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MlsdmfferTageblatt Amis-' Älatt für die Königliche Amishaupimannschast Meißen, für das Königliche Amtsgericht und den Sta-trat zu Wilsdruff Iorstrentamt zu Tharandt. postscheck.K°nt°- L-ip-ig Nr. -«614. sowie für das Königliche Fernsprecher: Ami Wilsdruff Nr. 6. Sonnabend den 9. November I9!8 Nr. 262 77. Jahrg Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend. Erscheint seit dem Lahre 1841. InfettwnaprelS pfg. für ble s-gespaltcnc Korpuszelle oder deren Raum, Lokalpreis Pfg., Reklamen Pfg., alles ml! o"/« Teuerungszuschlag. Zeitraub und tabellarischer Sah mit so"-" Aufschlag. Bel Mederbolung und Jahresumsätzen entsprechender Nachlaß. Bekanntmachungen im amtlichen Teil tnur von BehSrdenI dle Gpaltzeile «> Pfg. bez. 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Die neue Note des Präsidenten Wilson behandelt nicht die Waffenstillstandsbedingungen, wie man bei uns zulande allgemein erwartet hat, sondern gewissermaßen die Stellungnahme der Verbündeten zu den Vorfragen des Friedens. Im übrigen stellen sie uns anheim, wenn wir diese Stellungnahme grundsätzlich an erkennen, Unterhändler zu dem französischen Gene ralissimus zu senden- der Vollmacht hat, sie „von Len Waßeustillstandsbedingungen in Kenntnis zu setzen". Es ist also ein Irrtum, wenn manche deutsche Zeitungen schreiben, die Waffenstillstandsoerhandlungen könnten jetzt beginnen. Nach der Auffassung unserer Gegner, die klar und unmißverständlich in der letzten Wilsonschen Note zum Ausdruck kommt, kann es sich lediglich um eine Friedens aussprache handeln, nicht um eine Auseinandersetzung über die Bedingungen des Waffenstillstandes, die wir nach den Vorschlägen Marschall Fochs entweder annehmen — oder ablehnen müssen. Bis zuin Bekanntwerden der letzten Note aus Washington gab es in Deutschland viele Zuversichtliche, die da glaubten, Präsident Wilson werde sich mit seiner ganzen Machtfülle für den Nechtsfrieden einsetzen und seine Bedingungen der Entente aufzuzwingen wissen. Der Wortlaut der Note läßt keinen Zweifel darüber, daß Wilson bei den Beratungen in Versailles unterlegen ist. In seinen 14 Punkten spielte die Freiheit der Meere eine bedeutsame Rolle, ja, diese Forderung war es letzten Endes, die wir als Ausgleich für manche Selbstbescheidung betrachteten, die uns die Annahme des Wilsonprogramms auferlegte. Nun aber erklärt der Verband — ganz offensichtlich unter dem Drucke Englands, daß es diesem deutungsfähigsten Punkte nicht vorbehaltlos zustimmen könne, seine endgültige Stellungnahme vielmehr erst auf der Friedenskonferenz bekanntgeben wolle. Die Idee, die für uns eine der wesentlichen des ganzen Krieges war, wird damit der Debatte entzogen, well England seine unbeschränkte See herrschaft, die mit dem Ausgang des Krieges ins Maßlose gewachsen ist, nicht preisgeben will. Offenbar hat Wilson seinen Standpunkt — er forderte bekanntlich absolute Freiheit der Meere — nicht durch setzen können, wie aber aus dem Wortlaut der Note hervorgeht, hat er der Auffassung der Verbündeten nicht zugestimmt; denn der letzte Absatz erklärt ausdrücklich, daß der Präsident dem letzten Teil des Memorandums, der von der Wiederherstellung in den besetzten Gebieten handelt, zugestimmt habe. Es ist also immerhin möglich, daß wir auf der Friedens konferenz in der Frage der Freiheit der Meere nicht nur die neutralen Staaten, sondern auch Amerika