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D Mer Tageblatt Anzeiger für -as Erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsblatt. Sprrchskmö« -«r rtt-akcke» «Nt fiuemchm» ö«r Somuag» «achmwags 4—» Uhr. — -»lrgramm-tz-rrff», LagrblaL fturrrzgrdtrg». fernfpreche» SS. gär m»»»rta«gt »iu-»sa«St» Mauuftriptt kam» Vrwühr nicht geleistet werde«. Ar. IN. Sonnabenä, 2ö. Zull ISIS. s. Jahrgang. "Diese Nummer umfaßt 12 Sritrn. Außerdem liegt das.achtseitige illustr. Sonntagsblatt bei. Das Wichtigste vom Tage. Der deutsche Flieger Hirth legte am Freitag mit einem Passagier die Strecke Johanni-« thal-Mannhetm ohne Zwischenlandung in füns Stunden zurück. » Das spanische König-Paar traf am Freitag mor gen i n Pari» ein und wurde vom Präsidenten Poincare empfangen. * Die Balkanverb Sudeten haben trotz der dring lichen Vorstellungen Rumänien-, Rußlands und Oesterreich-Ungarn- «inen Waffenstill stand abgel^hnt.*), Di« britische Regierung beabsichtigt die Ent sendung «ine- strieg-schiffe» an die Küste von Mexiko, um die gefährdeten Interessen der Ausländer zu, schützen. Auf den Domtnion-Explosidwerken in B« loeil (Kanada) wurden bei einer Explosion acht Menschen getütet und etwa hundert ver letzt.*) * Präsident Wilson wird in der nächsten Session de» amerikanischen Kongresse» ein« Antitrust, gesetzgebung einbringen. »> oiähere« fleh« an ander«» Stell«. .IE- Mutmaßliche Witterung am 27. Juli: OstMinde, aufheiternd, wärmer, nachlassen de» Niederschlages. -dH Frankreich vor äer Deckungsfrage. Nicht ohne einigen Humor werden wir Deutsche in diesen Tagen nach Frankreich» Parlamentsdebatten hin überhören. ES ist ja eigentlich nicht sehr edel, aber immerhin menschlich verzeihlich, sich mit besonderem Be hagen selbst im sicheren Hafen zu finden, wenn andere noch draußen mit Wind und Wellen zu kämpfen haben. Und es sind so ziemlich die gleichen Winde und die gleichen Wellen, di« der französischen Deckungsfrage end gegenwirken, wie wir sie bet un» zu Land« zu über winden hatten. GS ist eben eine alt« Erfahrung, daß die Begeisterung für alle Ideale, auch für di« patrioti ¬ schen und militärischen, verhältnismäßig leicht ist, bis «s an den Kostenpunkt geht. Da liegt dann stets die Bev- ,fuchung nahe, an den Patriotismus der andern etwa» lauter zu appellieren, als an den eigenen. Für Frank reich war die Rüstungsfrage erheblich schwieriger als für Deutschland, da sie bet dem Mangel an tauglichen jungen Männern nur durch eine Mehrbelastung der sch ondienenden geliöstwerden konnte. Die Deckungs frage dagegen sollt« unser» westlichen Nachbarn eigent lich um so leichter fallen, da sie ein reiche» Volk sind und bei ihnen auch der Gegensatz zwischen Reich und ^Bundesstaaten wegfällt, der bei un» der Einführung direkter Reichssteuern so empfindlich im Wege steht. Und trotzdem seihen wir auch im französischen Parlament den gleichen Aufmarsch der Parteien gegeneinander, wie im deutschen Reichstag. Hier direkte, dort in- dlrek'. e Steuern al- Parole; dazwischen vermittelnd die Regierung, die bi» zu IVO Millionen durch eine Einkommensteuer, die Übrigen 800 Millionen durch in direkt« Steuern, zu den«M hier allerdings auch eine Erbschaftssteuer gerechnet wird, decken will. Die Re gierung rechnet bei diesem Vorschlag auf die Treue der Parteien, die auch die dreijährige Dienstzeit angenommen haben, zu denen bekanntlich ein starker Prozentsatz der Rechten gehört. In der Opposition stehen an die Par teien der Linken, die «in« gründliche gtnanzreform