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Mittwoch, rien 4. Mal >927 22. Jahrgang Nr. 103 Mer Tageblatt -MM Anzeiger für -as Erzgebirge MW «kitgramm«: ragebiatt flueerzgeblro« Enthalten- -le amtlichen vekonntmochungen -es Nates -er Sta-t UN- -es Amtsgerichts Aue. postsch,ck-«onts: Nmt Leipzig n».«»» Nelchsfinanzmimster Dr. Koehler über Reichsfinanzen und BolkswirLschaft. Berlin. 2. Mai. Vor den Mitgliedern des Ver ein« Berliner Kaufleute und .Industrieller sprach heut abend Netchöfinnnzminlster Dr. Kühler über das Thema „Reiches!nanzen und Bvlkswiriswast". Er gedachte zu nächst der großen Verdienste des Nelchsfiuanzmiutsters Dr. Luther und der Mitarbeiter desselben um die Neu ordnung d^r Reichsfinanzen. Dreifach sei die zu lei stende und geleistete Aufgabe gewesen, zunächst die Wic- deranfrichtung und Stabilisierung der.Währung, daun die Balancierung des Reichshaushaltes und endlich die Regelung der Repaealtnnöleistungen. Die im Znsam- menwiri'en mit Dr. Marx und Dr. Gtrefemann erreichte über die Vereinfachung des Verfahrens in Steuersachen sollen diesem Ziele dienen. Endlich soll eine Verein fachung der Steueroerwaltung zum Zwecke der Erspar nis an VerwnltuugSkosten und der Vereinfachung für den Steuerpflichtigen vorgesehen werden. Ich bin der Auffassung, das', schärfste Vereinfachungen organisato rischer Art durchzusühren sind, um mit geringstem Auf wand den Höchstuutzesfckt zu erreichen. Last in der Oeffentlichleit dabei auch das Problem Föderalismus oder Nntlarismus eine Rolle spielt, ist selbstverständlich. Ich kann als Süddeutscher nur eindringlich warnen vor einseitiger Betrachtung und allzu derbem Zngreifen. Wer die Frage nur vom materiellen Gesichtspunkt be trachtet, geht durchaus abwegig. Es geht bet dem gan zen Problem auch um die Seele der Millionen Menschen südlich des Mains. Ter Minister schloß : Die Zusam menfassung aller Kräfte wird uns die Stärke geben, die notwendig ist, um die ungeheuerlichen Folgen des Krieges und der Nachkriegszeit zu überwinden und unser Volk in Allen seinen Schichten wieder besseren Tagen entgegenzuführen. Ter soziale Gedanke muß. dabei nicht nur theoretisch, sondern in der Praxis verwirklicht werden. Nur durch seine Realisierung wird da« deutsche Volk dem Aufstieg entgegengeführt werden können. Vor aussetzung dafür ist eine gesunde Wirtschaft- Gerade di, Wirtschaft«, und Handelsvertragspolitik der nächsten Monate wird diesen Gedanken zum Ausdruck bringen müssen im Sinne einer engeren Verflechtung der deut schen Wirtschaft mit der Weltwirtschaft und der Kräfti gung des inneren Marktes in der Erhöhung der Kon sumkraft unseres Volkes. Regelung d. r Ren.nationSU'istungen durch das Londoner Abtommeu bild" die Grundlage unserer fetzigen Ver pflich'gug'N Bitt dem Gachverständigenplan sei Hoffe nt- li'b die re!;: politisch- und wt-tschastsfremde Behandlung dieses großen Problems der Weltwirtschaft endgültig überwunden. Rur aus freiwilliger Leistung eines freien Volkes könnten die schweren Lasten abgedeckt wer den. Ties klar erkannt und ausgesprochen zu haben, sei eines der großen Verdienste der Sachverständigen Die deutsche Wirtschaft hat in der vergangenen Zelt die ihr zugewiesene Aufgabe zu erfüllen begonnen. Tie Neichöregierung hat die Wirtschaft in ihrem Bestreben tatkräftig unterstützt. Sie wird in dieser Hinsicht auch künftig ihre Pflicht tun. Unsere ReichShaushalte lassen das stete Bemühungen, die Kräfte unserer Wirtschaft zu stücken, klar erkennen. Ter überaus starke Aderlaß, der an ihr Vvrgenommen werden mußte, um die Währung zu erhalten, hätte -n überaus nachteiligen Wirkungen füh ren müssen, wenn an seine Stelle nicht bewußt und iw Einklang mit demTaweSplan eine Politik derWtrtschafts- fbrderung getreten wäre, die fortzuführen die Negie rung und insbesondere der Finanzminister als die große Ausgabe ansteht. Neichöfinanzmintster Dr. Köhler ging dann auf die Staatshaushalte im einzelnen «in. We niger günstig als der Abschluß für 1926 sei der Etat für 1927. Habe der Etat für 1927 schon große Schwie rigkeiten bereitet, so mache ihm die Ausstellung des RetchLhaushalte-Z für 1928 größere Sorge. Wir rücken mit diesem Etat tn das Normaljahr der