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LS«« H-«- Abonnement viertelj. 1 M. 20 Pf. einschließl. de- »Jllustr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage .Seifen» blasen" in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Telegr.-A-reste: Amtsblatt. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fernsprecher Ur. 210. Ein Schreiberlehrling mit g«ter Schulbildung wird Ostern 1997 eingestellt. Bewerbungen sind baldigst einzureichen. demgemäß auch bereits von Jaurers die Einbringung einer Interpellation über die Marokkofrage in der französischen Kammer angekündigt worden. — Amerika. Der Friede auf Kuba ist, wie aus Washington gemeldet wird, vollständig wieder hergestellt. Amtlich wird bekanntgegeben, daß eine Kommission, welcher zwei hervorragende amerikanische Juristen angehören werden, ernannt werden soll behufs Revision aller Gesetze betreffend das Eigentumsrecht. Die zur Prüfung der Gesetzansprüche aus den jüngsten Unruhen eingesetzte Kommission hat die Höhe der Ansprüche auf weniger als 200000 Pfund Ster ling geschätzt. — China. Aus Kanton wird ein neuer Ausbruch der fre ni den feindlichen Bewegung gemeldet. Zn Lientschan im Nordwesten von Kwantung, wo am 28. Ok tober vorigen Jahres mehrere amerikanische Missionare ge tötet worden sind, haben Chinesen am Kircheneigentum Plünderungen begangen. Der amerikanische Konsul hat den Vizekönig um Schutz ersucht. — Japan. Tokio, 28. November. Ein japa nisches Geschwader wird demnächst unter Führung des Prinzen Fushimi nach England gehen, um den von dem Herzog von Connauaht mit dem englischen Geschwader in Japan abgestatteten Besuch zu erwidern. Lokale und sächsische Nachrichten. — Schönheide. (Bürstenmacher-Streik.) Bei der Firma G. F. Blei in Rothenkirchen haben die aus gesperrten Arbeiter, nachdem sie aus dem Holzarbeitcroerbande ausgetreten sind, die Arbeit wieder ausgenommen. Es sind ihnen geringe Lohnaufbesserungen bewilligt worden. — Sosa, 27. November. Heute Vormittag fand die Sektion der Leiche des, wie wir berichteten, infolge eines Wirtshausstreits ums Leben gekommenen Steinbruchsarbeiters Neubert in der hiesigen Leichenhalle statt. Anwesend waren bei der Sektion der Staatsanwalt Herr Glüber, einige Herren vom König!.'Amtsgericht Eibenstock, der Königl. Bezirksarzt Herr I)r. Zehler und Herr I)r. Schlamm aus Eibenstock. Der Befund ergab eine Schädelverletzung mit innerer Blutung. Die Leiche wurde noch an demselben Nachmittage unter großer Teilnahme beerdigt. Neubert galt als ein fleißiger Familienvater. Sehr schmerzlich trifft der unerwartete Tod die hinterlassene Witwe und zwei kleine Kinder, die ihres Ernährers beraubt sind. — Chemnitz, 27. November. Das erste säch sische Krematorium, das hiesige, das am 15. Dezember seiner Bestimmung übergeben wird, war am Totensonntag das Ziel Tausender, da eine öffentliche Besichtigung des Baues durch den Feuerbestattungsverein, dem Bauherrn der Verbrennungsstälte, veranstaltet wurde. Der schmucke, weithin sichtbare Kuppelbau macht auch im Innern den besten Eindruck. Besonders gilt das von der Nedehalle, wo für 280 Personen und für weitere 80 Personen auf den Emporen Sitzplätze vorhanden sind. Weiter enthält der Bau Bureauräume, die Wohnung für den Wärter, Zimmer für den Geistlichen, für die nächsten Anverwandten und für die Leidtragenden. Hin ter dem Kuppelbau befindet sich der Aufbewahrungsraum mit zunächst sechs Zellen und der Sezierraum. Genügend Platz ist auch für den Urnenfriedhof und den Urnenhain vorhanden. Der