und eine erhebliche Vermehrung der direkten Steuern fordern. JnSbesonder« wünschen sie die Ein führung einer vermögen-steuer. Sie können sich dabet auf di« feierlichen Erklärungen berufen, die Poin- care bet Antritt seiner Präsidentschaft abgegeben hat, worin ausdrücklich eine Ftnanzreform im Sinne größerer steuerlicher Gerechtigkeit zugesagt Wurde. Und diese Rich tung entspricht ja auch dem allgemeinen Lauf der Dinge bei den Kulturvölkern. Je politisch aufgeklärter sie wer den, ftm so besser lernen sie auch in Steuerfragen Rechnen uttd sehen ein, daß die Indirekte Steuer zwar weniger auffällig, aber dafür um so reichlicher von der Masse des Bolles erhoben wird. Diese Erkenntnis war übrigen» in Frankreich schon zur Zeit der großen Revolution lebendig. Man ersetzte pastNalS alle Indirekten Abgaben durch direkte. Man vergaß aber später, diese direkte Steuer entsprechend der steigenden Steuerlast und dem wachsende» Steuer bedürfnis de» Landes wetterzuentzvickeln und ergänzte sie statt dessen nur Wieder durch lauter indirekte Steuern. So kam e», daß Frankreich in der Belastung der Massenkonsumarttkel durch indirekt« Steuern und Zölle noch über Deutschland steht und sich von England damit recht ungünstig abhebt. Branntwein, Wein, Zucker, Salz u. a. muß gehörig bluten. Der Labak ist Staat-Monopol. Kuriositäten wie Fenster-, Rad- und Streichholzsteuern sind ja auch innerhalb der deutschen Grenzen teil» allgemein, teils in einzelnen Bunpesstaaten bekannt. Man kann also Wohl sagen, daß Frankreich eine gründliche Finanzreform womöglich noch nötiger braucht, als Deutschland. Bei un» hat die jüngste 'Heeresvorlage mit der Annahme der Ver- mögenHzuwachssteuer einen Anfang solcher Reform ge bracht. ES wäre im Interesse de» allgemeinen Fort schritts der Menschheit, auch in der staatlichen Finanz- organisation nur mit Freuden zu begrüßen, wenn Frantz' reich dem guten Betspiel — auch auf Amerika» Zoll erleichterung kann man dabei Hinweisen — folgen Wollte. Denn bei der lebhaften Berührung aller modernen Staa ten untereinander Wirkt natürlich die Verfassung des einen auf die des andern ein. Der Botschaft des Präsi denten Poincare darf deshalb mit denselben guten Hoff nungen Erfüllung gewünscht werden, wie der des Präsi denten Mklson. Lin bayrisches Dementi äer angeblichen BallinrZntrige. Die Bayrische Staatszeitung schreibt hochaffiziös: Die Presse beschäftigt sich weiterhin mit dem Telegramm, da» «in Beamter der Phöntz-Transportgesellfchrft am 12. Juli von Genua au« an den Reichskanzler gesandt Hatz Genevckldtrok- tor Ba l li n hat bereit» Anlaß genommen, seinerseits gegen verschiedene in jenem Telegramm enthaltene Wendungen Stellung zu nehmen. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß seine Darlegungen vollkommen der Wahrheit ent sprechen. Es ist bei der im Ministerium de» Aeuheren in München zwischen Herrn Ballin und dem Ministerpräsi denten Frhrn. v. Kettling geführten Unterredung weder von geschäftlichen Interessen der HaMburg-Amerika-Linie, noch von Marktredwitz die Rede gewesen. Aus der Dust Aegrffftu ist ferner die Behauptung des erwähnten Telegramm», es seien dem Ministerpräsidenten Frhrn. v. Kettling von Herrn Ballin Versprechungen irgendwelcher Art gemacht worden für den Fall, daß Bayern den Unternehmungen der Phönix- Gesellschaft Schwierigkeiten bereite. Hieraus ergibt sich auch die völlige Unhaltbarkeit der Erzählung, die der genannte Beamt? der Phönix-Gesellschaft dem Vertreter eines hiesigen Blattes über