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Mir- und Anzeigeblatt für den elmtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung *4444444444444444444444444444444444444444 Bezugspreis Vierteljahr!. M. 1.80 einschließl. des „JUustr. Unterhaltungsblatts" und der > humoristischen Beilage „Seifenblasen" in der > Expedition, bei unseren vo ten sowie bei allen Reichspostanstalten. Tel.-Adr.: Amtsblatt. für Eibenstock, Larlsfeld, Hundshübel, Neuheide, Gberstützengrün, Schönheide, SchönheiderhammerSosa,Unterstützengrün,wildenthal usw. 44444444444444444444 44444444444444 Erscheint täglich abends mit Rusnahme der Sonn- und Feiertage für den folgenden Tag Anzeigenpreis: die kleinspalti^e Zeile 12 Pfennige. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pfennige. Fernsprecher Nr 210. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. — 57. Jahrgang. ----- « — Mittwoch, dcn 2. November LVLÄ. Das Beobachtnng-gebiet wegen der in Hundshübel ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche wird auf die Orte Burkhardtsgrün, Albernau, WolfSgrün mit Neidhardts- hal, Stützengrün und Zschorlau beschränkt. Königliche Amtshauptmannschaft Schwarzenberg, am 29. Oktober 1910. 1943 k'. In dem Kaukur-verfahren über das Vermögen des Kaufmanns Uu«;» Confektions- und Manufakturwarengeschäft-Jnhabers der Firma Lugo in Kiveuftock ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis der bei der Verteilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Vermögensstücke — sowie über die Erstattung der Auslagen und die Gewährung einer Vergütung an die Mitglieder des Gläubigerausschusses — der Schlußtermin auf den 23. Movemöer 1910, vormittags 9 Mr vor dem hiesigen Königlichen Amtsgerichte bestimmt worden. Eibenstock, den 29. Oktober 1910. Königliches Amtsgericht. Es wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß nach dem Ergebnis einer am 29. vorigen Monats vorgenommenen Vratrevision in allen hiesigen Bäckereien minder wichtiges und als solches nicht gekennzeichnetes Brot vorgefunden worden ist, und daß selbst in 4 Fällen neubackenes Brot ein Mindergewicht bis zu 120 Gramm hatte. Außerdem ist festgestellt worden, daß in 4 Fällen die Brotverzeichnisse unrichtig waren, in 1 Falle das Ärotverzeichnis überhaupt fehlte und in einem Falle die erforderlichen Gewichte zum Nachwiegen der Brote nicht zur Verfügung standen. Carlsfeld, den 29. Oktober 1910. Der Gemeindevorstand. Bauernfeind. Cin parlamentarisches China. In Peking tagt augenblicklich eine Art Vorparla ment, die sogenannte Konstitutionskammer, welche sich mit der Frage der Einführung der parlamentarischen Verfassung für China beschäftigt. Diese vom Volke nicht gewählte Kammer beschloß einstimmig bezeichnen der Weise, wegen einer möglichst baldigen Eröffnung des Parlaments beim Throne vorstellig zu werden. Man sieht, daß also auch China nicht zurückbleiben möchte, und gar manches spricht dafür, daß man dem Beispiele Japans, sich die Vorteile der europäischen Kul tur anzuergnen, gern nachkommen möchte. Eine Reihe von Studienmissionen, an deren Spitze zum Teil Prin zen aus kaiserlichem Hause gestanden haben, hat in den hauptsächlichsten Staaten Europas geweilt, um dort die für ihr spezielles Gebiet in Frage kommenden Ein richtungen kennen zu lernen und die dort gemachten Erfahrungen später in der Heimat zu verwerten. Es entbehrt nicht eines gewissen komischen Beigeschmacks, wenn diese chinesische Mission gerade in Deutschland längeren Aufenthalt zu eingehenden Studien nahm, während man in China selbst seitens der dortigen Sen sationspresse nicht müde wurde, Deutschland alles Mög liche anzuhängen; insbesondere hieß es, daß Deutsch land auf die Provinz Schantung die ernstesten Pläne habe. Nun wird ja in absehbarer Zeit der deutsche Kronprinz nach Ostasien kommen, und bei dieser Ge legenheit auch Peking besuchen. Es liegt auf der Hand, daß dieser Besuch auch in politischer Hinsicht leicht von Einfluß sein kann, wenn man es versteht, die Ge legenheit auszunützen. Wir in Deutschland unsererseits können uns nur ein starkes China wünschen, von dem Gedanken ausgehend, daß gerade hierdurch dem Wett laufen der Mächte um den Einfluß in China Einhalt getan werden kann. Freilich bietet ein starkes China andererseits aber die Gefahr, daß die Chinesen, die