Volltext Seite (XML)
MlsdrufferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Oas .Wilskrusiei- Togrdlol!» erscheint on ollen Merklogen nachmillogL <! Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. Ire, Haus, bei Postbestellung l,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postonstollen und Post- »oien, unsere Ausmägcru. -- „ Gclchäftsstelle, nehmen zu jederzeit Bestellungen enl- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend gegen. Im Falle höherer Gewalt, od. sonstiger ' — Betriebsstörungen besteht Hein Anspruch aus Lieferung der Heilung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks bis normst,ags W Uhr. -e Für du, Richtigkeit der- durch Fernruf Ldermst- 0 k N f p v 0 ck) 0 k ! AlNk WilsÜrllff NV.206<el,^n Anzeigen überneh«. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannfchaft Meisten, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 167 — 94. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 20. Juli 1935 Umschichtung. Vier Milliarden mehr Arbeitsstunden in einem Jahr. Jndustriearbeitereinkommen um 18 Prozent gestiegen. Der Erfolg der „Mcngenkoujunktur". — Handelspolitik auf neuen Wegen. Die Weltwirtschaft, von der in großen Reden immer noch viel Aufhebens gemacht wird, hat im Grunde genommen seit Jahren ihre Rotte ausgespielt. Seitdem nämlich durch Währungsverfall und Kontingentspoliti! die Wirtschaftsfäden von Land zn Land zerstört sind. Eine neue Wirtschaftsform ist im Entstehen begriffen: das System der starken Nationalwirt schaften. Unter den Ländern, die all ihre Kräfte daransetzen, eine gesunde Eigenwirtschaft aufzubauen und diese, so weit es notwendig ist, durch Warenaustausch mit den anderen Ländern zu ergänzen, steht in erster Linie Deutschland. In den kurzen Jahren seit der Macht ergreifung hat sich das Antlitz der Wirtschaft gründlich geändert. Zunächst von der Arbeitsseite her. Die Maschinen gehen wieder, und von den über sechs Mil lionen Arbeitslosen, die 1933 gezählt wurden, sind weit über vier Millionen wieder in den Arbeitsprozeß ein- gereiyt worden. Fast vier Milliarden Stunden sind allein im Jahre 1934 in der deutschen Industrie mehr gearbeitet worden als im Jahre 1932. Allein in der Industrie fanden zwei Millionen Arbeiter Beschäftigung.. Die beiden großen Jndustriegruppen, die Produktionsgüterindustrien und die Verbrauchsgüter industrien, haben in dieser kurzen Spanne Zeit bereits über 80 Prozent ihres Standes von 1929 erreicht. Während zu Anfang die Wirtschaftsbelebung in fast allen Teilen des Landes ziemlich gleichmäßig vor sich ging, haben sich nach und nach Unterschiede im Ausmaß der Beschäftigung geltend gemacht. In den Jahren von 1932 bis 1934 war die A r b e i t s z n n a h m e am stärksten in Hessen und Berlin-Brandenburg.. Es folgen Mittel- Leukschland, Rheinland, Westfalen und Südwestdeutsch- kand. Am geringsten war die Zunahme in Sachsen und Schlesien. Die Frauenarbeit ist von 30 Prozent Anfang 1933 auf 25,5 Prozent Ende 1934 zurückgegangen, obwohl seit 1933 rund 300 000 Frauen neu eingestellt Wurden. Während der Krise waren bedeutend mehr Arbeiter als Angestellte arbeitslos geworden. Auch hier wurde ausgleichend eingegriffen. Die Zahl der Zunahme Yon beschäftigten Angestellten stieg gegenüber 1932 um 23 Prozent, die der Arbeitergefolgschaften um 56 Prozent. Hand in Hand mit den Mehreinstcllungen von Arbeitskräften und der Mehrbeschäftigung überhaupt, nahm auch die Arbeitszeit zu.. So ist im Jahre 1934 von jedem beschäftigten Arbeiter täglich eine halbe Stunde länger gearbeitet worden als 1932. In den ersten Monaten des Jahres 1933 stieg die