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MlsdnifferTageblatt Aaflonale Tageszeltung für die Fandwirtschast, Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerrchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Apfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reiche Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Bo», geschriebeneErscheinungs» - , tage und Platzvorschrifteu werden nach Möglichkeit 28ilHo^Uf? 91k. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis "vrm.10 Uhr. — 2 Für die Richtigkeit dec durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattansprnch erlischt, »em» derBetrag durch Klage eingezogen «erden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. 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Es war einmal ein „Punkt" neben 13 anderen, der die Abschaffung der Geheimdiplo- maiie forderte; der Mann, der diese 14 Punkte ersann, ist allerdings später in Geistesnachi gefallen. Der Geheim diplomatie und ihrer Tätigkeit hat jener märchenhafte Punkt nicht im geringsten geschadet, natürlich auch nicht durch die spätere Verpflichtung im Völkerbundstatut, daß alle Verträge zwischen den Mitgliederstaaten in Genf registriert werden sollen. Das wird man zweifellos auch mit dem neuen Fünfmächtevertrag tun, den England in Paris und Rom mühsam genug zusammen gebracht hat. Bloß ist weder die jetzige Ausdehnung des Londoner Marineabkommens auch auf Frankreich und Italien das politisch-diplomatisch Wesentliche noch seine Registrierung beim Völkerbund. Was aber war und ist der entscheidende, nicht schriftlich vereinbarte, nicht registrierte Hintergrund? Hierfür braucht man nur auf den demonstrativ-lauten Beifall zu verweisen, der nach diesen Ereignissen den Außenminister Briand in der Französischen Kammer begrüßte. Das war der Dank da für, daß die diplomatisch-politischen Diffe renzen mit Italien ausgeglichen, von Rom über London — mit Amerika und Japnn rm Hintergrund — eine einheitliche Front herge- stellt ist Eine Front gegen wen? Nun, gleichzeitig damit sprach der deutsche Außenminister Dr. Curtius in Mion -in? Forderung aus, die von ,ener andern ^ront beretts als erledigt, als gar nicht diskutabel zwar nicht erklärt aber betrachtet wird: Deutschland fordere vom Völkerbund eine allgemeine Abrüstung, ohne die eine Zu sammenarbeit nicht möglich sei; und das gleiche Recht c> « , s i ct) o r v e l l sei für Deuljwtand nicht nur ein relativer, sondern ein absoluter Begriff. Man kann in der Französischen Kammer leicht „Nie wieder Krieg!" rufen, — denn ^rankretch hat ja nur das eine Interesse, nämlich die „Ordnung in Europa so aufrecht'uerhalten und zu es bestimme NatüAich, mit der „Begründung hierzu macht man es sich leicht; Briand zerrt sogar die alte Kriegsschuldlüge hervor. Nicht so plump, nicht mit jo deutlichen Worten wie sein Minister kollege Maginot, sondern diplomatisch andeutend: Er könne sich „kein tragischeres, eindrucksvolleres Schauspiel" denken als diesen „Kampf des deutschen Volkes gegen die Verantwortung am Kriege, die ihm seine leitenden Staatsmänner von 1914 aufgebürdet haben". Und ver geblich protestiert der deutsche Außenminister Dr. Curitus in Wien „gegen die Hereinziehung der falschen Krregs- schuldlüge in die Zusammenhänge der Abrüstungsfrage'. »k- Ebenso wie bereits auf der letzten Genfer Tagung Deutschland von dem italienischen Vertreter gerade in der »^^""assrcige im Stich gelassen worden ist, offenbar m der bald auftauchenden Einigung mit Parrs und na^dä'?!! i« auch die