persönlich ohnehin schon aufgeblasen sind, sich den Mäch ten gegenüber erneut überheben; man würde dies na türlich nicht zulassen dürfen und bei Zeiten durch ge schickte diplomatische Schachzüge dies abzuwenden su chen. Ob die Modernisierung Chinas so schnell vor sich gehen wird, wie s. Z. diejenige Japans, mnß in dessen bezweifelt werden, denn der chinesische Grund- charakter ist ein ganz anderer als derjenige der stamm verwandten gelben Brüder. Auch die Verhältnisse im Lande sind wesentlich anders; der Boden ist hier für derartige Bestrebungen lange nicht so günstig wie der japanische, und es ist keineswegs zu viel gesagt, wenn man behauptet, daß China für einen derartigen Um schwung noch lange nicht reif genug ist, sondern daß das Land nur ganz allmählich in neue moderne Ver hältnisse hinübergeführt werden kann. Es wäre ein ungemein schwieriges Werk, dem sich die größten Hin dernisse entgegenstellen würden. Beispielsweise wäre es keineswegs so einfach, überhaupt auch nur ein Bud get aufzustellen, da es hier an den notwendigen siche ren Grundlagen fehlt. Bon den Finanzen Chinas kön nen sich dessen Machthaber keineswegs ein klares Bild machen, denn die Bizekönige tun das Ihrige, um die Situation zu verschleiern, weil sie sich nicht den Ast, auf den sie sitzen, selber absägen möchten, denn wo blie ben dann ihre riesigen Millioneneinkünfte? Diese Kor- ruption unter der hohen Beamtenschaft ist auch einer Armeereform entgegen, und es bedarf hierfür eines sehr starken Mannes, damit in dieser Hinsicht die glück lichen Anfänge nicht stecken bleiben. Erfreulicher Weise verfügt man jetzt über einen tatkräftigen Mann, den Kriegsmintster Yintschang, der in Deutschland und Oe sterreich militärisch vorgebildet ist und bis vor kurzem Gesandter Kn Berlin war. Er verlangt für seine Re formen 75 Millionen Taels, ob er sie aber wirklich in vollem Umfange bekommen dürfte, steht dahin. So geht es auf allen Gebieten, und bis zum Zusammen tritt eines wirklichen Bolksparlaments dürften wohl noch Jahre vergehen. Tagesgeschichte. Deutschland. — Welt-Ausstellung in Deutschland? Beim Abschied auf der deutschen Gesandtschaft in Brüs sel zog der Kaiser in Gegenwart des Generalkom missars der belgischen Regierung, des Herzogs von Ur sel, nochmals den Reichskommissar Geheimrat A l- bert ins Gespräch und unterhielt sich besonders über die Frage der Weltausstellungen und ob eine Weltaus stellung in Deutschland möglich sei. Der Kaiser gab nochmals seiner Befriedigung darüber Ausdruck, daß die deutsche Abteilung bei der Eröffnung fertig gewe sen sei und sprach seine Anerkennung aus über das, was in ihr geleistet worden sei. — Die Kaiserrede in deutscher Sprache. Auswärtige Blätter haben es beanstandet, daß Kai ser Wilhelm die französische Rede König Alberts in deutscher Sprache beantwortet hat. Dazu wird der „Post" von diplomatischer Seite geschrieben: Seit Bis marcks Zeit ist für den deutschen diplomatischen Dienst der Grundsatz der Gleichberechtigung der deutschen Sprache mit jeder anderen, namentlich auch der fran zösischen, festgestellt. Dementsprechend werden die No ten der Länder, deren Sprache französisch ist, in deut scher Sprache beantwortet. Die Engländer fassen ihre Noten seit langer Zeit in ihrer Sprache ab, und folge gemäß antworten wir ihnen ebenfalls deutsch. Alle übrigen Länder, die das Französische als Mittelsprache wählen, also z. B. Rußland, die Niederlande, Spanien usw., erhalten von unserer Seite die Antwort gleich- alls im französischen Idiom. Nur insoweit wohnt der ranzösischen Sprache noch ein Vorzug im diplomati- chen Schriftverkehr ob. Den hier entwickelten Grund- atz hat Kaiser Wilhelm in seiner Rede an der könig- ichen Tafel in Brüssel befolgt. — Darnach hat der Kaiser also durchaus kein außergewöhnliches Verfah ren eingeschlagen. — Das Zarenpaar in Deutschland. Der Aufenthalt des Zarenpaares im Jagdschloß Wolfsgar ten resp. Darmstadt wird nach neueren Bestimmungen bis zum 26. November ausgedehnt werden. — Zum Aufenthalt Dernburgs in Chi na. Der ehemalige Staatssekretär Bernhard Dern burg wird seinen Aufenthalt in China noch verlän gern und erst Ende November nach Deutschland zurück kehren. Von Schanghai wird er sich in dieser Woche nach Peking begeben und dann über Mugden und Char- bin die Heimreise