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24. Jahrgang Freitag. 6en s. Dezember 1S2S Lärmszenen im Reichstag Nach der Auffassung de» Hugenbergschen „Lokalanzei- ger", der die Verhältnisse in der deutschnattonalen! Partei und Fraktion fraglos kennt, wird sich, di« end gültige Zahl der Ausscheidenden auf 15 bis 25 Reichstagsabgeordnete belaufen. Von entscheidender Bedeutung dürste der Entschluß de» Abgeordneten Schiele und die Stellungnahme des Grafen Westarp werden. (Graf Westarp, der be kanntlich! den Vorsitz in' der deutschnattonalen Reichs tagSsraktion führt, hat schon den Vorsitz niedergelegt.) Die AuStrrttSbewegung in der Deutschnattonalen »I, »«»n>, »i, I I » - «Miia» «inegitch. r»msp»»ch. Anschluß 0,. «. tag auf Sturm! Auch die zweite öffentlich« Sitzung flog auf. Vizepräsident v. Kardorff schlotz drei kom munistische Abgeordnete au», worauf sich wieder ein Höllenlärm auf den kommunistischen Bänken, ^erhob. Herr v. stardorff verspürte keine Lust, sich von den Kommunisten anpvbeln zu lassen, er erhob sich vom Präsidentenstuhl und verließ den Sitzungssaal. Damit hat« die zweite Vollsitzung in wenigen Minuten ein dramatische» Ende gefunden. Dieselbe Szene wiederholte sich gleich darauf wie der. Ein weiterer Kommunist sollte ausgeschlossen wer den, wüste» Gebrüll der Kommunisten folgte, Her« von Kardorff hob die Sitzung auf. Gegen 6 Uhr mutzte die Räumung der Tribünen erfolgen, well der ausgeschlossene Ko en en den Sitzungssaal nicht ver lassen wollte und Kriminalbeamte ihn entfernt hät ten, fall» er sich nicht entschlossen hätte, in letzter Minute freiwillig abzuziehen. Die«Kommunisten er hoben jetzt erneut und gewaltig lärMend ihre Stim men. Sie verrieten endlich auch den Zweck ihrer! Skandalszenen: „Der Bluthund Severing soll nicht zu Worte kommen." Niemals hat sich deutlicher als hier gezeigt, welche Mängel die Geschäftsordnung de» Reichs tages noch aufweist. Sofort trat der Aeltestenrat zu einer Sitzung zusammen. liner „Börsenzeitvng" bemerkt zutreffend, daß der Stein erst in» Rollen gekommen ist. An dett drei Arbeiterabgeordneten Hartwig, Hülser und Lambach sollte ein „Exempel statuiert werden", wie es bereits am Grafen zu Dohna erfolgte. Wenn Ge heimrat Hugenberg diese Absicht hatte; so ist sie gs- Lambach an hugenberg Ein Auszug au» dem AustktttsschreAxm Der Polltifch-Gewerkschaftliche Zeitungsdienst, der dem Ab geordneten Lambach nahe steht, verbreitet in seiner heutigen Nummer einen Bries des Abgeordneten Lambach an Len Ge heimrat Dr. Alfred Hugenberg. Sn diesem Brief heißt es u. a.: Die konservativen Drücken und Elbe, Rhein und Main siitd durch Sie zerstört worden. Die Deutschnational« Volkspartei hacht, auch nicht nach der bisherigen hat unter ihrem ersten Vorsitzenden eine Druck« über oi« Klust an ihn in Vorschlag brachte, durch den Antrag aus Ausschluß Äieäerlegung äes Irakttons- Vorsitzes äurch Graf Westarp Di« Sitzung der deutschnationalen Reich stagssrMon, Li« gestern um 2 Llhr begann, war nm von kurzer Dauer. Bn Hr nahmen auch Abgeordnete der preußischen Landtagofraktion keil, u. a. die Abgeordneten Steuer und Dr. Kaufhold. Zu Beginn der «Sitzung gab der Vorsitzende Gras Westarp di« Erklä rung ab, daß er den Fraktionsvorsitz nieberlege, daß er aber in der Partei und Fraktion -bleibe. Dr. Obersohren dankt« dein Grasen für seine treue Arbeit als Fraktionsvvrsttzenben Die Fraktion wMd« daraus vertagt. Verschiedene Ginzekbesprechun-' gen schloffen sich an. Auch der