Volltext Seite (XML)
i—tz« oümonatUch-H ,, »»aatUch /luer Tageblat UW fir »as erzg-blrs- W MßchW-Ls mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage r Mer Sonntagsblatt. EPrechstrm-« «hatten mit -tuenahm, Ssnatag, «achmltta-, 4—S Uh,. — Lele-ramm-ft-ress», Lagedlatt fiueeq-edttge. femfpeech« »S., z»«m »«, < ««hm«» »,n<um>,« ««'^,«1 Iü» m»»«la«gl »ürg,f<m-t» Manuskript» kam» Vmvähr nicht gelöst« «n-mr. «amiWrÄM»« Nr. 234. Mittwoch, S. Oktober IS13. s. Jahrgang. Diese Nummer umsaht 8 Setten. Das Wichttgste vom Tage. Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, der jetzige Regent de» Herzogtum» Braun- schweig, soll zum künftigen Statthalter von Elsatz-Lothringen bestimmt sein. * Eine große Ausstellung der deutschen bilden de n K u n st auf der Weltausstellung in SanFran- eisco ist gesichert. * Zahlreiche Schiffahrtsgesellschaften werden aus Anlaß der bevorstehenden Panamakanal-Er- össnung ihren Ozeanverkehr ganz bedeu tend erweitern. 0 Der französische Ingenieur Lapazza baut auf den Creuzot-Werken ein starres Luftschiff vom Zeppelin-Typ mit Aluminiumgerüst.*) * Das Petersburger Amtsblatt veröffentlicht einen kai serlichen Uka», wonach in den Kreisen des Syrdarja-Gebietes di« Probemobtlisie- rung verfügt wird. Die ottomanisch« Regierung hat jetzt den Ent schluß gefaßt, die Armee von einer deut- fchen Militürkommtfsion durchbtlden zu lassen. »» xlilher«« <m ander,, Reise in Spanien. Herr P 0 tncar 6 hat schon al» Ministerpräsident sein« Fähigkeit bewiesen, Besuche auf «ine äußerst repräsen- live und wirkungsvolle Art zu gestatten. Kein regierender Most von Gottes Gnaden hätte feierlicher und geehrter in Petersburg oder London einziehen können und all die Legen den von Verstößen gegen die Ettquette, wie man sie sich so gerne von früheren Präsidenten erzählte, zerstoben vor der Formstcherheit des neuen Präsidenten der Republik. In London wunderte man sich Mar, das Oberhaupt der befreun deten Nation schon am Hellen Vormittag im Frack sehen zu müssen. Mer so wenig andere Menschen au» der Haut, kann der französische Präsident Lei offiziellen Gelegenheiten aus seinem Frack heraus, der nun einmal mit dem roten Band der Ehrenlegion die unabänderliche Uniform de» Präsiden ten ist. So werden ihn heut» auch die Madrider bewun dern, allerdings nur so viele, als vor der Ankunft des Prä sidenten noch nicht al» Anarchisten eingesperrt oder von der äußerst strengen Absperrung nicht ausgchperrt worden sind. Denn Poincarös Besuch in Madrid Hat Sicherheitsmaßregeln gezeitigt, wie man sie bis heute kaum bei russischen AarenLe- suchen kannte. Da- sollte Herrn Poincarö doch zu denken geben über die Sicherheit spanischer Zustände, wenn er wirk lich bet seinem jetzigen Besuch ein Geschäft kontrahieren will. Man sagt, einer engeren Bindung an die französische Repu blik seien zwar der König und einige offizielle Persönlichkei ten geneigt, aber volkstümlich sei sie nicht tm Geringsten. Ein Wechsel also im Ministerium schon könnte gewisse Abschlüsse mehr als zweifelhaft machen, ohne daß dabei auf die Gefahr tieferer Umwälzungen, wie sie auf der hiberischen Halbinsel nicht gerade fernliegend find, hingewiefen zu werden braucht. Bündnisse, selbst wirtschaftlicher Natur, gegen den Grund willen der Völker sind heute kaum mehr auf die Dauer mög- lich. Soll aber der Besuch des Präsidenten irgend eine Art Bündnis zeitigen? Es ist mehr als auffallend, daß der Besuch, noch ehe Herr Poincarö sich auf die Bahn gesetzt hat, Dementis gegen Dinge mit sich brachte, die überhaupt noch nicht Ereignis waren. Was da alle», und zwar von beiden Setten, demen tiert wurde! Bor allem wie» man den Gedanken an ein