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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag-. AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich l Mark 20 Ps pelennwnrltnän. bischer für Inserate werden bi- spätestens Mittags des vorhergehenden Tage- deS Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mii in Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 28. Dienstag, den 1. März 1884. 9. Jahra. Sächsische Nachrichten. — Ein tausendstes Glück hat der Gastwirthsverein zu Plauen i. V. mit seiner im Juni 1882 ins Leben gerufenen Versicherung der Schweine gegen Trichinen. Am Mittwoch wurde das 1000. bei ihm gegen Trichinen versicherte Schwein geschlachtet und zwar vom Gastwirthsverein selbst, der seinen Mitgliedern dadurch in der Restauration des derzeitigen Vorsitzenden des' Vereins eine Fest lichkeit bereitete, der Verein hat das Glück gehabt, daß unter den sämmtlichen 1000 Schweinen nicht ein einziges trichinöses sich be fand. — In Bischofswerda ist der Lohgerbermeister Rietzschel, welcher stark an Kurzsichtigkeit litt, in eine der in seiner Werkstatte be findlichen Lohgrube gestürzt und hat dabei sein Leben eingebüßt. Der Verunglückte hinterläßt eine Wittwe und drei unmündige Kinder. — Bei dem Gutsbesitzer Bauerfeind in Kornbach ist in vor gestriger Nacht Feuer ausgebrochen, wodurch dessen Gehöfte, aus 5 Gebäuden bestehend, total zerstört wurde. Ter Zinunerlehrling Wenig aus Rodau wurde im Gehöft erhängt aufgefunden und scheint dieser der Brandstifter gewesen zu sein. — Ein ähnliches, nur etwas tragischer verlaufenes Geschicht- chen, wie das kürzlich aus Oschatz berichtete, wonach ein „armer Reisender das zum Mahle erhaltene Sauerkraut in die Stiefel des Hausherrn geschüttet hatte, wird aus dem nahen Ebersdorf bei Frankenberg gemeldet: „Eines schönen Mittags, als ein hiesiger Gutsbesitzer mit seiner zahlreichen Familie nebst Gesinde zu Tische sitzt, bitten zwei arme Reisende um „etwas Warmes zu essen". Der Hausherr, eine mitleidige Seele, läßt den Bittenden in einer sauberen Schüssel ein Portion gut bereiteten Kartoffelbrei und Brod verabreichen. Die beiden Burschen setzten sich damit auf den unteren Theil der Treppe. Aus der nun laut werdenden Fröhlich keit der Beiden schließt der Geber, daß das Mahl vortrefflich munden müsse, und denkt im Stillen: „Die müssen aber verhungert sein!" Um sich augenscheinlich von dem Appetite der fröhlich Schmaußenden zu überzeugen, sieht der Landwirth durch die Spalte der wenig geöffneten Stubenthür. Aber — was muß er sehen! Nach Maurerart, den Löffel als Kelle benutzend, warfen die Kerle den guten Kartoffelbrei an die Treppenwand. Dieses frevelhafte Vergnügen nahm nun aber auf der Stelle ein Ende; denn im Nu stand der Gutsbesitzer vor den Verblüfften und gerbte den Misse- thätern das Fell dermaßen, daß sie ohne Dank und Abschied eiligst das bekannte Zimmermannsloch und das Weite suchten. Sie hatten etwas ordentlich „Warmes" erhalten." — Pirna. Der Urheber des im Januar in einem nahen Steinbruche verübten rohen thierquälerischen Actes, bei welchem einem Pferde die Zunge ausgerissen wurde, der Steinbrecher Carl Friedrich Großmann, wurde zu einer 14tägigen Haftstrafe verurtheilt. — Meißen. Im Hofe eines hiesigen Restaurants sind in diesen Tagen mehrere mit Bleistift geschriebene Zettel gefunden worden, durch welche die Bewohner aufgefordert werden, das Haus zu verlassen, da man es in die Luft sprengen wolle. Es ist des halb an die Polizeibehörde Anzeige erstattet worden, und sind die Erörterungen bezüglich des Urhebers dieser Drohungen im Gange. Notitischc Rundschau. Deutsches Reich. Die russischen Militärs, welche anläßlich des siebzigjährigen Georgsritter-Jubiläums Kaiser Wilhelms in den letzten Tagen in Berlin weilten, sind nunmehr, nachdem sie mancher lei Auszeichnungen am Berliner Hofe genoffen, wieder in ihre nord ische Heimath zurückgekehrt. Nur Großfürst Michael weilt noch auf deutschen« Boden; er hat sich von Berlin aus nach Stuttgart begeben — die württembergische Königsfamilie steht bekanntlich in nahen ver wandtschaftlichen Beziehungen zum russischen Kaiserhause — und ge denkt von da aus auch den Höfen von Darmstadt und Schwerin einen Besuch abzustatten. So kurz nun auch der Besuch der rus sischen Gäste in der deutschen Neichshauptstadt gewesen ist, so wird er dennoch in Zukunft als eine markante Besiegelung der deutsch russischen Waffenbrüderschaft gelten, die