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WMtt für Mskuff Tharandt. DaD. Mtaleha »ad die Umgegkadkn. Imtsblutt für die Rgl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Aintsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 61. 1 Freitag, den 1. August ! 1899. Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDieustags und Freitags. — Abonucmentspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Cvrpuszeile. Tagesgeschichte. Im besten Wohlsein ist Kaiser Wilhelm nach Been digung seiner norwegischen Reise am Montag Mitttag in Wilhelms Hase nlleingetroffen, bei der Landung u.ZA. vom kommandirenden Admiral Freihern v. d. Goltz begrüßt; Reichs kanzler v. Caprivi traf am Montag Abend zur Begrüßung des Kaisers in Wilhelmshafen ein. Hier wird der Kaiser bis Freitag verweilen, um dringende Negierungsgeschäste zu er ledigen, dann tritt er die Reise nach England über Ostende, wo des deutschen Monarchen ein besonders festlicher Empfang harrt, an. Soweit bekannt, erfolgt die Ankunft des Kaisers in Cowes auf der Insel Wight am Nachmittag des 4. August. Der hohe Herr gedenkt auf Wight als Gast seiner erlauchten Großmutter, der Königin Viktoria, einen fünftägigen Aufenthalt zu nehmen und sich hierauf auf ein paar Tage noch nach Schottland zu begeben, von wo aus direkt die Heimreise angetreten werden soll. München, 28. Juli. Die Equipage des Prinz-Re genten kollidirte gestern Abend in der Münchener Vorstadt Neuhausen mit der zwischen München und Nymphenburg ver kehrenden Dampftrambahn. Der Prinz-Regent wurde aus dem Wagen geschleudert, blieb jedoch vollständig unverletzt; der mit aus dem Wagen gestürzte Adjutant wurde leicht verletzt. Der Prinzregent hat anläßlich dieses Unfalles Glückwunsch- depeschen von den Bundesfürsten und ihm nahestehenden Fürst lichkeiten des Auslandes erhalten. Heute empfing Se. Königl. Hoh. das diplomatische Corps und die Staats- und städtischen Behörden. Bei der Aufwartung des Bürgermeisters erwähnte der Prinzregent, er habe nur an der rechten Hand eine ganz unbedeutende Hautabschlürfung erlitten, nicht einmal die Cigarre sei seiner Hand beim Sturze des Wagens entfallen. — Der Prinzregent hat die Straflosigkeit des betheiligten Hofkutschers, sowie des Führers der Dampftrambahn angeordnet. Der Erzbischof hat anläßlich des Vorfalls Dankgottesdienste festgesetzt. Uebcr die Stellung der Sozialdemokratie zum Kleingewerbe und Handwerk schreibt das „Vaterland": „Die „Sächs. Arbeiterztg." bringt in ihrem Anzeigetheile öfters marktschreierische Inserate, in denen fertige Anzüge zu Preisen angeboten werden, bei denen die Lieferung eines reellen und dauerhaften Kleidungsstückes durchaus unmöglich ist. Daß die Herstellung solcher Schundwaare nur dann überhaupt denk bar ist, wenn dem Arbeiter Hungerlöhne gezahlt werden, ist selbstverständlich. Trotzdem trägt das „Organ zur Wahrung der Interessen der Arbeiterklasse" kein Bedenken, die Erzeugnisse solcher Schleuderkonkurrenz in seinem Anzeigetheile zu empfehlen. Gegen diese Empfehlung hat nun der Verein Dresdner Schneider Stellung genommen und dem „Arbeiterorgan" seine Miß billigung ausgesprochen. Was bemerkt das Blatt dazu? Es erklärt mit unzweideutiger Offenheit, daß es gar kein Interesse an dem Bestehen des kleinen Handwerks habe und nach wie vor derartige Anzeigen aufnehmcn werde. Lum Schluffe der Auseinandersetzungen wird die Offenheit geradezu cynisch. Der Schluß lautet wörtlich: „Wir werden immer und überall bestrebt sein, den Untergang des Kleingewerbes zu beschleunigen — so leid es uns thut, daß viele uns Nahestehende dem all gemeinen Zersetzungsprozeß mit unterworfen sind. In dieser Hinsicht erblicken wir vorwiegend unsere