ein vom Ministerpräsidenten Frhrn. v. H-ett- ling in Berlin geführtes Gespräch zum Besten gegeben Hatz Demgegenüber gibt der Generalbevollmächtigte der Phönix-Gesellschaft F. I. Maier in der Münch. Zeitung folgende Darstellung der Angelegenheit, über die nur durch die in Aussicht gestellte gerichtliche Verhandlung völlig« Klarheit geschaffen werden kann: Vor sieben Jahren wurde, angeregt durch die Hamburg-Amerika-Linie und dem Nord deutschen Lloch), von der bayrischen Regierung die Kanttoll- «l Die Motte. Skizze von Adolf Mark. Nochd.ua u««d»I«n. Montagne, der Karikaturenzetchner, hatte für Vie kleine Diaschinenschreiberin den Spitznamen die Mott« geprägt, und die ganze Mdaktion akzeptierte sofort die Bezeichnung, wie man eben gern und willig ein neues Wort in seinen Sprachschatz aufniMmt, das geeignet ist, das Wesen einer Sache oder einer Person treffend und kur- zu bezeichnen. Der Ausdruck bezog sich übrigens nicht etwa aus ihr Neußer«; sie trug ebenso bunte Blusen und einen «den so großen Hur mit einer billigen Sttautzfeder, wie die meisten andern Schreib- und Ladenfräulein». Aber ihr Aeußere» und Mehr noch ihr Wesen rechtfertigten die Bezeichnung. E» war sozu sagen Gesetz in der Redaktionsstub«, daß Famel, der Feuille tonist und Lyriker, sich sofort in jede Dam» verliebt», di« in den Verband der Zeitung eintvatz Die»mal wies er di« Neckereien entrüstet von sich: Nein, wirklich nicht! Herr gott, es ist ja begreiflich daß man sich einmal in ein häß liche» Weib verlieben kann. Schon wegen de» aparten, mei netwegen perversen Reize». Und dann find die Häßlichen meist viel klüger al» die Schönen. Mer dies« dck, die Motte, die ist ja gar kein Weibsbild, di« ist überhaupt k«in Men- de» Wesen, di« ist nur ein Schemen, grau in grau, ein Wesenloses, da» einem zwischen den Händen zerfließt. Sagt einmal, ist jemand unter Euch der jetzt im Moment sagen könnte, wa» für Farbe ihre Augen und ihr Haar haben? Und tatsächlich, obgleich sie alle durch Wochen tagtäglich di« Mott« gesehen Hatten, war «» kein« imstande. So wenig Eindruck hatte fie auf die Männer gemacht. Auch Lavier, der Chefredakteur, zu dessen persönlichen Dtenstleistungen Fräulein Laroche bestimmt war, beobachtet» st, ansang» gar nicht. Die dick« Zigarr« im Mund,, di« Hände in den Hosen- taschen, stampfte er in seinem ArbetttMmer auf und ab, zwischen den Zähnen, di, di« Zigarre Hielten, di, Wort, hervorstoßend, au» denen sich di, glänzenden Perioden fei ner berühmten und gefürchteten Leitartikel aufbaUten. Weh«, wenn di« Maschinenschreibertn es wagte, feinen Gedanken- gang durch die Frage nach einem unverstandenen Worte zu unterbrechen. Das machte ihn wütend. Er behauptet«, daß seine Arbeit schlecht werde, ein Stückwett, «in zusammen- gewürfelter Worthaufe, wenn er den Artikel nicht ohne Unterbrechung in einem Zuge diktiere. Die Motte war eine tadellose Mitarbeiterin. Noch nicht einmal hatte sie den Chefredakteur in Wut gebracht. Freilich, er merkte es kaum; sie war für ihn nichts anderes, als ein toter Gegen stand ein Bestandteil der Schreibmaschine, an der sie stun denlang saß, ohne auch nur einmal stch nach ihm umzuschauen, ohne auch nur einmal mit ihm zu kokettieren, wie die mei sten ihrer Vorgängerinnen c«tan hatten. Bisweilen, wenn er besonder» guter Laune war, wa» stets dann eintvat, wenn einer fein« Artikel in der gegnerischen Press« «in wütende» Echo erweckt halt«, plauderte er mit seinem Schreibmaschinen fräulein ein« Viertelstunde, «he er auf» neue an