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Aukchal -Zeitung. 8-tatdlatt für Aue, Wuerhammer, ZelleMSft-rlein, RieSer- u. Oberpsannenftiel, Lauter, und die umliegenden Ortschaften. EcsLein» SNtttwo»», Kreit«,,» u »an««««». incl. der 3 weribvollen Beilagen vierteljährlich mit Bringerlohn 1 VN. 2V Pf. durch die Post 1 M» Al Pf« Mit 3 issustrirtsn Neiötättrm: Deutsches Aamittenötatt, Hute Heister, Jeitspieget. Beraniwortlicher Redakteur: Emit Hegemeister in Aue (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedition: Au«, Marktstraße. Inserate di« einspaltige CvrpuSzeile Ist Pf., Petitsatz wird nach Pelitzeilen, Nonpareille satz nach dies«r berechnet. Bei Wiederholungen hoher Rabatt. All« Postanstalten und Landbriestrliger nehmen Bestellungen an. No. 143. 6. Jahrgang. Sonntag, den 3. December 1893. Politische Nachnchten. Dentschlnnd. Berlin, den SO. November. — DI« AtlentatSversuche gegen den Kaiser und den Kanzler Grafen von Caprivi sind glücklicherweise verei telt worden und nur «in Dummer konnte der irrigen Mei nung sein, daß diese Zusendungen an die richtige Adresse gelangten. Doch wie dem auch sei, daS Augenmerk der Welt ist wieder einmal auf jene Umstürzlergesellschast ge lenkt morden, die im verborgenen arbeitet und unermüd lich ihr Vernichtung-Werk gegen die Gesellschaft fortsetzt. Obgleich nun die zuständigen Behörden sich alle Mühe ge- den werden, den oder die Absender der Dynamttkästchen aufzuslvbern, so ist doch nur wenig Hoffnung vorhanden, den Uebellhättt zu finden und seiner Strafe zuzuführen. Sollten sich derartige gegen das Leben und Eigenthum ge richtete Verbrechen in Deutschland wiederholen, so würden wir — und mit Recht wohl bald eine Verschärfung de» DynamitgrsetzeS zu erwarten haben. Im Reichstage ging es in den letzten Sitzungen elwaS sehr heiß her. Die Agrarier wetterten gegen den rus sischen Zollvertrag und die Vertreter der Regierung traten diesen Ausführungen der Großgrundbesitzer sehr scharf ent gegen. E» ist dadurch der Zwiespalt der innerhalb der konservativen Partei besteht, wieder recht zu Tage getre ten und «S besteht kein Zweifel, daß tue Anhänger de» Bundes der Lanbwirthe sich in Bälde von den Freunden der heutigen Zollpolitik trennen werden. Mit Recht be tonte der Reichskanzler in seiner Entgegnung, daß die Industrie so gut wie die Landwirthschafl der staatlichen Fürsorge bedürfe, denn ohne rege Industrie würden die Preise sür alle Bedürsnisse stets nieorige sein. Augen scheinlich halte zu dem Geplänkel das G rücht Anlaß ge geben daß der Abschluß deö deutsch-russischen HandelS- vec trage» schon erfolgt sei, und der Aerger der Landlord» War deshalb sehr begreiflich. Die Ministerkrisen sind jetzt ordentlich im Schwünge. Nach Oesterreich Italien, dann Frankreich und in Spa nien isf überhaupt kein Ende zu finden. In Italien sind dw hervorragendsten Politiker beim Banlenschwindel komprvmittirt, in Frankreich Hal der Panamaskandal die j Nachdruck verboten. Iseuilleton. Die Gouvernante. Roman von Rudolf Scipio. Fortsetzung. „Gut — wollen Sie die Sache für mich ordnen?" Felde« erklärte sich einverstanden und bereit» am näch sten Morgen fuhr er mit Langenheim und dem Doktor zu de« Kampfplatze hinaus. ES war wohl etwas mehr al» ein bloßer Zufall, daß beide Gegner vorbeischossen; die sichtlich« Aufrichtigkeit und Herzlichkeit der nachfolgenden Versöhnung machte diese- wenigften» wobrscheinlich. Auch der Doktor reichte seinem Vetter die Hand. „Du bist gestern bei mir gewesen," sagt« er, „hast mich aber nicht getroffen. Ich habe inzwischen die Geschichte erfah ren und bin mit Dir zufrieden. Vorläufig bist Du nun bei Dstner Geliebten abgedlitzt und da» war in der Ord- nung; denn-so-lchnell geht die Sache .nicht; wenn Du später etneu Areiwerber bei ihr nöthig hast, so kannst Du zu mir kommen." Seit jener Durllgeschicht« ereignete r« sich jetzt häufig, daß man ÄbeudS, wenn Felben, Langenberg und der Doktor in der Wohnung eine« dieser drei zusammenkamen, Man auch Heinz Wrhrhahn dort sand. Mit