richtige» Bündnis weit von der Hand. Das erscheint dem, der die Kräfteverteilung beider Mächte betrachtet, selbstver ständlich. Denn über eine Vasallenstellung wäre Spanien bei d iesem Bündnis doch nicht htnausgediehen. Aber daß die ganzen Abmachungen, von denen so lange und immer mit dem Hinweis auf die Gemeinsamkeit der lateinischen Rasse di« Red« war, nun lediglich auf dem Zollgebiet liegen sollen, ist für «ine Etaatskrise etwas wenig. Denn auch die Marokko- frag« wird ängstlich zur Seite gerückt, al» schlummerten in dieser Angelegenheit schon sämtliche Zwistkeim« späterer Ver wickelungen. In Frankreich behauptet man, zu einer mili tärischen oder taktischen Einigung fehle noch viele», was au» diplomatischem Staatsgebvauch in die deutsche Sprache über setzt wohl heißen soll: n 0 challe»: und Graf Romanones, der spanische Ministerpräsident, hat einem Journalisten er- klärt, ein gewisse» militärisches Zusammenwirken in Marokko sei da» äußerste, wa» erstrebt werd«. Man ist also in Frank- reich noch zurückhaltender al» in Spanien und scheint nicht mehr so leidenschaftlich Filialen der Mttsvts vorälals grün- den zu wollen, wie in den Reffszeiten König Eduards VII. Herr Poincarö wird sich von der Vollständigkeit des spanischen AVsperrungMtems überzeugen und vielleicht auch einige Ab machungen treffen, die ein guter Gesandter billiger und un- auftÄMger hätte treffen können. Aber das war wohl «Len, was man in Paris nicht wünschte. Binden will sich Frank- reich so wenig wie Spanien, weil «den «in Bündnis, das dem einen recht wäre, dem andern kaum billig Wen«. Aber man will wenigstens den Schein der lateinischen Einigkeit aufrecht erhalten und jeden Dritten von Verhandlungen mit Spanien abschrecken, vdätsaurc ev Lspagvs heißt man in Frankreich di« Lustschlösser. Es scheint jetzt durch Hrrrn Poin- oarös Reise ein ähnlicher Begriff in dem ooyagesen Espagne geschaffen werden zu sollen. Sämtliche Zeitungen Madrid» begrüßen den Präsiden, ten Poinoarö in herzlichen Willkommenartikeln.De' dem Empfange auf dem Bahnhofe trugen der König und der Jnfant Ferdinand da» Grotzkreuz der Ehrenlegion. B«i der Ankunft de« ZUge» spielte die Musik di« Matseil lai s e und die Könitzshymne. Der König von Spanien näherte sich der Tür zum Wagen des Präsidenten und be grüßt« ihn militärisch. Der Präsident stieg darauf aus und drückte dem König herzlich die Land, der ihn warmMill- kommen hieß und ihm seine Freude über den Besuch aus drückte. Der König und der Präsident stellten sich darauf ge genseitig die beiderseitigen Gefolge vor. Präsident Poin- carö überreichte den zu seinem persönlichen Dienst kom mandierter Offizieren das Grotzkreuz der Ehrenlegion. Der preußische Stäätetag auf äer Steuersuche. (Von unserem Berliner S - Mitarbeiter.) Gleich hinter die Begrüßungsrede seines Vorsitzenden, Oberbürgermeisters Wermuth, hat der preußische Städtetag ein Referat über das KommUnalaVgabengesetz Und seine be vorstehenden Linderungen gesetzt, das sich in der Hauptsache mit neuen SteuervorWägen Mr die Gemeinden beschäftigte. Mn weiß ja längst, daß das ungeheure Anwachsen unserer Städte und die steigende Fülle moderner Städtepflichten ein« Ueberlastung der Ginkommensteuer geschaffen hat, di« kaum noch erträglich ist. In Preußen seufzen die kleinen Stadt- wesen fast noch stärker al» die großen unter dem Steuerdruck. Da außerdem auch Reich und Staat in wachsendem Maße Eteueransprüch« geltend machen, die ursprünglich den Städ ten Vorbehalten zu sein schienen, wird ja das Suchen nach neuen Einnahmeque.en auf dem preußischen Städtetag wohl verständlich. Allein di« neuen Steuerarten, die der sehr sachkundig« Geschäftsführer