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Montag, II. repteaSer 1V11 llittr ck000 »zintt Nr. S11. Sechster Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge verantwortlich», Rr-akt«», frist Mntkoick. ,nr die Inserat» verantwortliche Malter Nr»«». Beit« tn An» i. Lrzgeb. mitz der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Nuinahm« der Sonntag« nachmittag» von «—» Uhr. — Lelegramm-Ndrrff«! Tageblatt Nueerzgeo.cg» Frrntzrecher es. Für unverlangt eingesandt« Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag gare vkocK- o-veriLgr-beeellerdeN m. b. ff. in, klue i. Erzgeb. Bezugspreis! Durch unsere Boten frei ins Haus monatlich so 0fg. 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Es wird nicht anders wer den, al» bis man einig« Gewißheit hat, welchen Ausgang di« Dinge nehmen werden, ob so oder so. Nicht uninteressant ist es dabei, daß diese Nervosität in Ländern, die eigentlich bei der ganzen Affäre kaum in Frage kommen, den höchsten Grad erreicht hat. Da» sehen wir tn Belgien, das Rüstungen vorgenommen hat, di« eigentlich Verdacht erwecken müßten. Belgien ist bekanntlich zu einem neutralen Land erklärt worden, deshalb dürften die Rüstun gen nur den Zweck haben, Grenzllber'chreitungen der «inen oder anderen kriegführenden Partei zu verhindern. Die belgische Vordere!.ung macht aber den Eindruck, al» ob man über diesen Rahmen weit hinau »ginge, ohne daß irgend ein Grund zu Besorgnissen vorhanden wäre. Denn wozu hat man denn über haupt auf völkerrechtlichem Wege die Einrichtung neutraler Staaten geschaffen? Man braucht nur an den deutsch-franzö sischen Krieg von 1870 und 71 zu donlken, wo sowohl Belgien wie di« Schweiz völlig ungeschoren blieben. Aehnlich stehen die Dinge in den Niederlanden, wo man jetzt auch anfängt, zu rüsten, und Mar zu Wasser und zu Lande. Bet alledem wird man den Eindruck nicht los, als wenn dies« Nervosität von gewisser Seite künstlich geschürt Mrd«, um Deutschland ins Boxhorn zu jagen. Es läßt sich sehr wohl denken, daß man auf diplomatischem Wege den beiden Staarea Informationen ge geben hat, die eine etwas tendenziös« Farbe getragen und jene Beunruhigung hervorgerufen haben. Wie dem aber auch sein möge, das Faktum besteht (und man muh auch damit rechnen, so bedauerlich es an sich sein mag): es ist sticht ausgeschlossen, daß die jetzigen Vorgänge für immer bei den Nachbarstaaten Mißtrauen gegen di« deutsche Politik hervorgerufen haben, wo man so wie so schon, namentlich in Holland, glaubt, daß Deutschland sich mit der Absicht trage, die Niederlande zu verschlucken, um die Rheinmündung mit Rücksicht aus Eng land in den Händen zu haben. Dies« Befürchtung hat man jetzt vielleicht noch künstlich gesteigert und dadurch Maßnah men veranlaßt, die bei uns KopUchütteln erregen müssen. Nach alledem kann man nicht umhin, anzunehmen, daß zweifellos Jntriguenam Werke sind, um die Situation für Deutschland zu erschweren und ihm auf diese Weise Ungelegenheiten zu be reiten. Den gewollten Zweck, Deutschland! damit einzuschüchtern, dürfte man -war verfehlen. Aber es entsteht die Besorgnis, daß die jetzigen Ereignisse auch für späterhin nicht ohne wenig er« freuliche Erscheinungen bleiben werden. » Beruhigend« «eußerung Kiderlen-Mächsien». Die Marokkopastik wird nun endlich auch von amtlicher Sette bekämpft. In den Amtsblättern einiger Regierungsbezirke wird betont, daß die Kriegsfurcht völlig grundlos ist und daß die leichtsinnig in die Webt gesetzten Alarmnachrichten keinen Glauben verdienen. Die Gemeindevorsteher wurden