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Zweites Blatt. WnAWrMruff ThmM Wil, Mkulkhn iO du Umßegtli-t«. Imlsblull für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlick sür die Redaktion Martin Berger daselbst. No» 31. Sonnabend, VE 1. Mai 18S7. Für die Monate Mai und Juni werden Bestellungen auf das „Wochenblatt f»e Wilsdvnff^^ mit landwirthschaftlicher und illustrirter Sonntags-Beilage, sowie Ziehungslisten der kgl. sächs. Lotterie für die Stadt Wilsdruff bei unterzeichneter Geschäftsstelle zu Pf., sür auswärts bei den kaiserlichen Postämtern zu 87 Pfg. angenommen. Geschäftsstelle des Amts- UNd Wochenblattes für Wilsdruff etc. leit lahm, so waren der März und der April wiederum! heißt aber uicht ein bischen plätschern, sondern volle Kannen Monate strengster nnd härtester Thätigteit, die arbeitsvolle geben! Bei hochstämmigen Stachel- und Johannisbeeren Der Mai ist gekommen! Von I. C. Schmidt, Kunst und Handelsgärtner, Erfurt. <Nachdruck verbaten) Mit dem Mai beginnt für den Gartenfreund der An fang jener Periode, welche man als die der „Genuß- monate" bezeichnen kann. Legte der Winter jede Thätig- Zeit für Graben, Rigolen, für Pflanzen größerer Bänme und Sträucher. Was wir vom Herbst ab der Erde an vertrauten, das bringt der Mai nun allmählich zur Er scheinung und in der Erfüllung aller Hoffnungen findet der Gartenfreund den schönsten Lohn für vorausgegangene saure Wochen. Was im Alai zu thun übrig bleibt, sind die feineren Arbeiten. Die gefährlichen „drei Gestrengen" standen immer noch drohend und schadenfroh im Hinter gründe und erst, da sie vorüber sind, bepflanzt man im Ziergarten die Teppichbeete mit den zarten Pflänzchen, die in von Jahr zu Jahr sich steigernder, reicher und farbenfreudiger Abwechselung eine so bequeme Handhabe bieten, uni die reizvollsten Formen und Zusammenstellungen bilden zn können. Unter den für Teppichbeete blühenden Pflanzen nimmt die vor einigen Jahren entstandene Neu heit „Begonie Vernon" und die noch kleinere Begonie „Teppichkönigin" einen hervorragenden Platz ein. Im Blumengarten pflanzt man Gladiolen, Geor ginenknollen und Lilien, ebenso Astern, Levkoyen, Phlox, Scabiosen, Zinnien, Valsaminen,Centaurea, kurz die ganze Schaar der Sommer- und Herbstblumen, die man im Kasten vorgezogen und bis dahin sorglich behütet hatte. Es sei dringend daran erinnert, die Pflanzlöcher bequem und weit zu machen, damit die Wurzeln gerade und un geknickt Hineinkommen. Es wird in diesem Punkt noch sehr viel gesündigt. Der alte Rasen wird in diesem Monat zum ersten Male geschnitten. Wird ein neuer angelegt, so geize man nicht mit guter, wenn auch theurerer Aussaat. Die beste Saat ist gerade gut genug. Ein schlechter Rasen schändet den schönsten Garten. Man lasse bis zum ersten Schnitt dem uenen Rasen etwas mehr Freiheit und schneide dann mit Sense oder Sichel, den weiteren Schnitt nehme man alle 14 Tage mit der Maschine vor und walze darnach energisch. Bedingung einer schönen Rasenfläche ist: oben fest 'und unten locker. Eine Kopfdüngung von vier zu vier Wochen mit Rasen-Nährsalz, das für diesen Zweck besonders zusammengesetzt ist, hilft ungemein. Auch die Zimmerpflanzen kommen, soweit sie wetterfest sind, hinaus in die Maienluft. Man stellt die Töpfe aber nicht oben auf den Boden, sondern senkt sie ein. Mit einem spitzen Pfahl macht man durch kreis förmige Bewegungen ein trichterförmiges Loch. Der Topf steht dann unten hohl, das Wasser läuft gut durch und die Regenwürmer können nicht durch das Abzugsloch Hinein