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Zweites Blatt. WMM für WW Imtsblult für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. 1891. No. 199. Dienstag, den 13. Dezember Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. Erscheint wöchentlich zweimal u. zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne i Nummern 10 Pf. ThalM Men, Äebenlehn »nd die Umgegenden. —:— >. Sitzung des Bezirksausschusses der Königlichen Amtshauptmannschast Meiszen, am 4. December 1891. An dieser Sitzung nahmen unter dem Vorsitze des Herrn Geh. Neg.-Rathes Amtshauptmanns v. Kirchbach die Ausschuß mitglieder mit Ausnahme des entschuldigten Herrn Stadtrathes Kurtz und Herr Regierungs-Assessor v. Schröter Theil. In die 45 Gegenstände aufweisende Tagesordnung einge treten, brachte der Herr Vorsitzende zunächst 1. die von der König!. Kreishauptmannschaft Dresden über das Auftreten des Harz- und Tannenrüsselkäfers sowie Nonnenfalters in den Staatsforsten und die dagegen zu er greifenden Maßregeln erlassene Verordnung zur Kenntniß des Ausschusses. Da nach dieser Verordnung die von dem mit den bezüglichen Erörterungen in den Staatsforsten beauftragten Sachverständigen zur Bekämpfung des gedachten Ungeziefers vorgeschlagenen Maßregeln auch hinsichtlich der Gemeinde- und Privatwaldungen nach Maßgabe des Gesetzes, den Schutz der Waldungen gegen schädliche Jnsecten betr., vom 17. Juli 1876, zur Anwendung zu bringen sind, so bestimmte der Ausschuß nach 8 4 des nur gedachten Gesetzes die Herren Oberförster Schmidt zu Kreiern und Zinsch zu Marbach als forstkundige Sachverständige zur wahlweisen Zuziehung je nach der Gegend des hiesigen Bezirkes, in welcher die gedachten Schädlinge auftreten. 2. Betreffs der Beiträge für die Alters- und Jnvaliden- Bersicherung der betreffenden verstcherungspflichtigen Personen in der Bezirksanstalt zu Bvnitzsch äußerte sich der Bezirksaus schuß dahin, daß die fraglichen Beträge aus der Bezirkskasse zu Lasten der gedachten Anstalt zu bezahlen seien. Nachdem man sich noch in einer anderen, dienurerwähnte Anstalt betreffenden Angelegenheit schlüssig gemacht hatte, gelangten P. Die von der Gemeinde Neukirchen über die Abgaben zur dasigen Armenkasse getroffenen Bestimmungen zur Berathung, wobei die Letzteren vorbehältlich der noch nöthigen Nedigirung Genehmigung fanden. Ebenso genehmigte man 4. die beabsichtigte Uebertragung der Gutsvorstehergeschäfte des Rittergutes Wildberg auf den Gemeindevorstand in Wild berg, ferner die wegen der Festsetzung des Gemeindevorstands gehaltes von den Gemeinden Altsattel, Coswig und Breitenbach getroffenen localstatutarischen Bestimmungen und befand, nach dem man sich niit dem von dem Stadtgemeinderathe zu Sieben- lehn hinsichtlich des Handels mit Backwaaren ausgestellten Re gulative einverstanden erklärt hatte, daß die Ausdehnung dieses Regulatives auf den gejammten amtshauptmannschaftlichen Verwaltungsbezirk in's Werk zu setzen sei. 5. Hiernächst sprach der Ausschuß zu den das gesetzliche Maß überschreitenden Zergliederungen der Grundstücke Mehnert's und Stolle's in Weinböhla, Klemm's in Coswig, der verw. Sturm in Löbsal, Schäfers in Niederau und des ebendaselbst gelegenen von Carlowitz'schen Grundstücks, ferner des Raben- horst'schen Grundstücks in Hintermauer und des Dietze'schen Grundstückes in Bieberstein die erforderliche Dispensation be dingungslos aus, während er dieselbe hinsichtlich der Grund stücke Möbius's in Churschütz, Fehrmann's