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Mittwoch, ZA. April 1S08. I88ö W« M. S8. Dritter Zahraam, s^uer Tageblatt und Anzeiger Ur das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur: Fritz Arnhold. Für di« Inserate verantwortlich: lv alter Kraus beide in Au«. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von -l—5 Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt Aue. — Fernsprecher litt. Für unverlangt eingesandle Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag Gebrüder Beuthner (Inh.: Paul Beuthner) in Au». Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Haus monatlich so pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich w Pfg. und wöchentlich >o pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich i so Mk. — Durch den Briefträger frei ins Haus vierteliährlich t.yr Mk. — Einzelne Nummer >0 pfg. — Deutscher Postzeitungs- katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. 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Das Heine-Denkmal aus Korfu soll durch einen der Erinnerung an Kaiserin Elisabeth von Oesterreich ge weihten Tempel ersetzt werden. * Gegen den K a i s e r v o n O e st e r r e i ch soll ein Kom plott geplant gewesen sein. (S. Tel.) Die Abkommen über die Nordsee und über die Ostsee. Unter dem Schleier des Geheimnisses sind zwischen den be teiligten Mächten schon seit langem diplomatische Verhandlungen gepflogen, welche die Frage der territorialen Machtver- hältnisse in der Nord- und Ostsee berühre». Mancher lei munkelte man über Ziel und Zweck dieser Verhandlungen, vielfach wurden Besorgnisse laut, daß sie zu neuen internationa len Verwickelungen führen könnten. Nun ist das Geheimnis ent hüllt. Im Berliner Auswärtigen Amt ist von dem Staats sekretär v. Schoen und den Vertretern von England, Frankreich, Dänemark, Schweden und Holland das Nordsee-Abkommen unter, zeichnet worden. Zur gleichen Zeit unterzeichneten im Mini sterium des Aeußeren zu Petersburg der Minister des Aeußcrcn Iswolski, der deutsche Botschafter Graf Pourtalös, der schwedische Gesandte Brändström und der däniche Gesandte von Lovenörn eine Deklaration sowie ein besonderes Memorandum über die seitens ihrer Regierungen erfolgte gozenseitige Anerkennung des Prinzips des territorialen statu» guo in der Ostsee. Der Inhalt des Nordsee -Abkommens wird be reits amtlich mitgeteilt und lautet in deutscher Uebersetzung wie folgt: Die Ragierungen von Deutschland, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Len .Niederlan den und Schweden sind mit dem Wunsche geleitet, die zwischen ihren Staaten bestehenden Bande nachbarlicher Freundschaft zu stärken und dadurch zur Erhaltung desallgemeinen Friedens beizutragen und stimmen in der Ueberzeugung überein, daß ihre Politik mit Bezug auf die an die Nordsee grenzenden Gebiete die Aufrechterhaltung des jetzigen territorialen »tatu» guo zum Gegenstände hat. Sie erklären deshalb, daß sie fest entschlossen sind, die zur Zeit bestehenden Hoheitsrechte ihrer Staaten an ihren Ge bieten in jenen Gegenden unverletzt zu erhalten und gegenseitig zu achten. Sollten irgendwelche Umstände ein treten, welche nach Ansicht einer der vorgenannten Regierun gen den gegenwärtigen territorialen »tatu» guo in den an die Nordsee grenzenden Gebieten bedrohen, so werden die Signatarmächte der gegenwärtigen Deklaration miteinander in Verbindung treten, um sich im Wege einer Vereinbarung untereinander Uber Maßnahmen verständigen, die sich im In teresse der Aufrechterhaltung des statu» guo ihrer Besitzungen