Reparations belastungen hinein. Es fehle uns zur Abdeckung der Betriebsfonds sowie der Ueberschüsse für 1926 mit ins gesamt 460 Millionen. Auf der anderen Seite steigen die Reparationsleistungen um rund 350 Millionen, so daß wir in großen Zahlen schon eine Verschlechterung gegen bisher in Höhe von dreiviertel Milliarden hätten- Hier könne nur starke Einschränkung der Ausgaben hel fen. Unsere Gesamllage bietet noch, in gar keiner Weise optimistischen Auffassungen Raum. Von einer konti nuierlichen Linie des Aufstieges ist wenig zu merken Wem es gut geht, oder wer es nötig hat zn erklären, daß «S ihm gut gehe, der möge nicht ohne weiteres ver allgemeinern, denn solche Verallgemeinerungen geben ein falsches Bild von unserer Leistungsfähigkeit und können uns sehr schaden. Unsere öffentliche Last ist gegenüber derjenigen anderer Länder tn ihrer Auswir kung sehr viel schwerer, trotz aller gegenteiligen Be hauptungen. Deshalb müssen Steuererhöhungen ganz außer Bereich jeder Erörterung bleiben. Stenerermä- ßtgungSmaßnahmen müssen und werden fortgesetzt wer den. Zur jetzigen Anlelhepoltttk des Reiches bekenne ich mich durchaus, wobei allerdings zwei Voraussetzun gen zu erfüllen wären: 1. daß der Begriff der wer benden Anleihe eng zu fassen ist und nicht lediglich zu weitgehendster Entlastung der laufenden Ausgaben diene, da sonst eine verhängnisvolle Schuldenpolitlk das Ende ß'äre; 2. muß der Kapitalmarkt aufnahmefähig sein, unk die Anleihebedingungen müssen ver Markt lage entsprechen. Ich habe noch ein« Ermächtigung, im laufenden Etatjahr saft eine Milliarde al» Anleihe anfzunehmen. .ich werde in den nächsten Monaten be- stiukml nicht und auch später nur mit äußerster Zurück haltung von dieser Ermächtigung Gebrauch machen. Für die Behandlung der Ausländsanleihen ist tn erster Linie die wechselnde Lage de« Geldmarktes entscheidend. Daß die Heutige Verknappung insbesondere den Realkredtt be troffen hat, gibt dabei zu denken. Ich beabsichtige tn allernächster Zett, eine Reihe von Gesetzentwürfen vor zulegen, die eine Fortführung der Steuerreform des Jahre- 1S20 bedeutet im Sinne einer weiteren gründ, legenden Vereinheitlichung und Vereinfachung der ge samten Steuergesetzgebung in Reich! und Ländern etn- schlteßltch de« Verwaltttngsverfahrens. Ein Grund- steuerrahmsnaesttz, ein Eewerbesteuerrahmengesetz- ein und »Mich stn Ersetz EMM« im YlmamerikauWeli MttMaftskonfereliz. Washington, L. Mai. Staatssekretär Kellogg eröffnete heute die dritte panamerikanische Wirtschafts konferenz mit einer Ansprache, in der er u. a. auöführte, die Vereinigten Staaten wollten nicht« von Lateiname rika. waö sie nicht ebenso ihrerseits den Schwesterrepu- bltken zu gewähren bereit seien. Panamerikanismus be, deutet mehr als lediglich freundschaftliche Beziehungen zwischen den betreffenden Negierungen. Das Wort ver körpert vielmehr da« gegenseitige wohlwollende Ver ständnis der nationalen Ideen und Ziele der Völker die ses Erdteiles. In einer Ansprache richtete Staatssekretär Hoover einen scharfen Angriff gegen den von einigen Nationen befolgten Grundsatz der A ufnahme v on Anleihen für Rüstungen und andere unproduktive Zwecke. Hoover führte u. a. auS: Wenn keine Nation di« Ge währung von Anleihen erlauben wollte, die zum Aus ¬ gleich des Budgets für militärische Ausrüstung«- und für Kriegszwecke und überhaupt für öffentliche Arbeiten solcher Art, die nicht produktiven Zwecken dienen, be stimmt sind, dann würde das für die ganze Welt nur großen Segen bedeuten. Es würde sich dann die Frage, ob die Betreffenden zur Rückzahlung fähig sind, nicht erheben, und dank dieser zunehmenden Sicherheit würde die Aufnahme von Kapital immer billiger und billiger werden. Auch würden die Gefahren vermieden werden, die der nationalen und der individuellen Sicherheit drohen, falls der Gläubiger den Versuch macht, die Schulden einzutreiben. Es könnte kein wirksamerer Schritt zur Verhütung von Kriegen getan werden. Dazu erfährt „Associated Preß" im Staatsdepar tement, daß diese Ansichten Hoovers, mindestens soweit sttdamertkautsche Staaten in Betracht kommen, von dem Staatssekretär Kellogg nicht geteilt werden. SröNnung cler Meltwirlscksfrs- konseren? am Mittwock Genf, 2. Mai. Ter Präsident der Internatio nalen WeltwirtschastSkonfereuz, Theuniö, ist am Sonn tag abend tn Genf eingetroffen. 