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Inserate »werden bis spätesten» Mittags des vorhergehenden TageS deS Erscheinen» erbeteo und die CorpuSspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag» AbonnementSpreis beträgt vierteljährlich i Mark SO Pj für Zwönitz und Umgegend Organ für den Stadtgemcinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. .-4^' 6S. Donnerstag, den 7. Juni 1883. 8. Jahrg. Bekanntmachung. Gesetzlicher Vorschrift gemäß wird hierdurch bekannt gegeben, daß die Landtagswahlliste für die hiesige Stadt revidirt worden ist und daß dieselbe von jetzt ab für die Betheiligten 14 Tage zur Einsichtnahme an Rathsstelle ausliegt. Etwaige Einsprüche gegen den Inhalt der Wahlliste sind bei dem Unterzeichneten rechtzeitig anzubringen. Zwönitz, am 2. Juni 1883. Der Bürgermeister. Adam. politische Kundschau. Deutschland. Kaiser Wilhelm gedenkt, wie Privat-Mittheil- nngen aus Gastein melden, gegen Mitte Juli in dem genannten Badeorte einzutreffen und daselbst einen dreiwöchentlichen Aufenthalt zu nehmen. Mit der definitiven Annahme des KrankencassengesetzeS und der Novelle zur Gewerbeordnung seitens des Reichstages hat die Ne gierung auf dem Gebiete der innern Politik zwei wesentliche Erfolge errungen und es ist daher begreiflich, wenn man in den leitenden Kreisen einen der Regierung günstigen Verlauf auch der noch üb rigen Verhandlungen erwartet, namentlich was den Etat pro 1884/85 anbelangt. Ob aber der Reichstag noch bis zur Erledigung dieser Vorlage zusammenzuhalten sein wird, ist in Anbetracht der gegen wärtig herrschenden wahrhaft tropischen Hitze sehr zweifelhaft und ist es daher wohl möglich, daß er sich schon nach Erledigung der Zuckersteuer-Vorlage vertagen wird. Am Montag genehmigte das Haus definitiv den Handelsvertrag mit Italien, sowie die Literar- Convention mit Frankreich und trat sodann in die zweite Lesung der Zuckersteuervorlage ein. Der Abg. Stengel beantragte hierbei eine Herabsetzung der Vergütung pro Centner um 60 Pfennige, während der Regierungsentwurf nur eine solche von 40 Pfennigen zugesteht; außerdem war von dem Abg. Büchtemann und Gen. außer der Herabsetzung der Export - Bonification auch noch die Erhebung einer Controlgebtthr von 10 Pfennigen für den Centner des ans Rüben, Melasse oder Füllmasse gewonnenen Zuckers beantragt worden. Beide Anträge wurden indessen abgelehnt und 8 1 der Commissionsanträge (Exportprämie 9 Mark pro Centner für Roh zucker) genehmigt. Am Dienstag wurde die Berathung der Vorlage bei 8 2 fortgesetzt. In der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses am Montag führte wieder einmal eine Interpellation der polnischen Abgeordneten über die ungenügende Anwendung der polnischen Sprache bei Er- theilung des Religionsunterrichtes in den Volksschulen Posens zu einer sehr langen Debatte. Nachdem im Verlaufe der Discussion der Kultusminister v. Goßler darauf hingewieseu hatte, daß bezüglich des ungenügenden Religionsunterrichtes in polnischer Sprache schon wesentliche Remedur geschaffen worden sei und daß Vorsorge ge- troffen sei, daß diese Remedur noch weiter ausgedehnt werde, er klärte sich Abg. Kantak (Pole) von dieser ministeriellen Antwort Namens seiner Fraction für befriedigt. Hierauf wurde die Be- rathung des Gesetzentwurfes über die Landgüterordnung für die Provinz Brandenburg fortgesetzt und derselbe in zweiter Lesung nach den ursprünglichen Negierungsvorschlägen genehmigt. Am Dienstag trat das Haus in die erste Lesung der Canalvorlage ein. Eine angebliche Aeußerung des Reichskanzlers über die staats rechtliche Stellung des Reichstages macht jetzt die Runde durch die Presse. Nach einer Mittheilung der „Köln. Ztg." soll sich Fürst Bismarck dahin geäußert haben, daß die Neichsverfaffung auf dem Vertrage der deutschen Fürsten unter einander beruhe und daß die Bundesfürsten, wenn sie unter sich einig wären, das Recht hätten, die Reichsverfassung abzuändern. Wie das rheinische Blatt ferner mittheilt, habe Fürst Bismarck schon vor längerer Zeit einen hoch gestellten Juristen zu einem Nechtsgntachten über diese Angelegenheit aufgefordert, welches aber nicht nach den Wünschen des Fürsten aus^ gefallen sei. Diese Mittheilungen klingen so eigenthümlich, daß