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zur Belehrung und Unterhaltung. Nr» Dresden, den 4. Mai 1312. 34. Skizzen weiblicher Charaktere aus der M i t t e l z e i t. k» Theresia, Gräfin von Sirley. s Schling.) n dem zur Verhandlung bestimmten Tage versam melte man sich in dem erwähnten Hause. Theresia, voll Muths und unerschütterlicher Festigkeit, bedurfte deS Beistandes der Barfüßer nicht, die ebenfalls zugegen waren, in der Absicht, sie dann , wenn sie furchtsam oder wankelmütbig werde» sollte, durch ihren Zuspruch aufrecht zu erhalten. Mit beispielloser Ergebung, mit einer Allem trotzender Offenheit erklärte sie laut: Sie sey eine Cbristin, sey eS stets gewesen, und werde cs auch blechen bis an ihren Tod- Ihr Richter glaubte eher seinen Zweck zu erreichen, wenn er ihr vorstellte, der Lohn ihrer freiwilligen Ver- läugnuna der christlichen Religion sey auszeichncnde Ehre und Ansehen. Ein großer und reicher Mann, fügte er hinzu, fordere ihre Hand; doch unter der ausdrücklichen Bedingung, daß sie eine Mudamedanerin würde. Um die große Menge m verblendendem Wahne zu erhalten, mußte man dieses Mittel erwählen. Außer dem waren Theresiens Funde selbst, die das edle Weib entschlossener fanden, als sie geglaubt hatten, großen Gefahren anSqcsctzt. Jetzt schienen sie bloß für die Reli gion zu wirken und waren so völlig gesichert. Aber The resia erklärte wiederholt: Weder Vermögen, noch die auszeichnendste Ehre sollte und würde sch jemals in dem Entschlusse wankend machen, dem treu zu bleiben, was öe als heiUge Wahrheit erkannt habe und verehre. Jetzt schritt man zu dem letzten Mittel, zu Drl- Hungen. Man versicherte ihr: Wenn dieß ihr unerschüt terlicher Vorsatz sey, so habe sie den Tod unausbleiblich zu fürchten, und zwar den qualenvollsten Tod. Und Theresia — blieb unerschüttert. „ Wohlan! rief sie aus, tödtet mich! Eure verführerischen Anerbietungen verachte sch; Eurer Todesdrohungen lache ich!" Die Edle sprach diese Worte mit einem Feuer, mit einer Entschlossenheit, daß selbst die anwesenden, gegen sie eingenommenen Zuschauer ihr ihre laute Bewunde? Lung nicht versagen konnten. Was sollte man aber nun thun? Erfüllte man die Drohungen, dann setzte man sich großen Gefahren aus. Es blieb daher auf der Stelle kein andres Mittel übrig, als daß man bis jetzt die fernere Verhandlung aufschob und dem Manne, in dessen Hause sie begannen war, be fahl, Theresien bei sich zu behalten, sie sorgfältig zu be wachen und ihr eher keine Nahrung zu reichen, bis man es von ihm ausdrücklich fordern würde. Allein dieser Mann, wahrscheinlich mit allen Um ständen der gegen Theresien ««gezettelten Verschwörung bekannt, achtete dieses Befehls nicht und gestattete der Armen, sich in ihre Wohnung zu begeben. Hier ließ man sie nun einige Tage lang in Ruhe, vielleicht um zu Auffindung neuer Feindseligkeiten Zeit zu gewinnen. Denn bald wurde die Verfolgung fortge, setzt, und Theresiens harrten neue Leiden. Sie befand sich eben in der Barfüßer-Kirche, um dort Messe zu kören, als plötzlich eine Schar Bewaffne ter das Kloster umrmgten und, indem sie einen von ih nen erschlichenen Befehl deS Veziers verzeigten, von