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AllkttW-Mung. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle-Klöfterlein, Rieder-« Qberpsanncnstiel, Lauter, Bockau, Bernsbach, Beyerfeld, Lachsenfeld nnd die umlegenden Ortschaften. Erscheint PitttwoM», Freitag» u Sonntags. Abonnementspreis incl. der 3 weribvollen Beilagen vierteljährlich mit Bringerlohn 1 Mk. LV Pf. durch die Post 1 M. 28 Pf. ML 3 illustrirten Aeiölättern: Deutsches AamiNenölatt, Hute Heister, Zerrspiegel. Verantwortlicher Redakteur: «mit Hegemeister in Au« (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedition: Ave, Marktstraße. Inserat« die einspaltige EorpuSzeile 1v Pf«, die volle Seite 30, S. 20, >/« St. 8 Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstatten und LandbriestrLger nehmen Bestellungen an. No. 27. Freitag, den 3. März 1893. 6. Jahrgang. KSuigliche Industrieschule zu Plaue« i. V. Abtheilung für Musterzeichner,. Unterricht im Zeichnen und Musterentiverfen für die hauptsächlichsten Zweigt der Textil - Industrie, sowie auch iin praktischen Weben, Maschinen-Sticken, Patroniren und Mustcr-Vergrößern für Stickerei. Untrrrichtsdauer 4^/, Jahre. Abtheilung für Fabrikanten. Unterricht im Zeichnen (Skizziren), praktischen Weben und Maschinen-Sticken. Unterrichtsdauer 1 Jahr für jede Abtheilung. Krauenarbeitsfchule. Unterricht in weibl. Handarbeiten im Allgemeinen. Ausbildung von Direktricen und Arbeiterinnen für Weigwaaren-Confektion, Tambouriren, Kunststicken, Schling», Hohlsam,.- arbeiten u. A. m. Dauer de- vollen Unterrichts I'/,—2 Jahr. Im Uebrigen je nach Wahl des Faches. Beginn des neuen Cursus am 10. April dss. Js. Anmeldungen sind im Bureau der Anstalt zu bewirken. Nähere Auskunft wird jederzeit durch die Direktion erthrilt. Plaue« t. B., am 6. Februar 1893. Aib Dlrkülöll. Prof. N. Hofmann, Direktor. Wasserwerk Aue. Wir bringen hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, daß die städtischen Kollegien den Preis für 1 odm Wasser vom 1. Januar 1893 an auf 15 Pfg festgesetzt haben. Aue, am 20. Februar 1893. Der: WcrLH der: Stadt. vr. Kretz sch mar. E. Bekanntmachung. Die Ortskrankenkasse Aue hat beantragt, daß für die Arbeiter, welche im Stein» bruchsbetriebe des Herrn Louis Reich in Aue beschäftigt sind, aus Grund von Z 61 des Krankenversicherungsgesetzes nach der Bekanntmachung vom 10. April 1892 eine Be- tciebskrankenkasse errichtet werde. Den von Herrn Reich in seinem Steinbruchsbetriebe beschäftigten Personen wird daher Gelegenheit gegeben, sich über obigen Antrag bis zum 4. März 1SS3 schriftlich oder zu Protokoll auf unserer Rathsexpedition zu äußern. Aue, am 25. Februar 1893. Der Math der Stadt. Or. Kretzschmar. t. Bestellungen aus die WM-Auerthat'-Ieitung "WU (No. 665 der Zeitungspreisliste) für Monat März werden in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus trägern des Blattes, sowie den Landbriesträgern jederzeit gern angenommen. Hrpedition der „AuertHal-Aettung," Aus der Union. Am 4. März ist die Amtszeit des amerikanischen Präsi denten Harris»« adgelausen. Am ersten Sonnabend des März, kurz v»r der zwölften Stunde, wird sich der neue Präsidenten Grover Cleveland im Frack nach »em weihen Hause begeben, wo ihn Harrison, zum Scheiden bereit, erwartet, vor dem Hanse de» Präsidenten