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Dienstag, 30. September 1S13. S. Jahrgang. Nr. 227. Diese Nummer umfaßt 8 Seiten. Der russische Regierungsdampfer General Bobrikow sank an der finnischen Küste. Die Insassen, unter denen sich hohe Generäle be fanden, konnten sich nur mit Mühe retten.*) Das Pariser Amtsblatt veröffentlicht einen Eo laß des Kriegsnrinisters über eine bessere Del- kung der französischen Nordostgrenzc Der türkisch-bulgarische JrtedenSvertrag ist gestern abend in Konstantinopel unterzeichnet worden.*) Mutmaßlich, Witteung am 1. Oktober: Lebhafte Winde, sonst keine Aenderung. -Wc Das Wichtigste vom Tage. Die R eich »Po st pmfaßte Anfang dieses Jahres 3 4 7 0 0 Postanstalten und 32 000 Telegraphen anstalten. * Die 26. Generalversammlung des Evangelischen Bundes erreichte gestern mit einer Bolksver- saNtmlung in Zittau ihr Ende. keinen Anstand nehmen, von Norden her in Albanien einKurücken, was seine Erwiderung in einem Einmarsch Italiens in den Süden des Lande» finden würde. Dann könnt« sich um den Besitz der albanischen Küsten ein Kampf zwischen den beiden Mächten entwickeln, der den Dreibund für immer sprengen würde. Die deutsche Diplomatie bemüht sich um die Abwendung dies« den Fortbestand de» Dreibünde» gefährdenden Möglichkeit durch Einwirkung auf Serbien und auf Oesterreich und Italien. Doch lützt sich der Erfolg Vis fetzt noch nicht abschätzen. Es Würde Von Oesterreich sehr unklug ge handelt sein, Wenn es ein« augenblicklichen und durch aus begreiflichen Mißstimmung Mer den schlechten Stand fein« auswärtige« Politik einen Weitergehenden Ein fluß einrüumen Und sich gegen seine Bündnispartner, insbesondere gegen Deutschland, verhärten Wollte. Wel chen Nutzen e» an Wendepunkten seine» Beschicke» von Deutschland erfahren hat, Wird es selber am besten wis sen, und für Deutschland liegt kein Grund vor, sein Verhältnis zu den Dreibundmächten zu ändern, wenn e» «in« anpeve Stellung anderen Mächten gegenüb« eininimmt. Ueberhaupt sollt« man sich vor ein« ängst lichen Ueberschätzung der gegenwärtig im Dreibund be stehenden Spannung hüten. Ungleich ärgere Unstimmig, ketten walteten Während de» zweiten Balkankriege» in nerhalb der Tripel-Entente ob. Rußland wäre geneigt gewesen, seinen slawischen Schützling gegen bi« Türken mitt Waffengewalt zu verteidigen. England verbot da» seinem Bundesgenossen mit einem entschiedenen Nein, und Frankreich schwankt« hilflos zwischen beiden Par teien htm und h«. Und dennoch besticht die Tripek Entente Weit« und wirkt fort. Wir hoffen und wün schen, daß sich auch der Dreibund in sein alte» gegen seitige» Verhältnis zurückftnden wird. Vom Weimarer Zwiebelmarkt unä von äen Zwiebeln. (Nachdruck verbalen.) Wer einmal kennen lernen will, welche Bedeutung die Zwiebel, dieses keineswegs von «ns nach seinem wirklichen Werte geschätzte Gewächs, für uns hat, der mag einmal im klassischen Weimar am 10. Oktober den Zwtebelmarkt be suchen. Für die große Welt hat die Stadt an der Ilm Be deutung durch Goethe und Schiller, durch Liszt und viel« andere Große im Reiche des Geistes. Für den GemMsehandel Mitteldeutschland» hat Weimar nur durch seinen'weltbekann ten und berühmten Zwiebelmarkt Ruf und Geltung, und es gibt wohl manche, die nicht» von jenen Großen Weimar» wissen, oder doch keine Ahnung haben von dem, was sie ge schaffen, die aber doch Weimar kennen, weil sie alljährlich dort die Zwiebeln und andere Gemüse zu Markte bringen, oder dorthin ziehen, sie Au kaufen. Freilich nicht nur Zwie beln findet man dort. Früher