dem bi« dahta so leichtlebigen, flotten jmige« Hu saren »ar fast über Nacht eine augenfällige Beränderung vor sich gegangen. Teil seiner frühen Jugend von einer allzunachfichtigen Mutter gründlich verzogen und später, besten Kräfte lahmgelegt. Nur gut, daß überall die Frie- den-schalmaien geblasen «erden, sonst könnte es die schön sten Verwickelungen geben. — 1872 und 1893! Wie haben sich doch die Zeiten geändert! Damals sprachen 181 Abgeordnete sich gegen und nur 93 für die Jesuiten aus, heute kann die'„Ger mania" nicht ohne Grund versichern: „Wir rechnen auf eine Mehrheit in der deutschen Volksvertretung." — Dir Partei d«S Herrn Singer wird im Reichstage gegen die Börsensteuer stimmen, wie )a auch im sächsischen Landtage der Sozialdemokrat Goldstein als Verteidiger der Börse auftrat. — Nach dem Beispiele Johann Orth», des nunmehr verschollenen einstigen Erzherzogs, hat jetzt auch ein Graf Stollberg auf seinen Namen und auf den hohen Adel verzich tet. Es ist dies Graf Heinrich zu ^jolldcrg-Wernigerode, der den Namen von Stapelvurg angenommen hat. — Die neuen Gewehre der Garbe-Infanterie stam men au« den Danziger Gewehrfabriken. Die am Schlosse der Waffe getroffene Abänderung soll sich ganz vorzüglich bewähren, überhaupt ist das Gewehr außerordentlich solid und dauerhaft gearbeitet. Mit dem neuen Gewehr wer den augenblicklich von den Truppen Schießversuche vor genommen, welche bisher daS günstigste Ergebnis geliefert haben. — Das „Deutsche Vaterland" ist zu V» verschachert, denn die deutschen Landgüt« find mit 10 Milliarden Hypotheken nach der «inen, mit 20 Milliarden nach der anderen Annahme belastet. Wählen wir zwischen den verjchiedenen Annahmen die goldene Miltelstraße, so ste hen wir immerhin noch vor einem Ergebniss dessen Furchtbarkeit uns entsetzen muß. Der preußische Land- wirtschastsminister Hat in einer Rede am 1. Dezemoer 1887 festgestellt, daß in sämtlichen OberlanoesgerichtSbe- zirken der Monarchie im Jahre 1886/87 624 Millionen Mk. Hypotheken neu eingetragen wurden und 490 Mil lionen Mark zur Löschung gelangten; eS ist also damals tn Preußen eine steigende hypothekarische Verschuldung von 133 Millionen festzustellen gewesen. In der Pro vinz Westfalen haben allein die Sparkassen in einem Zeitraum von elf Jahren um 69 Millionen mehr in Hypotheken auf ländliche Güter angelegt, 2835 Güter wurden im Jahre 1886/87 zwangsweise versteigert, eben ¬ soviel« Familien wurden damit von der Schollt gelöst und dem Proletariat zugeführt. — Am UnglückSbrunnen in Schneidemühl scheint sich auch der Plan des ObcrberghanplmannS nicht zu bewäh ren. Trotzdem die genau noch Angabe Freunds bewirkt« Aufschüttung sehr hoch ist, dringt doch das Wasser an verschiedenen Stellen hervor, und zwar mit ungeschwäch ter Kraft. — Ein zweites Schneidemühl sche'nt Flensburg wer den zu sollen. Am Nachmittage des 28. Nov. ist in sei nem Hafen zwei Drittel der ganzen Mole und zugleich eine 4 Meter tiefe Stratzenstrecke versunken. Die Senkung dauelt fort. Der Schaden ist unberechen bar. — Ein fünfzigjähriger Tagelöhner hatte auf der Straße in Straßburg den Ruf: „Vivo la Graues" auSgestoßen und wurde zu 1 Jahr Gefängnis verurteilt laut des be-' stehenden Ausnahmegesetzes. — Eine Neuerung, die man willkommen heisten darf, wird seitens der Reichpost geplant. Es handelt sich um die Nachahmung des in allerjüngstcr Zeit in Württem berg eingeführten Systems der Kvuvert-Postanweisungen. DaS System selbst ist das folgende: Der gedruckte Text der Postanweisung befindet sich nicht wie ''Sher auf ei nem Kartou, sondern auf einem Bib2»k»0gert, welche» dann zugrlich al« Umhüllung des Briefes ünv al» Geld anweisung dient. Diese Neuerung wäre nur mit s Freude zu begrüßen, denn sie gewährt den Vorteil, daß man den Empfänger des Geldes zugleich mit dem Be trage einen Bries zu übermitteln vermag, während man sich bis jetzt nur auf eine kleine dem knappen Raume de» Postabschnittes entsprechende Mitteilung beschränken mußte. Der Preis für einen derartigen Brief