Termin der neuen Fraktions sitzung hängt noch von diesen vertraulichen Besprechungen ab. Ws dahin erwartet man keine weiteren Austritts«rilLrungeN mehr. Ärsbesonder« d«r früher« deutschnational« Reichsoerkehrs7 Minister Koch b«tont, baß er nichts unternehmen werde, «he er mit seinem Wahlkreis Fühlung genommen habe. Wie bi« „Deutsch« Allgemem« Zeitung" meldet, begründete Gras Westarp in der Sitzung seinen Entschluß in einer Rede, die den Gesichtspunkt herausstellte, daß er -bi« Ausschlutzversahren gegen namhafte Ftaktionsmitglieder mißbilligt. Der langjährige Partei- und Fraktionsführer sagte, daß er nach dem Austritt von 12 Fraktionsmitgliedem nicht mehr in der Lage sei, an der Spitze der Fraktion zu bleiben. Er wies damit aus eine so enge TesmMMszemeinschast Mischen sich und den ausgetretenen Fraktionsmitgliedern hin, daß dies in parlamentarischen Kreisen vielfach als eine Art SolibaritStserklärung -bezeichnet wurde. Graf Westarp fügt« aber, wie gemeldet, hinzu, daß er in Partei und Fraktion bleiben werde. In öffentlicher Reichstagssitzung begann um 3 Uhr die erste Beratung de» neuen RepubNkschutzge- setze». Kommunisten und Nationalsozialisten erhoben sogleich Einspruch gegen die Beratung. Der Reichstag lehnte ihn jedoch ab. E» folgte eine Philippika de» Kommunistenführer» Pieck, der sich eine kaum min der scharfe Red« de» deutschnationalen Dr. Gverling anschloß, die zur Genüge den neuen Kur» in der Deutschnattonalen Volkspartet anzeigte. Mm Schluß seiner Rede richtete Dir. Everling an den anwesenden Reichsinnenminister Severing vier Fragen auf Grund der vorliegenden Interpellation. So fort erhob'sim der Minister , zu ihrer Beantwortung. Fast gleichzeitig erfolgt auch ein Wechsel im Präsidium, da Präsident Löb-e, dem Vizepräsidenten v. Kar dorff did Leitung der Verhandlungen übertrug. Kaum hatte sich Severing erhoben, als die Kommunisten einen ungeheuren Hrach machten. Sie schrien „Massenmör der", „Achtgroschenjunge", „Henkersknecht" und tobten derart, daß Herr v. Kardorff trotz aller Bemühungen nicht Ruhe zu schaffen vermochte. AlS er «inen der Hauvtschreier des Saales verwies, machten die Kom munisten einen solchen Höllenspektakel, daß die Sitzung unterbrochen werden mußte. . . . Das politische Barometer 'stand gestern im Retch's- zrvischsn »den Ständen geschlagen. Sie halte bas Arbeitgebertum in Stabt Mb Land mit dem von her gesamten bratschen Arbeit nehmerschaft -al» aufrechten Führern anerkannten chriftlichnatio- nalsn Gewerkschaftlern auf dein Beben weltanschaulich begründe ter politischer Mllensbildrmg verbunden. Si« haben durch Ihre betriebsam« Förderung der „Srrweae der Sozialpolitik", Lurch Ihre, Brief «ach Amerika, sich außerhalb d«r Willensgemein- schaft jener gestellt, bi« eigen« Rot au» eigener Kraft in eigener Würd« übenvinben wolle«. Nachdem bann der Abgeordnete Lambach an her „kultur- unb slttenzersetzenbon Wirkung ber Boulevard-Blätter und Mternen Film« Les Prrffe- und WMälnternchmer» Hugenberg Kritik geübt hat, beb-mdelt er in seinem Dries« weiter seine und seiner Freund« Stellungnahme zu dem Zuchthauspragraphen Le, Volksbegehren» mid schließt feinen Brief mit folgenden Aus- > führuW^ irgend ein« Wahrscheinlichkeit bestand, baß politisch« Arbeit im Rahm«« ber Fraktion, bi« Hank her Führung de, Grafen Westarp Ohrem Befehl nicht untergeordnet war,ar- löstet. Dies« M^lichkeit LSstcht jetzt nicht mehr mb beihalh «ülL« ich Ihnen hiermit mein« Lmtrltt mm ber Derrtschnatto- Die