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AÄsrfer Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten, fünfter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 16 Gr. Sächs., bei Beziehung des Blattes durch Botengclcgenheit 12 Gr. Sächs. Erscheint jeden Donnerstag. 17.Dt^k. 1840. Neber das Volksbuch: „Dorf Tchön- grund *)." Es ist bekanntlich schwer, sehr schwer, für das Volk überhaupt zu schreiben. Desto dankenswerther bleibt jeder Versuch, über das Volk, seinen Charakter, seine Sitten, seine Bedürfnisse, seine Fehler, seine Zustände für das Volk rechte, fach - und zeitgemäße Worte zu sprechen; desto verdienstlicher ist der Muth, den Bewoh nern einer Provinz offen und ohne Schminke das, was ihnen speziell noth thut, vorzuhalten und Wege morali scher, sozialer und materieller Verbesserungen zu zeigen. Aus obigem Grunde giebt es auch nicht viel gute Volksbücher. Unter die vorzüglichsten gehört: „Zschok kes Goldmacherdors und dessen Branntweinpest." Beide scheint der Verfasser von „Dors Schöngrund" zu Mustern sich genommen, voigtländischen Zuständen und Bedürf nissen augepaßt, zum Theil verschmolzen und eine kräf tige, gesunde und lebendige Entwickelung des ländlichen Gemeindelebens aus die Basis der Landgemeinde - Ord nung bezweckt zu haben. Dies die jedenfalls lobens- werthe Tendenz des Buches. — Aus dem trefflichen Beispiele, aus dem patriotischen fach - und menschen kundigen Streben eines tüchtigen Landmanns, unter stützt von den Besseren der Gemeinde Schöngrund, blüht diese aus tieser Immoralität, verächtlicher Indo lenz, grasser Unwissenheit und selbstverschuldeter Armuth zur Mustergemeinde für das Vaterland. Dies der Plan des Buches, das Uebrige Rahmen und Draperie , des idyllischen Gemäldes. Auf abergläubigem Hinter- , *) Zu haben in der Müllcrschen Buchhandlung allhkcr um den geringen Preis von 4 Groschen. Siehe Ankündigung in No. « dies. Bl. j !gründe, wie Zschokke im Goldmacherdorf gethan, seinen «Zweck und Plan zu bauen, hat der Verfasser vermieden, eben so wie er das böse Prinzip des Dorfs nicht unter. ' gehen, sondern bessern läßt. Die einleitenden Capitel zeigen die tiefste Erniedri gung des fingirten Dorfes. Alle Uebelstände, wie sie dort geschildert und aufgezählt werden, finden sich natür lich schwerlich in einer voigtländischen Gemeinde beisam men und konzentrirt, aber einzeln in vielen, vielleicht in den meisten. Läugne es, wer die Unverschämtheit dazu besitzt, daß der Schnaps seine demoralisirende Aus gabe in gar manchem voigtländischen Dorfe gelöst hat und zu lösen fortfährt. Schmeichle sich und dem Volke, wer es gut mit ihm meint, daß die Wirthshäuser und das Treiben in ihnen, wie es der Verfasser von Schöngrund malt, in vielen im Geringsten übertrieben ist. Vertheidige, wer es über sein Gewissen gewinnen kann, die saft gänzliche Vernachlässigung der Obstbaum zucht, die erbärmliche, vielleicht gesetzwidrige Beschäfti gung mit Vogelsang, die im Buche leider! nur ange deutet wird, in den Walddörfern aber an der Tages ordnung ist; die unverantwortliche Wirthschaft in den Wäldern, die gegen das Erzgebirge in der Kindheit liegende Behandlung der Wiesen, di« nach dem Her kommen sich forterbende Bewirthschastung der Felder, die schlechtrassige Viehzucht in so vielen voigtländischen Dörfern, auf die das verbessernde Beispiel zahlreicher Rittergüter in dieser Beziehung bis jetzt von sehr ge ringem Einflüsse geblieben ist. Es ist, wir wiederholen es, der Muth verdienstlich, diese Uebelstände offen und kräftig zu rügen. Das vierte Kapitel enthält für Hun derte voigtländischer Landleutc genug „anregenden Stoff zum Denken und Verbessern" wie der Verfasser im Bor-