des Städtetages, der Berliner Stadtrat a. D. Dr. Luther, in Vorschlag brachte, werden doch zunächst noch eine sehr eingehende Diskussion und Nach- Prüfung erfordern. Gegenüber den mannigfachen Besteue rungsversuchen d«, Kapitalrente, die uns dis letzten Jahrs in Gestatt der Talon- und Scheckstempelsteuer, der Börfensteuerund der neuen Bermögenszuwachrsteuer gebracht hat, muß schon der erste Vorschlag einer gemeindlichen Kapitalrentensteurr mit Vorsicht erörtert werden. Daß di kleinen Kapitalrenten bet der anhaltenden allgemeinen Teuerung und gleichzeitigen Geldentwertung Nicht mehr ov- hebltch belastet werden dürfen, scheint doch wohl fesizustShen. Noch bedenklicher will uns der zweite Vorschlag erscheinen, al» Seitenstück zur Gewerbesteuer auf dis sogänanntsn freien Berufe eine Berufssteuer zu legen. Dios« Kreise Haben, zumal tm Beginn ihrer Berufsausübung, meist schwer um ihr« Existenz zu kämpfen. Will man sie jetzt nach Art der gewerblichen und kaufmännischen Geschäftsbetriebe mit besonderen Steuern belasten, so muh man ganz beson der« aufmerksam die schwächeren Schultern schonen. Erst von einer gewissen Einkommemchöhe ab kann die Berufssteuer diskutabel werden, und auch dann sollt« noch weitgehende Rücksicht auf Kinderzcchl, Berufsverpflichtungen und anders, stark Mr diese Kreise in? Gewicht fallende Entlastung* mgmente genommen werden. Ob «in« gemeindliche Automobtlsteuer noch erhebliche Einnahmen bringen kann, nachdem da« Reich be reits eine verhältnismäßig hohe Steuer erhebt und dis zur Giuseppe Deräi. (Zum 100. Geburtstag am 9. Oktober ISIS.) Ilachd.uck »«botni. Fast scheint es schon mehr al« Zusall und Spiel der Ge schichte, daß im selben Jahr«, in dem Wagner erwachte, auch Verdi geboren wurde, der am meisten ihm entgegenisteht; mehr noch als Brahms, da der nicht auf Wagner» au» innerer Not und Zwang eigenstem Gebiete, der Bühne sich mit ihm nassen konnte. Aber wie schließlich uns Späteren der Gegen satz Mischen Brahnw Und Wagner gar nicht so groß scheinen Will, wenigstens tm Technischen nicht, so finden wir auch, daß Verdi am Ende seiner Laufbahn die Versöhnung de» Wagner- schon revolutionären und erschütternden Wesens mit der Oper und der traditionellen Musik darstellt. Verdi öffnete vor hundert Jahren, am 9. Oktober, in der nordttaltentschen Kleinstadt Rontiole die Augen zu einem selten glücklichen und friedlichen Leben. Schon seine frühe glückliche Kindheit ist mit Musik erfüllt, und häusliche Förderung wie der Zu- fäll guten Unterrichts bringen es dahin, daß schon der Elf jährige in seiner Vaterstadt als Organist waltet. Früh fin det er eine Lebensgefährtin in der Tochter seine» Mäzens Barezzi. Früh, mit 26 Jahren bereit», hat er in der Skala, dem Mailänder Operntheater, da» noch ost di« Stätte sei ner Triumphe sein sollte, und jetzt durch einen großen Fest- spielzyklus sein Andenken feiert, mit der Op« OSerto ei nen großen Erfolg. Während dankst ein Leben voll reicher künstlerischer Ar beit anhebt — die Opernaufträg«, die von allen Seiten der Welt kamen, drängten sich förmlich auf seinem Tische — traf ihn sehr 5,.ld ein schweres Unglück: er verlor in kürzester Zett seine b rin und zwei Kinder. Ab« auch Hierfür hatte da» Geschick sonnten Leben» bald eine Heilung: er führte »>. Mi Eh« lLe Sä:gerin Strspponi heim, di« ihm Mensch sich und künstlerisch sein langes Leben hindurch als treue fährtin blieb. Doch war es gewiß kein Opfer, nicht einmal eine Mühe, an seiner Sette auszuhatten: kaum ein Kummer war ihm weiterhin zugeteilt; ein gleichmäßiges Leben, nicht einmal äußerlich bewegt, führte den Komponisten zu einem Ruhm, der schon zu seinen Lebzeiten die Welt