für nützlich halten möchten. Die Deklaration über die Ostsee besagt, daß das Abkom men zwischen dem Deutschen Kaiser, dem Könige von Dänemark, dem Kaiser von Rußland und dem König von Schweden abge schlossen worden ist. Sonst stimmt der Inhalt der Deklaration wörtlich mit derjenigen über die Nordsee überein. Das den Deklarationen beigefügte Memorandum hat in beiden Fällen sollenden übereinstimmenden Wortlaut: Die Unterzeichneten stellen im Namen ihrer Regierungen fest: daß der durch viese Deklaration anerkannte Grundsatz zur Aufrechterhaltung des statu» guc» nur die territoriale Inte grität aller gegenwärtigen Besitzungen der hohen vertrags schließenden Teile in den an die Nordsee (Ostsee) grenzenden Gegenden ins Auge faßt, und daß daher die Deklaration in keiner Weise angerufen werden kann, sobald es sich um die freie Ausübung von Hoheitsrechte» der vertragsschließenden Teile über ihre oben erwähnten Besitzungen handelt. Die Bedeutung des Abkommens ist im Vertrage selbst so deutlich präzisiert, daß es eines Kommentars nicht bedarf. Es handelt sich um die Sicherung der bestehenden Verhältnisse, ähnlich wie bei dem Mittelmeerabkommen. Beide Abkommen sollen also der Erhaltung des Friedens diene», und in diesem Sinne kann man sich die Abmachungen gefallen lasten. Hoffent lich treten keine Eventualitäten ein, die das, was die Diplo maten mühsam ausgearbeitet haben, mit einem Mal über den Haufe» werfen. Papier ist geduldig, und für die Ewigkeit werden solche Verträge auch nicht geschlossen. Deutscher Reichstag. 144. Sitzung. 8. Berlin, 28. April. Das Andenken des inzwischen verstorbenen Abgeordneten Zindler wird vom Hause in der herkömmlichen Weise g«hrt. Auf der Tagesordnung stehen Berichte über Petittonen. Eine längere Reihe derselben wird debattelos nach den An trägen der Petitionskommission erledigt. Mehrere Petitionen von Agenten um Abänderung des 8 81 des Handelsgesetzbuches beantragt die Kommission dem Reichskanzler als Material zu überweisen. Der Antrag der Kommission wird, nachdem der Abg. Lehmann-Wiesbaden (Soz.) ihn kurz empfohlen, so gut wie einstimmig angenommen. Eine Petition! betr. Unterstellung des Vühnen-Chorpersonals unter das Invaliden-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz beantragt die Kommission, dem Reichs kanzler zur Erwägung zu überweisen. Abg. Pfeiff« (Zentr.) legt den Notstand dar, der in den Kreisen des Vühnenchorperso- nals herrscht und beantragt, die Petition zur Berücksichtigung zu überweisen. Die Abg. Briihne (Soz.) und Hildebrand (Soz ) treten diesem Anträge lebhaft bei. Die Abgg. Stengel (Freis. Vp.) und Bassermann (Natl.) erklären, der letztere ausdrücklich für seine Fraktion, ebenfalls ihre Zustimmung zu dem Antrag« auf Berücksichtigung. Der Antrag Pfeiff« und «in inzwischen noch eingcbrachter gleichlautender sozialdemokratischer Antrag werden hierauf fast einstimmig angenommen. Eine Petition betr. Durchführung des 8 142 des elsässisch-lothringischen Berg gesetzes strebt weitere Förderung des Knappschastswesens an. Die Kommission beantragt Ueberweisuncz teils zur Berücksichti gung, teils zur Kenntnisnahme. Abg. Eiesberts (Zentr.) wirft den Vergwerksunternehmern in Elsaß-Lothringen vor, garnichts für die Knappschasten zu tun. Er beantragt, die Petition in allen ihren Teilen zur Berücksichtigung zu überweisen. Abg. Emmrl (Soz.) greift die christlichen Bergarbeitergowerkschasten und den Abg. Behrens wegen seiner Stellung zu 8 7 das Vereins gesetzes heftig an'. Die elsässisch-lothrinsjische Regierung fei Schuld daran, daß man in Elsaß-Lohtringen im Bergarbeiter wesen noch nicht mehr erreicht habe. Els.