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WMMt für Wdmff Erscheint Ui wöchentlich dreimal u. zwar Dienst tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. s Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen f Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern f0 Pf. !. ThmM Dossen, Sikbenlehn md die UlMM-en. Imlsblatt Inserate werden Montags, Mittwoch» und freitags bis spätestens Mittag- s2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt- Druck und Verlan von Martin Berger in Firma H. A. Borger in MlsvrM. — BrrantworUich für dis Redaktion H. A. Berger daselbst. Na. 13S. Sonnabend, den 23. November 1895. Montag Sen 25. dies. Mon., 2 Uhr Nachmittags gelangt in dem Dorfe Neukirchen 1 Kuh und 1 Kalbe 'zur öffentlichen Versteigerung. Versammlung der Bieter: Im oberen Gasthofe. Wilsdruff, den 14. November 1895. Sekr. Ger.-Vollz. Todtenfest. Da« Todtenfest ist eins der jüngsten kirchlichen Feste, die wir feiern. Es ist nicht ein allgemeines Fest der ganzen Christen heit, ja nicht einmal der evangelischen Kirche; aber wo es ge feiert wird, da ist es den evangelischen Christen lieb geworden. Als in den Jahren 1813, 1814 und 1815 in herrlichen Siegen mit großen Opfern die so lange schmerzlich entbehrte Freiheit wieder errungen war, da ordnete König Friedrich Wilhelm III. eine allgemeine kirchliche Gedächtnißfeier für die auf dem Felde der Ehre Gebliebenen an. Aus diesem Anlasse ist in Preußen die Gedächtnißfeier für unsere Verstorbenen, das Todtenfest, entstanden. Heute feiern wir es wieder, dieses so wehmüthige Fest, und was einst von der Marie gesagt wurde: „sie gehet zum Grabe, daß sie daselbst weine', das gilt heute von Tausenden und aber Tausenden in unserem Vaterlande. In dunklen Schaaren ziehen sie hinaus aus den Dörfern, aus den Städten bin zu jenen anderen stillen Stätten, wo die müden Erdenpilger aus ruhen von ihrer Arbeit. Dort sucht manch trauerndes Herz den Grabhügel auf, in dem sein Glück ruht, und alte Lust und alter Schmerz wird wieder wach, wird auf's Neue durchlebt. Allein nicht darin erschöpft sich die Bedeutung dieses Tages. Wir stehen an den Gräbern der Unsern trauernd, aber nicht trauernd als die, die keine Hoffnung haben. Zum Zeichen dessen betreten wir am Todtenfest die Friedhöfe nicht anders als mit grünen Kränzen >n der Hand. Das frscheGrü» der selben ist das Zeichen des Lebens, der Kranz selbst ein Symbol der Freude, und da er, einen Ring darstellend, weder Anfang noch Ende hat, so ist er zugleich ein Sinnbild der Ewigkeit. Diese Kränze legen wir nieder auf den Gräbern der Unsern unter dem Kreuze das sie schmückt. Hier ist Staub zum Staube gebettet; aber über dem Staube thront das Zeichen dessen, der als der Erstling derer, die schlafen, aus dem Staube auferstand; und in goldenen Zeilen lesen wir es: „Lässer auch ein Haupt sein Glied, Welches es nicht nach sich zieht.' Oder: „Saat von Gott gesät, dem Tag der Garben zu reifen', und „Der Tod ist verschlungen in den Sieg.' Und während wir so am Todtenfest trauernd zu den Gräbern der Unsern gingen, hat Er, der sich Auferstehung und das Leben nennt, bereits den Stein abgewälzt von des Grabes Thür, und aus Tode geht das Leben hervor, und das Todtenfest wird uns zum Oster- und Auferstehungsfest, daß wir einstimmen mit Luther: „Es war ein wunderlicher Krieg, Da Tod und Leben rungen. Das Leben behielt den Sieg, Es hat den Tod verschlungen. Die Schrift hat verkündigt das, Wie ein Tod den andern fraß, Ein Spott aus dem Tod ist worden.' Allein wenn wir dieses Trostes gewiß werden wollen, wenn