Verbrennungsofen ist bereits seit Donnerstag im Betrieb; zehn Tage und zehn Nächte muß er geheizt werden, um die Temperatur von 060 bis 100t> Grad zu erreichen, die not wendig ist, um zunächst eine Probeverbrennung vornehmen zu können. Der Bau kostet einschließlich des Grundstücks 185000 M. Er wird jedenfalls nach wenig Jahren von der Stadt übernommen werden — Chemnitz, 27. Novbr. Auf Ersuchen der hiesigen Staatsanwaltschaft wurde in Wien der Artist Jostmann und ein l8jähriges Mädchen aus Chemnitz verhaftet. Jost mann, der in Chemnitz beim Zirkus Wulff beschäftigt war, hatte das Mädchen unter Mitnahme einer ihren Eltern ge hörenden Summe von 2400 Mark entführt. — Annaberg, 27. November. Im benachbarten Dörfel wurde der Wirtschaftsgchilfe Meyer während des Schlafens mit einem scharfen Werkzeuge über den Kopf ge schlagen, so daß er die Besinnung verlor. Als er sich wieder erholt hatte, gewahrte er eine Person an der unteren Bett kante, die ein Streichholz anzubrennen versuchte. Meyer sprang nun aus dem Bette, riß eine an der Wand hängende Flinte herab und ging auf die Person los, die sich schnell und geräuschlos entfernte. Meyer schlug sofort Lärm. Der Täter ließ sich jedoch nicht finden. Nach kurzer Zeit wurde er zu- Das Konkursverfahren über das Vermögen der k'nunzc verehrt, in Schönheide, Inh. der Firma I'sLvzr Vuxsr daselbst, Materialwaren- und Weinhandlung und Konfektionsgeschäft, wird nach Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Eibenstock, den 27. November 1906. Äilniglichks Amtsgericht. Tagesgefchichte. — Deutschland. Im Reichstag haben die Kolonialdebatten ihren Anfang genommen. Sie wurden von Reden des Reichskanzlers Fürsten von Bülow und des neuen Kolonialdirektors Dernburg eingeleitet. Mit Ueberlegenheit und Kraft wies der Reichskanzler die gegen die Kolonialverwaltung gerichteten Angriffe zurück. Er gab die hier und da tatsächlich zutage getretenen Mißstände un umwunden zu, wandte sich dann aber mit desto größerer Schärfe gegen das erbärmliche Treiben der kolonialfeindlichen Kreise, die durch maßlose Entstellungen und Uebertreibungen an sich ziemlich harmloser Dinge sowie durch ungerechtfertigte Verallgemeinerung von Einzelfällen unsere Kolonialpolitik beim Volke in Mißkredit zu bringen suchen. Wie sehr unter solchem Treiben der wohlverdiente gute Ruf unserer Beamten schaft sowie unser Ansehen im Auslande leiden müßten, liege klar auf der Hand. Sehr sympathisch berührte es ferner in der Rede des Reichskanzlers, daß er die Kolonialpolitik Bis marcks auch für die Folgezeit als nachahmenswertes Muster anerkannte. Endlich sei noch die Erklärung erwähnt, daß die verbündeten Regierungen auch in Zukunft an der Errichtung eines selbständigen Kolonialamtes festhielten. Nach der Rede des Reichskanzlers fand das erste parlamentarische De büt des neuen Kolonialdirektors Dernburg statt. Er stellte fest, daß einige mißliebige Lieferungsverträge der Kolonial verwaltung bereits gelöst seien, und entwickelte sodann mit Geschick sein kolonialpolitisches Programm, das den Beifall der Mehrheit des Hauses fand. Hoffen und wünschen wir, daß es Herrn Dernburg gelingen möge, unsere Kolonialpolitik in ein klippenfreies Fahrwasser zu steuern. — Graf Posadowsky hat am letzten Sonnabend im Reichstage wieder einmal eine prächtige Rede gehalten; er ging in großzügiger Weise auf die ganze Arbeiterfrage ein. Besonders betonte er die Zusammengehörigkeit des Arbeiters mit dem Unternehmer. Vom wirtschaftlichen Standpunkt sei das Interesse des