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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementepreis beträgt vierteljährlich t Mark 20 Pi priennwnranän. Äineigtr für 3"üralc .werden bis spätesten« Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mii 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderalh, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 1 33. Donnerstag, den l5 November 1883. 8. Iahra. Anetton. Sonnabend den 17. November dieses Jahres Vormittags 11 Uhr sollen in der Rathskellerwirthschaft zu Zwönitz verschiedene Pfandstücke, worunter 1 Flinte, 1 Teschin, Herrenklcidungsstücke, Zeit schriften, 1 Regenschinn und 1 Spazierstock, meistbietend versteigert werden. Stollberg, am 12. November 1883. Der Gerichtsvollzieher beim Königlichen Amtsgerichte daselbst. Appolt. Sächsische Kachrichten. — Das große Loos, welches in die Collection von E. Mothes in Greiz fiel, ist nach Düsseldorf gekommen. Cin Reisender, welcher in Greiz im Hotel zum „Rothen Löwen" logirte, kaufte 10 Zehntel der Nummer und so wird er sich bald in dem Besitze von nahe einer halben Million sehen. — Der Winter scheint nunmehr doch Einzug halten zu wollen. Während am Sonnabend den 10. November Nachmittags 3 Uhr noch ein ungewöhnlich prächtiger Regenbogen am Himmel prangte, zeigten am folgenden Morgen die Dächer der Häuser und gestern früh die Straßen eine dichte Schneehülle. — Neustädtel. Auch der hiesige Turnverein ist mit unter den Brandcalamitosen der letzten Feuersbrunst zu verzeichnen, da er ziemlich alles Turngeräthe, welches im Innern des mitverbrannten Steigerhauses aufbewahrt war, durch das verheerende Element verlor. Namentlich ist der Verlust eines sehr schönen Pferdes zu beklagen, welches sich der Verein unter großen Opfern gekauft hatte. Ein Hilfscomitee, welches einen Aufruf nach Außen hin ergehen lassen wird, hat sich sofort gebildet. — Reichenbach, 12. Novbr. Am Zaune des neuen Fried hofs hier hängend fand man gestern Vormittag die entseelten Körper eines Mannes und eines Kindes vor. In denselben wurden der 37 Jahre alte Bahnarbeiter Christian Friedrich E. und dessen einziges Kind, ein Mädchen von 4 Jahren erkannt, das der Herz- und gefühl lose Vater auf so unmenschliche Weise gemordet, bevor er Hand an sein eigenes Leben gelegt. In der Tasche seiner Hose fand man einen Zettel vor, auf welchem der Entseelte als Motiv zu dieser schrecklichen That angab, die ihn seit dem vor 13 Wochen erfolgten Tode seiner Gattin, deren Grabe gegenüber er sich und sein un schuldiges Kind auch erhängt, befallen und mittelst dessen er bat, ihn nicht nach der Anatomie in Leipzig abzuliefern, sondern hier zu beerdigen. Sein Wunsch dürfte in Erfüllung gehen. — Plauen, 10. November. Zur Entrüstung aller wohlge sinnten Einwohner zeigten sich heute Morgen an vielen Orten unserer Stadt Straßen-Pamphlete gegen die Lutherfeier angeklebt. Der Name der betreffenden Druckerei war fingirt. Die Schutzmannschaft vereitelte sehr bald das ebenso nichts würdige als feige Unternehmen, das in verlogener Weise Luther zu einem Volksfeind zu stempeln sucht. X Auerbach. Das Lutherjubiläum wurde hier unter Be theiligung aller Kreise mit wahrer Begeisterung gefeiert. Es sei hier kurz registrirt was Alles zur Ehre Gottes und zum Lobe des großen Reformators geschehen ist. 10. Nov. Vorm. 9 Uhr Aktus im Seminare. 10 Uhr Vertheilung von Lutherschriften, Medaillen rc. an sämmtliche Schulkinder. 11 Uhr Aktus der Volksschulen. 12 Uhr Mittags einstündiges Glockengeläut. 5 Uhr Nachmittag vorbereiten der Gottesdienst. Weihe der Gasbelenchtung im Gotteshanse. Weihe zweier eben gestifteten Vasen. Abend 8 Uhr Lutherfeier im Gesellen vereine und in der Herberge für Reisende. Sonntag Vorm. 9 Uhr Zug in die Kirche, Festgottesdienst. 11 Uhr Zug auf den Marktplatz, Pflanzung einer Lutherbuche, Weihereden der Herren Sup. Meltzer und Bürgermeister Eule. ^z3 Uhr Kindergottesdienst, Vertheilung von 22 Bibeln an arme, würdige Schulkinder. 