'Am Montag vormit tag nahm er Fühlung mit dem Generalsekretär des Völkerbundes und mit den Organen des Sekretariates. Mehrere Delegierte sind bereits in Genf angekommeu. Viele große Zeitungen entsenden Spezialisten für Wirt schafts- und Finauzfragen. Die Konferenz wird am Mittwoch vormittag eröffnet. Schweizer Maßnahmen zum Schuh -er Sowjet- -elegierten zur Wirtschoftokonferenz. Genf, 2. Mat. Nach dem „Journal de Geneve" wurden Heut« im Bundeshaus in Anwesenheit deö Bun despräsidenten Motta und deö Leiters des Polizeiwesens im Kauton Genf die Maßnahmen zum Schutze dir svw- jetrussischeu Delegierten für die Weltwirtschaftökvnserenz besprochen. Es werde alle» für die Sicherheit der rus sischen Delegierten, auch schon auf ihrer Reise, getan werden. Nach einer weiteren Mitteilung des Blalteo werden für die russischen Delegierten, die Mittwoch abend tu Genf erwartet werden, außerordentlich strenge Maßnahmen zur Vermeidung jedes Zwischenfalles ge troffen. Neichsminister von Keu-ell un- dr. Koch in Stuttgart. Stuttgart, 2. Mat. Reichsinnenminister von Keudell nud NeichSverkehrSinlnister Koch sind heut« vor, mittag zum Besuch der wücttembergischen Elaatsregte- rung hier eingetrossen. Aus diesem Anlaß fand vor' mittags im Festsaal des Haudelshvfe« eine Besprechung der Reichsminisler mit oen Vertretern der Presse statt, bei der Staatspräsident Bazille die beiden Retchsmtni- ster begrüßte. Sozlal-emokratische Wahlfälschungen in Oesterreich! Aus Wien wird gemeldet, der chrtstltchsoztale Abge ordnete Kunschak habe tn einer öffentlichen Versamm lung behauptet, daß man Wahlmtßbräuchen der Sozial demokraten auf die Spur gekommen sei. Gegen den Wiener Magistrat habe Kunschak di? Beschuldigung er- h-d-w, daß ii-antw «-erstorbtner Snmm-n abgege ben worden, daß Leute zu den Wahlen zugelassen wo»> den seien, denen das Wahlrecht aberkannt worden sei. Sozialdemokratische Wahlleiter hätten ihr Amt mtß- braucht .und bet der Anlegung der Wählerlisten fei ein bewußter Mißbrauch der Amtsgewalt getrieben wor den. Es ist anzunchmen, so heißt cs, daß das Wahlge richt dies« Anschuldigungen zum Gegenstand einer Un- terstlchuug machen wird. Lhamberlain über -ie albanische Zrage. London, 2. Mat. Im Unterhaus erklärte heute Chamberlain, angesichts der vielen Anfragen über die italienisch-jugoslawischen Beziehungen wolle er eine all gemeine Erklärung dazu abgeben. Di« englische Regie rung habe kein unmittelbares Interesse an der Frage, sie habe aber ihr Bestes getan, dtrekte Besprechungen zwischen den beiden Parteien zu erleichtern. Sie glaube, daß durch direkte Besprechungen eine Regelung am leichtesten erreicht werde. Er würde tn diesem oder einem ähnlichen Falle nicht anraten, daß zu einer Völ- kerbundstnterventivn gegriffen wird, bevor die Par teien miteinander ihre Meinungsverschiedenheiten er örtert haben. Er glaube nicht, daß durch die Beröffent- lichung von Akten seiner Erklärung Wesentliche« hinzu- gefügt werden könne und fürchte, eine solche Veröffent lichung könnte den Erfolg von Besprechungen zwischen den beiden Staaten nur beeinträchtigen, indem sie Mei nungsstreit! gleiten neu belebe, die, wie er hoffe, vorbei seien. Die Entschließung der Bvtschafterkonferenz vom 9. November i»21, über die einige Mißverständnisse zu bestehen schienen, verpflichte die Stgnatarmächte nur, tu: Falle der Vülkerbnndsrat etngretfen sollte, um di« Unabhängigkeit und Integrität Albanien« wiederherzu stellen, ihren Vertretern im Rat anzuempfehlen, daß dis italienisch« Megiernng mit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit Albanien« betraut werden möge. Die tn dieser Entschließung angeführte Möglichkeit sei noch nicht entstanden und werde, wie er hoffe, auch nicht ent stehen. / Neuer englischer Protest bet -er Hankau-Negierung. London, 2. Mat. Einem Telegramm zufolge hat der Vertreter des Pekinger großbritannischen Ge sandten in Hankau bet der Hankau-Regterung formell gegen die Besetzung de« britischen Konsulate« und an deren britischen Eigentum« durch di« -üdtruppin 1» Gi fpr-ch '-ehaL.pt,