlich l Mark so Pi pr»nnm«rnnän. - kur Zwönitz und Umgegend. Qrgan für den Stadtgemeinderalh, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. .-HF' 1«. Donnerstag, den 25. Januar 1883. 8 Ialm;. Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehende» Tages des Erscheinens erbetc und die Corpusspaltenzeile mi! >0 Pf., unter „Eingesandt" mii Yf. berechnet. politische Kundschau. Deutschland. Mitten in die Vorbereitungen zum silbernen Hochzeitsfest des deutschen Kronprinzenpaares, zu dessen freudiger Begehung man sich nicht nur am kaiserlichen Hofe, sondern auch in den weitesten Kreisen der Bevölkerung anschickle, ist die Trauerkunde vom Ableben des Prinzen Karl von Preußen gefallen. Infolge dieses schmerzlichen Ereignisses sind sämmtliche Festlichkeiten, welche anläßlich der Jubelfeier des kronprinzlichen Paares am 25. Januar am Berliner Hofe vor sich gehen sollten, abgesagt worden und ist es überhaupt fraglich, ob noch ein Empfang von Deputationen, Corpo- rationen u. s. w. stattfinden wird; die auswärtigen Höfe wurden so fort von dem eingetretenen Trauerfall benachrichtigt. Mit Prinz Karl ist der einzige noch lebende von den drei Brüdern unseres greisen Kaisers nun ebenfalls dahingeschieden und es erscheint begreiflich, daß der Kaiser hierdurch auf das Schmerzlichste berührt worden ist. Möge der allgeliebte Monarch in der innigen Theilnahme des deut schen Volkes Trost und Beruhigung über den herben Verlust finden, den er und mit ihm das ganze kaiserliche Haus erlitten hat. — Ueber den Lebensgang des Verewigten seien folgende Daten mitge- theilt: Prinz Karl wurde am 29. Juni 1801 zu Charlottenburg als dritter Sohn des Königs Friedrich Wilhelm III. und der Königin Louise geboren. Den Traditionen des preußischen Königshauses ge mäß war die Erziehungen des jungen Prinzen eine vorzugsweise militärische. Mit 10 Jahren trat Prinz Karl als Seconde-Lieute- nant in das 1. Garde-Regiment ein, wurde am 23. März 1816 zum Premier-Lieutenant ernannt und avancirte nun verhältnißmäßig rasch auf der militärischen Stufenleiter. 1836 war er bereits comman- dirender General des IV. Armeecorps und 1854 wurde er zum General-Feldzeugmeister mit dem Range eines General-Feldmarschalls ernannt und an die Spitze der gesummten preußischen Artillerie ge stellt, welche vorzugsweise ihm ihre heutige musterhafte Ausbildung verdankt. Den Feldzug gegen Dänemark machte der Verewigte als Chef der Artillerie und die Feldzüge gegen Oesterreich und Frank reich im Hauptquartier seines königlichen Bruders mit. Prinz Karl war außerdem russischer Feldmarschall und Inhaber des russischen Infanterie-Regiments „Prinz Karl von Preußen", sowie Chef des österreichischen Dragoner-Regiments Nr. 8. Vermählt war Prinz Karl mit Prinzessin Marie Louise von Weimar, welche ihm am 17. Januar 1877 durch den Tod entrissen wurde und aus dieser Ehe stammt, außer 2 Töchtern, als einziger Sohn Prinz Friedrich Carl, welcher gegenwärtig, noch ahnungslos der Trauerkunde, an den Ufern des Nils weilt. — Die ofsicielle Trauerfeier für den verewigten Prinzen dürfte den bekannt gewordenen Bestimmungen zufolge am Mittwoch und die Ueberführung der Leiche nach Nikolskoe unter mili tärischer Escorte am Abend des genannten Tages erfolgt sein. In der Kirche zu Nikolskoe, bei Glienicke, dem Jagdschlösse des Prinzen Karl, ruht bereits die Gemahlin desselben und an ihrer Seite wünscht der nun Dahingeschiedene seine letzte Ruhestatt zu finden. Der Trauerfall im Schooße unsers Kaiserhauses drängt augen blicklich das Interesse an den innern Angelegenheiten zurück, so daß wir über dieselben nur kurz berichten. Nach langer Pause hielt der Bundesrath am 20. Januar unter Vorsitz des preußischen Finanz ministers Scholz wieder eine Plenarsitzung ab. Die Versammlung überwies verschiedene Neichstagsbeschlüfse an die zuständigen Aus schüsse, genehmigte mehrere untergeordnete Vorlagen und erklärte ihre Zustimmung zu den Ausschußanträgen wegen Abänderung des Regu lativs, betreffend die Steuerfreiheit des Branntweins. Der Reichstag setzte am Montag die Berathung des Reichshaus- haltsetats fort, nachdem er vorher den Präsidenten, Herrn v. Levetzow, beauftragt hatte, dem Kaiser die herzlichste Theilnahme des Hauses bezüglich des Ablebens des Prinzen Karl auszudrücken. Im Uebrigen wurde die Sitzung größtentheils durch die Debatten über die Posi- tion-Kriegsminister des Specialetats des Neichsheeres auSgesüllt, die zum Theil eine recht lebhafte Färbung annahmen. Der democra- tische Abgeordnete Schott verbreitete sich namentlich über die Erspar- nißfrage am Heeresetat und tadelte besonders die Kostspieligkeit der Kürassier-Regimenter und des Gardecorps, wobei ihm der Abgeord nete Richter-Hagen mit einem heftigen Angriffe auf das Regiment Gardes du Corps secundirte. Die Abgeordneten Dr. Windthorst und Kayser (soc.