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MsdmfferTageblati Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, M« »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint täglich nachm, 5 Uhr für den folgenden Ta-. Bezugspreis: Bei Abholung in K« Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 ML. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postbestellung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend AMger und Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit De- ABlungen artgrgen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung « Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die »gespaltene Raumzeile 20 Goldpfennig, die 2gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- Pfennig, die ZgespalteneReklamezeNe im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgedühr 20 Goldpfennige. 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Die Protestnote wird wahrscheinlich das gleiche Schicksal haben, das ihre zahlreichen Vorgänger beispielsweise über die Entscheidung des Völkerbundes über Oberschlesien, die Schreiben der deutschen Negierung über die Vertrags brüche nach dem 11. Januar 1923 usw. usw. gehabt haben. Man nimmt sie zur Kenntnis, legt sie zu den Akten. Zu jenen Akten, welche die Proteste Deutschlands gegen die Vertragsbrüche der Entente enthalten. Die deutsche Note geht von der Feststellung aus, daß „die Befürchtungen, die die deutsche Regierung schon nach den ihr in letzter Zeit zugegangenen Nachrichten hegen mußte", sich bestätigt hätten. Die Negierung hübe der Entente dringende Vorstellungen zukommen lassen, aber trotz allem habe die Entente sich entschlossen, am 10. Januar nicht zu räumen. Das sei besonders deswegen von Be deutung, weil man in Deutschland das Verhalten der Entente an diesem Termin sozusagen als einen Prüfstein betrachtet habe dafür, ob man seitens der Entente dem System des Versailler Vertrages nun Folge geben wolle oder ob man rein machtpolitische Erwä gungen an seine Stelle setzen wolle. Damit sei auch zugleich die Frage beantwortet, ob man diesen Versailler Vertrag durchführen wolle oder im Hinblick auf seine Un erfüllbarkeit Deutschland Erleichterungen zu gewähren ent schlossen sei. Nicht einmal die Erleichterungen, die der Vertrag selbst enthalte, wolle man also innehalten. Die Botschafterkonferenz habe ihren Beschluß begründet mit einer Reihe von Anklagen, die aber über eine allge- m eine Andeutung nicht hinausgehen. Nach Ansicht der deutschen Regierung hätte es der Tragweite der Ange legenheit entsprochen, wenn die Mitteilung der Tatsachen, auf die die alliierten Regierungen ihren Entschluß stützen, nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden wäre. Die deutsche Negierung weist daraus hin, daß die sofortige Mitteilung dieser Tatsachen um so not wendiger gewesen sei, als das Urteil darüber — nämlich ob sie wirklich „Tatsachen" seien — selbstverständlich nicht von dem einseitigen und beliebigen Ermessen der alliierten Negierungen abhänge. Daher könne man deutscherseits zu diesen „Gründen" überhaupt gar nicht Stellung nehmen, weil sie gar nicht aufgeführt sind. Die Gründe sollen ja noch der deutschen Regierung mitgeteilt werden. Die deutsche Negierung werde dann über die be anstandeten Punkte Aufklärung geben, werde sich auch be mühen, in den Fragen, die zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Negierung und der Kontrollkommission ge führt haben, für Klärung zu sorgen und das übrige zu tun, „um alsbald zu dem notwendigen praktischen Ergebnis