wir die Gräber der Unsern aufsuchen wollen, um an ihnen die Auferstehungskunde zu vernehmen, so dürfen wir dabei eins nicht vergessen: Es heißt nicht „selig sind die Todten', sondern „selig sind die Todten, die in dem Herrn sterben" und „Nur daß ihr den Geist erhebt von den Lüsten dieser Erden'. Das ist die Vorbedingung, und darum richtet das Todtenfest an uns die dringende Mahnung, zu dieser unsrer Zeit, d. h. so lange wir noch hier auf Erden leben, zu bedenken, was zu unserm Frieden dienet. Niemand von uns weiß, wo das nächste Tvdten- fest ihn treffen wird, ob er dann noch auf der Erde wanoelt, oder ob dann auch schon sein sterblicher Theil die Erde deckt. Das aber weiß ein Jeder, der sich nicht selbst täuscht und be trügt, daß ihm einst ein letztes Stündlein schlägt und daß nach dem Tode das Gericht kommt, das Gericht, das wir nur dann bestehen können, wenn wir wirklich uns im Glauben an Christum bezeichnen können als „die Sterbenden und stehe wir leben, als die Gezüchtigten und doch nicht ertödtet, als die Traurigen, aber allezeit fröhlich, als die Armen, aber die doch Viele reich machen, als die nichts inne haben und die doch Alles haben.' Der Aufstand auf Cuba. Obwohl nun Spanien schon seit vielen Monaten bemüht ist, dir revolutionäre Bewegung auf Cuba unter Anspannung aller seiner Kräfte niederzuschlagen, nehmen doch die Dinge auf Cuba offenbar einen immer ungünstigeren Verlauf für die spanische Sache. Trotz aller aus dem Mutterlande nach der rebellischen Insel gesandten bedeutenden Truppenverstärkungen verlieren die Spanier im Kampfe mit den Insurgenten sichtlich mehr und mehr an Boden, denn die Jnsurgentenbanden tauchen jetzt auch in.Provinzen auf, die bislang von der Flammendes Aufruhrs noch fast gänzlich verschont geblieben waren. In Spanien hatte man seitens der Regierungskreise wie auch im Volke große Hoffnungen an die Entsendung des Marschalls Martinez Campos nach Cuba geknüpft, und wirklich konnte der alte Haudegen anfänglich einige Erfolge über die cubanischen Rebellen verzeichnen. Als dieselben jedoch ihre Taktik änderten, den Spaniern nicht mehr im offenen Felde, sondern nur noch durch einen meisterhaft geführten Guerrillakrieg entgezentraten, va war es auch mit den Waffentriumphen des greisen Marschalls vorbei, ungeachtet der starken nummerischen Ueberlegenheit seiner Streitkräfte war er dem Feinde in dem von diesem inscenirten Kleinkriege nicht gewachsen. Die Aufständischen wurden hierbei durch ihre genaue Terrainkenntniß und dann auch durch das Terrain des JnsurrektionskriegeS selber, das infolge der dichten tropischen Waldungen, der Sumpfflächen u. s. w. der Entfaltung größerer Heeresabtheilungen außerordentliche Schwierigkeiten ent gegensetzt, unzemein gegenüber den spanischen Truppen begünstigt. Kerner kommen den Rebellen ein ausgezeichnetes Kundschafter- ystem, ihre weitreichenden Verbindungen unter der ländlichen Bevölkerung Cubas und nicht zum wenigsten auch das Klima dieser Antilleninsel zu Statten. Denn die meist aus Mulatten und anderen eingeborenen Mischlingen bestehenden Soldaten ver Revolutionsarmee sind an die Fieber- und Sumpfluft des Innern ihrer Heimathsinscl gewöhnt, während die aus Spanien frisch nach dem Herde des Aufstandes herübergeworfenen jungen Mannschaften, welche noch nicht Zeit gehabt haben, sich zu ak- klimatistren, dem Klima der „Perle der Antillen" massenhaft erliegen. So ist es denn gekommen, daß die Spanier in dem Ver suche zur Bewältigung des cubanischen Aufstandes bis jetzt durch aus nicht glücklich gewesen sind, ja daß