beträgt 20 Pfg. wofür auch die Uebcrmiitelung des Geldbetrages erfolgt. Die Uebersendung und Sortierung derartiger Briese ist nicht schwieriger al« diejenige der bisherigen Karten-Formulare. Rntzlantz. Das russische Mittelmeergeschwader unter dem berühm ten Admiral Avell-n befindet sich zur gut im Piräu«, dem Hasen von Athen. Aber die Griechen sind nun ein mal keine Franzosen, denn da« Einlaufen der bekanntlich al« der Sohn eines reichen Manne» von seiner gesammten Umgebung verhätschelt, war seine, wie sich jetzt erst zeigte, von Hause aus gesunde und edel angelegte Natur unter einem Wust schädlichen Unkraut» fast erstickt und nicht zu ihrer Entwickelung gekommen, bi» jener Vorfall ihn zum Nachdenken über sich selbst veranlaßte. Heinz ging, nachdem er so aus seinem sorglosen Sich- gehenlaffen aufgeschreckt war, ehrlich mit sich in daS Ge richt und erkannte mit dem Gefühl ttefer Beschämung, daß sein bi« jetzt lediglich der Zerstreuung und dem Genuß gewid» mrte» Leben ein gänzlich verfehlte» gewesen sei. Er ge lobte sich, daß e» damit ander» »erden solle und ging denn auch sogleich mit Eifer daran, viele» bisher Versäumte nachzuholen. Statt, wie bisher, seine dienstfreie Zeit tn Gesellschaft seiner Kameraden zuzubringen und an deren übermüthigen, frivolen Streichen theilzunehmen, saß er daheim und be mühte sich, seine, wie er im Umgänge mit den drei neuen Freunden wahrgenommen hatte, in Vielen Dingen sehr mangelhaften Kenntnisse zu ergänzen. Wenn ihm anfangs die völlig ungewohnte Beschäftigung mit ernsten, oft trok- kenrn Dingen auch wohl einmal noch etwa» schwer wurde, so begann er derselben doch von Lag zu Tag mehr Ge schmack abzugewinnen und schon nach kurzer Zeit hatte er nicht mehr nöthig, sich zur Arbeit zu zwingen, da der mit den Fortschritten stch allmählig entwickelnd« Eifer ihn von selbst antrieb, Ein vorzüglicher Sporn bei seinen Studien war für Heinz zugleich der Gedanke daran, daß sein Vater, so «eit e» in deffen Macht stand, niemer- die Einwilligung zu einer Verbindung mit einem einfachen, mittellosen Bürgers kind» wie Klärchen Langenhetm e« war, geben werde. Heinz mußte stch deshalb sagen, daß, wenn er jemals seine Hoffnungen wollte in Erfüllung gehen sehen, er stch vor allen Dingen zunächst auf die eigenen Füße stellen müsse. Der Kommerzienrath hatte, so auffallend ^uch neu«»»-- ding« der Wechsel in den Lebensgewohnheiten sein mochM. kaum etwa« davon wahrgenommen. Ec pflegte sich wetM um Derartiges zu kümmern und war froh, daß Heilt», neben dem Taschengelde, welches er regelmäßig -am ErflM" jedes Monat» ausbezahlt erhielt, keinerlei Ansprüche-MW an sein- Kasse erhob. ' 'ßK Zu den geschäftlichen Sorgen des Kommerzienrath^ die ihn in Folg« mehrfacher Falissements von Häusern, Akt denen er gearbeitet hatte, jetzt mehr al- sonst in Anspruch nahmen, kam seit einiger Zeit nun auch die um den Ge sundheitszustand seiner Frau. Seit jenem Gesellschafts abend hatte sie fortwährend gekränkelt, bi» ihr Zustand schließlich ein immer ernsteres Aussehen gewann. Al« da» alte Jahr zur Neige ging, hatte sich da» liebel bereit» so weit auSgebildet, daß jede Hoffnung auf Genesung ver schwand, und wenige Wochen später machte der Tod ihren Leiden ein Ende. Dem Kommerzienrath fehlte e» zur Erziehung seiner jüngeren Kinder, wie er selber «insehen mochte, nicht allein an der Zeit, sondern nicht minder auch an de« erforder lichen Geschick, und da er Frieda noch für zu jung hielt, um ihr die doppelte Last der Führung de» Hauswesen« und der Erziehung ihrer Geschwister aufzuerlegen, so be schloß er «ine geeignetere Kraft hierfür zu suchen. Auf seine de»fallfigr Anzeige hatte st« unter vielen anderen auch Gerda Reinberg um die Stelle gemeldet, und da ihr gute Empfehlungen zur Seite standen, so fiel die Wahl auf sie. Ausschlaggebend mochte hierbei d« Um stand gewesen sein, daß Gerda zuletzt bei einer adlige» Familie gewesen »ar, wa» dem Kommerzienrath grwtüttg imtzonirte. » , . ' 'tU Wenige Wochen später trat dir neu« Erzieherin in ihrs»