zu kommen". Und dann erhebt die deutsche Negierung Protest oagegeu, daß man die Nichträumung der Kölner Zone mit dem Stande deutscher Abrüstung begründen wolle. Der Artikel 429 des Versailler Vertrages gebe der Entente sinn gemäß doch nur dann das Recht, in jener Zone zu bleiben, wenn deutsche Verfehlungen vorlägen, die jene harte Maß nahme wirklich rechtfertigen. Der Grund für die Besetzung deutschen Gebietes ist doch der, daß durch ihn die Durch führung der deutschen Entwaffnung garantiert werden soll. „D e u t s ch l a n d ist auf Grund der Vertragsbestim mungen in einem Maße entwaffnet, daß es in der europäischen Politik einen militürischenFaktor überhaupt nicht mehr darstellt." Das ist eine Tatsache, eine unzweifelhafte Tatsache, und darum können Einzelheiten der Entwaffnungsfrage unmöglich der Entente die Befugnis zu einer angeblichen Vergeltungs maßnahme Deutschland gegenüber abgeben. Naturgemäß müsse der Versailler Vertrag, der ja nicht auf dem Ver handlungswege, sondern durch ein einseitiges Diktat zustaudegekommen sei, eine Reihe von Streitpunkten bei feiner Durchführung enthalten, die nur auf dem Wege gegenseitiger Verständigung geklärt werden können. Deutschland habe gerade durch seine völlige Entwaffnung ' die Voraussetzung für eine solche Politik der Verständi gung und Verhandlung gegeben, aber — und das ist der Sinn des ganzen Protestes — man hat diese Verständigung nicht gewollt, sondern den Grundsatz einseitigen Diktats wie in Versailles seitens der Entente nach wie vor uicht ausgegeben. Die Protestnote der deutschen Negierung stellt also fest, saß der Vertrag seitens der Entente dem Wortlaut und dem Geist nach nicht erfüllt wird, stellt weiter fest, daß das Verhalten der Entente einen Rückfall in die Methoden des machtpoutischen Diktierens bedeutet. Irgendwelche Maßnahmen Deutschlands, die über diesen Protest hinausgehcn, werde» nicht in Aussicht ge stellt. Vor allem wird die sofort austaucheude Frage nicht berührt, was Deutschland zu tun gedenkt, wenn Frank reich seine durch die Nuhrbesetzung errungene Macht stellung auch für leine handelspolitischen Verhandlungen mit Deutschland ausnutzt. Tenn um die Erhaltung der französischen Machtstellung an der Ruhr handelt es sich ja in Wirklichkeit bei der Nichträumuna der Kölner Zone. Noch immer keine Lösung. Marx abermals beauftragt. n. Berlin, 8. Januar. Alle möglichen Phasen hat die Frage der Bildung des Reichs- kabinetts durchlaufen. Nachdem gestern die letzte Kombination, das sog. überparteiliche Kabinett, gescheitert schien, hieß es, der bisherige Reichskanzler Marx werde seine Be mühungen einstellen und seinen Auftrag in die Hände des Reichspräsidenten zurücklegen. Das ist aber nicht geschehen. Nach einer Unterhaltung zwischen Ebert und Marx wurde Vielmehr amtlich gemeldet: „Der Reichspräsident hat im Hin blick aus die außenpolitische Lage den Reichskanzler ersucht, möglichst schnell ein Kabinett zusammenzu- setzen. Der Reichskanzler hat diese Aufforderung angenom men und wird noch am heutigen Tage versuchen, ein Kabinett zu bilden." Der Reichspräsident soll dabei dem Kanzler völlig freie Hand in der Wahl der Persönlichkeiten gelassen ha.en. Wie es heißt, beabsichtigt Marx, das Kabinett ohne die An gehörigen der Deutschen Volkspartei zu bilden. Außenminister Tr. Stresemann würde also ausscheiden, ebenso Dr. Jarres, bisher Vizekanzler und Innenminister, der aller dings schon vorher erklärt hotte, statt des Ministersitzcs wieder den Oberbürgermeisterstuhl in Duisburg wählen zu wollen. Marx