Arbeitszeit am stärksten. Das beruhte z. T. auf der Vergebung sehr kurz fristiger Aufträge, die die Wirtschaft in Gang bringen sollten und brachten. Nach diesem Übergangsstadium hat sich im ersten Halbjahr 1934 die Zunahme der Arbeitszeit verlangsamt, und ist seitdem mit 7K> Stunden fast un- yerändert geblieben. An Stelle verlängerter Arbeitszeit Ist die Industrie dazu übergangen, Neueinstellungen vor zunehmen. Das gesamte industrielle Arbeiterein- kommen hat sich vom zweiten Halbjahr 1932 bis November 1934 um 77 Prozent erhöht. Es betrug nach den Ausführungen von „Wirtschaft und Statistik" für das ganze Jahr 1934 etwas mehr als acht Milliarden gegen nicht ganz sechs Milliarden im Jahre 1933. 25 Prozent der verdienten acht Milliarden entfallen allein auf das rheinisch-westfälische Industriegebiet. Das durchschnittliche Monatseinkommen der Industriearbeiter hat sich vor« zweiten Halbjahr 1932 bis November 1934 u m 18 Prozenterhöht. Die Industriearbeiter konnten mithin durchschnittlich mehr für Verbrauchsgüter aus geben als 1932. Diese Besserung der Kaufkraft teilte sich naturgemäß dem Einzelhandel und den Ver brau ch s g ü t e r i n d u st r i e n in einer Umsatzzunahme mit. Die Zunahme des durchschnittlichen Monatsein kommens ist wesentlich darauf zurückzuführen, daß die Arbeitszeit erhöht werden konnte, daß der Facharbeiter als höher bezahlte Arbeitskraft wieder in stärkerem Maße Beschäftigung gefunden hat, und daß schließlich die weib lichen Arbeitskräfte aus der Industrie heraus- und dem Haushalt zugeführt worden sind. Die Jnlandskonjunktur, die seit 1933 besteht, konnte nur dadurch so lange gehalten werden, daß Preise und Löhne im großen und ganzen stabil blieben. In den früheren Jahren und Jahrzehnten war es stets so, daß einer Konjunktur in kürzester Zeit Preis erhöhungen folgten, die den Wirtschaftsaufstieg dann von felbstwieder einengten und beendigten. Die Reichsregierung stellte sich dagegen von vornherein auf den Standpunkt, daß die Konjunktur solange wie möglich durch gleich- bleibende Löhne und Preise gehalten werden müßte. Nur so konnte eine möglichst große Zahl von Arbeitslosen wieder in die Produktion eingegliedert werden. So ent stand in den letzten zwei Jahren das typische Bild der Sic eiMeu SrMmOi bei Wals Hetz. Gegenseitige Achtung unter Frontkämpfern. Die englischen Frontkämpfer nahmen gemeinsam mit dem Rcichskriegsopferführer Obcrlindober, dem Führer des Khffhäuserbundes, Oberst a. D. Reinhard, und Ver tretern des NS Deutschen Frontkämpferbundes an einem Kameradschaftsabend der Nationalsozialisti schen Kriegsopfer-Versorgung im Lchrcrvcreinshaus in Berlin teil. Die Vertreter der British-Legion wurden von den deutschen Frontkämpfern und den Hinterbliebenen mit herzlichem Beifall empfangen. Reichskriegsopferführer Oberlindober erklärte in seiner Begrüßungsansprache, daß die deutschen Frontkämpfer allen die Freundeshand zu reichen bereit sind, die die deutsche Soldatenehre hoch achten und die gewillt sind, dem Frieden auf der Grund lage gleichen Rechtes und gleicher Sicherheit zu dienen. Der Führer der englischen Legionäre, Major- Fe t h e r st o n e-Godley, betonte in feiner Antwort, daß die Grundlage für den Frieden gegenseitige Achtung sei Er dankte noch einmal für die freundliche Aufnahme und versprach, für eine Weiterverbreitung der in Deutschland gewonnenen Eindrücke in England zu sorgen. Die bri tische Nationalhymne, das Deutschlandlied und das Horst- Wessel-Lied erklangen, und zum Abschied hoben deutsche Frontkämpfer Major Fctherstonc-Godlcp auf die Schul tern und gaben damit ihrer kameradschaftlichen Verbunden