antreten. — Die Fortschrittler über die Königs berger Kaiserrede. Der fortschrittliche Reichs tagsabgeordnete Professor Eickhoff hat dieser Tage in Remscheid eine Rede gehalten, worin er u. a. äußerte: „Die Kritik an der Königsberger Kaiserrede war von der Presse, nicht nur von der sozialdemokratischen Pres se, so übertrieben wie nur möglich. Der Kaiser hat nicht gesagt und nicht sagen wollen, daß er die Reichs verfassung antasten wolle, die er volle 22 Jahre in Treue gehalten hat. Eine Herausforderung des Vol kes liegt nicht in der Kaiserrede. Daß der Kaiser sel ber in allen seinen Worten und Handlungen nicht nur wie jeder ehrliche Mann seiner redlichen Ueberzeugung folgt, sondern daß er dabei auch dem Besten des Landes und des Volkes zu dienen glaubt, davon sind wir alle überzeugt, wir alle, die wir, trotzdem wir als sreige- sinnte Männer noch lange nicht jede seiner Aeußerun- gen zu billigen vermögen, dennoch allezeit treu zu Kai ser und Reich stehen. Ich möchte das am heutigen Abend hier mit vollem Nachdruck betonen, nachdem vor wenigen Tagen der sozialdemokratische Landtags abgeordnete Liebknecht in Newyork sich nicht entblödet hat, zu sagen: die Kaiserkrone würde bald weggebla sen sein wie die Krone von Portugal. Meine Herren, wir werden die Kaiserkrone auch gegen Liebknecht und seine Genossen zu verteidigen wissen." — Berlin. 31. Oktober. Wie im verflossenen Monat in Moabit, so sind die Nordbezirke Berlins der Schauplatz schwerer Ausschreitungen geworden, die in der Nacht zum Sonntag begannen und wiederum mit einem Streik Zusammenhängen, der vor einigen Tagen bei der Fleischerfirma Morgenstern in der Schererstraße in der Nähe des Weddings ausgebrochen ist. Dort hat te ein Geselle an drei aufeinanderfolgenden Montagen blau gemacht. Als der Angestellte am vierten Montag in der Werkstatt wieder nicht erschien, verweigerte der Chef die Bezahlung für diesen verlorenen Tag. Darauf legten sämtliche 14 Gesellen die Arbeit nieder und er klärten, erst dann wieder arbeiten zu wollen, wenn ihr Kollege für den Ruhetag bezahlt würde. Die Flei scherfirma lehnte das ab und wurde deshalb boykot tiert; Personen, die dort einlaufen wollten, wurden am Sonnabend abend am Betreten des Ladens gehindert. Frauen, die den Laden aufsuchten, wurden mißhandelt, so daß Schutzleute einschreiten mußten. Die Polizei hatte den Befehl erhalten, nicht angriffsweise vorzu gehen, sondern die Aufständischen nur zurückzudrän gen. Dies gelang ihr auch. Nach verhältnismäßig kurzer Ruhepause begannen gegen 8 Uhr abends wieder Zusammenrottungen an der Ecke der Reinickendorfer und Schererstrahe, wobei ein Schuß aus der Menge fiel. Der Feuermelder an der Ecke der Wiesen- und Reinicken dorfer Straße wurde zerstört und der alsbald an rückende Zug der Feuerwehr unter lautem Johlen und Pfeifen aufgehalten. Gegen 11 Uhr abends schien es, als ob die Menge sich verlaufen hatte. Plötzlich sam melten sich mehrere Hundert Personen vor dem Mor- gensternschen Geschäft und griffen die dort postierten vier Schutzleute an, die in Lebensgefahr gerieten. Auf telephonischen Anruf rückte daraufhin sofort von der nächsten Wache in der Reinickendorfer Straße ein grö ßeres Schutzmann'saufgebot an, das gegen die inzwi schen auf mehrere Tausend Personen angewachsene Menge vorging. Die Beamten wurden mit Steinen be worfen, aus den Häusern Flaschen und Blumentöpfe herabgeschleudert. Jetzt zogen die Schutzleute blank und hieben auf die Demonstranten ein, wobei eine größere Anzahl Personen verletzt wurden. Wiederum wurde auf die Beamten geschossen und die Angriffe er neuert. Gegen V4I2 Uhr zertrümmerte der Mob die Laternenscheiben in der Kösliner- und Wiesenstraße, so daß die Straßen in völliges Dunkel gehüllt waren. Die dort vorgehenden Schutzleute muhten mehrmals aus ihren Browningpistolen auf die Ausschreitenden seuern. Der Tumult dauerte bis 3 Uhr morgens, die Beamten mußten, da der Mob in den verschiedensten Straßen des Weddings die herabgelassenen Jalousien der Ladengeschäfte zertrümmerte und die Latcrnenschei- ben einschlug, Firmenschilder herabriß, mit blanker Waffe vorgehen. Da die Exzedenten wiederum Hilfe von Hausbewohnern erhielten, die ihnen die Haus türen öffneten und sie verbargen, wurden mehrere Häu ser durchsucht und zahlreiche Personen festgenommen.