derselbe eine immer be denklichere Wendung für sie nimmt. Aus den Vereinigten Staaten erhalten dabei die Insurgenten trotz der äußerlich loyalen Haltung der Unionsregierung und ungeachtet der an den Küsten Cubas kreuzenden spanischen Kriegsschiffe fortgesetzt Zufuhren an Waffen und Kriegsmaterial, ebenso auch Ver stärkungen. Auch aus den Reihen ihrer eigenen Landsleute be kommen die Rebellen Zulauf, da sie konsequent die ländlichen Distrikte verwüsten oder doch hart bedrücken, so daß den zur Verzweifelung getriebenen Landbewohnern meist nichts übrig bleibt, als sich ihren Peinigernanzuschließen. Angesichts dieser Sachlage scheint denn auch die Oberfühcung der Aufständischen den Muth gefunden zu haben, den Spaniern wieder offen ent gegenzutreten, denn starke Jnsurgentenmassen ziehen unter Maximo Gomez gegen die an der Provinz Sqnta Clara zusammenge zogenen spanischen Streitkräfte heran; nach neueren Meldungen war die Avantgarde Gomez nur noch fünf Stunden vom Haupt quartiere Martinez Campos entfernt. Man darf also wohl einem entscheidenden Zusammenstöße zwischen den Spaniern und den Insurgenten entgegensehen, dessen Ausgang vermuthlich be stimmend für den weiteren Verlauf des Feldzuges auf Cuba werden wird. Aber selbst angenommen, daß die Spanier hier bei schließlich siegreich bleiben, so würden sie sich doch kaum nur auf längere Zeit wieder des ruhigen Besitzes Cubas er freuen können. Die spanische Mißwirthschaft mit ihren viel fachen Härten und Ungerechtigkeiten gegen die eingeborene Be völkerung wird selbst den loyal g-sinnten Cubanern immer An laß zu Klagen geben, nur eine Selbstverwaltung der Insel würde diese fortwährende Unzufriedenheit der Cubaner be schwichtigen; von einem derartigen Zugeständnisse will man je doch in Madrid nichts wissen. Tagesgeschichte. Der Kaiser konferirte, wie verlautet, in den letzten Tagen mit dem Präsidenten des Oberkirchenrathes Barkhausen über die gegen Stöcker einzuleitende Disziplinaruntersuchung. Stöcker hat vorläufig seine Predigten im Stadtmisstonshause eingestellt. Auch am Bußtag predigte er nicht, dagegen wird er nächstens bei der Tochter des konservativen Reichstagsabgeordneten Mayen burg, welcher Regierungspräsident in Kolmar ist, die Traurede halten. Der vom Kaiser über Stöcker eingeforderte Bericht betrifft hauptsächlich den sogenannten Scheiterhaufenbricf und Stöckers Kommentar dazu, sowie die persönlichen Beziehungen Stöckers zu Hammerstein. Kaiser Wilhelm's Vortrag über den japanisch chinesischen Krieg, gehalten in der Kriegsakademie in Berlin am 8. Februar 1895, ist in der in Tokio in japanischer Sprache erscheinenden „Täglichen Zeitung', der bedeutendsten Japans, veröffentlicht worden. Der Vortrag, welcher namentlich über die Seeschlacht an der Nalumündung handell, ist in der deutschen Presse sehr wenig bekannt geworden. Wie mag der Text, so fragt die „Nationalztg." in den Besitz der Japaner gekommen sein? Z^^Die Eröffnung des Reichstags wird, wie die „B. B.-Z." erfährt, am 3. Dezember um 12 Uhr mittags erfolgen. Der Eröffnungsfeier werden, wie üblich, die Gottes dienste in der Kapelle des Schlosses für die evangelischen Reichs tagsabgeordneten, in der Hedwigskirche für die katholischen Reichstagsabgeordneten um 11 Vr Uhr beziehungsweise um 11 Uhr vorangehen. Es ist zur Zeit noch nicht bestimmt, ob der Kaiser persönlich die Eröffnung des Reichstages vollziehen wird. Die Vorberathungen derBundesraths-Ausschüsse über die noch nicht erledigten einzelnen Theile des neuen Reichshaus- haltSetats schreiten derartig vorwärts, daß diese