wird die Equi page Harrison'S, Kutscher und Bedienter in Gala, ausgestellt sein, um beide Präsidenten, den gehenden un» kemmenden, ins Kapitol zu geleiten, wo Cleoeland mit einer kurzen Ansprache vor den amerikanischen Gesetzgebern »on der Regierungsgewalt ergreift. Und wenn beide Präsidenten das Haus »erlassen, erwartet sie wieder eine Equipage, diesmal die des neuen Präsidenten, die sie Beide zum Weihen Hause zmückbringt. Hier verabschiedet sich Harri son von Cleoeland feierlich; sie tauschen Händedrücke und der gewesene Präsident geht von dannen — von den Bücklingen der Diener unterthänig ans jenem Hause geleitet, in dem er oier Jahre Herr gewesen, und «in unbeschränkter obendrein, wie sich's ein europäische- Gemüt schwerlich träumen läßt. Wer beispielsweise würde glauben, daß kein Gesetz Eleveland hindern kann, etwa seinem blondgelockten Enkelkindc Ruth »om 5. März ab wenn es eine Reise an tritt, die gesomte Armee und Flotte zu seinem Gefolge zu beordern? Er kann an 20000 Beamte de» politische« Dienstes, Gesandte und Konsuln inbegriffen, adsetzen und er thut es auch, denn er braucht dir 20000 schönen Stellen, um sie seinen Getreuesten, die ihn auf starke» Schultern zum Wahlsieg getragen, zu verleihen; er könnte, wenn es ihm paßt, die Einwanderung zeitweilig untersagen, er könnte auey Verträge der Union mit anderen Mächten au« eigener Machivollkommenheit lösen. Und »er weiß, ob nicht der Zusall bald eine solche Machtdekundung de« Unions-Präsidenten zu Tage fördert. Harrison scheint nämlich, wie bekannt, nicht abgeneigt, die letzten Tage seiner Herrschaft dazu benützen zu wollen, da- Annexions- Begehren »er revolutionären Bürger von Hawii zu erfüllen und die Sandwich-Jnseln dem Staatengebilde der Union einzuverleiben. Cleoeland ist aber durchau» gegen diese» phantastische und bedenkliche Beginne«, und e« hätte sich zu erweisen, ob Eleveland nicht, fall- Harrison thetsichlich diesen „effektvollen Abgang* sich sichern sollte, kurzweg von seiner Machtvollkommenheit Gebrauch machen und »en (Nachdruck verboten). AeuMeton. Ueber Hexenprozesse. Unsere Milchfrau aus O., die sich sonst durch ein sehr heiteres Wesen ausgezeichnet hatte, machte schon seit einigen Tagen ein sehr betrübtes Gesicht: ein schwerer Kummer schien sie zu bedrücken. Wir richteten endlich die Frage an sie, welche- Vor- kommnrh ihr die frühere Heiterkeit geraubt habe. Sie seufzt« schwer auf und schüttelte bekümmert da- Haupt. Erst nach wiederholtem Fragen rückte sie mit der Sprache herau«. „Seit einer Woche," erzählte sie, „wird un« tag täglich die Milch sauer, die wir von der braunen Kuh »elken. Es ist ein wahrer Jammer. Wir haben schon alle- ausgestellt, um da» Unheil abzuwenden, jaber e« ist nicht- dagegen zu machen." „Vielleicht liegt e» an der Witterung," sagte ich, „im Sommer kommt e» ja mitunter vor, daß solche Zufälle rintreten." „Gott bewahre," entgegnete die Frau, „daran liegt e« nicht. Es kann wohl ein oder zwei Mal vorkommen, daß die Milch umschlägt, aber acht Tage hindurch — das ist unerhört, da muß. schon etwas ganz Besondere» »orgekom- m«n sein." „Nun, welcher Ursache schreiben Sie denn diese Er scheinung zu?" fragte ich. „Ach, da« ist doch ganz natürlich", erwiderte die Be«> trübt«, „die Kuh ist halt verhext. Man sieht ihr's