in Heynitz, Menzel's in Kötitz, der verehel. Bayrich in Oberstößwitz — hinsichtlich ihres Grundstückes in Cölln a. E. —, der verw. Täuscher in Weinböhla und Starke's in Augustusberg von der Bedingung der Conjolidation der Trennstücke mit den Stammgrundstücken der Käufer u. s. w. abhängig machte. Endlich sprach noch der Ausschuß zu der von der König!. Amtshauptmannschaft auf Grund der seiner Zeit ertheilten allgemeinen Ermächtigung erfolgten Dispensationsertheilung zu der Grundstückszergliederung Otto's in Cölln nachträglich die Genehmigung aus. 6. Gegen die von der Firma Otto und Schlosser hier geplante Erweiterung ihrer Fabrikanlage in Korbitz sowohl als auch gegen den von dem Fabrikbesitzer Markowski) in Dobritz beabsichtigten Brennofen-Neubau und bez. Umbau sind auf er lassene bezügliche Bekanntmachung Einsprüche nicht erhoben worden. Der Ausschuß befürwortete daher die diesfallsige ge- wcrbspolizeiliche Genehmigungsertheilung unter vorausgesetzter Erfüllung der von den betreffenden Sachverständigen vorge- schtagenen Bedingungen. 7. Unter gewissen in bau-, sicherheits- und bez. wohl fahrtspolizeilicher Hinsicht zu stellenden Bedingungen wurden sodann die Gesuche des Bäckermeisters Weymann in Wein böhla, betreffs des Weinschankbetriebes, des Hausbesitzers Tausend jn Löbsal und des Bäckermeisters Partzsch in Deutschenbora be treffs des Schankes einschl. des Branntweinschankes, ferner Zschaubitz's in Naundörfel hinsichtlich des vollen Schankes so wie desConccrt- und Tanzhaltens, weiter p. Braun's in Peters- Perg bezüglich der Gast- und Schankwirthschaft des Beherbergens, Ausspannens, Krippensetzens und Tanzhaltens, sowie auch endlich unter ähnlichen Bedingungen die Gesuche der Gasthofsbesitzer Tamme in Seeligstadt und Sündig in Neucoswig betreffs oes Tanzhaltens und bez. der Veranstaltung von Singspielen u. ,s. w. genehniigt und bez. befürwortet, hinsichtlich Tamme's in Seeligstadt jedoch mit Rücksicht auf die den diesfallsigen An forderungen nicht entsprechende Beschaffenheit des Saales unter Ausschluß der theatralischen Vorstellungen. Hiernächst erklärte man sich auch bedingungslos mit der von dem Kaufmann Gerlach in Wilsdruff beabsichtigten Fortsetzung des Branntwein- Kleinhandels einverstanden. 8. Abfällige Entschließung erfuhren die Gesuche des Kramers Illgen in Neukirchen und der verehel. Thieme in Fischergasse wegen des Kleinhandels mit Branntwein bez. mit Brcnnspiritus, der verehelichten Keil in Ziegenhain, des Bäckers Richter in Oberspaar und des Grundstücksbesitzers Niemand in Niederspaar wegen des Weinschankes und bez. des Ausschankes selbsterbauten Weines, und endlich des Brauereibesitzers Drache und des Ziegeleibesitzers Schneider in Wilsdruff bezüglich des Bier- und Branntweinschankes, und zwar stützte sich diese Ent schließung bez. in Uebereinstimmung mit den Gutachten der betreffenden Gemeindeorgane theils auf die Verneinung eines bezüglichen örtlichen Bedürfnisses, theils auch auf andere bei den stattgefundenen polizeilichen Erörterungen hervorgetretene Bedenken. 9. Als Weinbausachverständiger in Bezug auf die Fest stellung der Entschädigung für die etwa aus Anlaß des Auf tretens der Reblaus vernichteten Reben wählte man auf das nächste Jahr an die Stelle des verstorbenen Gasthofsbesitzers Steudte hier den Gutsbesitzer Keller in Piskowitz bei Tauben heim, während man sich im Uebrigen für die Wiederwahl der fchon zeither mit dieser Function betraut gewesenen Personen aussprach. 