ckeutschnationale Parteikrise D« Stttn Ist l« Rollm, — Rafsmauetrüt« qu» deedevtschnBio. nM, Retch»tqg,fr«rt<o» - Parteipolitisch, «ntwicklungswchmyen «S Ist kaum einmal sy viel über die Um bild una "^Ere» deutschen ParteHeben« geschrieben und gesprochen worden, al» in den letzten Wochen unst Monaten. Lite jüngsten Vorgänge in der Deutsch- nati o nalen «olk»part-t offenbaren indessen Entwicklungstendenzen, die sich wesentlich von jener Kon solidierung unsere» Parteileben» unterscheiden, von denen deutsche Parteiführer und Partettaktiker in letz- 'er Zett so viel sprachen. Statt Zusammenschluß und! Vereinfachung scheinen wir vor einer neuen Zersplit terung zu stehen. Die -Deutschnattonale Bolkspartei sollte nach dem Zusammenbruch der ulten konservativen Partei eine Volkspartet tn dem umfassendsten Ginne des Wor tes werden. Wie die Zentrumspartei, so sollte die aus dem Zusammenbruch sich erhebende Deutschnatio nale Volkspartet alle Gruppen der Gesellschaft und Wirtschaft umfassen und den monarchisch gesinnten Volksteil der Nation verkörpern. Dies ist den deutsch nationalen Parteiführern Tir. Hergt und Graf Westarp in weitem Umfange gelungen. Wir fanden in der Deutschnationalen Volkspartei die alte.CHristlich-soziale Gruppe Stoeckers wieder und! hörten tn den letzten Jahren viel von dem Arbeiter-, führer Behrends, dem Angestelltenführer Lambach und dem früheren ReichSderkehrsminister Koch, der aus der evangelischen Arbeiterbewegung hervorgegangen ist. Der alte Bund der Landwirte, der in veränderter Gestalt in den Landbünden wieder auslebte, fand gleichfalls in der Deutschnationalen Volkspartet seine Politische Heimat. Ter Landbundführer Schiele, unser früherer ReichSernährungSMinister, ist wohl der her vorragendste Vertreter der agrarischen Gruppe der Partei. Besonders stark trat sodann in der Nachkriegs zeit die Jndustrtegruppe der Partei hervor, die! so einflußreiche Repräsentanten aufwetst wie Lejeune- Jung, dem Geschäftsführer des Verein- deutscher Zell stoffabrikanten, die BergwerkSdirektoren Leopold und Volkspartei wird von der" „Deutschen Tageszeitung" Rademacher, den Dortmunder Fabrikanten Klönne und lebhaft bedauert, weil sie einmal eine Schwächung der zahlreiche andere mehr. Eine weitere Gruppe Intel- Schlagkraft und Aktionsfähigkeit der Hartei bedeutet lektueller, die zeitweise von UniversitätSprofessor Tir. und sodann dem GründungSgedanken der Partei als Hoctzsch, einem der besten Kenner unserer Ost-Probleme, einer durch, alle Stände und Schichten hindurchgehenden geführt wurde, auch Lindetner-Wildau gehört zu ihnen, Volksgemeinschaft Abbruch tut. Die rechtsstehende Ber- verschafften der Partei auf außenpolitischem und kultur politischem Gebiete eine nicht zu unterschätzende Bedeu tung. Schließlich war ?S der deutschnattonalen Partei führung gelungen, auch die monarchisch gesinnten Ka tholiken vom- Zentrum abzuspalten und organisa torisch zu erfassen. . Met den scharfen Interessengegensätzen, die tn der scheitert. Die Abs.chiedSfchretben der--ausgetveteuen- Nachkriegszeit bei uns immer wieder aufeinander- deutschnattonalen Abgeordnete^ zeigen deutlich, welcher Prallten, war es für die deutschnattonale Parteifüh- Gruppe der einzelne Abgeordnete angchörte. Heben rung keine leichte Aufgabe, diese verschiedenartigen, sie auch eine recht verschiedenartige Kritik an dür mit ihren gegenseitigen Interessen sich kreuz und quer , Parteiführung, so sind sie doch in der Berurtei- schneidenden