Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittage Abonnementspreis betrügt vierteljährlich l Mark 2« Pj prüsniiwnrunitn. Inserate «werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages deS Erscheinen- erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stabtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Nedacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 127. Doni 'rstaq, den I. November 1883. 8- Iahen. Sächsische Nachrichten. — Um den vielen Anfragen zu genügen, welche an Herrn Dr. Overzier namentlich aus landwirthschaftlichen Kreisen bezüglich der Zeit der nächsten Fröste ergangen sind, theilt der Genannte mit, daß die nächste Periode allgemeinerer Nachtfröste auf die ersten Tage des November fällt und vom l. bis 8. resp. 10. November reichen wird. Mit dem 11. oder 12. November tritt dann wieder der Umschlag zu wärmerem Wetter ein. , — Daß die Großindustrie Sachsens im erfreulichsten Aufschwünge begriffen ist, davon zeugt auch die neue Actieiizuckerfabrik zu Döbeln. Obgleich dieses Etablissement erst ß-.i vorigen Jahre gegründet wor den ist, hat es doch schon seine erle Campagne hinter sich und an voriger Mittwoch von seinem wo? gelungenen süßen Fabrikate die ersten „sechshundert Centner" in (drei festlich mit Laubgewinden decorirten Lowrys auf der Leips' -Dresdner Bahn für die Firma Jordan und Timaeus in Dresd-m geliefert. — Chemnitz, 27. Octbr. Das hiesige „Tagebl." meldet: Gestern Abend gegen ^11 Uhr bemerkte der auf dem Bahnhof stationirte Polizeiwachtmeister ouf dem Perron daselbst zwei Burschen im Alter von 14 und 16 Jahren. Nach ihrem Reiseziel gefragt, gaben dieselben an, von Annaberg-gekommen zu sein, um nach Leipzig zu reisen und sich dort Arbeit zu suchen. Das Wesen der Burschen erregte aber Verdacht bei den? Beamten, weshalb er dieselben mit in das Wachtzimmer nahm. O srt fand er bei dem Einen ein Porte monnaie mit 212 M., eine neue Uhr mit Kette und einen Revolver mit Munition und bei dem l aderen ebenfalls ein Portemonnaie mit 208 M., eine neue Uhr mir Kette und einen geladenen Revolver, außerdem noch Munition. Nunmehr waren die Burschen geständig, daß sie heimlich ihre Heimath verlassen hätten, um nach Amerika auszuwandern. Zu diesem Zweck hätten sie ihrem in Frohnau wohn haften Großvater aus einer Lade ein Sparcassenbuch mit 200 M. Einlage und ein Einlagebuch über 1800 M. gestohlen und auf ersteres Buck 200 und auf das andere Buch 400 M. erhoben. Das Spar- cass »buch wollen die Burschen sodann wieder in die Lade gelegt, das Einlagebuch aber in einer Kiste mit noch anderen Effecten nach Leipzig geschickt haben. Weiter gaben die Burschen »och an, daß sie vor einigen Tagen von einem Altersgenossen, der ebenfalls vor einiger Zeit nach Amerika ausgcwandert sei, einen Brief erhalten hätten, in welchem er sie auffordert, nachzukommeu, er habe gute Stellung und Verdienst und würden auch sie dasselbe finden. Außer dem führten sie aber auch noch einige Bücher, wie Robinson und dergl., bei sich. Durch Lesen dieser Bücher mag wohl der Entschluß, nach Amerika auszuwandern, in ihnen gereift sein. Revolver, Uhr und Kleidungsstücke hatten sie sich theils hier, theils in Annaberg gekauft. — In der Nacht vom Sonntag zum Montag früh zwischen 3 und 4 Uhr brannte in Jahnsbach das dem Gutsbesitzer Karl Scharschmidt gehörige Wirthschaftsgebäude total nieder. — Schwarzenberg. Die freche und ausdringliche Bettelei nimmt jetzt hier wieder etwas sehr überhand. Am Sonntag Nach mittag in der 3. Stunde traf ein Schutzmann zwei solche Patrone in einem Hause an und setzte solche zur Rede. Der Eine riß aus, während der Andere (eine große, starke Person) vom Schutzmann erfaßt und ihm die Arretyr angekündigt wurde. Der Verhaftete stieß jedoch den Schutzmann zurück, beschimpfte ihn mit de» gemeinsten Worten laut schreiend und schlug wild um sich. Trotz Aufforderung fiel es von den zuschauenden Männern keinem ein, dem Schutzmann Hilfe zu leisten, bis endlich ein des Weges kommender Lohnfuhr werksbesitzer beispringen wollte, aber wieder Massen mußte, um nicht „Eins weg zu kriegen." Als der Vagabund nun sogar über den Schutzmann hinein ging, zog letzterer zu seiner Vertheidigung das Seitengewehr und versetzte seinem Angreifer einen Hieb über den Backen. Alsdann war es erst möglich mit Hilfe des zweiten herbeigeholten Schutzmanns den renitenten Menschen vom Schau platz der That zu entfernen. — Werdau. Ueber ein am Sonnabend Vormittag auf dem hiesigen Bahnhofe vorgekommenes Unglück erfahren wir Folgendes: Herr Baumeister Schäme hat- verschiedene bauliche Veränderungen am Maschlnenhause des hiesigen Bahnhofs auszuführen. Auf einem zwei Etagen hohen, mit Baumaterial belegten Baugerüst am Ma- schineuhause waren 5 Arbeitsleute beschäftigt, als das Gerüst zu sammenbrach, die Arbeitsleute mit.sich niederriß und unter den Trümmern begrub. 