Unternehmers und des Arbeiters vollkommen gleich. Der Arbeiter habe das drin gende Interesse, daß der Unternehmer prosperiert. Wie sehr Arbeiter und Arbeitgeber auf einander angewiesen sind, über haupt die ganze Volkswirtschaft ein zusammenhängendes Ganze bildet, von dem ein Teil des anderen dringend bedarf, zeigt die gegenwärtige Prosperität in der Industrie. Wir stehen gegenwärtig vor einer großen Verbreiterung der Grundlage der Weltwirtschaft; alle Zeichen deuten darauf hin. Zahlreich sind die Neuunlernehmungen der großen Industrie staaten. Deutschland streckt seine Arme nach dem Orient, nach Amerika und dem fernen Osten, China plant große Bahnbauten, die nordamerikanische Union eine Anzahl Neu unternehmungen. Im Kongostaat sollen gewaltige Plantagen und eine große Bahnanlage geschaffen werden. Diese Unter nehmungen kommen natürlich den Arbeitern zugute. Wenn die Jndustriearbeiterschaft heute verhältnismäßig wenig von der Fleischteuerung getroffen wird, so verdankt sie das dem Unternehmungsgeiste der Industriellen, die für reiche Arbeits gelegenheit sorgen; sucht der deutsche Unternehmer neue Betätigungsmöglichkeit, so wird der entstehende weitere Auf schwung von Handel und Industrie erst recht die geringe Erhöhung der Lebensmittelpreise unwirksam machen. So sind die Industriearbeiter durchaus auf die Unternehmer angewiesen. Und Graf Posadowsky hat nur zu recht, wenn er sagt: Hätten wir in Deutschland nicht weitblickende, tat kräftige Unternehmer, dann gäbe es auch keinen aufsteigen den Arbeiterstand. Weiter gehören aber auch Landwirt schaft und Industrie zusammen, die energische Arbeit der Unternehmer in Industrie und Handel wird dazu führen, daß die Nation sich im großen und ganzen mit höheren Lebenswittelpreisen aussöhnt infolge größeren Verdienstes. Deshalb ist auch die Landwirtschaft an den großen Unter nehmungen auf dem Gebiete der Industrie und des Handels durchaus interessiert, ist sie an der Weltpolitik interessiert. Und eine mehr verdienende Landwirtschaft wieder nimmt der Industrie mehr Erzeugnisse zu höheren Preisen ab und befruchtet sie weiter. Eines bleibt für die Landwirtschaft aber zu lösen: die Arbeiterfrage. Darin scheinen große Ge gensätze zwischen Industrie und Landwirtschaft zu bestehen. Geht es der Industrie gut, dann zieht sie immer mehr Ar beiter vom Lande in die Stadt; die Landwirtschaft leidet Not und muß sich mit Slaven behelfen, zum Schaden der nationalen Entwickelung. Auch dieser Gegensatz muß über wunden werden. Graf Posadowsky regte bei den Landwirten Mts- M MWckatt für den AM des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. 53. Jahrgang. ------ — 7^ Sonnabend, den 1. Dezember I die Aufstellung von Verdiensttabellen der landwirtschaftlichen ! Arbeiter an; möge diese Anregung befolgt werden. — Dortmund, 29. November. Die zwischen Wit ten und Annen gelegene Noburitfabrik ist (wie schon am Donnerstag kurz durch Extrablatt gemeldet) gestern abend in die Luft geflogen; es erfolgten kurz nach 8 Uhr und gegen 9 Uhr zwei gewaltige Eplosionen. Der Ort Annen gleicht einem Trümmerfelde. Die Fensterscheiben im weiten Umkreise bis Dortmund sind zertrümmert. Eine Panik brach in der Bevölkerung aus, welche aus dem Explosions gebiet flüchtete. Man spricht von 300 Toten und Verwun deten, wovon bis I Vz Uhr nachts 3 Tode und 80 Schwer verletzte geborgen wurden. Man befürchtet neue Explosionen. Deshalb ist das Betreten der Unglücksstätte mit größter Gefahr verbunden. — Dortmund, 29. November. Ueber die Explo