revolutionäre Aufgabe." Hatten wir recht, wenn wir die Off.nheit cynisch nannten? Die Sozialdemokraten arbeiten eingestandenermaßen an der Vernichtung des Kleingewerbes und ihre Aufgabe ist einge standenermaßen revolutionär. Jeder Handwerker also, der sozialdemokratisch wählt oder gar dem Moloch der Sozialde mokratie seine Groschen opfert, liefert Material zur Revolution und zu seiner eigenen Vernichtung." Im deutschen Botschaftshotel in Petersburg werden bereits umfangreiche Vorbereitungen für den Besuch des Kaisers getrost.n. Die ganze Kanzlei des Kaisers, wie des Reichs kanzlers von Caprivi trifft direkt mit der Bahn in Petersburg ein; während der Manöver wird der Kaiser täglich Berichte entgegennehmen. Nach Reval geht ein großes russisches Ge schwader zum Empfange des hohen Gastes ab. — Englische Blätter behaupten, die Petersburger Regierung wolle ihre ge- sammt n vier Millionen jüdischer Unterthanen aus Rußland ausweisen. Das wird wohl etwas übertrieben sein. Zu der in Europa herrschenden sommerlichen Stille bilden die Nachrichten aus Mitttel- und Südamerika einen grellen Gegensatz. Krieg und Revolution ist daselbst an der Tagesordnung. Am weitesten ist die Krise in den mittelamerikanischen Repuliken Guatemala und San Sal vador, sowie in dem südamcrikanischcn Freistaat Argentinien gediehen. Die fünf centralamerikanischen Staaten waren zwei mal, 1822 bis 1839 und 1842 bis 1845, zu einer Förderativ- republik vereinigt. Im Jahre 1885 versuchte der Präsident Barrios von Guatemala abermals eineMereinigung durchzu- setzen, aber nur Honduras stimmte bei, und in dem folgenden Kampfe fiel Barrios. Seitdem haben indessen fortwähr.nd Verhandlungen über die Herstellung einer Union stattgefunden, welche zu verschiedenen einleitenden Verträgen (Schiedsgerichts vertrag rc.) geführt haben. Ihr praktischer Werth tritt durch die jüngsten Vorkommnisse in grelle Beleuchtung. In San Salvador war kürzlich der ermordete General Menendez durch Rlvolution im Jahre 1885 auf den Präsidentenposten erhoben worden. Seine kürzliche Ermordung durch General Ezeta hat dann Guatemala Anlaß zu gewaltsamer Einmischung gegeben. Dadurch hat es wieder einmal den Argwohn seiner Nachbarn er regt, daß es durch Vergewaltigung der übrigen Republiken des Isthmus die Suprematie an sich zu reißen beabsichtige; insgeheim durch Nicaragua und Costa Rica unterstützt. Der Krieg ist entbrannt, es haben Kämpfe stattgefunden, in denen sich beide Theile den Sieg zuschreiben, wahrscheinlich wird man es, nach europäischen Begriffen, mit bloßen Scharmützeln zu thun haben, bei denen es, im Hinblick auf ihre strategische Bedeutung, sehr gleichgiltig ist, wer momentan die Oberhand behalten hat; überhaupt herrschen dort zu Lande eigenartige Anschauungen über Kriegführung und Kriegskunst, und selbst die anscheinend tiefgehendsten Umwälzungen enden ebenso rasch und plötzlich, als sie unvermuthet zum Ausbruch kommen. Auch diesmal dürften die Dinge in Mittelamerika keinen wesentlichen anderen Verlauf nehmen, als er den Ueberliefer- ungen aus früherer Zeit entspricht. Noch einige Miniatur schlachten, ein paar standrechtliche Erschießungen besonders kom- promittirter oder andere zu kompromiltiren fähiger Parteigänger, und alles dürfte in den Zustand der gewohnten Lethargie zurücksinken, bis der periodische Wechsel der Situation von Ruhe und Unruhe eine neue kritische Wendung heraufführt. Ernster und belangreicher lassen sich, wie es scheint, die ar gentinischen Ereignisse an. Die Voraussicht, daß Prä sident Celman sich der Schwierigkeiten der Lage gewachsen zeigen werde, hat sich nur zum Theil bewahrheitet. Es ist der durch ihn repräsentirten Autorität nicht