10. Zur Aufnahme in die Liste der Taxatoren für die in Folge von Seuchen getödteten Thiere wurde auf das Jahr 1892 an Stelle des verstorbenen Gutsbesitzers Kühne von Groß kagen der Gutsbesitzer Max Dietrich in Nimtitz, und an Stelle des verzogenen Rittergutspachters Hopffe in Schieritz der Guts besitzer Hermann in Zehren gewählt, und hiernächst die für erforderlich erachtete Vermehrung dieser Taxatoren durch die Hinzuwahl der Gutsbesitzer Arno Eckelmann in Altsattel, Weichelt in Berntitz und Hönicke in Zaschendorf herbeigeführt. 11. Im Anschlusse an den auf dem letzten Bezirkstage gefaßten Beschluß, wonach zur Erörterung und Begutachtung der Frage über Errichtung von Naturalverpflegstationen für mittellose arme Wanderer zu der aus den Bezirksausschußmit gliedern bestehenden Commission noch geeignete Bezirkstagsmit glieder hinzuzuwählen waren, wurden aus der Bezirksversamm lung gewählt: Fabrikdirektor Haase in Cölln an der Elbe, Stiftssyndicus Francke, Rittergutspachter Steiger-Leutewitz und Gemeindvorstand Graf in Cölln. 12. Die von dem Stadtrathe hier bei Mittheilung einer mit zahlreichen Unterschriften versehenen Petition angeregte Er richtung eines gemeinsamen Gewerbegerichts für die Stadt Meißen und die in der Umgebung gelegenen ländlichen Ortschaften nach Maßgabe 8 1 des Reichsgesetzes vom 29. Juli 1890 anlangend, so befand der Ausschuß, daß zwar diesem Plane unter Wahrung des Beitrittes anderer Gemeinden des Bezirkes grundsätzliche Bedenken nicht entgegenstehen würden, daß jedoch eine endgültige Entschließung erst nach Gehör der betreffenden Gemeinden und Arbeitgeber gefaßt werden. Die Tagesordnung fand damit ihre Erledigung. Die Erbin von Wallersbrunn Originalroman von Marie Romany. (Nachdruck verbot»-».) (Fortsetzung.) Der Pfarrer, wie begreiflich, war in großer Verlegenheit. Wohl hatte er, nachdem sie in Rom emgetroff en wär, ein Schreiben von seiner Mündel erhalten; Alice hatte ihm, soweit das Gelübde, welches sie einst in die Hand ihres Vaters gelegt, es erlaubte, Erklärungen über den Grund ihrer so räthselhaften Flucht aus der Heimath gegeben; aber das inständige Eesuch um Verschwiegenheit der Welt gegenüber war ihrem Geständ- niß beigefügt gewesen — und da — vor der Hand wenigstens — dem ehrwürdige Vertreter des Hauses von Waldheim jeder eingehendere Blick in der Sachlage fehlte und er also nicht die entfernteste Ahnung von dem Ausgang der durch Alice unte nommenen Bemühungen haben konnte, hielt er es, da er jedem Leumund zu wehren hoffte, für gemessen, unter den ihn um schwärmenden Kreijen das Gerücht zu verbreiten, Fräulein von Waldheim habe, um ihre Trauerstunden in der ruhigsten Ein samkeit verbringen zu können, eine Reise, die sich für längere Zeit ausdehnen werde, in die Apeninnen gemacht. So kam es, obgleich man ein etiquetteloses Lebewohl, wie man Fräulein von Waldheim's Abschied von Wallersbrunn nannte, nach den verschiedensten Richtungen hin auf das Ein gehendste besprach, daß man sich mit keinen weiteren Erhebungen über ihren Aufenthalt beschäftigte; der würdige Seelsorger hatte bei der Erzählung, die er in Umlauf gesetzt, wohl berechnet, daß wenn man auch eigentlich Alicens Handlungsweise rüge, kein Flecken auf den 'Namen von Waldheim geworfen war. Ihm selbst fehlte jeder Glaube an die Aussagen, die seine Mündel ihm unterbreitete; er konnte nicht für wahr annehmen, daß zwanzig Jahre hindurch ein Sprößling der von Erlenburg's lebte, ohne daß die geringste Spur