auf unserer Seite finden, so daß wir in diesem Punkte noch mancherlei für uns und die übrige Welt retten können. Was nun die Wiederherstellung anbelangt, so hat der Verband diesem Punkte des Wilsonprogramms eine Aus legung gegeben, die ihm auf Umwegen eine erhebliche Kriegsentschädigung verschafft, nnb die für Deutsch land den wirtschaftlichen und finanziellen Ruin bedeuten würde, wenn nicht unsere Unterhändler mit allem Nach druck Gegenforderungen geltend machen. Die Gegenforderungen! Daß wir solche haben, ist unbestreitbar, daß wir sie geltend machen dürfen, ebenso. Da kommen zunächst die Schadeiisersatzansprüche in Be tracht, die wir infolge Vernichtung von Werten zu Lande, zu Wasser und durch Angriffe aus der Lust erlitten haben, dann aber muß auch jener Schaden berechnet werden, der uns in den Kolonien zugefügt worden ist und nicht zuletzt der Verlust, den wir durch Englands Hungerblockade erlitten haben. Man sieht, den Friedensunterhändlern bleibt ein weites Feld und innerhalb des Wilson programms gibt es viele Auslegungsmöglichkeiten. Dabei darf nicht verkannt werden, daß wir auf der Friedens konferenz ganz allein einem Kranz von Feinden gegenüber stehen werden und unsre ganze Unterstützung wird dann — Präsident Wilson sein, wenn anders er vor dem Angesicht der Welt sein Wort einlösen will, daß der Weltkrieg mit einem „Rechts"- nicht mit einem „Macht"frieden schließen müsse und daß es weder Sieger noch Besiegte geben dürfe. Aber auch unsere erbittertsten Feinde — Frankreich, England und Italien — muß die Erwägung leiten, ob sie ein durch finanziellen Zusammenbruch, durch Hunger und wirtschaftliche Vernichtung zur Verzweiflung ge triebenes Deutschland als krankes Glied in den neuen Völkerbund des Friedens und der Freiheit aufnehmen wollen, ob ein Deutschland, dem ein wesentlicher Teil der Gesamtkriegskosten, die sich auf etwa 1000 Milliarden belaufen, aufgebürdet ist, nicht ein Keim der Krankheit wäre, der den Organismus des neuen Bundes von oorn- yerein zum Siechtum verurteilen würde. Man steht, die Vorfragen des Friedens sind nicht so einfach zu lösen, als mancher glaubt, der Wilsons neueste Note flüchtig liest. Deutscher Funkspruch an Koch. Antwort von der französischen Front. Berlin, 7. November. Amtlich wird gemeldet: Folgender Funkspruch ist diese Nacht von deutscher Seite hinauSgegangcnr Die dentsche Oberste Heeresleitung auf Anordnung der Regierung an Marschall Foch! Nachdem die dentsche Regierung im Auf trage des Präsidenten der Vereinigten Staaten benachrichtigt worden ist, das? Marschall Foch ermächtigt ist, beglaubigte Vertreter der deutschen Regierung zu empfangen, um ihnen die Waffenstillstandsbedingnngen mitzuteilen, sind folgende Bevollmächtigte ernannt worden: General der Infanterie v. Gündell, Staatssekretär Erzberger, Gesandter Graf Oberndorfs, General v. Winterseldt, Kapitän z. S. Vanselow. Die Bevollmächtigten bitten um Mitteilung durch Funkspruch, wo sie mit Marschall Foch zusammentreffen können. Sie werden begleitet sein von Kommissaren und Dolmetschern nebst Unterpersonal und im Kraftwagen an dem zu bezeichnenden Orte eintreffen. — Die deutsche Re gierung würde es im Interesse der Menschlichkeit be grüßen, wenn mit Eintreffen der deutschen Dele gation au der Front der Alliierten vorläufig Waffen ruhe eintreten könnte. Marschall Foch hat darauf gefunkt: An das deutsche Oberkommando von Marschall Foch. . Wenn die