englische Negierung M a c do- donn onn'? den Kulissen, erst geheim^plomattsch, dann ganz offen z^in Gegner Deutschlands m - se? geworden. Die Behandlung des Avrüstungs- ' "st lange Jahre hindurch stockte, ist so Plötz- ltch in Bewegung, ja geradezu ins Rennen zum schnell emsige ü n pö n'7r^""ue", daß nur naive Gemüter eine d e i? K ü li 11 e « hH ' erbare Tätigkeit hinter Hindernisse aus dem können; nur so konnten die Weitermarschieren vereid geräumt und em gememiames neben dem jetzt abgestovm^ werden. Beginnt sich doch — andere Sorge Englands?" Wettrüsten zur See — eme Frage. Gewiß wird die näv heben: die in d i s ch e auf Kompromissen aufgeg^.fClßerlickM betreuende, zwischen Gandhi und dem engio^ persönliche Einchnng kaum zu einer schnellen Berw/w,?" -'rzekomg stands- und Ausstandsbewegung"^ der indischen .l!^ ist doch gemacht, ein praktisch^ '"L retischen Versuche der »Konferenz m« rmi^ aus. Das hat aber nu« /ur Fo^ d^'»^ngland er leichterten Herzens znwenden kann, da Macdonald m England selbst eine Art doppelten außenpolitischen Erfolges torweuen kann. , Aber das alles ist nun »große Politik-, der, so- r°nge die Welt steht, immer hinter den Kulissen ge schoben" wurde, und zwar auch damals, ms xZ noch keine Kulissen gab. Vermutlich wird diese nur für die MUf°walen spmpathische Tätigkeit auch dann noch trotz A"s°n fortgesetzt werden, wenn künftige Redekunst die Kulisse^ überhaupt verbannt hat. -Cw übrigen sind ja doch nicht bsgß vw zünftigen Diplomaten für diese Kulissen- bolitik, sondern ihre unzünftigen Kollegen von der In nenpolitik lernen diese sogenannte Kunst auch sehr schnell. Manche bringen es dabei sogar zu einer virtuosen Meister- < "ud selbst die politischen Gegner des jetzigen Neichs- mnzlers gestehen ihm zu, daß er eine entschiedene Be- m»n!"a.sür die „Behandlung" verzwickter politisch-parla- mni Situationen hat. Zurzeit hat er wieder ein- mai Gelegenheit, dieses Talent auszumünzen. Denn ReWhilse für Sachsen MsG Sachsens MuMVe beim Reichskanzler. Aus Berlin wird gemeldet: Der Reichskanzler emp fing im Beisein verschiedener Ressortminister die sächsi schen Negierungs- und Wirtschaftsvertreter, die ihre Wünsche zur Besserung der Wirtschaftslage in Sachsen vortrugcn. Der Vorsitzende des Verbandes, Direktor Wittke, legte die besonders große Notlage der sächsischen Industrie dar und betonte unter Hinweis aus die Kundgebung vom 23. Januar in Chemnitz erneut die dringende Notwendig keit, den sächsischen Notstandsgebieten sofortige Hilse zu bringen. Diese Ausführungen wurden ergänzt durch eindrucksvolle Darlegungen der Vertreter der einzelnen sächsischen Industriegebiete. Tie anschließende Aussprache beschäftigte sich vor allem mit der Frage der Verteilung der Neichsaufträge sowie Senkung der Produktionskosten. Von der Reichsregierung wurde die Bereitwilligkeit er klärt, bei den Stellen, die Austräge vergeben, dahin zu wirken, daß Notstandsgebiete mit ungewöhnlich hoher Ar beitslosigkeit bevorzugt berücksichtigt werden. Am Schlüsse der mehrstündigen Besprechung stellte der Reichskanzler zusammenfassend fest, daß die Notlage Sach sens allen beteiligten Reichsressorts Anlaß geben werde, engste Fühlung mit der sächsischen Industrie zu halten. Die Neichsregierung sei bereit, zu Helsen, eine wirk same Hilfe hänge aber in erster Linie von einer Stabilität der politischen Ordnung in Deutschland ab. Will man den Wortlaut der amtlichen Verlautbarung fol gen, so wäre vielleicht Anlaß zu der Meinung gegeben, daß auch dieser Versuch nicht von allzu