2 Arbeiter konnten sich retten. Der Zimmer mann Storl aus Leubnitz trug mehrere Löcher und sonstige Wunden davon. Er wurde sofort in seine Wohnung gebracht. Dem Tage- arbeitcr Hahn aus Ruppertsgrüii wurden beide Füße über dem Knöchel gebrochen, während der Maurer Schubert aus Obercrinitz sehr wahrscheinlich verletzt wurde. Die Beiden liegen im Kranken hause. Ob das Gerüst zu schwach war oder ob eine andere Schuld oblag, wird die sofort durch die Königl. Staatsanwaltschaft Zwickau eingeleitete Untersuchung lehre». — Dresden, 29. Octbr. Heute bei Vollendung des ersten Jahrzehnt der glorreichen und gesegneten Negierung Sr. Majestät unseres geliebten Königs Albert schreiben die „Dr. N.": Am 29. October 1873 schloß König Johann in Pillnitz die Augen, an selbem Tage bestieg Kronprinz Albert als König den Sachfenthron. König Albert beschwor die Staatsverfassung, der Landtag huldigte ihm, die Minister und die Armee schwuren ihm den Eid der Treue. Ein Jahrzehnt ist eine kurze Spanne Zeit im Menschenleben; die Ge schichte wird aber unserem König das Zeugniß nicht versagen, daß er sie weise ausgeuutzt hat zum Wohle seines Landes und seiner Unterthaiien. Alle Zweige der Verwaltung haben sich unter seinem milden Scepter erfreulich weiter entwickelt; die Künste und Wissen schaften blühen, der Wohlstand des Landes hat sich mit der Zahl seiner Bewohner vermehrt. Der künftige Landtag mit seinen großen Steuererlassen redet eine so überzeugende Sprache, daß es weiterer Ausführungen nicht bedarf. Mit regste»: Interesse verfolgt unser König von jeher alle Erscheinungen des öffentlichen Lebens. Ganz Deutschland kennt den Sachseukönig nicht blos als ruhmreichen Führer im Kriege, sondern auch als Zeugen bei erhebenden Momenten der neueren Zeitgeschichte. Die Vollendung des Cölner Domes sah ihn als einen der erlauchtesten Theilnehmer der hohen Feier; noch vor Kurzem stand König Albert bei der Enthüllung des Niederwald- Denkmals, das ein Meister aus seinem Volke und in seiner Residenz geschaffen. In gewissenhaftem Weise unterrichtet sich der König un ausgesetzt von den Zustande^ und Bedürfnissen des Landes durch eingehende Studienreisen, und als im laufenden Jahre bei diesem Anlaß der Todesengel an ihn: vorüber rauschte, ließ sich der Mo narch nicht abhalten, seine instructive» Besuche der Schaffensstätten bürgerlichen Gewerbfleißes sortzusetzen. Keine Wanderversammlung von allgemeinerer Bedeutung tagt in Dresden, ohne daß sie der Fürst Sachsens durch persönlichen Besuch beehrte. Welch' einfluß reiche Stellung der König von Sachsen an der Seite Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm im Nathe Deutschlands behauptet, wer müßte es nicht! Mögen die künftigen Jahrzehnte seiner Regierung ebenso gesegnet sein, wie dieses erste, heute sich vollendende! — Am 25. October gingen vom Frankenberger Bahnhofe die ersten Wagenladungen Zuckerrüben nach der neuen Zuckerfabrik Döbeln ab. Die Rüben wurden bei einer Höhenlage von über 300 m auf den Feldern des k. Kammergutes Sachsenburg erbaut und ergaben neben sehr ansehnlicher Größe — pro Stück bis zu 6^ Pfd. — bei der Untersuchung am 17. September den hohen Durchschnittsgehalt von 12 Procent Zucker, der jetzt gewiß 14 Proc. betragen wird. Wenn dieser erste glückliche Versuch als maßgebend betrachtet werden darf, so wäre damit der Beweis geliefert, daß auch hiesige Gegend zum Anbau der Zuckerrübe, eines der bedeutendsten landwirthschaftlichen Kulturgewächse, geeignet ist. Auf jeden Fall wird im nächsten Jahre auf den Sachsenburger Fluren ein größerer Versuch gewagt werden. — Der Todtenbettmeister Thatmann zu Borna, welcher jetzt im Alter von 82 Jahren daselbst verstorben ist, war 6 Jahrzehnte hindurch seinem gewiß nicht sehr angenehmen Amte treu und hat während dieser langen Zeit 10,200 Todte beerdigt. — Markranstädt, 26. Octbr. In der verflossenen Nacht haben Diebe aus einem Stalle des Häuslers V. in Priestäblich eine dreijährige Melkziege fort- und auf das freie Feld geführt, dort das Thier geschlachtet und wie aus den Spuren ersichtlich, mittels Hand wagen in der Richtung nach Leipzig zu gefahren. Leider fehlt noch jeder Anhalt für die Personen der Spitzbuben.