auf gefordert, durch öffentliche Anschläge tn diesem Sinne aufklärend zu wirken. Auch Herr v. tKtderlen-Wächter hat sich da. hin geäußert, daß zu Beunruhigung kein Grund vorliegt. Ein Berliner Blatt berichtet: Wir hören von einer Seite, die mit dem Auswärtigen Amt in nahen Beziehungen steht, daß der Staatssekretär v. Ki. derlen-Wächter dieser Tage seine Verwunderung darüber aus gesprochen hat, daß di« Berliner Börse sich andauernd Lurch politische Betrachtungen beunruhigen läßt. In Wirklichkeit könne es nicht überraschen, daß di« Verhandlungen über Marokko angesichts der zu überwindenden Diffe- renzpu nkte sich in die Läng« ziehen, aber es sei auch nichtdaranzuzweifeln, daß alle Schwierigkeiten über wunden «erden und ernsthafte politisch« Komplikationen nicht «lntreten werdew, Diese Meinungsäußerung des Staatssekre tärs wird hoffentlich dazu Leitragen, die politischen Befürch tungen in weiteren Kreisen zu beseitigen und die Gründe der Börsenverstimmungen ist anderen Verhältnissen als in den Ma- rokkoverhandlungen zu suchen. Von einer ähnlichen Aeußerung de» Herrn v. Kiderlen-Wäch- ter will di« Preß-Centrale gehört haben. St« berichtet, der Staatssekretär habe im Laufe des Sonnabendnachmittag« einem Vertreter der Berliner Hautefinance gegenüber erklärt, es lieg« absolut kein Gründ zur Beunruhigung vor. Ob diese Aeußerung nun wirklich gefallen ist oder nicht, Tatsache bleibt auf jeden Fall, daß wirklich keinerlei Grund zur Beun ruhigung ersichtlich ist, trotz neuer Ausstreuungen der Panik macher. Auf solche Ausstreuungen war auch eins , Panik an der Berliner Börse am letzten Sonnabend zurückzuführen. Die Börse war zeitweise vollkommen demoralisiert. Große Angstverkäufe auf allen Märk ten führten zu Kursstürzen, die einen seit Jahren nicht mehr gesehenen llmfang annahmen und der Markt machte den Eindruck, als stünden wir am Vorabend hoch- vttse v>»»ek imttßt r tritt» La« Wichtigste vom Lage DiedeutschenGegenvorschlägezurMarokkosrag« sind in Part« eingetrofsen. (S. Leitart. u. Tel.) ch DaS Luftscblff S st waben suhr am Sonntag morgen von Berlin nach Korha zurück und landete glatt 7 Uhr 30 Min. » B lesen au» Mar rake sch vom 3 S ptemb r zufolge, sini vier Deutsche, die mit der Prüfung von Erziag»rn bcichäitigi waren, im SuSgeviei ermordet worden. De, voraussichtlich» Überschuß der Hygieneaussiellung soll zur Gründung eine« Hygiene museums in Dresden verwendet weiden. * Wie es heißt, hat wegen der Veröffentlichung ihrer McmotrenToselli die Scheidungsklage gegen die Gräfin Montignoso ein^ereicht. (2. Tel.) IM" Mutmaßliche Witterung am Dienstag: Schwache Winde, heiter, nachts kühl, tagsüber warm, trocken. Die MaroltokrisiS und die neutralen Staaten. Seit Jahren ist di« weltpolitische Lage nicht so ge spannt gewesen wio in der Zeit, in der wir jetzt leben. Es ist vielleicht nicht zuviel gesagt, wenn die jetzige Marokkokrisis an Schärfe noch die übertrifft, die nach Algeciras geführt hat. Mag vielleicht damals der Lärm größer gewesen sein, so steht es doch außer Frage, daß diesmal das Feuer viel intensiver unter der Asche glüht und leicht zu einer Hellen Flamme emporschlagsn kann. Nichts ist gefährlicher in solcher Sttuation, als eine langandauernde llngewsißhett. Hieraus ent springt lediglich di« allenthalben herrschende Nervösität und Ge- verbrettung von Schwarz, und «umchmckm tm und gegsn den I Mn paar Laufschritt« Geschmack du PuLlmuiw. kür Unterktützuna kchrMtellertscher wie I unseren Füßen. Lar Pul Mein erster Flug. (Nachdruck ^rda«u.