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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). AbonnementSpreis beträgt vierteljährlich I Mark 20 Ps. p»>»nnm«r»ii6o. ÄMM für Inserate werden bis spätestens Mittag- des vorhergehenden TageS des Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit w Pf„ unter „Eingesandt" mit 20 Ps. berechnet. Zwönitz und Umgegend Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 147. DLmstag, dm !8. December 1883. 8. Jabra Sächsische Kachrichten. — Beim Herannahen des WeihnachtSfesteS machen wir darauf aufmerksam, daß die Tagesbillets, welche aus den sächsischen Staats- eisenbahnen am Weihnachtsheiligenabend oder am l. Weihnachts feiertage gelöst werden, bis einschließlich 28. December Giltigkeit haben, also bezw. 5 und 4 Tage gelten, während sonst die TageS- billets nur eine 3tägige Gültigkeit besitzen. — Das die Nichtbeachtung des Verbots des Rauchens in den Nichtraucher-Cupecs der Eisenbahnen unter Umständen strafbar ist, beweist die kürzlich erfolgte Vcrnrtheilnng eines Reisenden durch das Schöffengericht zu Solingen, bestätigt durch Urtheil der Strafkammer zu Elberfeld. Das Urtheil lautete auf eine Strafe von 15 Mark, im Nichtbezahlnngsfalle auf Haftstrase von zwei Tagen, weil der Angeklagte trotz des Widerspruchs von Mitreisenden in einem durch eine Tafel als für Nichtraucher bestimmten Cupee geraucht hatte. Auch das Singen unanständiger Lieder in einem Cupee hat Veran lassung gegeben, daß zwei Reisende vom Schöffengericht zu Hagen zu je vier Tagen Gefängnis; verurtheilt wurden. Namentlich dieses letztere Urtheil ist sehr am Platze. Denn abscöne Unterhaltungen werden in Eisenbahnwagen nur allzuhäufig seitens einzelner Reisenden gepflogen. Die Mitreisenden sollten dergleichen Unanständigkeiten als Vergehen gegen die Sittlichkeit nur stets zur Anzeige bringen und vor allen Dingen die Aussetzung der ungezogenen Menschen aus den Cupees verlangen. — Der seitens des Staatsfiscus im Königreich Sachsen gegen die Berlin-Dresdener Eisenbahngesellschaft angestrengte Proceß wegen Zahlung von 815,262 Mark und Zinsen als Mehrentschädigung für das zum Bau des Bahnhofes zu Dresden enteignete Terrain von dem früheren Kammergute Oflra in Dresden ist durch Verurtheilung der Berlin-Dresdener-Eisenbahn seitens des Reichsgerichts zu Leipzig zur Zahlung einer Entschädigung von 254850,08 Mk. nebst Zinsen (108269,11 Mk.) beendigt worden. — Ein schlechter Ruhm für unser Sachsen ist die Thatsache, daß es in ganz Deutschland die meisten gerichtlichen Ehescheidungen zählt. Denn während selbst der Kammergerichtsbezirk Berlin bei 3,398,153 Gerichtseingesessenen 811 Fälle aufmies, übertraf Sachsen diesen und noch weit mehr alle andern Bezirke bei 2,972,865 Ge richtseingesessenen mit 868 Fällen. Einen gleich schlimmen Platz nimmt Sachsen in der Zahl der unehelichen Geburten. Berlin zählte nämlich 1881 auf 100 Geburten 13—14, Sachsen 12—13 uneheliche. — Aue, 10. December. In einer zum Brunnloßgut gehörigen Scheune nächtigten am Sonnabend slavonische Handelsleute; einer derselben hatte das Unglück, vom Boden der Scheune auf die Tenne zu fallen, so daß er sehr schwere Verletzungen davontrug und in das Kreiskrankenstift gebracht werden mußte. — Aue. Am Mittwoch Abends gegen ^9 Uhr brannte in Auerhammer die zur mechanischen Weberei der Herren Lilienfeld L Co. gehörige Gasanstalt nebst einigen daranstoßenden Gebäulichkeiten total nieder. Hätte nicht die in der Fabrik befindliche Dampfspritze sofort energisch eingegriffen und hätten sie darin nicht mehrere schleu nigst am Platze erschienene fremde Spritzen thatkrästig unterstützt, so mar für die gegen 300 Arbeiter beschäftigende Weberei die größte Gefahr vorhanden. — Volkmarsdorf, 15. Decbr. Eine selten vorkommende Ursache theilweiser Erblindung wird durch folgenden Fall erklärt. Bis vor sdrei Wochen war die wohlgenährte zehnjährige Elisabeth M. vollständig gesund. Da klagte sie eines Tages, sie könne Nichts mehr ordentlich sehen, Manches verschwimme in einander, erscheine beweglich, doppelt, sie könne weder lesen noch schreiben, und trotzdem schaute sie mit den hellsten Augen in die Welt. Man dachte sich als Ursache davon die kalte Zugluft, welche während einer Nacht über das schlafende Mädchen gegangen mar. Doch hätte in Folge dessen eine Röthung, Entzündung der Augen entstanden sein müssen. Nach weiterer Nachforschung des bewährten Augenarztes Dr. Schröter in Leipzig stellte sich heraus, daß die Betroffene