großen Erfolgen begleitet ge wesen ist. Dabei würde man freilich das wesentliche übersehen. Richtig ist, daß bindende Zusicherungen, also Reichsausträge, an deren Erledigung morgen oder übermorgen in Sachsen her angegangen werden könnte, nicht erteilt worden sind. Das sofort zu erreichen, lag auch 'gar nicht in der Absicht derjenigen Persönlichkeiten, die nach wochenlangen Vor bereitungen zwei Tage lang, die Reichsstellen bearbeitet haben. Ihnen kam es vielmehr darauf an, erst einmal die Bahn frei zu machen und die zahllosen Hemmungen und bürokratischen Hin dernisse aus dem Weg zu räumen, die einer tatkräftigen An kurbelung der sächsischen Wirtschaft im Wege standen. Dieser erste Versuch- ist zweifellos gelungen. In Zukunft wird für eine lausende und ständige Ver bindung unmitelbar zwischen der sächsischen Industrie und den zuständigen Reichsresiorts, die für die Ver gebung von Reichs austrägen verantwortlich zeichnen, ge sorgt sein. Die Einzelsragen, die dabei zur Diskussion stehen, werden lau fend kommissarisch woiterbehandeit werden. In den beteiligten sächsischen Industriellenkreisen wird dieser Erfolg mit einiger Ge nugtuung festgestellt, wiewohl auf der anderen Seite man sich darüber völlig im klaren ist, daß die Verhandlungen nur einen Anfang bedeuten und daß der Gnderfolg erst dann wird festge stellt werden können, wenn die Verprechungen, mit denen man zweifellos an den Reichsstellen nicht gespart hat, auch wirklich in die Tat umgesetzt worden sind. An der ständigen Aufrechterhal tung der heute wieder angeknüpften Verbindungen zwischen Sach sen und Reich wird naturgemäß die sächsische Gesandtschaft in Berlin maßgeblichen Anteil haben. Auch muß man billigerMvise den sächsischen Regierungs stellen in Berlin zugute halten, daß sie ständig bemüht waren, für die sächsische Wirtschaft einzutreten. Gefrierfleisch, Panzer kreuzer, Freifahrten. Wovon man in den Wandelgängen spricht Die Sozialdemokratische Partei ist jetzt von der Re gierung sehr umworben. Das im Reichstag auf Grund einer sozialdemokratischen und kommunistischen Mehrheit mit leisem Zentrumseinschlag angenommene zollfreie Gcfrierflcischkoutingcnt bedeutet eine erhebliche Störung des eine geschlossene Ein heit bildenden Agrarprogramms der Negierung und man ist jetzt bemüht, die sozialdemokratische Reichstagsfraktion zu einer Stellungnahme zu veranlassen, die, falls das Ge setz noch einmal, wenn es vom Reichsrat abgelehnt werden sollte, vor den Reichstag kommt, seine Ablehnung auch dort ermöglicht. Die Beschlußfassung des Reichsrats über den Gefrierfleischgesetzentwurf soll am Sonnabend erfolgen. Der zweite Punkt, um den sich zurzeit die Verhand lungen zwischen Regierung und Sozialdemokraten drehen, ist der Wehretal. Die parteiamtlichen Verlautbarungen der Sozialdemo kraten zeigen, daß sie hierbei im Reichstag Schwierigkeiten zu machen drohen. Nach den Mehrheitsverhältnissen mutz, wenn die Parteien der äußersten Rechten den Reichstags verhandlungen weiter fernbleiben, die Sozialdemokratie dem Etat zustimmen, einschließlich des Panzerkreu zers 8 und den anderen Positionen. Man geht wohl nicht sehl mit der Annahme, daß die jetzigen Besprechungen den Zweck haben, der Sozialdemokratie einen Ausweg aus der Klemme zu schaffen, in das sie einerseits die Rücksicht auf ihre Wähler, andererseits die Notwendigkeit, Staats politik zu treiben, bringt. Man glaubt in politischen Kreisen, daß über Zugeständnisse aus sozialpoliti schem Gebiet mit der Regierung verhandelt wird. Für Anfang der nächsten