Gruppen zusammenzuhalten. Die mitunter lung de» Kurse» Hugenberg etntg. recht scharfe Kritik, die an den jeweiligen Parteifühj- , rern geübt wurde, ist daher nur zu wohl verständlich, i Als Tir. Hergt als Parteiführer abgewirtschaftet hatte, sprang Graf Westarp in die Bresche. Ihm folgte Geheimrat Hugenberg. Während die beiden Vor gänger des gegenwärtigen Parteiführers durch e- schicktes Lavieren die Interessengegensätze immer wieder auszugleichen und die Einheit der Partei aufrecht zu halten vermochten, 'scheint e» jetzt Dem Parteiführer Hugenberg nach einjähriger Führung beschieden zu sein, die Partei innerlich so aufgelockert zu haben, daß sie geradezu tn ihre Teile ausetnanderzufallen droht. In den letzten 24 Stunden tst der ganze christlich- soziale Flügel der Deutschnationalen volkspartet Lu der Partei und der Frattton ausgetreten. Zu ihm ge hörten die Reichstagsabgeordneten Hartwtg, Hül ser, Lambach, Behrends, Mum« und Hart- mann. Lite beiden Intellektuellen Dr. Hoetzsch und Lindeiner schieden gleichfalls aus. von den Bauern führern trennten sich der Direktor der Lipptschen Land- wtrtschaftskammer TreviranuS und der Gutsbesitzer Schlange.Schöningen von der Partei. Auch der frühere ReichSirmenmtnister v. Keudell, der Ritter gutsbesitzer in Hohenlibbichüw ist, gchört beruf-stän disch zu dieser Gruppe. Bon den Industriellen ver ließen Fabrikant Klönne und Dr. Lejeu'ne-Jung die Partei. Damit tst di« AuStrttt-bewegung jedoch Noch nicht abgeschlossen. Am Mittwoch früh hielten nämlich mit den ausgetretenen Abgeordneten noch etliche an dere Abgeordnete im BeichStag eine Sonderkonferenz ab, die vermutlich sich dem Schritt ihrer ^näheren Tageblatt Anzeiger für -as Erzgebirge ril.grammi! rasiSia« sti"*in**te»» Enthalten- üle amtlichen vekaautmachnngen -es Kate» -er Gtaöt «aö -es Amtsgericht» An». p»mchick.«»at»r stM «SB, MISS» Nr. 283 Christliche Kreise gegen Hugenbergs presse un- Zttme Di« LMtfchnaüonälon Abgeordneten v. Mumm mrb Beh rens haben folgendes Schreiben cm Len Grafen Westarp gerichtet: Hochverehrter Herr Graf! Da Herr Geheimrat HugeMrg, der derzeitige Vorsitzende unserer Partei, in Kassel des Herrn Reichspräsidenten nicht ge dacht, auch nicht nach der bisherigen Gerovhnhmt «in TÄegramm ^'eier Ärbeivtehme^ unser' DerhAtni« zu der christlich- nationalen Ardsitnehm«rdeu>egimg -aus das schwerste schädigt hat, in staffel einen Privatbries vhn« Genehmigung -de» Schrei ber» -und de» Adressaten dem Pcrrteivorstand gur Kenntnis brachte und weder am letzten Freitag noch jetzt am Dienstag ein l-send«, Wort gegenüber Herrw Kollegen Trovtram«, gegen Len «r den Ausschluß zu beantragen erklärt hat, gesunde« hat; da durch d!« KcMung der Nachtausgabe sowi« durch gewiße Film« der Ufa wir schwersten AngrGen ernster christlicher Kreise ohne d!« Möglichkeit ausreichender vetteM^ng gegenüberstehen, sind die Unterzeichneten gezwungen, bei voller Anerkennung de» Pro- gramm» der Deukfchnational«, Dot-Kpartvi die Fraktionsgemein- schäft zu löse«. Mit deutschem Gruß und in bleibender Verehrung gegen über Euer Hochwohlgeboren geg. Franz Dehr«rr». v. Reinhard Mumm. Dazu erklärt Adg. Mumm, daß er sich, so schwer chm auch _ - - - - - - - ckschinattanatm Fraktion, Schaltung ber Parteizugehörigkeit, auözuschei- Miere den, von der Arbeit der neu gebildeten „deutschnational«« Ar- llbruna . beitsgemeinschast" doch «ine Stärkung der christlich - nationale« ar o». i Volkäxwegung mrd der G«samtkrSft» der politischen Nachten