von seiner Existenz bemerkt worden wäre; er dachte nicht anders, als daß eine —vielleicht auf Vortheil berechnete — Täuschung Fräulein von Waldheim besänge und daß nach Ablauf eines kurzen Zeitraumes diese für ihn so peinigende Angelegenheit zu Alicens Gunsten aufgeklärt sei. Diesen Anschauungen zufolge ließ er die eingehensten Er mahnungen an seine Mündel ergehen. Jn der Fortsetzung der von ihr veranstalteten Nachforschungen wollte er ihr nicht im Wege stehen, aber er empfahl ihr wiederholt und auf das Dringenste, was ihr auch geschehen möge, stets Vertreterin ihrer Rechte und ihres Namens zu sein. Er hatte ja keine Ahnung von wie geringem Werth für seine Mündel derartige Ermahnungen waren; er wußte ja nicht, daß, während er sich eitler Hoffnung vertraute, die von Alice gesuchte Spur, wenn auch bis jetzt nur theilweise, gefunden war; er wußte ja nicht, daß Ludwig von Erlenburg lebte, wußte nicht, daß er einstmals verheirathet ge wesen, daß der Himmel ihm eine Tochter gegeben, die, ver lassen im Leben, der alleinigen Fürsorge dessen, der Aller Vater ist, anvertraut war. Ueberlassen wir, da nichts besonderes zu erwähnen bleibt, Wallersbrunn und was mit ihm zusammenhängt, vor der Hand seiner Einsamkeit; es giebt ein anderes Feld zu betrachten; wenden wir den Blick um ein Jahr vor Beginn dieser Erzählung zurück. XI. Golden und strahlend war die Frühlingssonne am Himmel aufgestiegen und goß ihre heute mehr als verschwenderische Gluth über die üppig prangenden Fluren Italiens herab. Es worein Feiertag. Jn allen Kirchen, Kapellen, von allen Kanzeln und Altären ward es laut verkündet, daß Christus zum Himmel ge stiegen und daß durch die Sendung des heiligen Geistes, welcher man von neuem entgegensah, die Dreifaltigkeit der Gottheit den Menschen offenbar gemacht ward. Mit lächelndem Antlitz he - grüßte die Natur diesen Tag; kein Lüftchen regte sich, das reine Blau des Himmels schien ein Unterpfand des Friedens, den der Heiland uns Menschen verkündet; die Wiesen dufteten, die Aehrenfelder prangten im Schmuck junger Blüthen, die Vöglein zwitscherten so fröhlich im jungen Grün, das auf Ast und Zweigen ruhte, und auch die Menschen bekundeten durch die Glückseligkeit die auf aller Mienen lag, daß ihre Herzen Antheil genommen an der Feier des Tages, daß die Weihe der Stunde auch in ihre Seelen gedrungen war. Scharenweise zogen die Gläubigen den Kirchen zu; kaum waren die geweihten Mauern imstande die dicht gedrängten Mengen alle der Andächtigen in sich zu fassen; denn ein jeder wollte seinen Antheil an dem Segen, welcher durch die Himmelfahrt des Heilands über die Mensch heit ergossen ward. Auch jener einsani gelegenen Kirche im Süden Neapels strömte ein buntes Gewoge von Gläubgen zu. Schon eine Stunde vor Beginn der Messe waren alle Räume oes kleinen Tempels mit Andächtigen — vielleicht mischten sich auch Neu gierige unter diese — wie überfluthet; man drängte man stieß sich, ab und zu wurden sogar die ungeziemendsten Reden ver nehmbar, denn ein großer Theil derer die gekommen waren, schien vergessen zu haben, daß der Besuch des Gotteshauses nur der Andacht gelte, gar Mancher schien zu glauben, daß die St. Marienkirche heute eine Städte anderweitigen Schauspiels sei. Stur langsam — wer hätte nicht von der abgestumpften Rohheit des neapolitanischen Volks gehört, zumal wenn es sich um popu läre Dinge handelt, wie am heutigen Tage ? — nur langsam stellte sich daher die Ruhe ein; nur langsam hatte ein jeder, so