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Wochenblatt für Wilsdruff, Thurmd, Nossen, Eiebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den StadtraH daselbst. — Vierteljährlicher Pränumerationspreis 10 Ngr. — Jnsertionsgebühren für den Raum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf.— Annahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden mit großem Dankx angenommen, nach Befinden honorirt. 20. Ireilag, den 1. Mai ? 1808. Tagcsgcschichte. Dresden. Die Zweite Kammer hat auf den Antrag des Abg. Mammen 20 Millionen zur Verwendung für die beschlossenen Staats- cisenbahncn bewilligt, welche durch eine vierprvccntige Anleihe aufge bracht werden sollen. Der nach seinem Attentate auf den Kronprinz von Sachsen sofort in das Stadtkrankenhaus gebrachte v. Wittern befindet sich immer noch daselbst, vcrräth aber keine einer bcsondern Aufsicht be dürfende Geistesstörung und ist sich seiner That bewußt. Das „Dr. I." berichtet: Der Markthelfer Rädel von Dresden, welcher seit Kurzem unter Mitnahme einer bedeutenden, scinein Dienst- Herrn entwendeten Summe Geldes flüchtig geworden ist und deshalb steckbrieflich verfolgt wird, ist in Bremen aufgegriffen worden und hat man bei demselben auch den größern Theil des entwendeten Geldes vorgefunden. Der Dorfzcitung zufolge betrug die betreffende Lumme 1500 Thlr. und eine Albertsbahnactie. In den letztvcrflossenen Tagen gab es in Leipzig ein über alle Maßen reges Leben auf den "Bahnhöfen der dort mündenden fünf Eisenbahnen. Die 271 Droschken, welche Leipzig aufzustellen hat, reichten oft nicht aus, namentlich wenn zwei Züge zu gleicher Zeit auf den verschiedenen Bahnen eintrafcn. Der erheblich vermehrte Verkehr bewirkte sogar, daß die Züge die richtige Ankunftszeit nicht einhalten konnten. An einem einzigen Tage langten circa 12,000 Personen an. Aus dem Bahnhof in Döbeln wurde am 26. d. M. Abends einem Herrn Julius Vierast eine Geldtasche mit ca. 4000 Thalern Meist in Wechseln auf Leipziger Bankhäuser gestohlen. Am 19. April Abends in der zehnten Stunde versuchte der 25 Jahr alte ledige Gutsbesitzer Bohne in Wickershain die beim da- sigen Gutsbesitzer Trenkmann dienende Wilhelmine Hermann, gebürtig aus Nanenhain, in einem Teiche zu ertränken. Bohne hatte die voll ihm schwangere Hermann zu einem Spaziergange aufgefordert und dieselbe dann zu einem bei Wickershain befindlichen Teiche geleitet, in welchen er dieselbe kopfüber stürzte. Die Hermann versuchte sich zu retten, doch jedesmal, wenn sie das Ufer erreicht hatte, stieß Bohne dieselbe mit den Füßen wieder zurück, und nur durch ihr fortgesetztes Geschrei wurde Bohne endlich von seinem scheußlichen Vorhaben abzustehen gcnöthigt und sie dadurch gerettet. Bohne ist am 21. dem Gerichtsamt Geilhain überliefert worden. NV" Die kurhcssischen Thalerscheine werden am I.Jan. 1860 ungültig. .. Der König von Preußen hat das Zollparlament im Weißen Saale seines Residenzschlosses eröffnet. In seiner Rede kün digte er die gemeinsame Besteuerung des Tabaks an und sprach Hoff nung auf Erhaltung des Friedens durch vereinte deutsche Kraft aus. Man muß es den Norddeutschen lassen, daß sie sich den Süd deutschen Brüdern immer mehr nähern. Die Berliner haben am 2ten Österfeicrtagc aus dem Bock 311 Eimer des edelsten Gerstensaftes vertilgt, am folgenden Tage brachten sie's zu nahezu 400 Eimern. Auch im bösen Bruderkriege von 1866 konnte der unbefangene Be obachter in manchem Städtlein nicht sagen, ob die Preußen oder Bayern den größern Durst entwickelten. So hören doch wenigstens die deutschen Biersticheleien auf. Die Befestigungsarbeiten an der Nordsceküste sollen im Ver lauf dieses Sommers so weit irgend möglich gefördert werden, und um die Mittel dazu flüssig zu machen, werden die für dieses Jahr in Stettin, Koblenz und noch mehrer» andern festen Plätzen projec- tirten größeren Festungsbauten entweder vorläufig ganz