Arbeiten wahr scheinlich Mitte nächster Woche zum Abschluß gelangen werden. Ueber nennenswerthe Abänderungen einzelner Etatspositionen wird noch nichts berichtet. Jedenfalls kann man es als sicher be trachten, daß der Reichstag bei seinem Zusammentritte am 3. Dezember den Etat bereits vorfinden wird, ebenso einige der für ihn bestimmten kleineren Sachen, wie z. B. den neuen Entwurf des amtlichen Waarenverzeichnisscs zum Zolltarif. Vielleicht werden auch die zur Zeit noch von den zuständigen Ausschüssen be handelten größeren Sachen, die Entwürfe über die Errichtung von Handwerkerkammern und über den Erlaß eines neuen Mar garinegesetzes, sowie die Novelle zu den Justizgesetzen, rechtzeitig genug fertiggestellt, um dem Reichstage ebenfalls gleich bei feiner Eröffnung unterbreitet werden zu können. Ueber den Stand der Vorarbeiten zu den Vorlagen, betr. die Bekämpfung des un lauteren Wettbewerbes und betr. die Börsenreform, ist bis jetzt noch nichts Authentisches in die Oeffentlichkeit gedrungen, wahr scheinlich seht es ober bei beiden wichtigen Materien nur noch der Anlegung der letzten Hand. Wiederholt sind in neuerer Zeit Mittheilungen über vertrauliche kommissarische Verhandlungen zwischen den einzelnen Ressorts des preußischen Staatsministeriums in die Presse ge langt, was nach Ansicht maßgebender Berliner Kreise nur durch einen Vertrauensbruch seitens eines Theilnehmers an den be treffenden Conferenzen geschehen sein kann. Es werden daher Maßregeln erwogen, welche solche unliebsame Veröffentlichungen künftig verhindern sollen. Die zwischen dem Präsidenten des Reichsverstcherungsamtes Or. Bödiker und dem Staatssekretär im Reichsamte des Innern Or. v. Bötticher erneut bei den Conferenzverhandlungen über die Revision der Arbeiterverstcherungsgesetzgebung hervorgetretenen sichtlichen Differenzen sollen zu wiederholten Rücksprachen deS Herrn Or. Bödiker mit dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe geführt haben. Zu welchen Ergebnissen man hierbei in diesen gegenseitigen Aussprachen gelangt ist, dies entzieht sich indessen noch durchaus der Kenntniß der Oeffentlichkeit, außerdem steht die inzwischen erfolgte Erkrankung des Herrn Or. Bödiker einer weiteren Verfolgung dieser peinlichen Angelegenheit zunächst entgegen. Wenn alle Ar bei ter ausstän de, die in der sozialdemo kratischen Gewerkschaftspresse und unter der Rubrik „Gewerk schaftliches" im „Vorwärts' als in der Vorbereitung begriffen erscheinen, wirklich zum Ausbruch gelangen sollten, so würde man im nächsten Frühjahr mit einer umfassenden Lohnbewegung unter sozialdemokratischer Führung zu rechnen haben. Es giebt kaum noch ein Gewerbe, für welches nicht irgend ein Ver trauensmann, irgend eine Lohnkommission im sozialdemokratischen Hauptorgan mit dem Anspruch auftritt, als Centralpunkt für die Bestrebungen zu gelten, auf dem Wege der Arbeitsein stellung höhere! Lohnsätze zu erzielen. Töpfer, Maler, In strumentenmacher, Konfektionsarbeiter, Holzarbeiter u. s. w., sie alle sollen des Segens theilhaftig werden, welchen die gewerk schaftliche Organisation zu vermitteln sich anheischig macht. Gerade diese Ueberfülle von Streikandrohungen ist es aber, welche dies Vorgehen der Führer der sozialdemokratischen Ge werkschaftsbewegung verdächtig macht. Wir zweifeln nicht daran, daß auch im nächsten Frühjahr von feiten der Sozialdemokratie einige Arbeitseinstellungen inszenirt werden, und es ist ange zeigt, die ^Verantwortlichkeit dieser Partei für dieselben un zweifelhaft festzustellen, im großen und ganzen aber dürfte die