sion in der Noburitfabrik bei Annen berichtet ein Augenzeuge: um 7'/, Uhr abends war in der Fabrik ein Brand entstanden. Nach der ersten Detonation um 8 Uhr rückten die Mitglieder der Kruppschen Feuerwehr zur Unglücks stätte, sie mußten aber, da man eine zweite Detonation er wartete, gleich wieder abrücken, um sich selbst nicht völlig nutzlos zu opfern. Ein Polizeibeamter aus Witten hatte die anstürmenden Menschenmengen zurückgedrängt und darauf hingewiesen, daß man sich in Sicherheit bringen möchte, als auch schon die zweite Detonation eintrat. Der Beamte wurde von umherfliegenden Eisenteilen schwer verletzt und mußte von der Stelle geschafft werden. In der Steinstraße wurden fast sämtliche Häuser vernichtet. In die Stadt Annen flogen Eisenteile, ohne zum Glück größeren Scha den anzurichten. Die in der Nähe liegende Knappmannsche Gießerei wurde stark beschädigt. Der untere Teil des Tur mes ist ganz abgedeckt. Auch in der Kruppschen Gußstahl fabrik machten sich starke Erschütterungen bemerkbar. Das Dach wurde zum Teil abgedeckt. Die Arbeiter flüchteten ebenfalls. Die erste Arbeit galt dem Aufsuchen der Leichen, soweit dies möglich war. Die Angaben über die Zahl der Verunglückten stieg von Minute zu Minute, bald wurden Hunderte genannt. Zu den an der Unglücksstelle und deren nächsten Umgebung liegenden Toten und Verwundeten konnte man nicht gelangen, da jede Minute neue Explosions gefahr bringen konnte. Von den benachbarten Städten wurde ärztliche Hilfe herbcigeholt. Leichtverwundete sah man in Annen vielfach. — Witten, 29. Novbr. Die Ursache der Explosion konnte bisher noch nicht festgestellt werden und dies wird wohl sehr schwer möglich sein, da die Augenzeugen getötet sind. Der angerichtete Schaden wird auf 2 Millionen Mark geschätzt. — Dortmund, 29. Novbr. Se. Maj. der Kaiser hat für die Hinterbliebenen der bei der Wittener Katastrophe ums Leben gekommenen, sowie für die Verwundeten 25l>00 M. gespendet. — Oesterreich-Ungarn. Im österreichischen Abgeordnetenhause führte die Beratung der Wahl reform zu heftigen Ausfällen des Grafen Sternberg gegen den Monarchen. Als ihn der Präsident ermahnte, die Krone nicht in die Debatte zu ziehen, erklärte Graf Sternberg, er rede ja nur vom König von Ungarn und erklärte schließlich, nachdem er zweimal zur Ordnung gerufen war, wenn die Anhänger der Wahlreform an die Massen appellierten, werde er an die Armee appellieren und die Armee auch gegen die Hofburg treiben, wenn die Hofburg ihn dazu zwinge, worauf ihm der Präsident das Wort entzog. Sofort meldete sich Graf Sternberg von neuem zum Wort zur tatsächlichen Be richtigung. Als er es erhielt, begann er die Angriffe gegen den Kaiser von neuem und schloß mit den Worten: Die Einflußnahme der Krone auf die Verhandlungen des Hauses sei ein verbrecherischer Akt, worauf er abermals einen Ord nungsruf erhielt. Sodann wurde ein deutscher Minoritäts antrag, der die Forderung der Deutschen nach dem Schutz der Wahlkreiseinteilung durch Zweidrittelmehrheit wieder auf nimmt, abgelehnt. — Marokko. Seitens Frankreichs und Spa niens hat eine Entsendung von Kriegsschiffen und Lavdungsmannschaften nach den marokkanischen Ge wässern ftattgefunden. Angeblich soll die Maßnahme dem Zwecke dienen, die von dem Rebellen Raisuli anaezettelten Unruhen im Keime zu ersticken. Sowohl in der öffentlichen Meinung Spaniens wie auch Frankreichs aber macht sich die Besorgnis geltend, als könnten sich dahinter noch weitergehende Pläne der Regierungen beider Länder verbergen, und es ist