abqesetzt oder doch aus das unbedingt Nothwendige beschränkt werden. Die Nord seeküste erscheint allerdings als die Achillesferse des nordeutschen Staats körpers und ihre Sicherung muß demzufolge als eine der nächstnoth wendigen Aufgaben betrachtet werden. Es würde diese Küste sür den Fall des Eintritts kriegerischer Ereignisse zu ihrer Sicherung aber zu gleich sehr bedeutende militärische Kräfte in Anspruch nehmen und in noch erhöhtem Maße gilt dies von den Elbherzogthümcrn, wo die Befestigungen von Düppel und Alfen allein eine Garnison von min destens 24 Bataillonen beanspruchen. — Diese Befestigungsarbeiten stören indeß die Neigung zum Frieden nicht, die jetzt glücklicher Weise einmal entschiedener aufzutreten scheint, weil mit dem einzig ersprießlichen Mittel: — der Entwaffnung. „Wolff's Tel.-Bür." brachte zunächst diese Kunde und bestätigte sie unterm 24. April als aus zuverlässiger Quelle. — Demi widersprach am 25. zwar die „Krzztg.", indem sie alle Gerüchte über bevorstehende Entlassung von Mannschaften für falsch erklärte. Dagegen bringt aber am 26. das „Militärwochenbl." eine Nachricht, aus der hervörgeht, daß die „Kreuzzeitung" vorher nicht gehörig unterrichtet gewesen ist. Das „Militärwochenbl." ist sedenfalls eine vollkommen zuverlässige Quelle und sie bestätigt heute, daß bereits am 1. Mai Reduc- tionen in der Friedensprüsenzstärke der Armee eintreten werden, welche, wenn schon nicht tief eingreifend, immer hin documentiren, daß die maßgebenden Kreife die poli tische Situation als durchaus friedlich betrachten. Zu dem Besten und Wichtigsten, was neuerdings geschaffen wor den, gehören die Verträge des nordeutschen Bundes mit Nord amerika. Hüben und drüben wurden diese Verträge mit größter Gunst ausgenommen, sie räumen dem lebhaften, freundlichen Verkehr viele Hindernisse aus dem Wege und bilden ein Band friedlicher und energischer Gemeinsamkeit unter Deutschen und Amerikanern. Schon jetzt fürchtet Napoleon, daß die Amerikaner in einem großen Kriege Bundesgenossen Deutschlands sein werden, und diese Besorgniß ist nicht das letzte Bedenken, das ihm die Entscheidung schwer macht. Kaiser Napoleon und Kaiserin Eugenie sind untröstlich. Ihr Sohn hat den ersten selbstständigen Pröbeausflug in die Provinz unternommen und ist beim Volke durchgefallen. Jn Cherburg wurde der junge Prinz lau, in Brest eiskalt ausgenommen und kehrte sofort nach Paris zurück. Der junge Prinz soll'gutmüthig, aber phegmatisch und ohne Geist sein, es fehlt ihm der französische Character, er läßt die Leute kalt. In London sind zwei wichtige telegraphische Nachrichten einge troffen: 1) vom Kriegsschauplatz in Abessynien: Magdala ist von den Engländern genommen, alle christlichen Gefangenen sind befreit, König Theodor ist gctödtet. 2) In Siduei in Australien wunde Prinz Alfred von einem irischen Fenier O'Farrel in den Rücken geschossen. Der Thäter ist verhaftet und geständig, die Kugel her ausgezogen und der Zustand des Prinzen bis jetzt unbedenklich. Der Feldzug der Engländer in Abessynien ist vorstehen den telegraphischen Nachrichten zufolge mit einem raschen unerwarte ten Erfolge gekrönt worden, der der dabei entwickelten Energie des dort befehligenden General Sir Robert Napier alle Ehre "macht. So weit die Depeschen vorliegen, lassen sie erkennen, daß am 13. April in der Nähe Magdala's eine Schlacht geschlagen wurde, die mit einer entschiedenen Niederlage König Theodors endete, während die Engländer nur geringe Verluste dabei erlitten haben wollen. Weiterhin ist aber noch nicht recht klar, ob Theodor infolge dessen freiwillig die Gefangenen zurückließ, ehe er selbst nach Magdala flüch tete, oder ob er gezwungen war, sie im Stiche zu lassen, es lauten hierüber die Depeschen abweichend. Nach der Schlacht bei Magdala erstürmte Sir Robert Napier die Festung am andern Tage, wobei nach der einen Meldung Theodor im Gefecht gefallen ist, während