auch an den Augen an, denn seit der Zeit, wo sie die schlechte Milch giebt, guckt sie einen so betrübt an, daß eS rein zum Erbarmen ist. Man merkt'« daß eS ihr selbst leid thut» aber sie kann halt nicht- ander«, sie ist eben ver hext. Wir wissen auch, wer'« gethan hat. „In der Thal?" „Allerding». Die alte G. hat den ganzen Schaden an gerichtet; man weiß za, daß sie d«S Vieh verhexen kann, und bei un« hat sie's au- Neid gethan. Wir haben je den Morgen vor der braunen Kuh ein „Vater unser" ge betet, aber es hat nicht- geholfen, der Hexenspruch war halt zu stark. Jetzt wollen wie ihr etwas Gesegnetes in'S Futter mischen, vielleicht htlff»." Ich machte den Versuch, der braven Frau ihren Hexen glauben auszureden, aber meine Ueberredungskünste schei- terten an ihrer vorgefaßten Meinung,.daß einzig und al lein die alte Frau G. daran schuld sei, daß die braune Kuh schlechte Milch gebe. Hätte die Frau G. vor dreihundert Jahren gelebt, so wäre sie aus Grund dieses Verdacht» unzweifelhaft ver brannt worden. Man hätte sie in ein hochnothpeinliches Verhör genommen, und wenn ste so verstockt gewesen wäre, ihre Schuld nicht sofort zu bekennen, so hätte man ihr Doumschrauben angelegt und Ke so lange gepeinigt di» sie vor Schmerz ausgeschrieen und laut bekannt hätte, baß sie eine Hexe sei. Wäre sie aber kräftig genug ge wesen, diese Öual zu überstehen, so hätte man andere Künste gegen st« angewandt, um der heiligen Gerechtig keit zum Siege zu verhelfen: man hätte sie an einer Lei ter htnausgrzogen und ihr schwere Gewichte an die Füß- ! -«hängt, die ihr« Flechsen und Sehnen so weit hinunter > gezogen, bis sie knackten und ihr ein Gestindniß ihrer frevelhaften Schuld erpreßten. Und hätte auch .dieses nicht geholfen, so hätte man ihren nackten Körper mit glühen dem Pech übergossen, und dann wäre sie wohl so ver ständig geworden, reumüthig zu bekennen, daß sie ein« ganz verruchte Hexe sei. Wer ungläubig »en Kopf schüttelt, der schlage jene« blu tige Blatt aus der Geschichte der Menschheit auf, »elche» uns von den Hexenprozessen erzählt. Schon im Anfänge des dreizehnten Jahrhundert» wur den „Zauberer" zum Feuertode verurthcilt, aber der He xenbrand im großen Maßstabe begann hier erst gegen Ende de« fünfzehnten Jahrhundert». Im Jahre 1489 erschien der berüchtigte „Hexenham- mcr", eine förmliche Anleitung für die Richter, wie sie sich bei dem Hexenprozeß zu verhalten hatten. Es bars nicht besrcunblich erscheinen, daß fast all« Ak ten über Hcxenprozesfe, welche auf unsere Zeit überkom men sind, ausdrücklich konslatircn, daß die verurtheilten ein Geständniß ihrer Schuld abgelegt haben — man darf nur in Betracht ziehen, daß die Folter bei dem damali gen Gerichtsverfahren eine bedeutende Rolle spielte. Er folgte kein freiwillige» Bekenntniß, so wurde de« »der der Angeklagten zunächst »er „Daumenstock" angelegt, bi» da» Blut unter ben Nägeln hervorspritzte. Blieb dieser erste Grab von Folter ohne Wirkung, so folgten di« „spa nischen Stiefel", zwischen welchen Schienbein, und Wade derart gepreßt wurden, daß die Knochen brachen. Der dritte Grad der Folter war der „Zug". Die „Hexe" wurde an einer aufgerichteten Letter ober an einer, an der Decke angebrachten Rolle hinausgezogen, bi« ihr die Arme verkehrt über dem Kopse standen. — Um die Marter