war dieser Markt wohl eine große Obst- und Eemüsemesse. Jetzt findet man nur noch außer den Gemüsen Weintrauben. Wie der Name de» Mark tes besagt, so schildert Karl Kuhn ihn in seinen Ekyzm und Erinnerungen au» dem alten Weimar, kommen in erster Linie die Zwiebeln in Betracht. Wohl an die hundert Wagen bringen sie namentlich aus Holdrungen und Um gegend sowie aus Zwätzen bot Jena mit den übrigen Waren in die Stadt. Zu sauberen Rispen gebunden, werden sie in runden Haufen geschichtet. Zwischen diesen sind die Pyra miden des Sellerie, des Meerrettich», der schwarzen und weißen Rettiche, des Majorans und auch kleiner« Mengen des übel beleumundeten Knoblauch», wie größere de» seelen verwandten Porree». All diese Erzeugnisse geben einen Geruch, der al» Gesamtprodukt undefinierbar, ab« keine», wegs unangenehm ist. E» ist eben der Zwiebelmarkttzevuch den man zwar nicht zu einem Parfüm verdichtet haben m"chte, der ober jeden biederen Weimaraner erfreut. Kein Ist äer Dreibunä erschüttert? Die Umwälzungen auf dem Balkan find, obwohl den Großmächten di« Bewahrung ihrer Neutralität eini germaßen gelang, nicht ohne schwerwiegende Folgen auf deren gegenseitiges Verhältnis geblieben. Bon ein« Trübung der engen Beziehungen zwischen Deutsch, land und Oesterreich insbesondere Hörte alle Welt zum ersten Male mit ein« unzweideutigen Klarheit nach dem vorläufigen Abschluß des Bukarest« Frieden», al» «S sich darum handelte, ob dies« FriedemsdertraA von den Großmächten revidiert werden solle oder nicht. Oesterreich und Deutschland Hatten einigermaßen die Fühlung miteinander verloren, al» jene» auf «in« Revi sion des Friedens mit zäh« Hartnäckigkeit bestand und dieses in der bekannten Depesche de» Kaiser» an König Karol von Rumänien kurzerhand den Frieden für einen definitiven erklärte. Diesen schrillen Mtßton bemühte man sich bald danach mit einigen freundlichen Reden zu verdecken, oder gar au» der Welt zu schaffen. Die Quelle von Unstimmigkeiten, die sich zwischen den Dreibund- Mächten entwickeln können, ist aber inzwischen nicht versiegt, sie hat im Gegenteil eh« neuen Zufluß er- halten, und die Stimmen pessimistisch« Beurteiler, die die Fundamente de» Dreibünde» Wanken sehen, haben auf allen Seiten zugenommen. Deutschland ist auf dem besten Wege, mit seinem jahrelang erbittertsten Feinde, nämlich England, eine beide Teile befriedigende Ver ständigung zu finden. Und e» ist ein«, wenn auch ober- fläch liche, so doch Naheliegende Auffassung, daß da» Schutz- und Trutzbündnt» der Dreivundüiächte, für Deutschland Wenigstens, «inen Teil seine» Wertes ein gebüßt hat. Oesterreich ist au» begreiflichen Gründen mit dem Ausgang des zweiten Balkankriege» höchst unzu frieden, und wenn sich auch die Einsichtigen de» Lande» sagen, daß die fast an eine Katastrophe gemahnenden Mißerfolge der österreichischen Politik dank mangelnder Fähigkeiten einzelner verantwortlich« Staatsmänner verschuldet worden sind, so besteht doch in der Donau monarchie eine lebhafte Strömung für einen Anschluß Oesterreich» an andere, bisher abgelehnte Mächte. Einige befürworten «in engere» Zusainmengehen mit Frank reich. Andere reden einem Anschluß Oesterreich» an Rußland da» Wort, und wer weder da» «in« noch» da» andere tut, seufzt wenigstens üb« die schweren mili tärischen und finanziellen Lasten, die Oesterreich infolge d« Vertrag-Pflichten von Deutschland auferlegt werden. Zunächst ist e» ein von politisch« Einsicht wenig an gekränkelt« Selbstbetrug, wenn man in Oesterreich meint, Mit Rußland jemal» in «in Herzliche», oder