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Auer Tageblatt MW- Anzeiger Dr -as Erzgebirge — ««HM.» -m.Uch.n ... «...... ... «... . : Dienstag. <ier> S. Jebrusr >927 22. Jahrgang den, daß die Regierung da» getan hätte!) Was hat Keudell getan, als der Landarbeiterverband für den Generalstreik Propaganda machte? Er hat ihm er öffnet : die neue Regierung habe mit der alten schon eine Einigung erzielt und ersetze sie. Der Vertrauens mann de» Verbandes solle sich in da» unvermeidliche Schicksal fügen, wie er — Herr v. Keudell — e» am 9. November 1918 getan habe. Wenn der Ver trauensmann Wetter für den Generalstreik tätig sei, werde er ihn sofort in Schutzhaft nahmen lassen. An der Brücke von Zäckertck haben nicht nur Gendarmen, sondern auch bewaffnete Zivilisten gestanden, verschte. v. Keudell und der Kapp-Putsch Die stürmische Vertrauensabstimmung. ken: Ich habe inzwischen festgestellt, daß die Olympia" am 12. Mat 1926 von der preußischen Regierung ver boten worden ist. (Zuruf link»; Da» wußten Sie bis her nicht?) Gleichzeitig habe ich festgestellt, daß zwei Jahre vorher, al» die „Olympia" nicht verboten war, im Jahre 1924, ein Ferienlager der Organisation bet mir gewesen ist. In diesem Sommer — 1926 — ist nur ein Ferienlager de» sogenannten Jungdeutschland bundes bet mir gewesen, einer Organisation, die nach weislich der Akten unter Gegenzeichnung de» sozialdemo kratischen Staatssekretär» Schulz unter meinem Amts vorgänger mit Geldzuwendungen unterstützt worden ist. Nslchskanzlsr Vr. Marx: Die Behauptungen, di« ausgestellt sind, in ihrer Bedeutung abzuschätzen und zu beurteilen, bin ich jetzt nicht in der Lage. Ich habe mich aber gestern mit Herrn v. Keudell dahin ausgesprochen, daß ich! selbstver ständlich mir auch die Akten au» der früheren Zeit kom men lasse und sie einsehe. Ich möchte jetzt schon fest stellen, daß Herr v. Keudell erklärt hat, er habe da mals bet der zuständigen Preußischen Behörde die Ein leitung eine» Disziplinarverfahren» gegen sich bean tragt. Darauf hat er von der preußischen Behörde überhaupt keine Antwort erhalten. La» hat er ver sichert. E» .liegt in seinem Interesse, da» Verfahren noch nachzuholen, um festzustellen, wie damal» die Sa che war. Ich werde selbstverständlich die Prüfung der ganzen Angelegenheit in die Hand nehmen und mög lichst beschleunigen. /Ibg Lan-sberg (Goz) verliest die Verordnung, die Landrat v. Keudrll am 15. März 1920 verbreitet hat. Larin heißt e»r „Auf Grund de» Gesetze- über den Ausnahme zustand verordne ich im Auftrage de» Reichskanzler» (Kapp) im Interesse der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung: Verboten sind der Truck, öffentliche Verkauf, die Verteilung oder sonstige Verbreitung aller Telegramme, Plakate, Extrablätter, Flugblät ter und Zettel oder ähnliche nicht periodisch erschei nende Blätter, die irgendwelche Anordnungen oder Kundgebungen der ehemaligen Regierung enthalten." (Stürmische Hört! Hörti-Rufe link». Die Abgeord neten der Linken drängen gegen da» Rednerpult vor und überschütten den Minister v. Keudell mit Zu- rufen.) , Die Rednerliste ist nun erschöpft und e» soll die Abstimmung über das Vertrauensvotum erfolgen, mit ten in einer ungeheuren Erregung. Da beantragt der Zentrumsabgeordnete Ulttzka die Unterbrechung der Sitzung um eine S unde. ES ist sofort klar, daß da» Zentrum diese Pause benützen will, um in irgendeiner Form gegen Herrn v. Keudell Stellung zu nehmen. Der Antrag wird gegen die Stimmen der Linken ange nommen. Das Kabinett tritt zu einer kurzen Vera ung zusammen gle ch e'.t.g der Fraktionsvorstand de» Zen trums und die Fraktion der Deutschen Volk-Partei. Nach einer halben Stunde hört man von einer tnter- sralt'onellen Besprechung der Regierungsparteien, da» Ergebnis ist die Vereinbarung der Erklärung, oie Ab geordneter v. Guerard nach Wiedereröffnung der Sitzung abgibt: da» Zentrum votiert das vertrauen mit dem Vorbehalt gegen Herrn v. Keudell. Und dann folgt die Abstimmung mit dem mitgetetlten Ergebnis, durch