> Die Leute von Johannisthal haben, wie die von Seldwyla, ihre Eigentümlichkeiten. In jedem einzelnen der Dorfjungen wirbelt und qufflt etwas, da» einen geradezu herausfordert, sich mit ihnen in ein Gespräch einzulassen. Und dann sprudelt «» heraus: Der Vollmöller ist gestern 600 Meter hoch geflogen — der Eyring war in Berlin — morgen kommt König wieder aus Bitterfeld — Fräulein Boese hat da» Examen gemacht — auch ein Norweger ist da — und ein Russe au» dem Hinteren Balkan I — Der Geist hier ist eben ein gar fliegerischer Propellergeist, der die Kultur und di« Menschen vor sich herwirbelt und keine Fort- bewegungsmttel gelten läht, al» die durch die Luft. — Sie wollen wohl zur Luftverkehrsgesellschaft? Hier link» und an dm Tribünen vorbei, da, wo die große Lustschiffhalle steht I Aber beeilen Sie sich — der Parseval fährt gleich ab! Unsere Leute sind schon draußen! Da« ist nämlich die Garde von Johannis thal, die den Parseval betraut, ihm Gas gibt, Sandläcke, ihn in» Freie bringt und wieder in seinen Stall. Die fühlen e» an den Fingerspitzen, wenn der Parseval fahren will. E» gab eine Zeit, wo ich bald an diesem, bald an jenen Flie ger schrieb, ob st« nicht lebendigen Ballast gebrauchen könnten. Ich wöge ISO Pfund, ließe aber auch noch mit mir handeln und wäre gegebenenfalls sogar rrböttg, mich al» Propellerarm be nutzen zu lassen, wenn ihnen einer davovflög« — letzten Ende» mich über einem Wasser oder einem Wald Metzen zu lassen, wenn ich mich während der Fahrt al» überflüssig erweisen würde. Aber man hatte offenbar kein Zutrauen zu mir, wahrscheinlich wegen meine» überschwenglichen Stil»: denn ich redete all« Flie ger in meinen Briefen mit -och. und Höchstwürden an und nannte sie bald verehrter Herr Ikarus, Sohn Helena», Götter, boe, Fretluftbaron, Exzellenz Windmarschall und Fürst der Wolkenländer, Mondlandschaften und Wtndgebirg». Ich setzte mich noch einmal hin und schrieb «inan Brief, diesmal an di« Luftverkehrsgesellschaft: Lied, Lustvntthrigeftllschaft! Endesunterzeichneter, AnaffteMer in einem Bureau für Verbreitung von Schwarz, und Buchdruck«, tm und gegen den malerischer Neigungen durch anständige Honorierung und eine Wochenausgabe in Zoitschriftenform, hat trotz einer fast über menschlichen Anstrengung seiner fliegerischen Leidenschaft nicht Herr werden können Seine Seele liegt im ewigen Hader mit seinem Körper, da dieser durchaus das Fliegen nicht ohne Appa rat erlernen will. Und darum bittet er Sie, seiner Erdgebun- denheit «in Ende zu machen und ihn in einer Ihrer schönen gelben Segeltuchkutschen spazieren zu fahren. Wollen St« sich, bitt«, Sonntag früh an Bord de» Albatros- Zweideckers begeben, .wo «in grüngepolsterter Aluminiumiessel für Sie reserviert ist — war di« umgehende Antwort. — Es stand zu unserer Zeit tn Schullesebüchern eine Geschichte: Son nenaufgang, die die Erwartung und Freude Meter Jungen schilderte, mit denen der Vetter «Ast« Frühpartie -um Sonnen aufgang unternimmt. Sie hat auf mich einen tiefen Eindruck gemacht, weil der Autor darin dap Bangen, da» sonderbare aller Gegenwart entrückt« Gefühl darzustellen wußte, da» uns vor jedem großen Ereignis völlig aus dem Gleichgewicht bringt, gleichsam den Vorhang zerreißend, den der Alltag Mischen un» und di« Unendlichkeit gehängt hat. — So kam ich nach Johast. nisthal. Sieben Uhr, Sonntag morgen. In allen Ecken de» großen Platze«, den die Sonne gelb gemachst wie eine afrikani« sche Stepp«, rührt sich etwa». Die Schuppen stehen offen, das heißt, st« haben nach dem Platz zu ihres Mäuler so wett auf- gerissen, daß