di« Arbeit ging. Eigentlich waren e» mehr Selbstgesprächs, denpi nie- mal» hatte «ine» der Mädchen daraus etwa» geantwortet. Darum war er auch sehr erstaunt, al» eine» Tage» di« Motte bei «iner solchen Gelegenheit ruhig, ohne ihm auch Mur da» Gesicht zuzuwenden, sagte: Sie hüben vecht, Monsieur Lavier, di« Entgegnung in der Sgalite war lächerlich und vumM. Ich hätte sie ganz anderegeschriebenl Amüsiert Über diest Wort« fragt« Lavier: So, so, und darf ich fragen, wa? Sie geschrieben hätten? Sie überhörte wohl absichtlich den Spott, der insetner Frage lag, und gab ihm ruhig Antwort. Dl, logische Schärfe ihrer Darlegungen, die knappe und doch präzis« Art ihrer Rede, alle» die»' setzt« ihn in Erstaunen und imponierte ihm beinahe. Er trat -cknz mH« an st« heran, schob ihr die -and unter» Kinn Und sagte: Laß einmal schauen, Kind, wa» für «in Gesicht unter dieser klugen Stirn steckt. Weiß Gott, ich weiß noch nicht einmal, wie du aussichst. Mit einer einfachen veweguing, di» nicht» Schroffe» an sich hatte, aber bei ihrer Entschieden heit jede wettere Vertraulichkeit ausschloß, entzog ste sich fei- ner Hand und sagt« kurz: Herr Redakteur,«» witd Zett, daß wir anfangs», sonst wird der Leitartikel nicht mehr recht zeitig stetig. Ahr« Sprödigkeit ärgerte ihn; er «ar bet den Frauen «ine andere Behandlung gewöhnt. Die gchitze nächste Woche war «r wortkarg und barsch Sie Wen es nicht zu bemerken. Ruhig und unbewegt verrichtete sie'ihren Dienst. Di«» Benehmen reizte ihn. Gr ertappte sich dabet, daß er sehr häufig an die Motte denken Mußte. Während des Dik tieren» hatte er seine Gedanken nicht recht beisammen. Seine Arbeiten erschienen ihm selbst -e,fahren und schwach Eine» Tages isqgte er, mitten während de» Diktierens: Das ist ein schöner Blödsinn, was ich da zufammenschreibe. Wenn der Redakteur der Egalite nicht ein solcher Idiot wäre, würde er mich in der Äst zerpflücken. Sie wandte sich um und blickte ihn, -um ersten Male, voll an. Sie hatte große, graue, beinahe imedallffch schimmernde Augen, deren kalter Glanz etwa» Grausames, Katzenartiges hatte, und erwiderte: Ihre ganze Größe besteht ja Mr darin, Monsieur Lavier, daß Ihre Gegner gar so klein sind. Gulliver unter den Lili putanern! Waren es di« kühnem Worte, war e» sonst etwa» Un definierbares, was ihn reizt«, plötzlich hatte er st« umschlun gen und küßte st« auf den Münd, ehe st« sich wehren konnte. Ruhig erhob sie stch: Monsieur, da» Recht, mich zu küssen, hat nur mein zukünftiger Mann. Werden Sie mich heiraten, Monsieur Lavier? Gr lachte ihr in» Gesicht. Wottlo» setzte sie ihren Hut auf,' warf ihr Jäckchen über den Atm und ver lieh da» Bureau. D«r Redakteur war ärgerlich über stch selbst, daß er sich -u solcher Dummheit hatte hinreißen lassen, über di« Mott«, weil fie so prüde und überlegen btt. Und dabei imponierte st« ihm, obgleich er «-sich nicht eingestthen wollt«. Fräulein Laroche kam am nächsten Tiqge Michi wie- der. Ein« Nachfolgerin war »war rasch gchtnden» aber sie befriedigte die Ansprüche Lavier» in keiner Weist, vielleicht «ar die» der Grund, daß er an di« unscheinbar« Mott» km Verlauf der nächsten Woche mehr denken mußte, al» er je an «in Weih gäacht hatte. Dgzu kam, daß sein« Artikel ihn durch»«» «ich befriedigten. Er fühlt» «», daß er nicht so gut schrieb, wie früh«,. Ein Glück, daß sttne G«äner An- putaner waren. Md dann plötzlich etwa «im» Woche nach dem Austritt FräuttiOvarochw, «Wen in d« Ggalitt auf einen seiner Artikel «ine Antwort, st hchatf und bstßAch<