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Erscheint wöchentlich dreimal and zwar DienStagS, Donnerstags nnd Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich I Ml. 30 Psg., durch die Post bergen 1 M. 54 Psg. Femsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. und Amgegend. Amtsblatt Inserate werden Montag», Mittwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertioospreis 15 Psg. pro vtergeivalteue Korpuszeile. Außerhalb des Amtsgenchtsbezirks Wilsdruff 20 Psg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Ausschlag. Mr die Lgl. Lmtstzauptmannschast Mettzen, Mr das Lgl. Amtsgericht und den Stadtrat m MlsdruS, sowie Mr da» Lgl. Forstrentamt M Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanueberg, Birkenhai«, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund Zbei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Keffelsdorf, Kleinschöaberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bet Keffelsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeltgstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Druck uud Verlag vou Arthur Zschunke, Wilsdruff. Für die Redaltiou und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in WilSdrufs. No. L47 Dienstag, den 17. Dezember LW7, 66. Jahrg. Aonigm-LVitm- Carol« von Lachsen und entsandte auch hierhin Pflegerinnen aus dem , Albertverein Alljährlich waren die Kinder des Dienerpersonals in Villa Strehlen zu einem großen Weihnachts- Schmaus geladen, wb sie an langen Tafeln beim > strahlenden Christbaum mit Stollen und Schokolade ! reichlich bedacht wurden. Auch für die Armen war der Tisch zur Bescheerung oft und überreich gedecki. Und arme Konfirmanden wurden zur Einsegnung in statt licher Zahl von der Königin-Witwe eingekleidet. — Durch das Ableben der geliebten Landesmntter wird vie zugedachte Weihnachtsgabe den auserwählten Kindern Übrigens nicht vorenthalten. Die Entschlafene hatte alles hierzu Erforderliche bereits angeordnet. Insofern werden die Kinder der Armen und die Familien der königl. Dienerschaft bedacht werden, wie ehedem. Doch unersetzlich wird die liebevolle schlichte Art der hohen Frau sein, die wahrhaft mütterlich ihre kleinen Gäste empfing und sich mit ihnen unterhielt wie eine gütige Mutter. Ein kleines Mädchen, das verspätet und frost erstarrt bei diesem Weihnachtsschmaus erschien, nahm die Königin freundlich auf den Schoß, rieb ihm die Händchen warm und streichelte die kleine Nachzüglerin fürsorglich, wie es nur eine Mutter tut. Einst wohnte König Albert einem solchen Kinder-Feste bei und unter hielt sich huldreich mit den vergnügten Gästen. Eben war er im Begriff, sich auf einen Stuhl an der Tafel niederzulassen, als ihm ein kleines Bürschchen zurief: „Hier kannst Du nicht her! Da gehört meine Mama hin!" Das Kind wußte nicht, daß diese Tafel nur den Kleinen gedeckt ist, die Mütter aber sich von ferne des Jubels ihrer Kinder freuen durften. — Wie nachsichtig und menschenfreundlich die hohe Landesmutter sich unter dem Volke bewegte, davon weiß manche L- kaieufamilie zu erzählen. Wenn auf den Korridoren des Residenzschlosses, wo sich auch die Kinder d:r Dieuerschatt tummeln durften, der jugend liche Ucdnmm bisweilen etwas lauten Ausdruck an nahm, so griff die geduldige Schloßherrin nicht gern zu anderen Mitteln, als zu einer herrlich gefüllten Bonbonniere, denn sie wußte, daß damit ein Kinder. Herz am schnellsten zufrieden gestellt ist. — Sie liebte es, wie schon erwähnt, unter ihrem Volke unerkannt zu wandeln. Vor Jahren war sie auf ihrem Landsitz Rehefeld, jenem prächtigen Lustschloß, zu welchem noch 24 andere Besitzungen gehören Unterwegs redete eine Bauerfrau aus anderer Gegend die fremde Dame, d. h. deren Kutscher an und fragte nach dem Weg zum Schlosse. Die Königin bot der einfachen Frau einen Platz an und zog sie in ein schlichtes Gespräch, ohne daß die Landbewohnerin den Sachverhalt ahnte. Als die Kutsche endlich gerade am Schlosse