kommen. Im Gemüsegarten erübrigt noch außer deu Aus saaten, welche als Folge der bereits im März und April vorgenommenen fortgesetzt werden, das Auslegen oder Auspflanzen der Samen von Bohnen, Gurken und Kür bisfen. Die empfehlenswertheste Neuheit ist von Bohnen die „Juli-Stangenbohne", welche die früheste aller Sorten und von einer mächtigen Tragfülle ist. Auch eine neue gelbfchotige Flageolet Wachs-Buschbohne, die im Gegen satz zu den bisher bekannten Wachs-Buschbohnen weiße Bohnen in sich birgt, wird die anderen in kurzer Zeit ver drängen, da bei farbigen Bohnen die Schoten in älterem Zustande nicht mehr gut für die Küche verwendet werden können. Die früheren Saaten der verschiedenen Gemüse sorten werden, wenn zu dicht aufgegangen, verdünnt, ge hackt, reingehalten und wenn nöthig gegossen. — Die Erd beeren werden bei trockenem Wetter gut bewässert. Das ZUM Sonntage Mifencordias Domini. Luk. 10, 3: Siehe, ich sende euch als die Lämmer mitten unter die Wölfe. So spricht der gute Hirte, an dessen sanften Stab und treue Hut und Liebe bis in den Tod das Sonntags- Evangelium uns mahnt, an dessen Barmherzigkeit der schöne Name des Sonntags erinnert. Er weist mit diesem Worte seinen Jüngern auf dem Schauplatze des Lebens eine schwere Rolle zu, die sie nicht spielen, sondern leben sollen. Indem er alle Sündendiener mit reißendem Ge tier vergleicht, heißt er die begnadigten Sünder Lämmer, er, der zugleich Hirte und Lamm Gottes ist. Dies Lamm Gottes that seinen Mund nicht auf, als es zur Schlachtbank geführt ward. Denn zu dulden ist des Lammes Loos. Also auch wir. Deni Herrn gleich werden die Christen von wüthenden Feinden links und rechts angefallen; die Zeiten werden wicderkehren, so sie zerrissen werden. Dem Herrn gleich sollen die Christen sein geduldig bleiben, stille werden, segnen statt fluchen, lieben statt schelten — eine schwere Lektion, aber sie muß gelernt werden. Sie ist auch gelernt worden^ Wieviel Märtyrer haben sie gelernt seit Stephanus zu Jerusalem, dem Chorführer aller Märtyrer, bis zu jenem Stephan Abuhajatian, dem evangelischen Pastor zu Urfa in Armenien, der vor Jahresfrist vor seinen sechs mutterlosen Kindern durch der „Türken Mord" mit über 700 Gliedern seiner Gemeinde den Märtyrertod erlitt; viele, deren Namen hell glänzen in der Kirchengeschichte, mehr noch, deren Namen der Welt verborgen, aber eingeschrieben sind im Buche des Lebens. Wodurch wurden sie Lämmer, heilige Dulder mit den, Diadem der Sanftmut auf dem Haupte? Nicht durch eigene Macht. Luther, auch ein Märtyrer, ob er gleich sanft auf seinem Lager entschlafen durfte, bezeugt's: Mit unserer Macht ist nichts gethan, wir sind gar bald verloren. Die Kraft Jesu Christi, des guten Hirten, über strömt die Seine» und wandelt sie in Lämmer, die er- betene schenkte Kraft. Darum spricht der Herrn Ich lende euch! Gelehrte und ungelehrte Thoren in diesen Tagen wollen uns überreden: ^esus habe gar keine Kraft zu verschenken. Hast traurig, halb belustigt las ich gestern in einer neuen Schrift eines luugen Professors: „Zu Jesu zu beten widerstrebt uns, weil seine Gestalt zu deutlich auf den Vater hinwcist, zu dem er uns eben führen will." Sonderbarer Schwärmer, der offenbar niemals erfahren hat, welche gewaltige Kraft das Gebet zum Sohne Gottes auf ein verzagtes, trauriges, angefochtenes Men,chenherz hcrabzuziehen vermag, „Wer den Lohn nicht ehret, der ehret den Vater nicht." „Philippe, wer mich flehet, der stehet den Vater." „Ich und der Vater find eins." So sagt er selbst, und wir