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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag». Abonnenientspreis beträgi vierteljährlich l Mark so Ps pr«ön»o>«r»n<tn. Meiger für Inserate werden bi« spätesten« Mittag« de« vorhergehenden Taget de- Erscheinen« erbeten and die CorpuSspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend Organ für den Stadtgemeinderaly, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. «8. Donnerstag, den 14. Juni 1883.8. NM. Oeffentliche Sitzung des StadtgemeittdernthS Donnerstag den 14. Juni a. c. Nachmittags tt Uhr. Die Tagesordnung ist am Verhandlungstage in der Hausflur des Nathhauses ausgehängt. Bekanntmachung. Der erste diesjährige Jahrmarkt wird Montag den 18. Juni abgehalten. , , , . Zwönitz, am 12. Juni 1883. Der Stadtgemeinderat h. Adam, Bürgermeister. politische Kundschau. Deutschland. Der Kaiser gedenkt diesen Donnerstag, den 14. Juni, Abends die Neichshauptstadt zu verlassen und seine Sommer- und Badereisen anzutreten. Zunächst begiebt sich der hohe Herr zu einem dreiwöchentlichen Curgebrauch nach Bad Ems und sodann zu einem mehrtägigen Aufenthalte bei den grobherzoglich badischen Herrschaften nach der Insel Mainau, woran sich die eben falls auf drei Wochen berechnete Nachcur in Bad Gastein schließt. Die Rückkehr des Kaisers nach Berlin dürfte sonach in die erste Hälfte des August fallen. In unserm parlamentarischen Leben hat sich ein Ereigniß voll zogen, welches selbst das Interesse an den Verhandlungen des Reichs tages und des preußischen Abgeordnetenhauses momentan abschwächt. Herr von Bennigsen, der Führer der nationalliberalen Partei, hat ganz unerwartet die Mandate, welche er zu beiden Parlamenten be saß, niedergelegr, durch welchen bedauerlichen Schritt zunächst seine Fraktion in nicht geringe Erregung versetzt worden ist. Es heißt, daß sich Herr von Bennigsen im Widerspruch mit der Majorität seiner Partei bezüglich der Haltung gegenüber den Verwaltungs- Gesetzen und der kirchenpolitischen Novelle befand und er infolge dessen seine Mandate niedergelegt habe; vielleicht hat zu diesem Ent schlusse auch der Gang der parlamentarischen Arbeiten in den letzten Jahren mitgewirkt. Ob der hochverdiente Parlamentarier und Staatsmann sich durch die Bitten seiner Freunde bestimmen lassen wird, seine Mandatsniederlegung wieder zurückzuziehen, läßt sich noch nicht sagen, doch halten wir dies für sehr unwahrscheinlich. Jedenfalls wird man aber im Reichstage wie im Abgeordnetenhause das Scheiden eines Mannes, der wie keiner sich bemühte, die herr schenden Gegensätze soviel wie möglich zu mildern und zu versöhnen, allseitig tief bedauern. Der Reichstag konnte am Sonnabend die zweite Etatsberathung noch nicht zu Ende führen und ist ihm dies erst in der folgenden Sitzung am Montag gelungen. Der Nest der Berathung bot durchaus keinerlei Interesse dar und wurden daher die noch restirenden Etats titel rasch hintereinander und ohne irgend welche Zwischenfälle er ledigt. Außerdem machte der Staatssecretär im Reichsschatzamt, Burchard, noch die Mittheilung, daß die Negierung das Pensions gesetz für die Reichs Civilbeamten zurückgezogen habe. Für Dienstag standen Petitionen, Wahlprüfungen und die dritte Lesung des Etats pro 1884/85 auf der Tagesordnung und dürfte an diesem Tage oder spätestens am Mittwoch die Vertagung des Reichstags erfolgt sein. Das preußische Abgeordnetenhaus hatte sich am Sonnabend noch einmal mit den Verwaltungsgesetzen zu beschäftigen, die aus dem Herrenhause in etwas veränderter Form zurückgekommen waren. Bezüglich des Gesetzes über die Organisation der allgemeinen Landes- Verwaltung stimmte das Abgeordnetenhaus im Wesentlichen den vom Herrenhause vorgenommenen Abänderungen bei, während es beim Competenzgesetz seine früheren Beschlüsse aufrecht erhielt. Auf Grundlage der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses vom Sonnabend hat nun auch Fürst Bismarck seine Zustimmung zum Zustandekommen der Verwaltungsgesetze erklärt. Am Montag