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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» .Wilrdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags 5Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Austeilung durch die Boten 2,30 AM., bei Postbestellung 2 AM. zuzüglich Abtrag» , , ,, gebühr. Einzelnummern iSRpfg.AlleP-stanst-U-n Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und NN,-reAus. «rSgerun» Geschäftsstellen nehmen zu jeder Acil Be ¬ ste Lungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht Kei» Anspruch aus Ll eserung de« Zeitung »der Kürzung der Bezugspreises. — ALcksendung eingcsandter Gchriststücke ersolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Naumzeile 20Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reichs pfennig, die Zgespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. 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Gerhardt Wilsdruffs Schulhaus von 4862-4910 MS Willkommen an den Toren Eurer Jugend, Zn denen freudig Ihr zmückgskehrt, Aus daß au Kleinstadtstiede, Biirgertugend Zu neuer Fahrt Ihr die Erinn'rung nährt, Und Euch der Schulzeit wohlvertraute Stuben, Die Gäßchen, Lie Ihr jugendstoh durcheilt, Die Jahre spiegeln, da als große Buben In Wilsdruffs Mauern lernend Ihr geweilt. Das Leben fordert Männer, Charaktere, Cs fordert Emst und zielbewuhten Schritt, Wohl dem, der aus verständnisvoller Lehre Solch wertvoll' Rüstzeug tmg ins Leben mit. Euch ward's gegeben. Und in drei Jahrzehnten Habt Ihr's erprobt und hat sich's Euch bewährt, So daß sich plötzlich Eure Herzen sehnten Nach jener Stätte, da man Euch gelehrt. Und aus den bunten Steinen jener Stunden Baut heut Ihr eine stohe Mosaik, Ob Freude Ihr, ob Leiden einst gesunden — Heut' wandelt alles ein verklärter Blick: „Wie schon wars doch!" „Und du, was machst denn du?" „.Und weißt du noch . .so schwirrt es durch den Raum, Und alles Jetzt deckt die Erinn'rung zu, Da Euch das Einst umsängt als wacher Traum. Und nun — Willkommen an der Jugend Toren! Ganz Wilsdruff grüßt der alten Schüler Schar, Die mit den Lehrern wieder die Emporen Der Kirche füllen, wie es früher war, Die Iugenbsrohsinn in die Gaffen tragen Und sich verbünden über Zeit und Raum, So fest und innig, daß in späten Tagen Noch die Erinn'rung blüht am Lebensbaum. Herzlich willkommen in Wilsdruff zur Wiedersehensfeier der Lehrer und,Schüler der ehem. Höheren Fortbildungsschule das Protektorat. Wiedersehen macht Freude! steiht deshalb über den Tagen des 23., 24. und 25. Juni. Wilsdruffs Bewohnerschaft hat zum festlichen Empfange gerüstet, um all den ehemaligen Lehrern und Schülern eine gastliche Stätte zu bereiten. Rings stehen die Fluren in satter Pracht. Sonnenschein liegt über fruchttragenden Aeckern und Hunten Wiesen. Fahnen wehen im Winde und Auge, Herz und Hand winken allen Teilnehmern an der WisLersehensfeier grüßend zu: Seid herzlich willkommen in Wilsdruff! Volksmunde hieß, wurde wohl Vergangenheit gelernt, will nachholen, was versäumt wurde, und ist ernstlich bestrebt, Ostern 1929 an die hiesige Volks schule eine Höhere Abteilung anzugliedern, die das fünfte bis zehnte Schuljahr umschließen und ihren Schülern mit Wie -och -ie Zeit vergeht. Bal-drei Jahrzehnte sind -er „Postschule", wie sie im . hie und da einmal gesprochen, aber im allgemeinen war sie dem großen Vergeßen anheimgefallen. Nun ist das auf einmal anders geworden. Man hat aus den Fehlern der Höhere Wilsdruffer Fortbildungsschule verlaffen und die Tore dieser Anstalt sich für immer geschloffen Haden. Don der Abschlußprüfung das Zeugnis der mittleren Reife er teilen soll. Das mutet alles so heimisch an und erinnert so lebhaft an des unvergeßlichen SchuldireAors Gerhardt Werk, das er am 1. Mai 1889 mit der Höheren Lehranstalt für Postschiffen, Kaufleute und Landwirte krönte. Und dazu kommt nun noch ein zweites: die Wiedersehensfeier der Löhrer, die an dieser Anstalt gewirkt, und der Schüler, die während des elfjährigen Bestehens bei ihr ein- und ausgingen und des Geistes Güter mit hinwegtrugen ins fernere Leben. Sie wollen nach langer Zeit einmal Wieder sehen feiern. Der Gedanke kam von auswärt^en Schülern, die Herren Oberlehrer Kantor