würde neben dem Reichskanzlerposten den des Außen ministers selbst verwalten, das Reichsministerium des Innern würde wieder dem demokratischen Führer Dr. Koch anver- tiaut werden. Finanzminister Dr. Luther hoffe man, dem Kabinett zu erhalten. Das Reichswehrministerium behielte Dr. Geßler, das Arbeitsmiuisterium Dr. Brauns. Reichswirtschasts- und Reichspostministerium sollen, da die Minister Hamm und Hoesle sowieso ausscheiden, durch die Staatssekretäre Trendelenburg und Sautter ver waltet werden, das Justizministerium durch Staatssekretär Joel, das Reichsverkehrsministerium durch Staatssekretär Krohne. Heute hatte der Reichskanzler noch einmal Unter redungen mit allen Fraktionen, bei denen sich aber wohl nichts geändert haben dürfte, so daß man das Zustandekommen der Regierung, die nunmehr die Bezeichnung Beamten- oder Übergangskabinett, auch „Notregierung", erhalten hat, jeden Augenblick erwartet. Um die Mittagszeit sand ein Kabinettsrat statt. Auch dar VemntenkMnftt gescheitert? Berlin, 9. Juni. Die parlamentarische Lage hat sich im. Laufe des giestrigen Abends, nicht zum geringsten Teile infolge der Verwicklung des Reichsposiminifters Hoefle in die Skandal- affäre Barmat, so verwirrt, daß man bereits davon sprach, der Reichskanzler könnte noch heute abend seinen Auftrag zur Bil dung eines Kabinetts wieder an den Reichspräsidenten Ebert zurückgeben. Bon unterrichteter Seite wird es als richtig bezeich net, baß außer dem Minister Grasen Kanitz auch der Reichs finanzminister Dr. Luther keineswegs gewillt sei, in ein Kabinett einzutreten, wie es bisher dem Reichskanzler vorschwebte. Die Lage in Preußen. o. Berlin, 8. Januar. Während gestern auch die innerpolilische Lage Preußens völlig unklar war, traten heule gewisse Anhaltspunkte hervor, als die folgendermaßen lautende Entschließung des Zentrums bekannt wurde: „Die Zentrumssraktion des Preußischen Land tages hält in ihrer überwiegenden Mehrzahl die verfassungsrechtliche Auslegung des Artikels 45 der Preußischen Verfassung durch die Volksparici, wonach die Neuwahlen des Landtages die Demission des gesamte^ Kabinetts zur Folge haben müssen, für unrichtig. Sic fchlicpt sich der Auffassung, die ihre Kabinettsmitglieder Dr. am Zehnhofs und Hirlsieser in der Kabinettssitzuug vom 6. Januar vertreten haben, vollinhaltlich an." Damit erkennt das Zentrum das Weiterbestehen des Kabinetts Braun als richtig an. Die Minderheit im Zentrum, die anderer Meinung war, soll 20 Stimmen betragen haben und von dem früheren Finanz- mtnister Dr. Hermes geführt worden sein. Alsbald nach diesem Beschluß ließ die Deutsche Volkspar lei erklären, die volksparteilichen Vertreter hätten dem Zentrum gegenüber leinen Zweifel darüber gelassen, daß das Rumpskabinett im Landtage von der Deutschen. Volkspartei mit allen parla mentarischen Mitteln bekämpft werde. Die beiden im Preußenkabinett durch das Ausscheiden der volkspartcilichen Minister erledigten Sitze sollen dem Vernehmen nach interi mistisch durch Staatssekretäre verwaltet werden. « Amerika für sofortige Räumung Eigener Fernsprechdienst des „Wüsdrusser Tageblattes". Berlin, 9. Januar. Die Neuyorker „Times" schreiben zum Kölner Notenwechsel: Der Schlußdericht der Interalliierten MckitärtontrvlllLM sollte die öffentliche Meinung schnell über den wirklichen Stand der Entwaffnung aufklären. Das würde die Einleitung von Verhandlungen zum Zwecke eines Kom promißes erleichtern. Glücklicherweise sei die deutsche Negierung vernünftiger als die deutschen Nationaiisten und die Extremisten im In- und Auslands, die aus ein Fallenlassen des Dawesplanes drängen. Eine solche Politik würde Selbstmord bedeuten. Im Interesse aller Beteiligten sollten die Kölner und die Ruhrtruppen so schnell als möglich zurückgezogen werden, wenn der Schluß- bericht nicht zeigt, daß Deutschland ernste Vorbereitungen für einen neuen Krieg trifft. Die dcutfch-französischeu Handels- vertragsverhurrdkuugrn. