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1t Zwönitz und Umgegend s. Jahra. 1 Zwönitz, am 31. December 1883. Inserate werden bi« spätesten« Mittag« de« vorhergehenden Tage« de« Erscheinen« erbeten und die Eorpurspaltea»tUe mU lv Pf., unter „Eingesandt' mit 20 Pf. berechnet. Lrschemt wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (vormittag-. Lbonnementtprei« beträgt vierteljährlich t Mark 2v Pf pr»n>iw«r»n<j->. So ist denn wiederum ein Jahr entschwunden, Ein -neues steigt geheimnißvoll herauf — So fliehen sie dahin, die ird'schen Stunden, Und keine Macht hemmt ihren flücht'gen Lauf! Noch stehen an des neuen Jahres Morgen Wir zagend da mit ungewissem Blick — Beut's uns in seinem Schooß nur neue Sorgen, Beut's Freude uns und ungetrübtes Glück? O eitle Müh', den Schleier keck zu heben Den unsichtbar der höher» Mächte Hand Tagesordnung: 1) Entlastung der ausscheidenden Stadtverordneten und Stellvertreter. 2) Einführung der neugewählten Stadt verordneten bez. Stellvertreter. 3) Verloosung der Sitzplätze. 4) Deputationswahlen. Um unser künftig Schicksal weiß zu weben — Nie ward dies einem Sterblichen bekannt! Doch was uns auch in Zukunft sei beschieden, Ob bitt'res Leid ihr dunkles Reich umschließt, Ob Glück und Segen, wahrer Herzensfrieden Im neuen Jahr uns heiter lächelnd grüßt — Stets wollen muthig wir nur vorwärts schauen Und Hoffnung leuchte strahlend uns voran Dazu ein ernstes, gläubiges Vertrauen — So wandeln leichter wir der Zukunft Bahn. Der Bürger »leister. Adam. Oeffentliche Sitzung -es Sta-tgemein-eraths Mittwoch, den 2. Januar 1884, Nachnnttags 5 Uhr. ÄnMr Ium neuen Jahre! Ein Jahr ist oft nicht viel im Völker- und Menschenleben und doch tritt mit dem Zeitpunkte, mit dem nach unserer Zeitrechnung - das alte Jahr verschwindet und ein neues beginnt, ein ernster Moment an uns heran, denn müssen wir uns doch sagen, daß ein einziges Jahr oft schicksalsschwere Entscheidungen für Völker und Staaten und nochmehr für einzelne-Menschen bringen kann. Es gilt daher, an der Schwelle des neuen Jahres sich mit Gedanken der Sammlung und Erhebung zu befassen, die dazu an- gethan sind, in gleicher Weise gedankenlose Gleichgiltigkeit als miß- niuthiges Bangen zu bannen. Nicht zu gering sind die Sorgen des Daseins, die Aufgaben für Familie und Staat zu achten, denn manche schwierige Frage nehmen wir in politischer, wirthschaftlicher und socialer Beziehung aus dem alten Jahre mit in das neue hin über und wieviel ein Jeder an seinem eigenen Ich, in seinem Lehen und Streben bessern und fördern möchte oder zu fördern hat, wenn wieder ein Jahr beginnt, verläuft sich in unberechenbares Ermessen. Doch trotzdem sei weit von uns jedes bange Verzagen mit seiner fruchtlosen Schwäche fern! Ein Blick auf das verflossene Jahr ge nügt, um zu beweisen, wie viel Schlimmes die Vorsehung von uns fern gehalten hat und wieviel Erfreuliches wir erleben konnten. Trotz öfterem Kriegsgeschrei lebten wir im Frieden, der gegenwärtig gesicherter als je gilt, trotz manchen über Landwirthschaft, Industrie und Handel blieb nur jede ernste Noth fern, sondern der Wohlstand zeigte sogar manchen Fortschritt und wenn man sich keinem bekla- genSwerthen Egoismus oder Pessimismus ergiebt, kann man erhobenen Auges auch getrost vorwärts in das neue Jahr schauen. Weiß doch auch jeder Erfahrene, — und zu dieser Weisheit kann Arm wie Reich, Hoch wie Niedrig gelangen, — daß die Be dingungen des menschlichen Glückes in seiner eigenen Brust wohnen, dort wo das Gewissen wacht und durch Eifer und Ausdauer jene Harmonie zu finden ist, die uns das Glück wie das Unglück mit Würde ertragen läßt. Wie sprach doch einer der edelsten und größten Menschen, die je gelebt, der Dichter Göthe über die