das sämtliche MtßtrauenSanträge h.nfäll.g wer den. Tie Regierung hat die Mehrheit, aber der ganze Reichstag ist davon überzeugt, daß die Angriffe de» Herrn v. Keudell, da» Kabinett Marx zum Aufstiegen gebracht hätten, wenn nicht auch da» Zentrum die Fol- gen einer Krise zwei Tage narb der Vorstellung de» Ka binett» gescheut hätte. Aber der innere Bruch im Ka binett ist nicht mehr zu verkleistern. D«. Wirth hat ge stern schon gegen da» Kabinett gestimmt und dt« Affäre Keudell ist noch nicht erledigt. E» gab nachher noch «ine Abstimmung über den kommunistischen Antrag auf Au»trttt au» dem völker. bund. Er wurde gegen dt« Kommunisten und völki schen abgelehnt. Damit schloß die gestrig« Sitzung. O Berlin, ö. Februar 1017. Das vertrauenSoatum «««de mit Wo gegen 174 Stimme« bei 18 Stimmuienthaltun- gen angenommen. _ - Dafür stimmten Zentrum, Deutkchnational» Lent- ,che voMpartet, Bayrische vott.partei, Va,bischer Bauern, bund und Deutsch-tzannoveraner. Dagegen stimmten» Sozialdemokraten, Kommuni sten, Demokraten, die Mehrzahl der välkischm und ' ne,er Dr. Wirth non, Zentrum. . , Der Stimm. enthält.« stchr WirtschastNche vmintgung und einige völkische. ... — «ns dm rechten «sit, de»-«lsm hosten W «-geordnet» „fehlt, «s stm linken Güt, 44. E Sonnabend durch Gonderblätter da» Ergebnis der Vertrauensfrage Veröffentlicht. Zur Ergebnisse» muß man die Borge- schichte beachten, wie sie sich, im Reichstage abgespielt » ' AL Abstimmung unmittelbar vorausgegangen ist ^Erring, die Abg. v. Guerard namen» de» Zentrum» abgegeben hat: „Die Zustimmung meiner politischen Freunde zu dem beantragten Vertrauen-Votum bezieht sich auf die gesamte Reichsregterung und insofern grundsätz- ltch auch auf jede» ihrer Mitglieder. Ter Herr Reichs- innenmtntster v. Keudell ist in diese» Bertrauensvo- tum einbegriffen in der Annahme, daß sich die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen wegen Unter'.ützung des sogenannten Kapp-Putsche» durch die von Herrn Reichskanzler Dr. Marx im Einvernehmen mit dem Herrn Retchsinnenmintst'-r zugesagte Untersuchung al- unberechtigt erweisen sollten." Also ein Vertrauensvotum mit ausdrücklichem Vorbehalt gegen eine» der hervorragendsten Mitglieder des Kabinett», den Retch-tnnenmintster Tr. v. Keudell. Derartiges ist in einem parlamentarisch regierten Staat wohl noch nicht zu verzeichnen gewesen, paßt aber aus gezeichnet zu dem Gesamtbilde von der Entstehung und dem Werden der gegenwärtigen Reichsregterung. Was hat da» Zentrum zu dieser formulierten Erklärung ver- anlaßt? Schon in der Sitzung am Freitag hatte der sozial- demokratische Abg. Landsberg die mekkwürdige Rolle gekennzeichnet, die der jüngste ministerielle Hüter der republikanischen Verfassung während .des Kapp- Putsche» im März 1920 gespielt hat und die dem nach herigen preußischen Innenminister Gevering Veranlas sung gegeben hat, den damaligen Landrat Dr. v. Keu dell aus dem Staatsdienst zu entlassen. In der gestri gen Sitzung aber wuchs sich der Angriff gegen Keudell zu einer großen politischen Affäre au». Zuerst sprach der kommunistische fibgeor-nete Siöcker. Wie meist bet Reden kommunistischer Abgeordneter, und besonders während der Mittagspause, waren nur we nige Abgeordnete im Saal. Und doch ließ eine Stelle in der Rede Stöckers die wenigen Hörer aufhorchen. Da war, als auch der kommunistische Sprecher sich mit der politischen Vergangenheit de» Herrn v. Keudell beschäf tigte und seststellte, daß auf dem Gute des damaligen Landrats a D. im Sommer 1924 eine Abteilung de« rechtsradikalen, in Verbindung mit den Putschplänen der jüngsten Zeit häufig genannten Wehrverbande» „Olympia" einquartiert gewesen ist. Diese Abteilung habe regelrechte Uebungen im Kleinkaliberschießen ab gehalten, und der Oberst Luck, ebenfalls viel genannt in Verbindung mit rechtsradikalen» Putschplänen, sei zur Inspizierung der Abteilung aus dem Gute erschie nen, habe mehrere Tage al» Gast de» Herrn v. Keu dell in seinem Schlosse gewohnt. Bet dem Abmarsch der