heit Ausdruck. Vor dem Kameradschaftsabend der NSKOV waren die englischen Delegierten Gäste des Bundesleiters des NS Deutschen Frontkämpferbundes, Arbeitsminister Seldte; auch an dieser Veranstaltung nahmen die Führer der deutschen Frontkämpferverbände teil. Unter den Kameraden und Landesführern des NS Deutschen Front- kämpfcrbundes befand sich auch General a. D. von Let tow-Vorbeck. Bundesleiter Seldte begrüßte die englischen Gäste mit einer kurzen Ansprache, auf die im Namen der Engländer Oberst Croßfield antwortete. Er schloß mit den Worten: „Wir alten Waffenbrüder des Krieges wollen jetzt zusammenstehen zur Arbeit für den Frieden und wollen gute Freunde bleiben." Am Nachmittag folgten die britischen Frontkämpfer Major Fctherstone-Godley, Colonel Croßfield, Colonel Murrah und Sergeant-Major Clive einer Einladung des Stellvertreters des Führers, Rudolf Heß, die klinische Abteilung für Sport- und Arbeitsschäden der Heilanstalt Hohenlychen zu besichtigen unr> dort die Methoden kennen- zulernen, mit denen durch Arbeits- und Sportschäden Ver letzte und Körperbehinderte körperlich wiederhergestellt und für ihren Beruf seelisch wieder vorbereitet werden. Die englischen Gäste, unter denen sich auch kriegsverletzte Frontsoldaten befanden, hatten sichtliches Interesse, beson ders an den sportlichen Vorführungen, die Patienten der Heilanstalt zeigten. Nach der anderthalbstündigen Besich tigung des großen nationalsozialistischen medizinischen Lagers vereinigte eine längere Motorbootfabrt auf den märkischen Seen den Stellvertreter des Führers mit seinen Gälten. Kraftprobe in Paris. Die Notverordnungen der französischen Regierung zur Durchführung der rigorosen Sparmaßnahmen haben den schärfsten Protest des Volkes hervorgerufcn. Alle Kreise, die von der Lohn-, Gehalts- und Rentenkürzung betroffen werden, sind entschieden entschlossen, die Kürzungen mit allen Mitteln zu bekämpfen. Die rote Einheitsfront, in der die Kommunisten die Übermacht haben, hat sich natür lich die Erbitterung des Volkes zunutze gemacht und hetzt das Volk zum Widerstand gegen die Regierung auf. Die erste Kraftprobe sollte die große Kundgebung am Freitagabend sein, zu der die Kommunisten die An gehörigen der Beamtenverbände, die Eisenbahner, die Postangestellten, die Staatsarbeiter, die Lehrer und weitere von der Gehaltskürzung betroffene Gruppen aufgefor dert haben. „Nieder mit den Elcndsverorduungcn", heißt es in allen Aufrufen der radikalen linken Presse. Um die „Gleichheit" der den französischen Bürgern auferlegten Opfer zu charakterisieren, veröffentlicht die kommunistische „Humanito" an der Spitze des Blattes in großer Auf machung folgende Berechnung: Ein Einkommen von 90 000 Franken wird mit 192 Franken zusätzlicher Steuern belegt, ein Beamter aber, der 10100 Franken verdient, mutz 1010 Franken opfern. Der gemeinsame Ausschuß der sozialistischen und kommunistischen Partei hat einen Aufruf gegen die Not verordnungen erlassen, in dem er die Organisationen der beiden Parteien dazu auffordert, jede Aktion gegen die Durchführung der Notverordnungen zu unterstützen. Er lädt die marxistischen Stadtverwaltungen und Generalräte ein, einen umfassenden Protest zu organisieren und fordert den sofortigen Zusammentritt des Generalrats des Seine- departements, der seit den letzten Wahlen eine Linksmehr heit besitzt. Die Regierung, die jede Kundgebung verboten hat, hat den Beamten gedroht, daß sie gegen alle, deren Teilnahme an der Kundgebung festgestellt werden würde, mit den schärfsten Maßregelungen vorgehen werde. Die Protestkundgebungen der Beamtengewerkschaften gegen die