auf den Schlachtfeldern von Großgörschen und Bautzen geschloffen wurde und sich in den folgen den großen Kämpfen bei Kulm und Leipzig, bei La Nothiöre und Bar-sur-Aube so glänzend bewährte. In sehr bemerkenswerthen Artikeln feiert denn auch die russische Presse, anknüpfend an-den Besuch der Deputation der Georgsritterschaft in Berlin, das An denken an jene große Zeit, in welcher die deutschen und russischen Heere vereint für die Befreiung Europas vom Jahre der napoleo nische» Zwingherrschast kämpften und hebt dann weiter die durch die Vorgänge der jüngsten Zeit documentirte Wiederannäherung zwischen Deutschland und Rußland hervor. Sehr bezeichnend erblicken die russischen Blätter in letzterer eine Bürgschaft für die Erhaltung des europäischen Friedens und man braucht kein Optimist zu sein, um zu wissen, daß diese Bürgschaft in der That einen sicheren Un tergrund hat. Unser parlamentarisches Leben wird durch die bevorstehende Er öffnung des Reichstages einen neuen Impuls erhalten und nament lich wird die angekündigte Theilnahme des Reichskanzlers an den Verhandlungen des Reichstages denselben eine besondere Signatur verleihen. Die Rückkehr des Fürsten Bismarck aus Friedrichsruhe nach Berlin in diesen Tagen steht in sicherer Aussicht und es ist so gar wahrscheinlich, daß er den Reichstag im Auftrag seines kaiser lichen Herrn eröffnen wird. Vor dem Conitzer Schwurgerichte hat am Freitag die neue Verhandlung in Sachen des Nenstettiner Synagogenbrandes begonnen. Der elsaß-lothringische Landesausschuß genehmigte am Freitag mit allen gegen zwei Stimmen den Antrag seiner Commission, den Bau eines Canals von Straßburg nach Ludwigshafen der Negier ung zu überweisen und dieselbe zu ersuchen, den Kostenanschlag im Betrage von 125 000 Mark in den Etat einzustellen. Oesterreich-Ungarn. In den leitenden Wiener Kreisen schenkt man der deutsch-russischen Entente begreiflicher Weise ebenfalls große Beachtung. Indessen erblickt man hier — und dies mit Recht — in der Wiederanbahnung guter Beziehungen zwischen Deutsch land und Rußland durchaus keine Beeinträchtigung des deutsch-öster reichischen Freundschaftsverhältnisses. In einem Artikel des als officiös geltenden Wiener „Fremdenblattes" wird vielmehr die Inti mität zwischen Deutschland und Rußland auf das Wärmste begrüßt und ausgeführt, daß die Freundschaft mit Deutschland nach wie vor die unverrückbare Grundlage der auswärtigen Politik Oesterreich- Ungarns bilde. Dem gegenüber will es wenig bedeuten, daß die französischen Blätter die Beziehungen zwischen Deutschland und Oesterreich als getrübt hinstellen, es erhellt hieraus nur die allerdings gegründete Besorgniß der Chauvinisten an der Seine, daß Frankreich durch die neuerliche politische Constellation mehr und mehr isolirt werde. Frankreich. Die militärischen Operationen der Franzosen in Tonkin sind jetzt nach längerer Pause wieder ausgenommen worden, indem in voriger Woche endlich der Vormarsch auf Bacninh begonnen hat. Was aus Haiphong unter dem Datum des 28. Februar ge meldet wird, sind nunmehr im Delta des Rothen Flusses 4900 Mann französischer Truppen ausgeschifft, der Rest des Expeditionscorps ist auf den Transportschiffen auf dem Flusse unterwegs. Eine von Haidzuong aufgebrochene Colonne besetzte die große Pagode, welche des Songeau und des Kanals des Papides liegt und die eine für die Operationen gegen Bacninh wichtige Basis bildet. Der Angriff soll auf zwei Seilen erfolgen; von Hanoi her wird General Briöres und von Haiphong aus General Regner angreifen. In Bacninh selbst sollen 20 000 Mann Chinesen stehen; es wird aber neuerdings das Gerücht verbreitet, daß dieselben Befehl hätten, im Fall eines französischen Angriffes sich zurückzuziehen und die Vertheidigung der Stadt den Schwarzflaggen zu überlasten. England. In der englischen Hauptstadt herrscht wieder der „senische Schrecken". Nicht weniger als vier Höllenmaschinen sind im Laufe einer Woche auf verschiedenen Londoner Bahnhöfen aufge funden worden und die Ladung derselben hätte genügt, ganze Häuser reihen in die Luft zu sprengen. Man muß gestehen, daß die irischen Mordbrenner mit wahrhaft teuflischem Naffinnement verfahren. Wenn es ihnen wesentlich darauf ankommt, den Bewohnern Londons Angst und Schrecken einzujagen, so wäre dies Ziel schon in vollem Maße erreicht, aber ihre Pläne gehen in der That weiter. Am Freitag wurden in einem Hause in der Nähe des sogenannten Strandes 3