hielt und mit respektvoller Zeremonie empfangen wurde, da wäre die Bauersfrau vor Angst beinahe davon gelaufen. Die Königin entließ sie erst nach freundlichem Huldbeweis und mit einem kleinen Geschenk. — Auch in der eignen Haushaltung sah Königin Carola sich überall nach dem rechten um. Einst war sie erkrankt. Der neu ange stellte Küchenchef sollte ihr Apfelkompott bereiten, genau wie sie es liebte. Mit einer bräunlichen, festen Ober fläche. Der Mundkoch bekam die nicht völlig gelungenen Versuche zweimal zurück. Dann befahl ihn die er lauchte Hausfrau in ihr Krankenzimmer, ließ bas nötige Gerät besorgen und zeigte dem schon recht be stürzten Küchenbeamten, wie er es machen wüßte. Sie bereitete mit heiterem Kommentar vor seinen Augen die rätselhafte Oberfläche — durch Ueberflämmen mit einer heißen Schaufel. Der Koch war stolz auf den Besitz eines Kochrezeptes aus dem Wiffensschatz , der königl. Hausmutter. — Ihre letzten Lebensjahre brachte die Königin- i Witwe wie bekannt im engsten Kreise ihrer Familie Verordnung, dte Landestrauer für Ihre Majestät die Königin Witwe Carola betreffend. Im Hmbuck auf das Ableben Ihrer Majestät der Königin-Witwe Carola werden sämtliche Behörden, die es angeht, hierdurch angewiesen, innerhalb des Be reichs ihrer amtlichen Wirksamkeit dafür Sorge zu tragen, daß die für den Fall des Ablebens einer ver witweten Königin im Gesetz über dte Landestrauer vom 25. April 1904 getroffenen Bestimmungen alsbald in Vollzug gesetzt weroen. Das in 8 2 des Gesetzes vorgeschriebene Trauer lauten hat von Montag, den 16. Dezember 1907 bis einschließlich Sonntag, den 22. Dezember 1907 statt zufinden. Oeffentliche Musik sowie öffentliche Lustbarkeiten und Schauspielvorstellungen sind nach 8 3 des Gesetzes bis mit Mittwoch, den 18. Dezember 1907 sowie am Tage der Beisetzung, falls diese erst später erfolgen sollte, einzustellen. Dresden, den 15. Dezember 1907. Die Ministerien des Innern nnd des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Dresden, 15. Dezember. Ihre Majestät die Königin Witwe Carola ist Henie früh 3 Uhr 37 Min. fanft verschieden. Die letzten ernsten Nachrichten vom Sonnabend mußten auf die Katastrophe vorbereilen. Nach Mitter nacht konstatierten die Aerzte das baldig: Eintreten des Todes. Sofort wurden König Friedrich August und Prinzessin Mathilde herbrigerufen. Prinzessin Johann Georg war bereits anweseno, da sie die ganze Nacht in der Königl Villa verbracht hatte. Mit den hohen Herrschaften betraten die Hofstaaten der ent schlafenen Königin, ihre Beamten und Dienerschaften, das Sterbezimmer. Herr Hofkaplan Vikariatsrat Klein hatte, während Ihre Majestät entschlief, ein Gebet ge sprochen und las nach Eintritt des Todes eine Messe. Bald wehte von der Villa das umflorte Rautenbanner halbmast und eine verstärkte Offizierswache trat auf. Den befreundeten Höfen und den Gesandtschaften wurde die Trauerkunde alsbald telegraphisch übermittelt. Bis zur Aufbahrung in den Abendstunden blieb die Königin in ihrem in der ersten Etage nach der Palaisstraße gelegenen Schlafzimmer. Albertinerinnen und graue Schwestern halten die Leichenwacht. Das Antlitz der Verewigten atmet Frieden, die Hände find zum Gebet gefallet. Als der Zustand der Königin in den letzten Tagen immer ernsteren Charakter annahm, wurde dte nahe verwandte Gräfin von Flandern benachrichtigt, dte gestern (Sonntag) nachmittag 4 Uhr 12 Minuten in der Villa Strehlen eintraf. Dort sprach um 12 Uhr miltags auch Se. Majestät der König vor und verrichtete ein kurzes Gebet. Viele Kondolenzschreiben liefen ein und im Königl. Hofzahlamte im Residenz- schlosse trugen zahlreiche Personen ihre Namen ein. Mittags 12 bis 1 Uhr läuteten die Kirchenglocken. Beim Vormittagsgottesdienst war in den meisten Kirchen bereits des Ablebens der Königin-Witwe Erwähnung getan worden. Viele Gebäude, namentlich in der inneren Stadt, hatten halbmast geflaggt. In Wils- druff wurde die Trauernachricht