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 9. Januar. Die Besprechungen zwischen den Unterkommissionen und Sachverständigen sind nicht unterbrochen worden. Heute haben die Sachverständigen über Uhren- und Holzer,isuhr, Keramik, Papierindustrie und andere Wirtschaftsge biete verhandelt. Morgen nachmittag findet unter Hinzuziehung der Sachverständigen eine Delegationssitzung statt. Staatssekre tär Trendelenburg wird nicht vor morgen abend zurückerwartet. Rcynaldi hat heute vormittag in der Ministerratssitzung die Hoff nung ausgesprochen, daß Trendelenburg in Berlin Weisungen erhalten werde, die den Fortgang der Verhandlungen ermög lichen. Dr. Isrrcs geht noch DutsbArg zurück Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 9. Januar. Im Reichsrat hat gestern der bis herige Innenminister Jarres seine Abschiedsrede gehalten und dabei mitgeteilt, daß er wieder nach Duisburg als Oberbürger meister gehe. Die Antwort auf den deutschen Protest. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 9. Januar. Dem „Lolalanzeiger" wird aus London gemeldet: Wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahren habe, haben die Alliierten beschlossen, die deutsche Note frühestens in 10 bis 14 Tagen zu beantworten, keineswegs aber vor dem Schluß der Pariser Konferenz. Mgen Ker Barmst-AKire. MandaLsniederlegungen beim Zentrum. B e r l i n, 8. Januar. Die dem Zentrum angehörigen Reichslagsaügevro rieten Dr. Höfle und L a n g e H e g c r m a » » haben, wie wir Hore», ihre Neichstagsmanonte medergeicgt. Tr. Höfle ist gleichzeitig Reichspostministcr und Minister für v e besetzten Gebiete und dürfte mit großer Wahrschernfichke't auch aus dem Reichskabinett ausscheiden Der die Mitteilung zuerst verbreitende Nachrichten dienst „V.D. Z." bemerkt dazu: „Wenn diese beiden ver dienten und allgemein im Reichstag anerkannten Politiker, deren Scheiden sicherlich die Zentrumsfraktion lebhaft be dauern wird, sich alsbald nach den Wahlen zu einen solchen Schritt entschlossen haben, so wird man wohl in der Annahme nicht fehlgehen, daß die Komplikatio nen, in die beide Herren durch die Barmat-Ange- legenheit verwickelt sind, die Ursache kür -ine solche EnischeiLung gewesen sind." Abgeordneter Lange-Hegermann gehörte seinerzen oem Bufsichisrat des Barmat-Konzerns an, während Reich-vostminrster Dr. Höfte die Verantwortung für die dem Barmat-Konzcrn seitens der Ncichspost erteilte» Millionc»lrcdite trägt. Insbesondere wird kritisiert, daß die Postbehörde dem Barmai-Konzern Nicscnkredite zur Verfügung gestellt habe, ohne daß eine sichere Deckung für diese Kredite vorhanden gewesen sei. . ''Li Zum Varmat-Skandal. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 9. Januar. Der „Lokalanzeiger" berichtet: Die mit der Untersuchung in Sachen Barmat beschäftigte Staats- anwaftschust hat ihre Ermittelungen auch auf den Polizeipräsi denten Richter von Berlin und dessen Privahekretär Stoecker so wie auf eine Reihe anderer Persönlichkeiten ausgedehnt. Mi nister Sevring hat sich sicher nicht leichten Herzens entschloßen, wahrscheinlich schon in den nächsten Tagen Herrn Richter von seinem Posten abzuberufen.