-dem.) brachten das Capitel der „Soldatenschindereien" zur Sprache. Von conservativer Seile traten die Abgg. v. Minnige- rode und v. Maltzahn Gültz für die Regierung ein und Kriegsmini ster v. Kameke trat in entschiedener Weise sowohl den Ausführungen Schotts und Richter-Hagens entgegen. Schließlich wurden alle Etats summen bewilligt; die Etatsberathung wurde am Dienstag fortgesetzt. Die anfänglichen Befürchtungen über den Umfang der Katastrophe, welche die deutsche Handels-Marine durch den Untergang des Post dampfers „Cimbria" betroffen hat, scheinen sich leider zu erfüllen. Von den ca. 550 Passagieren und Mannschaften, welche sich an Bord der „Cimbria" befanden, sind, soviel bis jetzt bekannt, wenig über 50 gerettet worden. Verschiedene Dampfer wurden zur Aufsuchung der Boote der „Cimbria" ausgesandt, von denen aber bereits einer, die „Hansa", resultatlos nach Cuxhafen zurückgekehrt ist. Oesterreich-Ungarn. Im ungarischen Abgeordnetenhause ist jüngst wieder einmal die Judenfrage zur Sprache gekommen. In der Montags-Sitzung gelangte die Petition des Tapolczaer Wahlbe zirkes um Aufhebung der Juden-Emancipation zur Berathung, wobei der Referent betonte, man dürfe an gewissen Principien in einem Neichsstaate nicht rütteln, ein solches Princip sei die Gleichberechtig ung. Abg. Jstoczy, der bekannte Führer der ungarischen Antisemiten, begründete unter Ausfällen gegen das Judenthum seinen Antrag: Die Negierung aufzufordern, die Vorlage über die Revision eines Emancipationsgesetzes einzubringen. Die Debatte über diesen Gegen stand wurde am Dienstag festgesetzt. Frankreich. Das französische Ministerium ist durch die An gelegenheit des Prinzen Napoleon in eine fatale Lage gerathen, welche die heftigen Debatten, die sich im Schooße des Cabinets Duc- lerc über den Gesetzentwurf gegen die französischen Thronpräten- denten erhoben, genugsam wiederspiegeln. Außerdem hat aber auch der radicale Antrag in der Deputirtenkammer, die orleanistischen Prinzen, welche in der französischen Armee Commandostellen be kleiden, aus derselben zu entfernen, das Ministerium in Verlegenheit gesetzt und von dem Kriegsminister und dem Marineminister liegt sogar die Erklärung vor, daß sie demissioniren würden, falls die Kammer den radicalen Antrag annehme. Im Uebrigen hat die Deputirtenkammer den Gesetzentwurf, wonach der Regierung das Recht zustehen soll, Thronprätendenten, von denen sie eine Gefährdung der Ruhe und Sicherheit des Staates besorgt, nach ihrem Ermessen auszuweisen, in der Sonnabends - Sitzung an eine Commission ver wiesen. Es ist also noch immer ungewiß, was sowohl mit Prinz Napoleon, als auch mit den orleanistischen Prinzen, den Herzögen von Aumale, Nemours und Chartres, geschehen wird. Glücklicherweise verlautet, der Senat solle als oberster Gerichtshof.zur Aburtheilung des Prinzen Napoleon constituirt werden. Rußland. Der neuernannte Gouverneur von Livland, Kammer- Herr Schewitsch, ist in diesen Tagen in Riga eingetroffen und dort feierlich begrüßt worden. Es knüpfte sich an seine Persönlichkeit be kanntlich die Hoffnung, daß ec der Provinz die Ruhe wiedergeben werde, die durch die Senatoren-Revision, über deren Ergebnisse noch immer nichts bekannt ist, auf's Schwerste gestört worden ist. — Die russische Negierung hat beschlossen, von ihren Gesandtschaften an den deutschen Höfen, abgesehen von der Berliner Botschaft, nur diejenige in Stuttgart bestehen zu lassen und in Dresden und Weimar je eine Minister-Residentschaft zu errichten. Egypten. Der Protest, welchen die französische Regierung durch ihren Vertreter in Kairo dem egyptischen Cabinet gegen die Auf hebung der Controle hat überreichen lassen, deutet auf neue Schwierig keiten hin, die sich der Lösung der egyptischen Frage entgegenstellen. Unter den gegenwärtigen Umständen dürfte dieser Protest wohl ganz erfolglos bleiben, er zeigt aber, daß die Entfremdung zwischen Frank reich und England bezüglich Egyptens noch keineswegs beseitigt ist und mit Spannung darf man den weiteren diplomatischen Schritten in dieser Angelegenheit entgegensehen. Amerika. Für die Beilegung des Streites zwischen Peru und Chile ist die in vergangener Woche erfolgte Wahl des Generals Iglesias zum Präsidenten der Republik Peru nicht ohne Bedeutung. Iglesias hat nämlich nur unter der Bedingung die Wahl angenom-