-Lothr. Geheimrat Hailey weist diese Vorwürfe zurück. Abg. Behrens (wirt. Vgg.) verteidigt die christlichen Gewerkschaften. Seine Abstimmung zu 8 7 komme hier nicht in Betracht, da in Elsaß-Lothringen der Sprachenparagraph sicher außer Kraft gesetzt werde. Abg. Erzberger (Zentr.) nimmt gleichfalls die christlichen Gewerk schaften in Schutz. An der Debatte beteiligten sich weiter die Abgeordnete» Will (Zentr.-Els.), Sachse (Soz ), Emmel (Soz.), Behrens (wirt. Vgg), Vibberts (Zentr.), Erzberger (Zen trum) usw. Es handelt sich bei diesen Auseinandersetzungen ausschließlich um Austausch von Vorwürfen zwischen christlichen und sozialdemokratischen Gewerkschaften. — Der Antrag der Petitkommission — teils Berücksichtigung teils Kenntnisnahme — wird schließlich angenommen. Ferner wird angenommen der Zentrumsantrag Will, Giesbcrts, Erzberger usw. in folgender Fassung: Die Regierung zu ersuchen, sofort aus dem Wege der k «MAIIVM« I': . TM*?, n -.7V »».'M«««««, < 1 i) Monat. Wie ä aanze StaU zu villing Schmipptovak knmme is. Humoreske in erzgebirg. Mundart von Kurt Reiher, Aue. Dös, wenn mr egal de Leit verolbert dodrbei falber emol richtig miet neiflieng ka, des Hot dr grüße, reiche Spediteur A. in X. a nett for mcglich gehalt'n, ober 's is' ne doch gepassiert. — Die geleihne Geschicht muß iech eich doch emol derzehln: Der greßte un reichste Spediteur A., ä alt's gemietlichs Haus, dar kenn Spaß verderbt, ober, wos de Hauptfach bei ne is, salberscht de niesten Schnoken reißt, is in dr ganzen Stadt T. ä garn gcsahs Luder un wcnnr innere Kneip an Stammtisch be senn Tippel Vier sitzt, do miß'» de anner» Eäst egal lachen un niemand denkt ans Ehämgieh. E manicher is scho vun ne mit in gruß'n Bärn asne Buckel ehämgeschickt wurn, ober noch niemanden is gelunge, ne guten Spediteur a emol an afzebinden, trotzdem siech de ganzen Stammtisch Brieder von dan viel'» Wärtschaften, wu unner Spediteur dan liem lange Tog Gahr ei Gahr aus -ikehrt, ball ne Kopp z'vbroch'n Ham. Ober is sollt'» kumme, in ober a geleich ordnlich. 's is numehro zwe Gahr har, do am eines schien Togs, is war an en Dienstig, unner guter > *«diteur ins Hotel zin weiß'n Roß. Wie gehts mol, so Hamm /a dösmol mit gruß'n Freiden empfange. Ar halt siech noch /r 'tlett su rächt gesetzt gehatt, do fung ar a schte wieder mit seine Hchnoken a un als nu alles su gerod naus lachet, do machets d« Ti^af un rei kimmt ä Schnupptobak-Räsender, ober mit änn« cht sießsauern Miene. Wie dös nu unner Spediteur sieht dc pringet ar af, packetne ben Arm un zieht n« miet hie an ne Stammtisch. Weil ar ober nu gar kei bissel miet lachen , wott, do sreget ne unner Spediteur: „Nu wos fahlt dr dä heit?" Der Schnupptobaträsend« derzehlts nu, dös ar gar kan« Geschäft ^gemacht hott un dös de ganzen Zigarrn- un Kolonjalwarnhändler ,j»och Echnupptobak af Manden') naus hetten. „Bei «ich in eirer Stadt muß ieberhaupt gar kane Schnupper gahm," su schloß dr Räsende. Ober dös war Wasser as ne Spediteur sei Michl un mr alle Hains gcsah wie ar sich freiet, döß ar wieder Gelangheit hott, jemanden su an rächt Sasting afzebinden. „Wenn dc ä richtige Rund bezahlst, will icch dr as dr Klemm halfen," sochet unner Spediteur. „Ja, die bezahl iech garn blas dös icch ä Order afgahm ka: Harr Wärt, dränge se uns emol ä Rund," so schallets dorch de Gaststum. Als se nu alle emol an dös neie Glascl gelackt l)atte», sung dr Spediteur a zin Räsenden: ,,'Mnn se mr bis iebermorna 2V Zantner