war die mit vieler Spannung erwartete erste Lesung der kircheupolitischen Novelle alleiniger Gegenstand der Tagesordnung. Wer indessen ein heftiges Aufeinanderplatzen der Geister, wie bei früheren Culturkampfdebatten, erwartet hatte, der sah sich hierin getäuscht, denn alle Redner faßten den zur Debatte stehenden Gegenstand mehr oder weniger mit Hand schuhen an. Die Centrumsredner Reichensperger und Olpe be mängelten die Vorlage an verschiedenen Punkten, da dieselbe nur ein Nothbehelf sei, und hofften von einer Commis sionsberathung noch weitere Abmilderungen. Sehr diplomatisch erklärte Herr Windt horst, das Centrum müsse sich seine definitive Stellung zur Vorlage bis zum Schluß der Berathung vorbehalten. Cultusminister von Goßler bemühte sich, den Centrumsmännern auseinanderzusetzen, daß die neue kirchenpolitische Vorlage ein entschiedener Friedensacl und ein ernster Versuch sei, ob sich ermöglichen lasse, den Frieden auf dem Gebiete der Anzeigepflicht zu erreichen und einen Zustand wie vor 1849 und 1867 zu schaffen. Im Uebrigen war die Rede des Cultusministers sehr entgegenkommend und versöhnlich gehalten, was das Centrum allerdings zu der Hoffnung berechtigen mag, in der Commissionsberathung noch weitere Milderungen vornehmen zu sehen. Von freiconservativer Seite sprachen sich die Abgg. v. Zedlitz-Neu kirch und Graf Limburg - Stirum sympathisch für die Vorlage aus, während sich der Abg. Richter-Hagen in der ihm eigenen sarcastischen Weise gegen die Vorlage äußerte. Die Weiterberathung derselben wurde schließlich bis auf nächsten Donnerstag vertagt. Frankreich. Die Nachrichten aus Tonkin laufen in Paris recht spärlich ein, indessen geht aus diesen spärlichen Mittheilungen doch hervor, daß sich die Lage oe Franzosen auf dem tonkinesischen „Kriegsschauplatz" wesentlich geb ffert hat. Vor Allem ist es ge lungen, der im Fort von Hanoi etngeschlossenen französischen Trupprn- abtheilung Hülfe zu bringen und scheint der Entsatz von Hanoi ohne irgendwelches Blutvergießen erfolgt zu sein. Auch über den fran zösisch - chinesischen Conflict liegt nichts Neues vor. Vorläufig hqt China sein Säbelrasseln eingestellt, vielleicht, weis die drohende Sprache, welche vor Allem sein Vertreter am Petersburger Hofe, der bekannte „Marquis" Tseng, führte, auf die französische Re gierung nicht den mindesten Eindruck gemacht hat; eine Verständigung zwischen Frankreich und China in der Tonkin-Affaire sst darum wieder wahrscheinlich geworden. — In der Montags - Sitzung der Deputirtenkammer legte der Minister der öffentlichen Arbeiten die mit den großen Eisenbahngesellschaften Lyon, Nord, Ost und Süd abgeschlossenen Conventionen vor, durch welche u. A. die Gesammt- länge der neu zu erbauenden Linien auf nahezu 2400 Kilometer festgesetzt wird. , England. Während die Engländer mit Argusaugen die Be- mühungen anderer Mächte, ihren Colonialbesitz zu vergrößern. Über wachen und hierbei namentlich den Franzosen alle möglichen Hinder nisse in den Weg legen, stecken sie selbst in aller Stille neue große Gebiete in ihre Tasche. Erst vor ein paar Monaten wurde ge meldet, daß die australische Colonialregierung im Namen der Krone Englands förmlich Besitz von Neu-Guinea (nördlich vom australischen Continent) ergriffen habe. Die Zeitungen brachten diese Meldung in einem so gleichgültigen Tone, als ob es sich um eine kleine Scholle im Stillen Ocean und nicht um eine schöne, fruchtbare Insel gruppe im Gesammtflächeuinhalt von 13,000 Quadratmeilen ge handelt habe. Diese Gleichgültigkeit ermuthigt offenbar die englische Regierung zu weiteren Annexionen im Stillen Oceon. Wie „Reuter'- Bureau" aus Melbourne meldet, hat die australische Colonial - Re gierung den: Mutterlande auch die Besitzergreifung der Neuen Heb riden, der Salomons-Jnseln und anderer polynesischer Inselgruppen empfohlen. Selbstverständlich wird England mit beiden Händen zu greifen und so vermehrt sich die Kette der englischen Besitzungen Glied um Glied, während andere Leute das Nachsehen Habels