deutschen Bevollmächtigten mit dem Marschall Foch Wege» des Waffenstillstandes zusammrntreffcn wollen, mögen sic sich bei den französische» Vorposten auf der Straße Chiray—FonrmieS—L« Capelle rinfindcn. Es sind Befehle erlassen, sie zu empfangen und an den für die Zusammenkunft bestimmten Ort zu geleiten. * Rotterdam, 7. Noo. Der „Nieuwe Rolterdamsche Courant" meldet aus zuverlässiger Quelle, daß die deutschen Unterhändler schon bei Foch eingetroffen sind. Berlin, 7. Noo. Hier Hoffr man, daß die Waffen ruhe noch im Lauft des heutigen Abends oder der heutigen Nacht eintreten kann. Wird sie bewilligt, so ist aller mensch lichen Porausstcht nach heute der letzte Schuß an der West front und damit im Weltkrieg überhaupt gefaken. > * Die deutschen Unterhändler. General der Infanterie v. Gündell hat während des Krieges ein Reservekorps befehligt. Er war früher Ober- auartiermeister und Direktor der Kriegsakademie. Die Auswahl des Staatssekretärs Erzberger geschah uuter dem Gesichtspunkt, daß er im Auslande als Vorkämpfer eines VerständigungsfrieLens gilt. Graf Oberndorfs, der zuletzt Gesandter in Sofia war. ist diplomatischer Beirat der Ab ordnung. General o. Winterseldt ist seit längerer Zeit Vertreter der Obersten Heeresleitung bei der Reichs regierung. Kapitän Vanselow endlich, der schon wieder holt an marinepolitischen Verhandlungen teilgenommen hat, bearbeitete während des Krieges die marinepolitischen Seekriegs- und Völkerrechtsfragen. * Waffenstillstand und Thronfrage. Was die Sozialdemokratie fordert. Die sozialdemokratische Neichstagsfraktion hat am Mittwoch gemeinsam mit Angehörigen des Parteiausschusses eine Sitzung abgehalten, die mehrere Stunden währte. Nach eingehender Aussprache wurden folgende Forderungen aufgestellt: Sofortiger Waffenstillstand, Amnestie auch für militärische Vergehen, unverzügliche Demokratisierung der Regierung und Verwaltung auch in Preußen und allen anderen Bundesstaaten. Die Parteileitung wurde ferner beauftragt, dem Reichskanzler mitzuteilen, daß Partei ausschuß und Reichstagssraktion die von der Parteileitung in der Kaiserfrage getroffenen Schritte billigen und die schleunigste Erfüllung dieser Forderungen verlangen. * Streitpunkte unter den Verbündeten. Aus den in der französischen Presse auszugsweise ver öffentlichten Berichten über die Verhandlungen in Versailles geht hervor, daß zwischen den Vereinigten Staaten und den übrigen Verbandsstaaten verschiedene Streitpunkte be standen. Wilson forderte die allgemeine aleichmäßiae Ab rüstung, die der Verband nur für Deutschland gelten lasten will. Ferner wurde von amerikanischer Seite nach drücklichst darauf verwiesen, daß mit der Einstellung des U-Boot-Krieges auch die Hungerblockade Englands aufhören müsse, die Wilson für ungesetzlich halte. — Als von amerikanischer Seite auf die Lage der Verbündeten ohne die Hilfe Amerikas verwiesen wurde, meinten die italienischen Vertreter, daß Italien jetzt in der Lage sei, die amerikanische. Hilfe zu ersetzen! — Der Verband will sich offenbar der führenden Hand W»wus entwinden. Kriegsentschädigung in Naturalien? Nach der Londoner „Morning Post" machen die Alliierten Deutschland den Vorschlag, es möge einen Teil der Kriegsentschädigung in Naturalien entrichten. Die Kohlenbergwerke Westfalens und der Rheinprovinz sollen ihre Produkte nach Italien schicken. Eine militärische Besetzung feindlicher Gebiete soll die Ausführung der