Woche wird der Reichstag in seinen Plenarsitznngeu eine Pause eintreten lassen. Die drei ersten Tage werden frei bleiben, um den Ausschüssen ausreichend Zeit und Gelegenheit zu geben, ihr vorliegendes Beratungsmaterial aufzuarbeiten. Während dieser Zeit wird auch die Besprechung des Wehr etals im Haushaltsschutz erfolgen. Am Donnerstag soll dann die Beratung des Haushalts des Reichs arbeitsministeriums beginnen, an die sich die zweite Lesung des Hanshalts des Auswärtigen Amts anschlietzen wird. Die Frage, ob gegen die abwesenden national sozialistischen und deutschnationalen Abgeordneten in bezug auf die Entziehung der Eifcnbahnsrcikarten etwas unternommen werden soll, wurde vom Ältestenrat vertagt. Den betreffenden Abgeordneten soll aber mit- geteilt werden, datz sie bei der Verteilung der Sitze zur interparlamentarischen Handelskonferenz nicht berücksich tigt werden können, da sie sich an den Arbeiten des Reichs tages nicht beteiligen. * ReichsralWung erst am Montag. Die für Sonnabend mittag vorgesehene Vollsitzung des Reichsrats, auf deren Tagesordnung u. a. das Ost hilsegesetz stand, ist auf Montag nachmittag verschoben worden, da die Reichsratsausschüsse ihre Arbeiten noch nicht zu Ende führen konnten. hinter den Kulissen soll ausgeyandelt werden, wie man die Sozialdemokratie bei der Stange der Haushaltserledigung hält. Schon die „Extra tour" beim Streit um die Gefrierfleischeinfuhr war un bequem, aber Dr. Brüning hält es offenbar mit seinem Vorgänger, dem Reichskanzler Bülow, der einmal erklärte, ein Ehemann dürfte nicht gleich einen roten Kopf be kommen, wenn seine Frau auch mal mit 'nem anderen tanzt. Allerdings ist diese „Frau", Italien nämlich, dann in entscheidender Stunde bekanntlich den Drei bundpartnern mehr als nur untreu geworden, hatte anläßlich jener Ertratour hinter den Kulissen schon mit anderen kokettiert. Brüning freilich sucht alles daranzusetzen, daß das Spiel auf der parlamenta rischen Bühne bis zu Ende geführt wird; daß zwischen durch „Honorarfordcrungen" von Mitspielenden gestellt werden, hat zunächst dazu gezwungen, das Spiel tempo zu verlangsamen. Da bedarf es denn emsiger Arbeit lünier den Kulissen, um zu erreichen, daß das Spiet fortgesetzt werden kann, — nm möglichst zu verhindern, daß es ein vorzeitiges Ende nimmt und dann der Leiter allein wieder eine Art Diktatorrolle übernehmen muß. Dr. Pr. Ier TcM Mr die dcM-smzöWe BerfMiMS. Paris, 6. März. Der Temps beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit den Erklärungen des Reichsaußenministers Dr. Curtius in Wien und führt u. a. aus, daß noch viele Anstren gungen erforderlich seien, utn die nötige Klarheit und Offenheit in die deutsche Friedenspolitik hinernzutragen. Man wolle nicht bestreiten, daß die Stellung des Kabinetts Brüning und die des Außenministers Curtius schwierig sei. Gleichzeitig müsse man je- dcch feststcllen, daß in der deutschen Politik befremdende Wider- spräche sich geltend machten. Der Friedensgcist auf der ande ren Seite des Rheines erinnere gerade jetzt an die alte preußische Anmaßung. Diefe Anmaßung trete zum Beispiel hervor, wenn die „Rhelnifch-Westfälische Zeitung" die , Frage aufwerfe, wie Briand sich die deutsch-französische Versttind.gung^oenkc, wenn Frankreich es cblchne, in der einen oder anderen Form aus den deutschen Revisionswillen einzugehen. Eins derartige Problem stellung sei nicht geeignet, eine Entspannung herbsMsühreu, da die deutsch-französische Annäherung sich nur im Rahmen der be stehenden Verträge vollziehen könne.