Bedeut ung des Glücks und des Unglücks im Menschenleben?! — „Es ist nichts schwerer zu ertragen „Als eine Reihe von glücklichen Tagen" und „Wer nie sein Brod mit Thränen aß „Aus seinem Bette weinend saß, „Der kennt euch nicht ihr himmlischen Mächte!" — Unglück wie Glück sind Prüfungen für den Menschen, wo es gilt in dem ersten sich nicht der Verzweiflung, dem Elende, dem Verbrechen Preis zu geben, und in dem zweiten nicht dem Stolze, der Hoffahrt und Genußsucht zu verfallen, fondern ein Mensch, edel und gut zu bleiben in allen Versuchungen. Dies möge auch für die Gesammtheit wie für die Einzelnen der Leitstern im neuen Jahre sein! Km Jahreswechsel. Es ist ein uralter Brauch, eine geistige Sammlung zu suchen, ein orientirendes Facit zu ziehen, wenn der Zeitpunkt wieder da ist, wo das alte Jahr in das „ewig still stehende Meer der Vergangen heit" hinabsinkt. Soweit dabei die persönlichen Momente in socialer und wirthschaftlicher Beziehung eine Nolle spielen, mag Jeder Ein kehr halten in sein eigenes Ich und vor dem Forum seines Gewissens das alte Jahr passiren lassen, und nur der Rückblick auf die öffent lichen Angelegenheiten gehört auch vor die Oeffentlichkeit, in die Be handlung der Tagespresse. Nicht an alle Fortschritte und Bestrebungen des politischen Lebens läßt sich ein jährlicher Maaßstab legen, aber es. finden sich doch eine gute Anzahl solche, wo dies der Fall ist, zumal wenn wir das würdigen, was mir dem Gesammtvaterlaude zu danken haben. Auch im verflossenen Jahre hat sich das deutsche Reich als ein Bollwerk des Friedens erwiesen, kräftiger und stärker als früher noch hat der bewährte Leiter der deutschen Politik das Friedensband Deutschland und die befreundeten Staaten gewunden, die Königreiche Rumänien lind Serbien suchten und fanden Aufnahme im mittel europäischen Friedensbunde und auch zwischen Spanien und Deutsch land vollzog sich eine engere friedliche und freundschaftliche Annähe rung, deren Ergebnisse durch die Reise des deutschen Kronprinzen nach Spanien noch' vor Kurzem in hellstem Lichte strahlten, und auch der Romfahrt des Kronprinzen können nur günstige Wirkungen be züglich der Beziehungen Deutschlands zu Italien und die päpstliche Curie beigemessen werden. Kommt man aus diesen Gründen zu dem Schluffe, daß Deutsch lands Macht und Ansehen in dem zum Ende neigenden Jahre einen bedeu tenden Zuwachs im Rathe der Völker erfahren haben und daß auch der innere Fortschritt, die wirthschaftlichen und socialen Verhältnisse auf keinem Gebiete einen Rückschritt, wohl aber auf vielen Gebieten Fortschritte zeigten, so würde es gerade zu undankbar und unklug erscheinen, sich durch noch bestehende und zum Theil unvermeidliche Schattenseiten oder gar durch die Kämpfe um Zölle und Steuern die Befriedigung über die politische Lage des Vaterlandes verderben zu lassen. Dies kann nur denen passiren, welche kleinliche Nörgeleien über den Fortschritt des Ganzen setzen und sich von einseitiger Parteisucht in ihren Urtheilen bestimmen lassen. War sonach das verflossene Jahr für unser Vaterland da» ja auch von allen außerordentlichen Nothständen verschont blieb, ein gesegnetes, so können wir umsomehr auch Gutes von dem neuen Jahre hoffen, weil uns nach menschlicher Rechnung die Fritz» densbürgschaften im reichen Maaße bescheert sind und wir hinsichtlich unserer Regierung, Parlamente und schaffenden Nation die Ueber- zeügung haben, daß Arbeit, Pflichtgefühl und Gerechtigkeit auch ferner die Leitsterne ihres Thuns sein werden. Mit dieser Zuversicht mag das deutsche Volk getrost in da» neue Jahr eintreten und sein« Mission neben den andem Culturnationen weiter erfüllen! für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. Dienstag, den I. Zanuar 1884.