den Ansatz zur Diphlheritis gehabt, daß letztere sich aber auf die Augen gezogen, u. A. auch dis Sehnerven gelähmt hatte und sonach also die wirk liche Ursache der Krankheit war. — Sebnitz, 13. December. Der gestrige Tag verdient in den Blättern der Chronik von Sebnitz eine hervorragende Einzeich- uung dadurch, daß an diesem Tage der seit 1844 schwebende soge nannte Gut Neidbergs Prozeß durch Vergleich der beiden streitenden Parteien, die Stadtgemeiude Sebnitz einer- und der Gut-Neidbergs- Genosseuschaft andcrerseit, beendet worden und erstere am selben Tage als Besitzerin des circa 70 Scheffel Areal betragenden Streit objectes gegen Zahlung von 12,000 Mark an die Gegenpartei ein getragen worden ist. Dieser beinahe 40jährige Prozeß hat beiden Theilen Tausende von Thalern gekostet, und wird es daher allge mein mit Freuden begrüßt, daß es den Bemühungen des Herrn Advocat Hempel in Dresden gelungen ist, diesen jedenfalls als Uni- cum existirenden Streitfall seiner Endschaft zugeführt zu haben. politische Kundschau. Deutschland. Nach dreiwöchentlichem Aufenthalte in Spanien hat der deutsche Kronprinz am Freitage dieses Land, in welches ihn der ehrenvolle Auftrag seines kaiserlichen Vaters geführt hatte, wieder verlassen, um sich in der Hauptstadt Italiens einer nicht minder bedeutungsvollen Mission zu entledigen. Der Besuch des deutschen Kaisersohnes am Hofe von Madrid wird die freundschaft lichen Beziehungen, welche sich infolge der Anwesenheit des Königs Alfonso bei den Hamburger Manöveru zwischen Deutschland und Spanien geknüpft haben, nur noch inniger gestalten und der so herzliche Empfang, den Kronprinz Friedrich Wilhelm allerwärts im Pyrenäenlandc gefunden, beweist, wie rasch es demselben gelungen ist, sich die Sympathien des sonst gerade nicht so leicht zugänglichen spanischen Volkes zu erobern. Mit Genugthuung kann daher der hohe Herr auf seine spanische Reise zurückblicken und die herrlichen Punkte, die auf derselben gesehen, die historischen Stätten, auf denen sein Fuß geweilt, sie werden in seiner Erinnerung eine hervorragende Stelle einnehmen. Barcelona bildete das letzte Glied in der Reihe der spanischen Städte, welche die Ehre hatten, den erlauchten Gast König Alfonso's in ihren Mauern zu begrüßen un.d der Kronprinz wurde in der catalonischen Hauptstadt mit denselben Sympathiebe zeugungen empfangen, die ihn allen anderen Orten Spaniens zu Theil geworden sind. Indessen sah er sich genölhigt, Barcelona nach kurzem Aufenhalte infolge eines wichtigen von Berlin einge- gangenen Telegrammes noch am Freitag zu verlassen und dürfte er zur Stunde bereits in Genua gelandet sein, von wo aus sich der Kronprinz bekanntlich nach Rom begiebt. Der Bundesrath hielt am Donnerstag eine Plenarsitzung ab, in welchen verschiedene Ausschußanträge angenommen und mehrere Petitionen von beschränktem Interesse erledigt wurden.. Die Verhandlungen des preußischen Abgeordnetenhauses boten in der vorigen Woche abgesehen von der Freitags-Sitzung wenig bemerkenswerthe Momente dar, so daß wir uns hierüber ziemlich kurz fassen können. Nachdem am Mittwoch der Antrag der Fort schrittspartei auf Abänderung der Städteordnung an die Gemeinde- commisston erwiesen worden war, setzte das Haus am Donnerstag die Specialberathnng des Justizetats fort, dec schließlich in allen seinen Theilen angenommen wurde. Am Freitag gelangte der Etat des Ministeriums des Innern zur Beralhung und drehte sich die Debatte hauptsächlich um frühere Erklärungen des Ministers v. Putt- kamer bezüglich der Haltung der Beamten bei den Wahlen. Wie derholt wies der Minister den ihm von liberaler Seite gemachten Vorwurf der Parteiregieruug zurück; Namens der Freiconservativen erklärte Abg. v. Hedlitz, daß dieselben gegen die Abschaffung der geheimen Reichstagswahl seien. Der nationalliberale Abgeordnete EnneceruS beklagte die Aeußerungen des Ministers über die politische Stellung der Beamten und ebenso erklärte von der Centrumspartei Abg. v. Schorlemer - Alst seine Mißbilligung Herrn v. Puttkamer's, während izon conservativer Seite Abg. v. Minnigerode für denselben eintrat. Abg. Eugen Richter brachte eine lange Reihe Wahlcuriosa aus dem Jahre — 1858 zur Sprache, bei denen angeblich die Conservativen Wahlbeeinflußung ausgeübt haben sollen; auch sprach der fortschrittliche Redner seine Mißbilligung über das Socialisten- gesetz aus. Nach einer Entgegnung des Ministers v. Puttkamer endete die Debatte, welche von Anfang bis Ende einen äußerst