gar in ein freundschaftliche» Verhältnis zu kommen. Oesterreich, da» in seinen weiten Grenzen so viel slawisch« Bevölke rung beherbergt und dies« nicht immer loyal oder gar väterlich behandelt, wird stet» in einem gewissen Gegen satz zur slawischen Vormacht, Rußland, löben, mit dessen Interessen e» außerdem allerorts zusammenstößt. Wenn die BGiehungen zwischen den beiden Ländern mit der Zeit sich bessern sollten, könnte Deutschland da» nur mit Freuden begrüßen, und da» Würde unserem Vorteil keineswegs entgegenwirken. Eine bedrohlich« Spannung scheint sich an- derersett» zwischen Oesterreich und Italien zu ent- Wickeln. Tiefgehend« Gegensätze bestanden ja schon seit jeher zwischen beiden Mächten, in der neu aufgerollten albanischen Frag« könnten sshe murr ab« in einem heftigen Ausbruch« zum Austrag« gelangen. Die Großmächte schufen da» autonome Albanien, um die Küste der ser bischen sowohl wie der üsterreichisch-italienischen Gif«, sucht zu entziehen. Da» Gatt«, da» beide feindliche Parteien trennt, drohen nun di« Gerben niederzureiben, und Wenn auch d« Bersuch noch nicht zur Tat vorge schritten ist, muß die Möglichkeit dieser Situation bereit» jetzt in» Auge gefaßt Werden. Ist der Begriff de» auto nomen Albaniens durch serbische» Vorgehen und serbisch«! Erfolge zu ein« Illusion geworden, wird Oesterreich Eingeborener versäumt es, wenigstens einmal über Pen Markt zu gehen, der ein so eigenartiges Bild gewährt, day Fremde ihr Erstaunen nicht bergen und vor dem Rätsel stehen: Wie ist es möglich, solche gewaltige Zwteibeknmsse zu verzehren? Ja, lieber Herr, in Weimar werden die wenigsten verbraucht, aber Händler aus Vielen Städten Mitteldeutschlands machen ihre Einkäufe, und meist ist an einem einzigen Tage au so« kauft. Freilich ist der Zwiebelmarkt mehr als nur eine Ge legenheit zu Kauf und Berkaus. Bon jeher gehört« in deutschen Landen Jahrmärkte und Messen zu den Volks belustigungen. Da» Zusammenströmen der Fremden -ringt es mit sich, daß man auch für die Unterhaltung der Fremden sorgt, nicht so sehr aus Liebs für diese Fremden, al» au» Eigennutz, um ihnen Geld abzunehmen. Da» ist nun wohl bei diesem ZwiLbelmarkt nicht einmal in dem Matze der Fall, wie sonst bei Jahrmärkten. Ab« das eigenartige Bild ländlichen Treiben», da» sich auf diesem Markte entwickelt, und das früh« wohl noch farbenprächtig« war, da die alten Bauerntrachten mehr und mehr im Verschwinden begriffen find, da» ab« heute auch noch imm« originell genug ist, -ringt es mit sich, daß die Weimaraner nicht nur, sondern auch die Bewohn« umliegender 'Orte, sich de» ländlichen Lebens und Treibens auf dem ZwieLelmcntts freuen. Frü her, al» « noch auf dem berühmten Frauenplane stattfamd — heute ist ihm au» Berkehrsrüchichten «in anderes Strotzen gebiet angewiesen — war es Sitte, dah die Bewohn« des Marktes bei selbstgebackonem Kuchen die Freund« und Be kannten zum Kaffee zu sich luden, dah fis das Markttveiben Sei dies« Gelegenheit genießen konnten. And so hat sich der Zwtebelmarkt zu ein« Art Weimar« Kirmes entwickelt, die auch wie in vielen Orten diese Festlichkeit eine gewisse karnevalistische Eigenart hat. St« besteht hi« auf dem Iwtebelmorkt darin, daß di« PlanVurschen, da» find di« am Goethe- oder Frauenplan, der früheren Stätte des Markte», wohnenden unverheirateten Männer, die Zwtebelwag« aus hängen. Di« Frage: Wer hat denn di« Wag»? ist die be- Neue Stockunasgesahr für unseren Güterverkehr. (Don unserem Berliner S-Mitarbeiter.) Roch find di« Nachwehen der vorjährigen Verkehr», stockung nicht