ein- gegangenen Verpflichtungen garantieren. — Im Verfolg dieses Gedankengauges schätzen Entente-Sachverständige den Wert der deutschen Bergwerke auf 200 Milliarden Pfund Sterling (4000 Milliarden Mark!). Sie sind der Ansicht, daß auf dieser Grundlage die Leistung von Entschädigungen durch Deutschland in jeder Höhe möglich sei. Die Kolonialfrage. Aus Pariser Blättern geht hervor, daß Wilson die englischen Annexionsabsichten auf die deutschen Kolonien bekämpft. Es wird deshalb do «Zprochen, einen Teil der Kolonien Amerika zu üb- ^a, wofür sich Wilson bereit erklären mußte, der Annexion zuzustimmen. — Da solche Regelung der Kolonialfragen in striktem Gegensatz zu Wilsons Programm sicht, ist kaum anzunehmev. daH die Entente ihre AMckt«- kurchteA Die Auffassung des Kaisers. Wie aus Budapester Blättern ersichtlich wird, hat sich der Kaiser hinsichtlich der Abdankungsfrage entschieden auf den Standpunkt gestellt, daß er mit Rücksicht auf die Auf rechterhaltung von Ruhe und Ordnung auf seinem Posten bleiben müsse. Der Minister des Innern Dr. Drews hat dem Kaiser über die Scheidemannschc Forderung nach Abdankung deS Kaisers Bericht erstattet. Bet seiner Rückkehr aus dem Hauptquartier teilte Dr. Drews mit, daß seine Mission er folglos geblieben sei. Scheidemann hatte das Verhalten seiner Partei damit begründet, daß, wenn Kaiser Wilhelm nicht abdanken würde, die Unabhängigen Sozialisten die Thronfrage auf werfen und die Einführung der Republik fordern wollten. Die Regierungssozialisten würden dann gezwungen sein, Schulter an Schulter mit den Unabhängigen Sozialisten zu kämpfen. Der Kaiser erklärte, daß er mit Rücksicht auf die jetzige verworrene Lage freiwillig unter keiue» Umständen seinen Platz verlassen werde. Er könne Deutschland im Augen blick des Friedensschlusses unmöglich der Entente aus-- liefern. Seine Abdankung würde eine völlige Anarchie und ein Überhandnehmen der bolschewistischen Ideen zur Folge haben. Für solche furchtbaren Zustände wolle er nicht die Verantwortung übernehmen und deshalb im gegenwärtigen Augenblick nicht abdanken. Bayerische Vorsichtsmaßnahmen. Innsbruck, 7. November. Den „Innsbrucker Nachrichten" zufolge hat das bayerische Kriegsministerium in München dem Präsidenten des Tiroler Nationalrates am 5. November, '/a11 Uhr nachts, folgende Depesche übermittelt: Die Waffeustillstandsbedingungen zwischen Österreich und der Entente zwingen nns zur Sicherung unserer LandeSgicnze», Truppen nach Nordtirol zu schicken. Gleich zeitig sollen diese Truppen mithelfen, um den Abzug auf gelöster Teile des österreichischen Heeres nach Osten zu ordnen und daS Land vor Zuchtlosigkeit zu schützen. Unsere Vorhnten überschreiten am 5. 11. die Grenze und starke Kräfte werden folgen. Wir kommen als Freunde und erwarten, daß unS bei unseren Bewegungen kein Hindernis von feiten des deutsch-österreichischen Nationalrates und der österreichischen Kommandobehörden in den Weg gelegt werde. Sollte das trotzdem der Fall sein, so sind unsere Truppen ange wiesen, sich mit Waffengewalt den Weg zu bahnen. Die „Innsbrucker Nachrichten" bemerken dazu, daß die Bevölkerung Tirols das Eintreffen deutscher Ordnungs mannschaften angesichts der schlimmen Ereignisse, die sich an manchen Orten zugetragen haben, begrüßen werde. — Bei der Durchfahrt der bayerischen Truppen durch Salz burg legte sowohl der Statwnskommandant als der Nationalrat schriftlich Protest ein.