gelungen, den Aus bruch der Revolution hintanzuhalten; die Hauptstadt Buenos Ayres fiel den Aufrührern in die Hände, während Präsident Celman, nachdem er die Stadt geräumt, alsbald zur Verhäng ung des Belagerungszustandes und zum Aufgebot der National garde schritt. Da Post- und Telegraphenburcaux in den Händen der Aufständischen sind, kommen natürlich nur soche Nachrichten zur Versendung, welche die Censur der jetzigen Machthaber passirt haben, daher nicht als parteilos, objektiv gehaltener Darlegungen des wirklichen Thatbestandes betrachtet werden können. Einstweilen scheint der Aufstand den Höhe punkt seiner Entwickelung noch nicht erreicht zu haben, so wenig, wie es sich übersehen läßt, ob dem Präsidenten Cel man oder seinen Gegnern der cndgiltige Sieg zufallen werde. Letztere haben dadurch einen Vortheil, daß sie sich der Offen sive bemächtigen konnten. Als der gegenwärtige Präsident Dr. Miquel Juarez Celman, am 12. Oktober 1886 durch ordnungsmäßige Wahl und nicht, wie es in jüdamerikanischen Republiken gewöhnlich geschieht, durch eine Revolution zur Regierung kam, hatte er dies dem Umstande zu danken, daß er vorher als Gouverneur der Provinz Cordoba gutes Ver waltungsgeschick gezeigt hatte. Er versprach bei seiner Er nennung zum Präsidenten Beseitigung der Korruption, Hebung der Industrie, parteiloses Regiment und noch einiges Andere. Aber gegen die Ueberschuldung des Landes konnten gute Vor sätze nicht aufkommen. Ihr abzuhelfen, erwies sich als un möglich. Der Finanzminister Uriburu, der ein Programm auszuarbeiten wagte, mußte sofort dem Widerstand seiner Kollegen weichen, und sein Nachfolger Garcia vermochte keine neue Anleihe aufzubringen, weil er die Verpflichtung, für die nächsten Jahre keine Vermehrung des Papiergeldes vorzunehmen, nicht eingehen wollte. Hierdurch wurde zuerst die gegenwärtige Krisis veranlaßt, der aber auch politische Motive nicht fehlen. Stadt und Provinz Buenos Ayres beanspruchen den Vorrang von den übrigen 13 Provinzen oder richtiger gesagt Staaten (zu welchen noch 9 Territorien hinzukommen) der Gcsammt- rcpublik, und da Präsident Celman aus Cordoba stammt, außer dem aber auch noch die Geistlichkeit gegen sich aufgebracht hat, so ist seine Sache jedenfalls in der Stadt und Provinz Buenos Ayres sehr schlecht bestellt. Nach den neuesten Meldungen des Bureau Reuter aus Buenos Ayres soll Präsident Celman wieder dorthin zurückgekehrt sein. Zu guter Letzt hat Herr Celman auch noch seine letzten Freunde vor den Kopf ge stoßen, indem er die Namen zweier Offiziere, welche ihm das Bestehen einer Verschwörung in der Armee verrathen hatten, veröffentlichte und so der Wuth der verrathenen Empörer prciSgab. Die bisherigen Anhänger des Präsidenten fühlen sich durch dieses sonderbare Vorgehen verletzt und gefährdet und verlassen, um sich selbst zu retten, ihren allzu geschwätzigen Führer. Präsident Celman hat Buenos Ayre« verlassen müssen und die Aufständischen haben bereits einen neuen Präsidenten ausgerufen, während im Namen der alten Regierung der Vize präsident die Geschäfte weiter zu führen und die Zügel zu halten versucht. Vaterländisches. — In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag ist in Leubsdorf bei Augustusburg der 79 Jahre alte GutsauS- zügler Wetzig unweit seiner Wohnung durch Schläge von un bekannter Hand ermordet worden. Bei dem Ermordeten werden die Geldtasche, ein Ring und die Uhr vermißt. DeS Näheren wird den „Dr. N." hierüber berichtet: Die schauer liche Blutthat in Leubsdorf hat alle Gemüther in Aufregung versetzt. Am Freitag Abend verkehrte in Uhlig's Restauration in Leubsdorf der 78jährige Gutsauszügler Wetzig noch bi halb 12 Uhr im Kreise von Bekannten. Gegen