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LM«.!«. »!»«»«Wllü M-M! »r. «.1. «,«r 5luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge Bci>i»t»>c>lNi>t>i i ^eöoklcni : Fritz 'Irnholö. Für öie Inserate ecr>r>N»>r>lllia>: Arthur A » >> I c r beide in 'lue. f,lit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilnge: Illustriertes Sosuttuasblatt. ^prcchstuiiöc der Ued.itlisii mir Ausnahme der Sonntage »achnrilNras von llhr. o.elc>zra»im-Aörcsse: T>i>rel>laN Aue. — Fernsprecher in?. Für mwerlan.n eiiigesandte Mamiskriple kann Geivähr inchl geleistet werden. r>rnck nnd Berlaa G e l> r ii der B c » I l> n e r iJnh.: Hanl Benthncr» in ^lne. Bezugspreis: t>nrch unsere Bolen frei ins Buns monatlich öi> Hfa. Bei der Geschäftsstelle abgckolt mouallich «n Hfg und ivöchcntlich ,i> Hfa Bei der Hast bestellt und selbst abgebolt rnerlelfährlich r.'ni Mk — Onrrl' den Brieslrägcr srei ins Baus eiertcljährlich ,.<,2 !Nk - Einzelne Unnnncr «v Hfa — Nentscher postzcilungs katalog — Erscheint täglich in den Miitagsstnuden. mit Ausnahme von Soun- nnd Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens Ahr vormittags. Für Ausnahme von grösseren Anzeige» an bestimmten stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn ste am Lage vorher bei uns cingehcn. I n ser > i a n sp re is: Die siebcngespaltcnc Aorpuszcilc oder deren Kanin <r> pfg., Kcklamen 2', pfg Bei größeren Aufträge» entsprechender Aabatt. Dies« <» Seite« Das Wichtigste vom Tage. Wie nnnmebr seh hel>t, ivird der morgen nochmillnst sich »ach Abenihal begebende P ri nz Ernst r'lngnh van Enmber- tand niit dein dort zur Elemsenjastd weilenden denlschen >t r v n p r inzen ni ch t z n s a in in e n trei s e n. Amtlicher Rieldung zufolge sind drei A n Ii an ster F e rr e i ras unter ihnen ein Bruder Ferreiras und ein e in steh ar e ner Svion stesansten warden. Der A n s sch ns; d e s Va n de se i s e n h a h n r a tes tritt heute zusammen, nm Tari f masir egeln nir die Ve r bi l li gn n g des Iran sv ar les van frischem Fleisch zu beraten. Ein in r' a n d a » aus König Ha ata n anstedlich stevlani stewescnes Attentat svll durch die Manna hme der Polizei verhillci warden sein.* * Eine dem Reichs laste zugeganstene Denkschrift des großen tsteneralnahs. nder den A n f st and inSüd >v e stasrita spricht sich z i e m l i el> pe s i in i n i sch ans. Näheres siehe unten. Tie deutsche Technik. Die Festtage in München, die mit großem Pomp insze niert wurden, bedeuten einen T r i u m p h der deutschen Technik, der svstar Zt a iserWilhel m seinen Tribut zu entrichten kam. Glanzvoll nach ansien hin müssen diese Feste aber auch den Een ten, die da die Bausteine zu dem Nieseiistebäude der deutschen Technik mühsam stennst zusammengetragen haben, eine Genug- tuunst dafür bereiten, das, man sie sanst nicht „für voll" ansehen will, dah sie bisher in unserem äsjentlichen Leben nur zumeist als Aschenbrödel an der Tür stehen muhten. Denn das läht sich leider, wenn man ausrichtist sein will, nicht leustnen, dah die Bertreter der Technik bisher nicht d i e Würdignng bei uns sanden, die sie in Wirklichkeit verdienten. Deutschland ist in den lehten zwei Jahrhunderten auf tech nischem Gebiete allen anoeren K u l t u r st a a t e n vor- ansteeilt. Mösten manche technische Zweige heute in Eng- land oder in Nordamerika besser vertreten sein, als bei uns, im allstemeincn ist doch der deutsche Ingenieur, der deutsche Techniker in aller Welt steehrt und stesucht, und in den sernsten Himmelsstrichen sind es sterade die Deutschen, die hier als Pio niere einer neuen Wunderzeit das ströhte Ansehen veroienter- mahen steniehen. Deutscher Unternehmuiistssteist hat sich über ferne Meere stewastt und deutsches Können hat dort Großartiges steschasfen. Werke deutscher Technik finden wir heute selbst im unzugänglichen Lande, in Ehin a, und wenn heute der deutsche