Notverordnungen haben sich infolge der außergewöhnlich umfassenden Vorsichtsmaßnahmen der PolizVi nicht in dem von den Veranstaltern be absichtigten Umfange entfalten können. Schon vom frühen Nachmittag ab marschierten im wei ten Umkreis der Oper und auf dem Platz selbst starke Kräfte der Mobilgarde und der Schutzmannschaft auf. Auch an zahlreichen anderen, strategisch wichtigen Punk ten der Stadt waren Mobilgardeabteilungen zu Fuß und zu Pferd bereitgestellt. Von 6 Uhr ab, als die verschie denen Behörden Dienstschluß machten, begannen sich ein zeln und in kleinen Gruppen die Demonstanten auf den Zugangsstraßen zu dem Opcrnplatz zusammenzuziehen sogenannten „M e n g e n k o n j u n k t u r", die durch eine Steigerung der Produktion, der Umsatzmenge und der Beschäftigung bei im ganzen unverändertem Preis- und Lohnniveau gekennzeichnet ist. Nach den Angaben des Instituts für Konjunkturforschung sind in Deutschland vom Frühjahr 1933 bis zum Sommer 1935 die Preise der Jndustrieerzeugnisse und die Lebenshaltungskosten nur um einige Prozent gestiegen. Selbstverständlich wurden einige Preise trotz des gleichüleibenden Preisstandes er höht, so beispielsweise die für landwirtschaftliche Erzeug nisse, andere Preise wieder gesenkt, die künstlich hoch gehalten worden waren. Wie sehr die Landwirt schaft in den letzten beiden Jahren auflebte, beweist die Tatsache, daß die landwirtschaftliche Erzeugung seit dem Tiefstand im Jahre 1932/33 um 27 Prozent auf 11,1 Mil liarden Mark gestiegen ist. Ebenso wie auf den übrigen Gebieten, vollzieht sich auch auf dem der Handelspolitik eine völlige Um schichtung. Bis zum Jahre 1933 beruhte die deutsche Außenhandelswirtschaft auf dem System des sogenannten Ringtausches: Deutschland fetzte Fertigwaren in erster Linie auf den europäischen Märkten ab und bezog Rohstoffe überwiegend aus überseeländern. Dieses System des Warenaustausches war aufgebaut auf dem Grundsatz der Meistbegünstigung, das seit Beendigung des Weltkrieges, namentlich aber seit Beginn der Welt krise, mehr und mehr unterhöhlt wurde. Das Preisgefälle an den Weltmärkten war durch die Wäbrunaskämvse aus den Fugen gebracht worden, und die unglückliche Auf teilung der Staaten in Gläubiger- und Schuldnerländer machte eine gesunde Zusammenarbeit von Land zu Land, besonders für uns Deutsche, fast unmöglich. So sahen wir uns gezwungen, unsere Handelspolitik auf eine neue Grundlage zu stellen, und zwar auf die der Gegen seitigkeit. Der Grundsatz der Gegenseitigkeit besagt, daß wir nach Möglichkeit aus den Ländern unsere Waren beziehen, die umgekehrt bereit sind, unsere Erzeugnisse aufzunehmen. Endgültig auf den Schild gehoben wurde dieser Grundsatz durch den sogenannten „neuen Plan" vom September 1934. Natürlich ließ sich auch dieses Ziel nicht von heute auf morgen verwirklichen. Im ersten Halbjahr 1935 war die Warenbilanz Deutschlands noch nicht ausgeglichen. Im Monatsdurchschnitt hatten wir noch für fast 28 Millionen Mark mehr eingeführt als ausgeführt. Erst in den letzten beiden Monaten, im Mai und Juni, war, und das zeigt, wie sich das neue System allmählich durchsetzt — unsere Handelsbilanz auf der Ein- und Ausfuhrseite ausgeglichen. Erreicht wurde dieses Ziel nicht zuletzt durch eine Umschichtung im W a renbezug, d. h. die nicht lebensnotwendigen Güter werden zugunsten der dringend notwendigen Rob stoffe oder sonstigen Waren zurückgestellt und dem Kompensationsverkehr überlassen. Beim Warenbezug ist wieder die Umkehrung innerhalb der Länder interessant. Wir beziehen unsere Robstoffe heute größtenteils ans Europa und setzen unsere Fertigwaren in Übersee ab.