Mitternacht verließ er das Local, um den Heimweg anzutreten, kam aber nicht nach Hause. Am anderen Morgen vermißte man den beinahe 80jährigen und konnte sich das Ausbleiben nicht er klären, vermuthete aber, daß dem Alten eine Schwäche zuge- stoßen sei. Die sofort angcstellten Nachforschungen brachten einen Raubmord an's Tageslicht. Unweit von seinem Gehöft fand man den Greis abseits vom Weg« aus dem Gesicht liegend, der Kopf zeigte eine stark blutende Wunde. Bei näherer Unter suchung fand man, daß der Tod schon eingetreten sei. Neben der Leiche fand man einen großen Knüppel, der offenbar dem Mörder als Mordwerkzeug gedient hatte. Der Tod isther- beigeführt worden durch Einschlagen der Hirnschale. Die so fort angestellten eifrigen polizeilichen Recherchen sind bis jetzt leider ohne Erfolg geblieben und haben noch nicht das Ge ringste über die Persönlichkeit des muthmaßlichen Mörder- ergeben. — Ein schrecklicher Unfall bei einer Bergparthie hat dem Lehrer Poppe aus Oelsnitz i. V. und seinem Führer Gstrein allem Anschein nach das Leben gekostet. Es wird hierüber gemeldet: Beim Aufstieg auf den Similaun, einem 3599 Meter hohen Berg in den Oetzthaler Alpen, ist der sächsische Lehrer Poppe (nach einer anderen Meldung ist sein Name Oppel) mit dem Bergführer Peter Paul Gstrein aus Gurgl in der Nähe des Gipfels mit einer Schneewächte 600 Meter tief gegen den Marzellferner abgestürzt. Touristische Partien vonSimi- laun und Niederjoch, dann Leute aus Schnals und Vent suchten sofort Hilfe zu bringen, fanden aber nur einen Bergstock. Man glaubt, daß die Abgestürzten todt sind. — Ausführlichere Mittheilungen enthält folgender Bericht: Am 23. Juli stieg der aus Oelsnitz i. V. gebürtige 22jährige Lehrer Poppe mit einem älteren Kollegen von Gurgl zur Ramolhütte hinauf; von dort aus begab sich Poppe in Begleitung de- Führers Gstrein aus Gurgl zum Similaun. Beiden schlossen sich zwei andere Touristen mit einem Führer an. Als der Letzere während des Aufstieges bemerkte, daß Gstrein mit Poppe zu weit nach links abging, rief er diesen zu, sich schnell nach rechts zu wenden; doch war das Unglück schon geschehen: eine über- hängende Schneewand löste sich los und stürzte donnernd in die Tiefe, mit ihr, in eine Schneewolke gehüllt, sah «an die Gestalten des Poppe und Gstrein in den etwa 800 Meter tiefen Abgrund stürzen. Sogleich stellten alle Führer ihre Tour ein, um die Verunglückten aufzusuchen; man vermochte indeß nicht zu ihnen vorzudringen, wiewohl man ihre Körper von der Höhe des Berges aus wie zwei schwarze Flecken sah. Am folgenden Tage, dem 25. d. M., sollten umfangreiche Veranstaltungen getroffen werden, um die Abgeftürzten aufzu suchen, welche wohl kaum noch am Leben sein dürften. Der Unglücksfall hat auf die kaum zwanzig Schritte hinter Poppe und seinen Führer folgenden Touristen einen tiefen Eindruck gemacht, Einige derselben sind sofort in ihre Heimath zurück- gekehrt. Der Kollege des verunglückten Lehrers Poppe ist über das traurige Geschick des Letzteren untröstlich und wird den Rettungsarbeiten selbst beiwohnen. — Bei dem diesjährigengroßen Kavalleriemanöver kämpft eine Sächsische Division gegen eine Preußische. Diese Reiterübungen sollen sich bis in die Torgauer Gegend erstrecken. Im Verlaufe dieses „Krieges im Frieden" werden mehrmals Gewässer durch die Truppen zu durchschreiten bezw. zu durch schwimmen sein. Gegenwärtig unternimmt bei Dresden in der Elbe das Gardereiterregiment solche Uebungen, an denen sich auch Se. Königl. Hoh. Prinz Friedrich August an der Spitze der 2. Schwadron betheiligt. Wie verlautet, wird der Prinz nach beendeten Manöver» das Bataillonskommando i« Schützenregiment übernehmen.