überwunden, noch hallt e» in den Kreisen der Großindustriellen, der Kaufmannschaft und d« so arg geschädigten Bergarbeit« nach und Wiederum find Wir dem Zeitpunkt nahegerückt, wo d« Eisenbahnbetrieb alljährlich seinen Höhepunkt erreicht. Mit gemischten Ge fühlen sehen di« Betriebsbeamten der Eisenbahn, In sonderheit ab« die Zug- und Lokomvtidbeamten, dies« Zett entgegen. Dio Eilenbahnverwaltung ist auch im Laufe diese» Jahve» nicht untätig gewesen, so lesen wir in d« Deutschen Etsenbahnzeitung. um ein« Verkehr» stockung zu begegnen. Sie hat geeignet« Vorkehrungen, Vergrößerungen von Bahrchöfen usw. getroffen, wie nie zuvor. Der bislang immer, trotz de» Riesenverkehr» stiefmütterlich behandelte JndustriebHirk, di« Goldgrube Lenksame Frage, welche am Nachmittag« des ZwtebÄmarktes ganz Weimar beschäftigt, und hinter dieser Frage tritt jedes politische und sonstige bedeutsame Ereignis an diesem Tag« zurück. D« erwähnte Alt-Weimaraner Karl Kuhn berich tet über diese scherzhafte Sitte das Folgende: Seit Uvgroh- viitexzeiten und wähl noch läng« besteht die Sitte, datz dem Bürger, d« nach dem letztvorhergegangenen Markte in dessen Straßengebtet ein Haus durch Kauf oder Erbschaft erworben hat, ein« stattliche hölzerne Wag« an da» Hau» gehängt wird. An den Enden des Balkens hängen einige Rispen Zwiebeln, und an den Schalen find andere Marktwaren auf gelegt» überall aber flattern gar lustig buntfarbige Seiden bänder. Frohgemut« ältere und jüngere Männer, die so genannten Planburschen, -ringen zur Nachtzeit di« Wage an, und der so überraschte Hausbesitzer mutz sich durch «in Faß Bi« lösen, da« die Planburschen in dem behaglichen alten Gasthofe zum weißen Schwan auf dem Frauenplatz lustig verzapfen. Sind in dem betreffenden Jahr« mehrere Häuser neu erworben worden, so werden mehr«« Wagen aufgehängt, und die Planburschen können »«schieden« Nach kirmsen feiem. Ala der Staat da» Goethehaus geerbt hatte, Hing dort, besonder» stattlich »»«gerichtet, di« ZwteVelwage, und die Staatskasse hat ohne Erinnerung de» sonst so findi gen landständischen Rechnungsauesschusses einen trefflichen und ausgiebigen Festtrunk gespendet. Rur einmal sind die Burschen leer ausgegangen, obwohl sie damals einen lustigen Streich zum Ergötzen der Stadt ausgeführt haben. Al» nämlich 1857 das Wieland-Denkmal ausgestellt worden war, und der Tag de» Zwiebelmarktes anbvach, hatte Vater Wie land «ine schön« Awtebelwage in der vorgestrecktm rechten Hand, und auf der/nach oben geehrten Handfläche ruhte besonder« stattlich «in groß« schwarz« Rettich. Di« sonst so wachsame Polizei hatte, der Markisttte Rechnung tragend, die Wage ruhig hängen lassen. Seitdem jener Llt-Weimaran« da» schrieb, find übri gen« öfter ähnlich« Fälle passiert, wo die Planburschen in Ermangelung eines neuerworbenen Hause« «in Denkmal Di« türkisch« Kriegsflotte soll unter Umständen die Landung von Truppen auf den Inseln Mhtileni und Thio» mit Gewalt verhin dern. -> Näh««« steh« an ander« »<«ll«. lmmeu Rind« gen «in- de denk- 's auch ks au> »Block ftra be n sollte. eFnnb >te -in» rin». uer Mnzeiger Mr das Erzgebirge agevlakt hi, San» «eaaiüch »u »s atz- mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Muer Sonntagsblatt. -« «e-aktwn «U ftusuahme -e» SomUag, nachmittag, 4-s Uh». — «Uegramm-fi-efist r LageUatt fiuemygetttg». Jemstwch« «. Iü, unverlangt eingescmSt» Manuskript» kam» VrwLH» nicht geleistet wer-««. M In» Je« eieret- »en, «tt «n-nahm» »»n »aim-n«. Uns»«» Keitnn^a»«- tziiae» und Nn»,ad«st»ll«n, s»»I, W, peftanstatten und «U»m«,,»