Name im Ausland steachtet und niistesehen ist, so verdanken wir das wenister unserer strohartisten auswärtisten Politik, als viel mehr der deutschen Technik, oie für uns bahnbrechend ge- wirkt hat, die uns den Weltmarkt eroberte und ein Werk voll brachte, das mit Wassenstewalt sich nicht hätte erzwinsten lassen. E i n st war es England, das vorbildlich für die stanze Welt war, heute werden in Glasgow und an anderen Stätten, wo die Technik blüht, deutsche Ingenieure gesucht, und wenn man es auch nicht eingestehen will, die Hochachtung vor oer deutschen Technik ist selbst in England, dem Lande des nationalen Stolzes, nicht gering. Nur bei uns weih man nach immer nicht, was man der Technik schuldet — kein Prophet wird in seinem Paterlande ge ehrt. Man gibt unseren Technikern seht glänzende «Feste, man hat der Technik einen grohartigen Tempel zugedacht, zu dem kein Geringerer als unser Kaiser den Grundstein legte, aber der Techniker selbst wird lange nicht entsprechend eingeschäht, und wenn die Feste vorüber sind, dann kann er sich ruhig wieder in die Ecke stellen, in der er von Anfang an gestanden hat. Das ist nun einmal so im Lande der Dichter und Denker, die den kon kreten Wissenschaften nicht die gehörige Achtung zugeveihen lassen. Wer heute eine neue Art der Keilschrift entziffert, wer ungezählte und unverständliche Bände über irgend einen alten Text schreibt, wer in den Pandekten besser zuhause ist, als in seiner eigenen Hosentasche, der ist ein groher Mann. Die We nigsten wissen ja warum, aber die zünftige Gelehrteuwelt — Gclehrtenrepublik sagt man gerne — kennt ihn als Gröhe an, stempelt ihn entsprechend ab, und sein Ruhm widerhallt in allen Himmelsrichtungen. «Für die Mitwelt und die Nachwelt ist seine Arbeit zum weitaus gröhten Teil völlig beoeu- tungslos, aber das macht nichts. Der Mann aber, der eine neue Maschine erfindet, der sich ans dem Gebiete der Technik hervortut, muh schon ganz Ge waltiges leisten, wenn man ihn deswegen etwa besonders hoch- schähen soll. Wir wissen im Augenblick nur einen, der es aus die sem Gebiet der Erfindungen ganz besonders weit gebracht hat, den Erfinder der X-Strahlen. Die anderen, die da Mitarbei ten an dem Riesenbau der Technik, stehen im Schatten. Schon von der Zeit an, da sie sich der Technik widmen. Beim Ab gang vom Gymnasium scheiden sich die jungen Leute in solche, die die Universität beziehen, und in andere die ans die technische Hochschule gehen. Und die Letzteren sind „nicht voll." Denn unter ihnen sind wieder Jünglinge, die von einer Industrie schule kommen, und mit solchen Leuten kann der feudale Korpsicr nicht verkehren. Denn diese Technischen Hochschüler müssen ja arbeiten, sogar A r b e i t e r d i e n st e tun. wenn sie prakti zieren, und der Jurist, der Philologe kann sie daher korpsgemäh nur über die Achsel ansehen. Bon den Technikern, die nicht auf der Hochschule herangebildet wurden, ganz zu schweigen, die-ge hören ja zum Proletariat, wenigstens nach der Meinung un serer eingebildeten Musenzöglinge. Leider aber hält diese Ein bildung auch in späteren Jahren vor. Wer hat es in deutschen Landen jemals erlebt, dah ein Techniker im staatlichen oder städtischen Dienst über eine bescheidene Stellung hinausgekommen wäre ? Da haben wir die Juristen und damit ist die Geschichte zu Ende. Das Recht und die Pandekten in Ehren, aber etwas Perkehrteres gibt es ans der ganzen Welt nicht, als die Bevorzugung der Juristerei. Man kann zum Ingenieur viel zu unklug sein, und doch mit einem Bruchzweisler durchs juristische Examen kommen, was dann im Boraus zu allen Berwaltungsstellungen prädesti niert. Da ist nun der Dr. ing. eingesührt worden — hat es vielleicht etwas g e n ü tz t? An ein Borivürtskommen des Tech nikers an der Staatskrippe ist nicht zu denken. Da sitzen im Berwaltungskörper Juristen, die nicht einmal eine Dampf maschine von