ein Luftfahrzeug nach dem andern bequem heran», und hereinspazieren kann. Einige sind auch schon kräftig am Schnurren und erheben sich im nächsten Augenblick über di« Eben«, um gleich himmelwärt» zu steigen. Eyring, der tapfer« Albatro,pilot, schwebt Serett» in den Lüften und landet bald darauf mit einer eleganten Abwärtskurv» zehn Schritte vor unserer -alle. Am Tische da ist noch «tn Plätzchen. Und zum «rsten Mal« steh, ich vor zwei großen arwgrbreiteten Flügeln und Halter« di« Steigeisen vorsichtig hinauf zu dem kleinen, b«. qurmen Napoleonfessel. In seiner -raunen Lederjacke und der weißen Flauschmütze auf dem Kopf sitzt Eyring vor mir Alle» tn Ordnung? Di« Maschine wird angedreht, den Propeller schnappt «in und beschreibt hinter unterem Rücken fein« Kreise. Eyring hebt den Arm. Di« zwei Leutchen, di« den ungeduldi gen Gesell«» feft-telten, lassen ko», und — vorwätt, geht «» Ein paar Laufschritt« — der Boden senkt «sich langsam unter PulFfchlag de» Motor« schlügt sagen dt» Rippen des gelben Holzgestänges und gibt dem toten Stoff den Anschein eines ungeheuer gesteigerten Lebens. Das Höhensteuer verschafft uns einen Aufstieg von 30 Grad, und dabei wächst da» Gefühl der Sicherheit mit jedem Meter. Ich frage mich, warum ich nicht schwindlig werde, da sich einen halben Schritt vor mir der Abgrund auftut, und ich stelle fest, daß mich statt dessen der Geist der Maschine beseelt und der frqien großen Tragflächen: aufwätts zu fliegen und den Abstand zur Erde zu vergrößern. Wie in einem Schraubstock ruht die Steuerung in der Hand Eyring». Und bon dieser nervigen, sicheren Hand aus geht eia einziges gemeinsames Streben durch dis sinnvolle Konstruktion de» großen Bogels. Sie ist das Hirn einer Maschine, die eine planvolle vernünftige Arbeit verrichten soll, dabei so empfind lich, daß sie jeden Windstoß schon in seinen ersten feinen An zeichen verspürt und sich gegen seine Tücken rechtzeitig sichert. So sind wir bi» zu 100 Meter angestiegen und wollen uns nun di« Gegend etwa» ast ehen. Der Morg«nwind massiert unsere Gesich. ter, und di« größer« GeschwindigLeit macht sich durch einen im mer stärkeren Druck bemerkbar. Da» ist aber ganz angenehm, denn die Sonn« hat schon ihre Schuldigkeit getan. Alle anderen Anzeichen un erer 60 Kilometer bleiben au» Ring» um uns herrliche Ruhe, keine Ehausseebäume, di« anfangen zu wackeln und sich auf dtz Sette zu legen, keine Straße, di« mir mit unseren Rädern verschlucken müssen, um vorwärts zu kommen. Di« Erde liegt so still dort unten und friedlich, und jede Erdkühle mit ihren Schatten ist in da» Buch ihrer Tage»g«schichte «ingezeich. net. Der Teltowkanal mit seinen regelrechten Uf«n und Ein- buchiungen für da» Ausweichen der Schiffe gleicht ein«, Mars» liandschast, und die Wälder und Dörfer scheinen au» einer Spiel, zeugschachtel dort hingebaut. Die Geschickt« von den Sieben, meilenstiefeln ist doch sticht so ohne Stnst. Und doch scheinen wir still« zu stehen. Aber ich würde mich ebenso wenig wundern, wenn wir im nächsten Augenblick dort drüben bei Potsdam sind, wo da, Moor brennt. Geschwindigkeiten, und Entfernungen haben ihr« Schwerkraft aufgegrben, wie oft, die unser« über wand«». M« sind nur für den Menschen da, der aus d«r Erd« entlang kriecht. Wir habest bi, Vergleichspunkt« au» der w«tt -schafft, oder uns wenigsten» soweit von ihnen «ntftrnt, baß wir anderen Ersetzen zu gehorch»» scheinen. Und «» ist kein Zweifel, daß, wenn erst «tn größer«, Progentsatz der Menschen sich mit Motor« und Traaflächm tn dw Luft wpgt, «chw»