Hientzsch und Oberpost sekretär Ebert griffen ihn auf, die vereinigten Ausschüsse halfen freudig mit und die Stadt übernahm wohlwollend politisches Unbehagen. Der phantasievolle Rcchenstift. — Die heiße Suppe. — Di« Revolverschüsse in der Skupschtina. Di« Bemühungen um die Neubildung einer Reichs regierung rücken auch diesmal nur langsam vom Fleck Nach den Wahlen vom 20. Mai schien nichts selbstverständ licher zu sein als die Herstellung einer stattlichen, sicheren, um die größte Partei, die Sozialdemokratie, gruppierten Mehrheit der Linken; und doch zeigt es sich, daß de, phantasievolle Rcchenstift wieder einmal ungleich flinker, aber auch ungleich leichtfertiger gearbeitet hatte, als di« grausamen Tatsachen es in der Welt der Wirklichkeit zu- lafsen. Und umgekehrt: Rach den französische« Kammerwahlen von Ende April war sich all« Welt darüber einig, daß sie einen ausgesprochenen Siez des Ministerpräsidenten zu bedeuten hätten, der danach si ziemlich in allen Dingen der Innen- und Außenpolitik di« neue Volksvertretung in seiner geschickten Hand haben würde. Kaum aber hat die Kammer die ersten Gehversuch« hinter sich, da sieht man schon, daß auch hier das Gegen teil sich erfüllen zu wollen scheint. Die Entscheidungen fallen gegen Poincarä, der auch seine Verärgerung übe, diese unerwarteten Enttäuschungen durchaus nicht Hinte, staatsmännischen Gesichtern zu verbergen kuckt. Zumal er sich mit seinen fast unglaublichen Dumm heiten in der elsässischen Frage eine Suppe ein gebrockt hat, die ihm noch heiß genug auf der Zunge brennen wird. Erst zehn Jahre weht die Trikolore übe, dem schönen Vogesenland. Wenn aber die Stimmungs berichte aus Straßburg und Kolmar nicht trügen, brennt es nachgerade lichterloh in den Gemütern dieser bei de, Wiedervereinigung so stürmisch begrüßten und mit den volltönendsten Verheißungen ans Herz gedrückten Kindei Frankreichs. Das Ministerium Poincarö wird freilich über den durch dieses Mißgeschick angerichteten Hader nicht zu Bruch gehen; vorläufig wenigstens wird die nunmehr in ihr letztes Stadium eintretende Stabilisierung des Franken die öffentliche Aufmerksamkeit wieder anderen Dingen zuwenden. In der Stille aber wird das berühmt« elsässische „Unbehagen", das uns Deutschen so viel zu schaffen gemacht hat, ohne daß es, sei es durch Milde, fei es durch Strenge, überwunden werden konnte, weiter um sich greifen, bis einmal die Gelegenheit zu einer explosions artigen Entladung gekommen sein wird. Ob dann noch Herr Poincarö an der Spitze der Regierung stehen und als ihr Opfer in den Abgrund stürzen wird, kann man nicht wissen. Soviel aber darf man heute schon mit einiger Ge wißheit sagen, daß den Franzosen der Biffen, den sie 1918 verschluckt haben, noch viele Magenbeschwerden verur sachen wird. So empfindliche Leute die Elsässer auch sind und so sehr sie sich namentlich gegen kränkendes Unrecht zur Weh, zu setzen pflegen, wie es ihnen in dem Prozeß gegen dic Männer ihres politischen Vertrauens unter offenbare, Verhöhnung wesentlichster Rechtsgarantien von dem Ge schworenengericht in Kolmar angetan worden ist, in ihrer Abwehr wissen sie sich doch streng an die Gesetze zu haltens ihr spitzer Witz, ihre treuherzige Bosheit versteht den Gegner schon schwer genug zu verwunden. Mit den« Schießeisen politische Gegensätze auszutragen, über lassen sie Leuten von geringerer Kulturstufe. Etwa den Serben und Kroaten, die ja auch zu den Kriegs gewinnlern von 1918 gehören, darüber aber bis zum heuti gen Tage nicht gerade glücklicher geworden sind. In der Skupschtina mußten dieser Tage zwei Tote aus dem Sitzungssaal hinausgetragen werden und das künstlich genug „vereinigte" Königreich wird von Fieberschauern durchschüttelt, die Wohl als Vorboten schwerster innere: Krisen angesprochen werden können. Zwischen Belgrad und Agram muß es ja auch schließlich einmal zu irgend welcher Entscheidung komme» — wie auch zwischen Paris und Straßburg. Herr Poincarä möchte seine Antonomister am liebsten mit Feuer und Schwert ausrotten; da er das aber im Angesicht von Europa nicht gut tun kann, so läßt s: die Abgeordneter Ricklin und Rossä weiter im Gefängnis schmachten und bringt dazu sogar noch den traurigen Mui