einer Dynamomaschine unterscheiden können, aber sie haben das „technische Referat." Natürlich, als Juristen müs sen sie die Geschichte doch verstehen! Ein tüchtiger Techniker, der sich im privaten Dienst ein hübsches Stück Geld verdienen kann, wäre unklug, wenn er in den Staatsdienst träte, um dort ganz hinten stehen zu bleiben und von den Juristen über die Achsel gesehen zu werden. Das sind wenig festliche Gedanken, aber sie lassen sich nicht bannen, auch nicht durch den Glanz der Münchner Feste. Und aus eine Besserung ist leider wenig zu hassen! Politische Tagesschau. Ane, I«>. November li)06. Schöne Worte. Es war ein eigentümliches Spiel des Zufalles, datz an demselben Tage, wo Fürst Bülow im Reichstage auf die sehr pessimistisch gehaltene Interpellation des Abgeordneten Basscr- mann den politischen Himmel in rosenroter Beleuchtung zeigte, Wiener Blätter von neuen militärischen Mah- n a h in e n Oesterreich-Ungarns in Dalmatien zu berichten wuss ten , die sich ganz unverkennbar gegen die beiden Balkan-Verblln- deten, Serbien und Montenegro, sowie gegen Italien wenden. Ohne weiter Aufhebens zu machen, in aller Stille, hat die habs burgische Monarchie die Garnisonen der Kriegshäsen Cattaro und Senbenico sowie der Städte Zara, Ragusa und Spalato um nicht weniger als >0 Bataillone Infanterie und Landwehr ver st ä r k t. «Ferner wird in Süddalmatien das Kommando einer nenen Gebirgsbrigade aufgestellt werden und Dalmatien erhält überhaupt bedeutende Gebirgsartillerie-Verstärkungen. Nach Sebenico kommen zu Beginn des nächsten Jahres auch die galizi schen Feldartillerieregimenter Nr. 2 und :i. Mit diesen Truppen- Transserierungeu von Galizien nach den südwestlichen Landes teilen, die ununterbrochen stattsindcn, wird die militärische Po sition Oesterreich-Ungarns an der italienischen Grenze auheror- dentlich verstärkt, was deutlich genug beweist, mit welcher Groß- Marcel Prevost über Deutschland. Eine Epistel M arcel P r« v o st s über Deutschland ist an und sllr sich interessant, wenn aber der Romancier, wie er es diesmal im Figaro tut, mit ruhiger Mäßigung und mit Bezug nahme auf die französische Geschichte einige zu t res sende W arnu n g e n nach Deutschland hin richtet, so verdient er mit besonderer Aufmerksamkeit angehört zu werden. Indem er als Ausgangspunkt die Burleske von Köpenick wählt, ohne sie in dessen breitzutreten, kommt er zu solgenden weiteren Erwä gungen: Ich begreife vollkommen, dah der Kaiser sür diesen Scherz wenig Geschmack hat, da er so großartig die historische Wahrheit illustriert, dah der nusschliehliche Kultus der Kraft seine ganz besondere Komik hat, eine Komik, deren sich die künstlerische Feinheit der Italiener zu der Schöpfung der bekannten Possen figur, des Matamore, bediente. Bleiben wir indessen Deutsch land gegenüber gerecht: dieses arbeitsame, ehrliche und diszipli nierte Volk ist in seiner Gesamtheit nicht für die Posen ver antwortlich, die seine Regierenden es rinnehmen lassen. Ganz Deutschland ist nicht Matamore. Neben dem Deutschland der Kraft gibt es auch das Deutsch land des Gedankens und das Deutschland der Arbeit. Wenn anderseits Deutschland in den letzten dreihig Jahren nicht gerade an allererster Stelle in Wissenschast nnd Kunst geglänzt hat, so hat cs doch, besonders in der Wissenschaft, einen hervorragenden Platz sich gewahrt, zwar wenig große Entdeckun gen, aber sehr viele Beiträge zum allgemeinen Fortschritt ge liefert. Weniger als alle anderen dürfen die Franzosen leichtfertig von der deutschen Kraft sprechen, da sic noch immer ihre Spuren fühlen müssen, und da die Uber ein Dritteljahrhundert alte Niederlage noch immer das aktuelle Ereignis unseres Landes ist, das Ereignis, das aus dem internationalen wie auf dem inneren Leben lastet. Die Greifbarkeit der deutschen Kraft konnte der Welt, wie ehedem die der römischen, jenen mit Achtung