erfüllte. Wem war es sonst noch beschi«den, ein» seiner Hauptwerke in der Hauptstadt Aegyptens, Mr die es als Festvorstellung be stimmt war, aufgeführt zu sehen? Und Verdi wollte es nicht einmal sehen: er blieb in der Heimat, als zum ersten Male in ,Kairo die Romanze H 0 ldeAida gesungen und der Dang der Mohrensklaven vorgeführt wurde. Nur einen wirklichen Mißerfolg hatte er zu kosten: die Traviata fiel Sei der Ur- aufführung glatt durch. Aber schon die nächste Zeit glich das au»; der Ruhm der Traviata blieb unbestritten, und alle- weitere — die Opern folgten nun nicht mchr so rasch wie tm Anfang seines Schaffens — gefiel beim ersten Mals schon. Petersburg, London, Patts, Kairo, Triest, Mailand, Rom, Venedig waren wiederholt Wiegen seiner Erfolge, und das ganz« kultivierte Europa feierte sie. Und al» er vor zwölf Jahren starb, trauerte diese» ganze Europa um ihn Mit fei- nem Vaterlande, da« seinem großen Sohns eine glühende Liebe zu erwidern hatte. Denn wie der erst jetzt ausgeschöpfte umfangreich« Briefwechsel Verdis mit Taoour zeigt, war der große Musiker «in weit und frei schauender Politiker, der an allen Ereignissen lebhaft und htngeSend, ratend und ent schlossen teilnahm. Vielleicht war e» da« größte Glück sei ne« Leben», daß er di« großen Tage der vom VoAswillen beschlossenen Einigung Italiens, von seinen Landsleuten um- jubelt, mtterlebw. Damals und später sahen die Italiener in Verdi etwa, wie die Verkörperung ihres Wesen», ihre» au» der Landschaft gewachsenen rasfemnäßtgen Charakter», di« letzte vielleicht de« südlichen Genius vor einer ganz neuen Zeit. Sie Hatten recht. Verdi» Musik i < ihrer sinnlichen Heiterkeit, ihrer ge. sanglichen Kraft, ihrer unproblematischen Sicherheit und per- klärenden Erlösung de« Tragischen ist die Zusammenfassung und höchste Darstellung dessen, was Italien in der Musik der übrigen Wett Hu geben hatte. Das sagt schone daß Verdi» Kunst ihrer Art nach gang auf di« Melodie gestellt ist. Da die sinnliche Gegenwärtigkeit und heitere Gesellig keit des Südländers — überhaupt ist die Musst Mr die ge sellige Kunst gehalten worden — wirkt, kommt Verdi zur ge ordneten Aufreihung wechselnder Gesänge, zur vom Gesang Lcherrschten Oper. Seine Musik, die im wesentlichen Opern umfaßt, ist ganz und gar opernhast: Mr muß diese» W»rt im Sitten Sinns vecktanden werden, den es ganz wie das verwandte theatralisch haben kann, und im besten über haupt. Hier, in der Oper, kann Verdi auch sein» starken Triebe ausleben: denzur'Heiterkeit und Festesfreude, und einem leichteren zur Phantastik. Den zur Festesfreude, zur verherr lichenden Darstellung des Lebensgenusses: nirgend in der naturgemäß an Bällen, Tänzen und Nichtigen reichen Opern geschichte (denn hier ist der beste Vorwand zum Aufbau von Thören, zur Einführung de» Ballett», zu Buntheit und Ab wechslung) wird so viel und so heiter gefeiert, wie bei Verdi. Der zweite Akt der Akda — hier war di« Gelegenheit beson ders günstig — ist ein Siegesfest. DteTraviata — «» zog Verdi eben zu diesen Stoffen — beginnt mtt einem Feste, das fast den ersten Akt füllt. Da» umfangreiche Finale de» -weiten Akte» ist ein Maeckenfest, und im lchten der drei Akte steht wieder «in Bacchanal. Im ersten Akte desRtgoletto verschleppt der unsparsüm« Umfang de« Festmusik fast schon die dramatisch« Entwickelung. Im Othello ist im ersten Akt doch mindesten» da» obligate Trinklied, Falstaff Meßt mtt dem nächtlichen Fest, wie schon -ernant mit einem Mas kenball, und den Ma»k«nball darauf zu betrachten, er übrigt der Nam« der Oper. Mtt diesem Hang »um Festlichen ist der -um Phantasti, schen eng verknüpft) denn di« Feste find Gelegenheiten zu