glauben ihm und wenden uns im Glauben,an ihn, und sind noch niemals getauscht worden. Klammern wir uns in diesen stürmischen Zeiten nur fester an ihn! Dann gehts auch durch Sturm in die Stille, durch die Zeit iu die Ewigkeit, „wo alle Stürme schweigen." Denn er sendet uns, er giebt die Kraft, die alles Leben in uns schafft. entferne man alle sich bildenden Wurzelschoße, ebenso bei Rosen. Den Spargel, dieses köstlichste aller Gemüse, wolle man recht vorsichtig stechen, die Erde rund um die Stange mit dem Finger stets vorher entfernen, das Loch aber wieder glatt streichen. Es sind mancherlei Apparate und Messer formen zum Stechen erfunden, sie laufen jedoch mehr oder minder auf Spielerei hinaus. Man wähle das einfache, lange, schmale Spargelmesser, jedoch mit einem platten Knöpf an der Spitze, der an den unterirdischen, nicht sicht baren anderen Trieben abgleitet. Die Spargelfliege ist mit Leimstüben wegzusangen. Es sei aber bei Neuan- pflanzungeu aufmerksam gemacht, schon im ersten und zweiten Jahre mit diesen Fallen der Spargelfliege nach zustellen, um einem Einnisten des Insekts vorzubeugen. Gewöhnlich denkt man erst daran, wenn das Stechen im dritten Jahre beginnt und man den Schaden handgreiflich vor Augen hat. Für den Frühaufsteher ist der Fang noch einfacher, als er die von der kühlen Nachttemperatur er starrten Fliegen von den Pflanzen zwischen 4 und 5 Uhr absuchen kann. Ein solches rechtzeitiges Vorbeugen ist auch bei der Wespe angebracht, die im Herbst in unseren Weinspalieren räubert. Man hängt jetzt schon die Fang gläser aus, nicht erst wenn die ganze Brut ausschwärmt. Jetzt ein Wespenweibchen — und das sind alle Wespen, welche durchwintern — wegfangen, heißt ein ganzes Wespen nest vernichten. Von schädlichen Insekten erwirbt sich im Mai vor allen der Apfelblüthenstecher eine traurige Berühmtheit. Man geht ihm am Besten zu Leibe, wenn man mit einer oben beschwerten Stange an die Neste schlägt. Der kleine gefräßige Kerl ist schlecht auf den Beinen. Bei einem kräftigen kurzen Ruck fällt er herunter und auf das unter gelegte Tuch. Ein Bad in Seifenwasser bereitet ihm einen schnellen, schmerzlosen Tod. Im Uebrigen sind unsere besten Mitkämpfer nn Streite gegen die Jnsekteuwelt alle eingezogen. Schutz den Vögeln vor Menschen und Katzen! Alle sind sie da, Nachtigall u»d Grasmücke, Lerche und Amsel, Fink und Pirol, Drossel, Hänfling, Zeisig mit ihren, herzerfreuenden Singsang, der in immer wieder neuen Tönen verkündet: „Der Mai ist gekommen!" Auch wir jubeln ihm bei einer Maibowle in der Gartenlaube entgegen. Dafür noch eine kleine praktische Andeutung. Man hole sich von dem würzigen Waldmeister vor der Blüthe die ersten feinen Spitzen, da die Blüthe den Duft des edlen Krauts nicht unwesentlich erschöpft. Eine Handvoll lasse man 6 Stunden in '/« Liter Sherry ziehen und hat dann etwas ganz besonders Gutes für Feinschmecker und Kenner. Ein halber Theelöffel genügt für eine Flasche Wein. Wohl bekomm's! Ist das Handwerk noch lebensfähig? Von Karl Jentsch.*) Es ist einfach nicht wahr, daß der Kleinbetrieb heute ganz allgemein nicht mehr lebensfähig wäre. Die be kannten Klagen über den Niedergang „des Handwerks" und „der Landwirthschast", die die Sozialdemokratie in ihrer Einbildung bestärkt haben. Es ist zuvörderst nicht wahr, daß die Maschine, oder das Großkapital oder beide *) Aus dem empsehlenswerthen Buche: Grundbegriffe und Grund sätze der Volkswirthschaft. Eine populäre VolkswirthschaftSlehre von Karl Jentsch. Leipzig, Fr. Wilh. Grunow. 3,50 Mk.