verbun denen Neid einslöhen, der die Bölker von vornherein unterwirft und sie die Knechtschaft fast wünschen läht. In den Jahren un mittelbar nach dem Kriege schien das auch wirklich so zu sein: alle Bölter wollten die Trabanten der neuen Sonne werden. Heute ist Deutschland reicher, bevölkerter, gerüsteter: es hat nichts von seiner früheren Kraft eingebüht, im Gegenteil, und doch ent fernen sich die Bölker von ihm. Man bemerkt in allen Blättern der Welt, die nicht mit deutschem Gelde bezahlt sind, ein Gefühl des Mißt rauens und der A n t i p a thie , das die Bemühungen der Regierenden nicht zu verhüllen vermögen. Wie ist das gekommen? Weil die deutsche Kraft sich zu viel in W orte n und A e u h e r l i ch k e i - ten verzettelt hat. Jeden Augenblick erinnerten sensationelle Telegramme oder aufsehenerregende Reden die Welt daran, dah Deutschland sein Pulver trocken und seinen Degen geschärft hielte. Bei jeder Hospitals- oder selbst Schuleinweihung wurde der Menge eine behelmte, bis aus die Zähne bewaffnete Germania vorgesührt, die sich aus eine Kanone stützte. Allmählich bekamen das die Völker satt. Sic sagten sich: Unsere Nachbarn werden doch etwas unangenehm mit ihren ewigen Drohungen! Inzwischen berauschte sich auch das deutsche Volk etwas an dem Ruhmesweine, dem ihm seine Führer reichlich einschenkten. In der Fabrik wie im Laboratorium, in Gymnasien, Turnsälen, wie in Theatern war nur von deutscher Stärke, deutscher Marine, deutschen Kanonen und deutscher Vorherrschaft die Rede. Der Fremde wurde in Deutschland zwar mit äußerster Liebenswürdig keit empfangen, besonders der Franzose, aber man gab ihm zu verstehen, dah er überhaupt nur wegen der Duldsamkeit Deutsch lands eine eigene Nationalität noch hätte und dah das übri gens beklagenswert für ihn sei. Man erinnerte mit einem gut mütigen Lächeln an unsere Niederlage und schleuderte Drohun gen gegen uns. indem man uns jovial aus die Schultern klopfte. Sagte mir doch ein Berliner Kommerzienrat, als ich eine schöne Bronze bei ihm bewunderte, aus meine Frage, ob das deutsche Arbeit wäre: Nein, um solche Kunstbronzen herzustellen, brau ch e n wir u o ch einen Krieg! — Und sagte nicht Bebel den französischen Delegierten auf dem internationalen Kongreß bezüglich der Arbeiter-Alterspensionen: Eure Arbeiter werden ihre Pensionen erhalten, wenn wir sie annektiert haben! Alles das hat Deutschland vor der Welt, nicht vor Frank reich allein, ein unfreundliches, drohendes Aus- s e h e n , das Aussehen eines Matamore gegeben. Ich behaupte nicht, dah der Schnurrbart des Matamore falsch und mit Draht an der Nase befestigt sei, dah seine Stiesel aus Pappe, sein Säbel aus Silberpapier seien, oenn es wäre lächerlich und gejährlich, die sehr wirkliche Krast unserer Nachbarn zu leugnen oder zu verspotten. Ich sage nur: Es ist schade, dah bei all den Gründen, die Würde in der Krast zu bewahren, diese furchtbaren Nachbarn sich aus die Prahlerei, die kühl beabsichtigte Drohung, auf das Paradieren verlegt haben. Wir in Frankreich ken nen das nur zu gut und mir wissen, was das uns gekostet hat. Wenn man stark ist und fortwährend von seiner Stärke spricht, so legt man schließlich das beste von seiner Krast in seine W orte. Man bemerkt allmählich nicht mehr, wenn die wahre Krast sich vermindert, weil man nur mit Schnurrbärten, Stiefeln und dem großen Säbel beschäftigt ist . . . Der dicke Ringkämpfer, der seine Muskeln photographieren läßt, ist etwas komisch. Das Abenteuer des Berliner Schusters hat die Niederdriickung der Geister und Willen vor dem Apparat der Kraft gezeigt. Der allgemeine Lachausbruch, den in der Welt dieses Abenteuer hervorrust, ist eine erste Warnung, eine noch sehr unbedeutende Züchtigung sllr das kaiserliche Deutschland. Die Geschichte, unsere besonders, zeigt, daß man auch andere erleiden kann, die nichts weniger als komisch sind!