gestern vormittag be- kannt. Alsbald nach Erscheinen der Extrablätter legten die öffentlichen und einzelnen Privatgebäude Trauerschmuck an. Prinzessin Carola wurde als das einzige lebende Kind des Prinzen Gustav von Wasa und seiner Gemahlin Luise, geborenen Prinzessin von Baden am 5. August 1833 im Schönbrunner Kaiserstöckl geboren. Von Jugend an war sie eine Freundin der Kranken und Elenden. Was die Verewigte ihrem Sachsenvolke war, davon wissen Hunderttausende dankerfüllte Herzen zu berichten: Sie war die Mutter ihrer Landeskinder, die unermüdlich ihre milde Hand auftat, zu helfen und zu lindern, auch in den verborgenen Hütten der Aermsten, allüberall, wo Not und Elend aufzufinden war. Wie die entschlafene Königin den Landesheilanstalten, dem Albertverein und vielen wohltätigen Stiftungen als Protektorin Vorstand, so wirkte ihre segensreiche Für sorge in der Krankenstube so mancher armen Wöchnerin, insonderheit, wenn diese von Zwillingen überrascht wurde. Wie oft trat sie an das Krankenlager braver Leute, still und unerkannt, wie ein guter Engel, um Leid und Mangel abzuwenden. Zur Aufsicht schickte sie die treu sorgenden Albertinerinnen. Wo ihre rettende Hand eingriff, da war auch jeder drückende Mangel gehoben. Sie spendete Geldmittel, nahrhafte Speisen und die gesamte Wäsche für die Kranken und die jungen Weltbürger. „Die armen Menschen! Die find doch garnicht darauf eingerichtet!" So rief sie voll Bedauern. Auch ihren Lakaien und Kutschern war st eine freundliche Herrin, sie ließ sich über jeden Krank heitsfall in der Familie ihrer Diener Berichte et.reichen i und weniger auserwählter Gäste fa't nur in Villa Strehlen zu. Konzerte und Soireen trugen nur noch das Gepräge zurückgezogener Abgeschlossenheit. Schon beim Ableben ihres königlichen Gemahls hatte sie alle Garderobe, Fächer, Hüte, Handschuhe von bunten Farben verschenkt an ihre Kammerfrauen. So legte sie fortan nur noch das düstere Schwarz der Witwen trauer an und lebte einzig und allein der segensreichen Aufgabe stiller Wohltätigkeit, recht mitten unter ihrem Sachsenvolke, und wenn sie auch persönlich nicht so oft hervortrat, die Spuren ihrer segensreichen Christen liebe reden auch bis in die fernsten Zeiten vom Ruhme unserer unvergeßlichen LandeSmvtter, unserer Königin Carola! Zufolge der vom Königlichen Hofmarschallamt er- lassenen Ansage wird auf des Königs Befehl am Königlichen Hofe die Trauer auf zehn Wochen, von Sonntag, den 15. Dezember 1907 bis mit Sonnabend den 22. Februar 1908, angelegt. Was dte Landestrauer betrifft, werben sämt liche Behörden, die es angeht, angewiesen, innerhalb des Bereiches ihrer amtlichen Wirksamkeit dafür Sorge zu tragen, daß die für den Fall des Ablebens einer verwit weten Königin im Gesetz über die Landestrauer, vom 25. April 1904 getroffenen Bestimmungen alsbald in Vollzug gesetzt werden. Das in 8 2 des Gesetzes vorgeschriebcne Trauerläuten hat von Montag, den 16. Dezember 1907, bis einschließlich Sonntag, den 22. Dezember 1907, stattzufinden. Oeffentliche Musik sowie öffent liche Lustbarkeiten und Schauspielvorstell, ungen sind nach 8 3 des Gesetzes bis mit Mittwoch, den 18 Dezember 1907 einzustellen. Der König hat bestimmt, daß die Trauer um die ver ewigten Königin-Witwe Carola Majestät in der Armee auf die Dauer von sechs Wochen stattzusinden hat. Nach den zurzeit getroffenen Dispositionen findet die feierliche Ueberführung der Leiche der Köni- gin-Witwe von der Königlichen Villa Strehlen nach der katholischen Hofkirche Dienstag, den 17. Dezember abends 9 Uhr, und die feierliche Beisetzung in dieser Kirche Mittwoch, den 18 Dezember, abends 6 Uhr statt. Eine öffentliche Ausstellung der Leiche in der ka tholischen Hofk.rche erfolgt nicht. Infolge des Hinscheidens der Königin-Witwe blstben die Königlichen Hoftheater und das Residenz- theater in Dresden bis auf weiteres, der Viktoria- Salon und das Central-Theater bis einschließlich Mitt woch geschlossen.