5 Uhr Kirchenconcert. Abend 8 Uhr Lutherfeier des Kirchenchores. — Hierbei sei erwähnt, daß der erste protestantische Geistliche hier Lindemann hieß und ein Verwandter Luther's war. — Ein gelungener Witz passirte am Montag in Dohna, wo selbst Director Claus im Gasthof zum rothen Hirsch mit seinem Marionetten-Theater die Abschiedsvorstellung gab. Gerade als gegen Schluß der Vorstellung Monsieur Caspar sein Abschiedslied singen wollte, brach unter lautem Krachen das oben über das Theater ge legte Bret, von welchem aus die Marionetten dirigirt werden, zu sammen und fielen die über dem Brete liegenden drei Personen mit lauten: Gepolter auf die Bühne, unter sich den fidelen Caspar schmäh lich begrabend. Dieses unvorbereitete Schlußtableau mit obligatem Knalleffect rief natürlich die größte Heiterkeit mach. , Kolitische Kundschau. Deutschland. Aus den verschiedensten Gegenden Deutsch lands laufen noch fortwährend Berichte über die glänzenden Feier lichkeiten ein, welche allerorts an den Luthertagen des 10. und 11 November veranstaltet worden sind und welche entschieden Zeugniß davon ablegen, wie lebendig das protestantische Bewußtsein trotz aller gegentheiligen Behauptungen noch ist. Was speciell die Reichshaupt- stadt anbelangt, so wandte sich hier das Hauptinteresse der Bevölkerung der am Sonnabend in der überaus prächtig geschmückten Nicolaikirche stattgefundenen Feier zu, welche durch die Anwesenheit des Kaisers und der königlichen Prinzen, der Minister, der obersten Hofchargen und anderer hochgestellter Persönlichkeiten sich in besonderer Weise auszeichnete. Ebenso wohnte der Kaiser dem am Sonntag im Dome veranstalteten Festgottesdienste bei. Auch überall im Auslande, wo Protestanten zusammenwohnen, ist das Lutherjubiläum in entsprechender Weise begangen worden, so in Wien, Madrid, Petersburg, Moskau, Riga, besonders aber in den protestantischen Ländern des Nordens, in Dänemark, Schweden und Norwegen, ebenso in England. Von einem in London stattgefundenen großen protestantischen Meeting ist dem Kaiser Wilhelm ein auf die Lutherfeier Bezug nehmendes Er gebenheits-Telegramm zugejendet worden. Auch jenseits des Oceans hat man das Luther-Jubiläum nicht unbeachtet vorübergehen lasten, in New - Jork, Brooklyn und Philadelphia fanden in allen evan gelischen Kirchen Festgottesdienste statt, in mehreren andern Städten wurden Festversammlungen abgehalten. Die Reise des Kronprinz Friedrich Wilhelms nach Madrid wird für diese und die nächsten Wochen im Vordergründe der Politik stehen, denn allseitig wird diese Reise als ein hochpolitisches Ereigniß aufgefaßt. Bezüglich der Reisedispositionen steht nunmehr Folgendes fest: Donnerstag den 15. November früh verläßt der Kronprinz Berlin und begiebt sich über München incognito nach Genua, wo die Ankunft in der Nacht vom 16. zum 17. d. M. erfolgen dürfte. Hier erwarten die Kriegsschiffe „Prinz Adalbert", „Sophie" und „Loreley" den hohen Reisenden, welcher sich an Bord des erstge nannten Schiffes, am 17. November Mittags nach Barcelona ein- fchiffen wird. In diesem Augenblick geben die im Hafen von Genua befindlichen italienischen Kriegsschiffe den großen Salut von 101 Kanonenschüssen ab, ebenso feuern die Genua umkränzenden Forts bei der Abfahrt der deutschen Flotte Salven ab und die italienischen Admiräle und Generäle, sowie eine Ehrencompagnie werden auf der Landungsbrücke paradiren. In den spanischen Gewässern empfangen 2 spanische Kriegsschiffe das deutsche Geschwader und in Barcelona erwarten den Kronprinzen zum officiellen Empfang der Oberstkäm merer und ein General - Adjutant des Königs Alfonso, sowie der Kriegsminister und der Minister des Auswärtigen. Der Aufenthalt unseres Kronprinzen in der Hauptstadt Spaniens soll sich dem Ver nehmen nach bis zum 28. November erstrecken, vor seiner Wieder abreise ist ein Ausflug nach Andalusien geplant. Die Nachricht von dem bevorstehenden hohen Besuche hat in den Kreisen der spanischen Bevölkerung, soweit sie nicht unter dem Banne des Radicalismus stehen, einen überaus günstigen Eindruck gemacht, und man darf daher versichert sein, daß der deutsche Kaisersohn im Lande der Kastanien eine sympathische Aufnahme finden wird.