Fliengköpp ") liefern kenne, do kenne se mcrschc miet bestell'»." Alles is meisleruhig u» alles gucket siech mit grüß» Ange") a, bis ä laut's Gelachter lusging. När unner Rillender lachet nett. „Ho icch dann a rächt verstand'», zwan—zig Zant—»er Flieng—köpp bis ieber—morng?" „Ha," söget der Spediteur siegsbewußt un alles Hot siech ne Bauch gehalt'n for lachen, döß dr Spediteur wieder emol su an ganz gewalting zam- gebracht Hot. „Bis iebermorng LO Zantner Fliengköpp, dös is doch gar nett meglich," söget dr Räsende. „Ei ju," meinet dr Spediteur. Un ums Kraut gar satt ze mach'», söget ar noch zin Räsenden: „Wenn se mr 20 Zantner Fliengköpp bis iebermorng liefern, Irieng se vu» mir a noch 100 Mark Velohning." Dös war ober doch ze stark un vor Lachen wär ball dr ganze Stammtisch mit de Vierseidle umgesalln, wenn nett dr Wärt, dr Kellner un dr Pikkolo is ganze bissel Reißzeig ne letzten Ausblick noch drkrabzt hätten. Dr Räsende, dr wott nu itze weißkrieng, döß ar verolbert warn füllt, fung itze zin Spediteur a: „Gut, iech wills besorng," und sillet ne Bestellschei aus. Unner Spediteur Hots nu dorchaus nett for meglich gehalt'n, döß a die Fabrik in zwe Tonge 20 Zantner Echnupptobak liefern ka und schräbt mit grüßen Zienge«) san Name unner de Vestelling. Itze wuret ober dr Räsende labandig. „Harr Wärt," schrier ar, „ka iech emol ans Telefong?" „Hä, 's is gerod frei," gibt ar n« Räsenden -erick. Dr Räsende stand nu af, gung ans Telefong >) Grober Schnupftabak. ') Augen. ') Ziegen. un schlier nei in dann Kasten: „Freilein, verbinden sie miech emol mit Z. No. 3044, ober wcnns ihne meglich sei sott ä bissel fix, iech ho se nämlich ä wog ganz un gar eiligv." 's dauert « gar nett lang, do klängelts wieder un dr Schnupptobakräsende mußt wieder na an dann Kasten. Itze wurets ne Spediteur doch ä bissel uhamlich ze Mut, ober ar luß siech nischt merken. Itze gungs fei drauß'n an dann Kasten lus: „Hier is ihr Räsender B. Sei mr in dr Log', un kanne bis ne Donnerstig 20 Zantner Flieugköpp noch X liefern?" „Wieviel?" schallets zerick. „20 Zantner," schrier de Räsende. „Se sei wühl nett su rächt ge- scheidt, se Ham siech af alle Fall versah." „Nei," böket dr Räsende, „iech hos doch schwarz as weiß in de Händ." „In AmMick," kams ze dann Kasten raus. Itze wurets ober unnern Spediteur siedigheiß imme Kopp rim un ar söget ze san Nachbar: „Dös muß ober noch« schie ä sei wing ä grüße Fabrik sei, wenn die dan Schnupptobak in zwe Tange liefern ka." „Sei se noch do," gungs af amol. „Ha, nu wie stiehts, is meglich.,, schrier dr Räsende. „Ha, de Fliengköpp die ganne morng ze mittig mit Eilgut hier oh, »ocher sei se iebermorng bestimmt dort. Harzling Elickwunsch!" „Wos," böket dr Spediteur, „harzling Elickwunsch, Hot ihr Fabrik a noch ze ihne gesagt, wühl weil se su ä guts Ge schäft gemacht Ham?" un dodrbei wurets ne ober a grie un schwarz vor de Ang un mr merkets ober a schie, döß ne nimmeh -in Lachn is. „Ha," söget dr Räsende gemietlich, „su ä Geschäft ho iech halt a in män ganzen Lam nuch nett gemacht un dös werd mr wühl a nimm« passieren." „Dös gelam mr," schrier» do miet anmol de ganzen Leit in der Gaststum un se freisten siech alle innerlif dodrieber, döß dr Spediteur andlich a ^mol kräftig neigeflug is. Dr Räsende ober lus noch ä fei paar Tippl« äbfahrn un is wur ziemlich spat e de Stammgäst ausännaner gange sei. s Noch zwe Tonge kam vun unnern Spediteur ä Geschärr vun Bahhuf miet de zwanzig Zantner Echnupptobak. Itze hieß ober dorn Spediteur ärbetten') um dös Zeig zum luszewarn. D« °) arbeiten.