man vorläufig die Authenticität derselben bezweifeln muß. Die neue kirchenpolitischs Vorlage soll nunmehr festgestellt sein und bereits die Sanction des Kaisers erhalten haben, so daß ihre Einbringung im preußischen Abgeordnetenhause in diesen Tagen zu erwarten ist. Ueber den Inhalt der Vorlage cursiren noch immer verschiedene Gerüchte; soviel dürfte jedoch sicher sein, daß die Vor enthaltung der Leistungen an nicht staatlich genehmigte Geistliche, die Sperrung der Temporalien eine der Grundlage des neuen Systems bilden wird. Die in Oesterreich geltende Gesetzgebung hätte, wie behauptet wird, mehrfach zum Muster gedient, doch scheint dies nur eine der vielen über die Vorlage im Umlauf befindlichen Versionen zn sein. Am Montag Vormittag hat auf dem Kirchhof zu Erbach die feierliche Beisetzung der Leiche der Prinzessin Marianne der Nieder lande stattgefunden. Der Trauerfeier wohnten außer den Anver wandten der dahingeschiedenen Fürstin die Abgesandten der fremden Höfe, die Spitzen der Behörden und zahlreiche Vereine und Cor- porationen bei. Oe st erreich-Ungarn. Nachdem die Wahlen zum galizischen und zum tyroler Landtag vorüber sind, richtet sich in Oesterreich das Interesse auf die Neuwahlen zum böhmischen Landtag, welcher auf den 5. Juli einberufen ist. Die deutschliberale Partei Böhmens ist entschlossen, jeden Fuß breit Land gegen die czechischen und feudalen Angriffe zu vertheidigen und dieser Entschluß spricht sich auch in dem Wahlaufruf des deutschen Wahlcomitee's aus. Derselbe be spricht die politische Situation und fordert die Deutschen Böhmens zur eifrigen und einmüthigen Betheiligung an der Wahl auf, da in Böhmen nicht blos politisch - wirthschaftliche Interessen, sondern das nationale Dasein des Deutschthums auf dem Spiele stehe. Infolge einer schriftlichen Anregung des Bauernführers Kirzepeck wurde in dem Aufrufe auch eine Apostrophe an die deutsch-böhmische Bauern schaft ausgenommen. Frankreich. Der französisch-chinesische Conflict wegen Anam und Tonkin gewinnt jetzt eine ernstere Gestalt. Einer Meldung des „Standard" aus Shanghai zufolge hat Lihung Tschang, der leitende chinesische Staatsmann, erklärt, daß China zum Kriege entschlossen sei, wenn Frankreich die Rechte China's auf Anam nicht anerkenne. Da es dem chinesischen Staatsmann mit dieser Erklärung jedenfalls bitterer Ernst ist, so steht nun Frankreich vor der Alternative, ent weder auf die Annexion von Tonkin zu verzichten oder sich in einen langwierigen Krieg mit dem ungeheueren chinesischen Reiche zu stürzen und die Entscheidung wird den französischen Staatsmännern wahrlich nicht leicht fallen. Neben der tonkinesischen Affqire nehmen auch die Dinge auf Madagascar einen drohenden Character an. Französische Kriegsschiffe haben zwei Hafenstädte an der Nordwest küste von Madagascar bombardirt und hierdurch beträchtlichen Schaden an fremden Waaren angerichtet, was möglicherweise Reclamationen der betreffenden Mächte nach sich ziehen kann. Die englischen Kriegs schiffe „Dryad" und „Dragon" haben bereits Befehl erhalten, Leben und Eigenthum britischer Ünterthanen auf Madagascar zu sichern. Paris, 3. Juni. General Verneville hat bei seinem Abschiede von Luneville einen Tagesbefehl erlassen, in welchem folgende Stelle vorkommt: „Ich bin sicher, daß Ihr, wenn Frankreich an den Muth seiner Kinder appelliren wird, kraftvolle Revanche nehmen werdet. Wenn der Feind stark und geschickt ist, erinnert Euch, daß in Euren Adern französisches Blut fließt und daß Eure Väter diese Gegner zermalmt haben, die ihren Erfolg von 1870 nur einem Augenblick der Ueberraschung danken." Italien. Der Todestag Garibaldi's — 2. Juni — ist in Nom und den größeren italienischen Städten durch Traueracte und Enthüllung von Büsten und Gedenktafeln begangen worden. Der Gesetzentwurf über das dem italienischen Nationalhelden auf dem Monte Janiculo zu errichtende prächtige Nationaldenkmal wurde von der Deputirtenkammer einstimmig angenommen, der Staat trägt zu den Kosten des Denkmals die Summe von einer Million Lire bei. Am Todestage Garibaldi's war auch dessen Familie an seinem Grabe auf Caprera versammelt und berieth nochmals über die Frage der Verbrennung der irdischen Ueberreste des großen Todten; eL