Abteilung de» ,,Olympta"-Wehrverbande» habe Herr > von Keudell eine Rede gehalten, in der er der Hoffnung Ausdruck gab, da? der Wehrverband gegen den äußeren und den inneren Feind seine Schuldigkeit tun werde. Auch der sozialdemokratische fkbg» Lonüsberg bracht« neue» und wirksame» Material vor. Er sagte: Herr v. Keudell wird noch einmal da» Wort er- greifen müssen, um Mitteilungen, dt. ich «u machen habe, al» richtig htnzustellen oder zu bestreiten, «r hat e» gestern so htngestellt, al» ob «r ledigltch im Auftrage seine» Vorgesetzten gewisse Slugblätter in feinem Kreise hätte verbreiten lassen. Rach unseren Informationen ist die,. Darstellung nicht richtig viel- mehr hat der Landrat v. Keudell setntt w.ttgehrn- den Sympathie für «app durch^. Worte Ausdruck gegeben. Die Kapp-Flugblätter wur den im Kreise verbreitet, die Verordnungen der recht mäßigen Regierung sind in diesem Kreis« nicht ver breitet worden. (Hört, hört! link». Zuruf recht»: Wo war denn dt« Retchsregtttung?) hat dt« damalig« «'lch"egt'rung nach Doorn verlegt Es ist Pnmallm bekannt, daß dt« deutsche Regierung von damal» den^ streik proklamiert hatte zum de« Sturze» Kapp-Regterung. Z«d«r deutsche H^t. hatt« W Pflicht, der Weisung der d»utt^«Wi^mng z« soh -en- (Zuruf« »schttzt Da» ist immer bestritten war- Minister v keu-eUr Ich habe schon gestern ausgeführt, daß ich von mei, nem Vorgesetzten, dem Regierungspräsidenten in Frank furt a. d. Oder, den Auftrag bekommen habe, den Be fehlen des MilttärbefehlShaberS zu entsprechen. Wenn zu meiner Kenntnis gekommen wäre, daß die Regierung den Generalstreik proklamiert oder ähnliche Maßnahmen getroffen habe, würde ich sie selbstverstänoltch auch ver öffentlicht haben. Ter Mil tärbefehlchaber hat mich e- doch damals ersucht, dem sich anfänglich nur in kleinem Maßstabe ?e genden G neral'lreik entgegen',uwtrk^n Ich habe dem soweit entsprochen, daß ich gelegentlich auf die Schä.lich'e.t de» Generalstreik» im al gcme nen In teresse unseres Vaterlandes htngewiesen habe. ES ist im übrigen bisher nicht zu meiner Kenntnis gelangt, ob es wirklich authentisch ist, daß die versafsung^mäß gc Re chöreg erring damals den Gmeralstre k prokl m er» hat. Der Militär omm .nd nt und der Regierungsprä sident haben e» mir jedenfalls nicht mitgetetlt Ich würde aber für eine Belehrung sehr dankbar sein. Herr Landsberg hat auch von dem Vorhandensein bewassneter Zivilisten in Zäckertck gesprochen. Ich er- innere mich jetzt, daß auch noch zwei Zivilisten dort tätig waren. (Abg. Hölletn (Komm.) r Ihre Stirn möchte ich haben! Präsident Löbe ruft den Abg, Hölletn zur Ordnung.) Diese beiden Ztv.tlpoltztsten waren auf An- ordnung au» Berltn mit der Kontrolle der Leben»mit- telau»fuhr an der Eisenbahn beschäftigt. Insofern muß ich zugeben, daß der Abg. Land»berg in diesem Fall« zum ersten Mal« von seinem Berichterstatter rich- ttg unterrichtet worden ist. Ferner ist nach Herrn Land«, berg» Meldungen «in Herr Sass« im Kreise Königsberg besonder» überwacht worden durch Gendarmen und dergleichen mehr. «» ist richtig, daß ich den einen «en- darm,«»«Wachtmeister, der in einem Nein«» Ort. stativ. ntert war. durch «in oder zwei Wachtmeister »u setn-m Schutz, unterstützt hab«. Dieser Wachtmeister tat mir l^d. Nachdem di« Kommuntstenhorden au» Eber»walde in Liep« bet Angermünde nach einem Feuergefecht »inen Wachtmetst«« schwerverletzt au» feinem Hause wigge- fchl«pvt hatten, fürchtet, ich für diesen Wachtmeister Reichsregterung irgendwie vorgreifen zu wollen. auf m»in«m Gut« gnvessn war», varf uu dene Leute sollen vom Landrat beauftragt wordenj sein, auszukundschaften, wie wett sich der Vertreter der Landarbeiter in Bärwalde und andere Ver«' trauensmänner des verbände» an der Vorbereitung de» Generalstreik» beteiligt hätten, v. Keudell hat die Maßnahmen der Reichsregterung, die den Kapp- Putsch niederwerfen sollten, in jeder Weise zu ver eiteln gesucht. Während per Rede LandSbergS hatte sich , eine große Zahl der Abgeordneten vor der Tribüne versam melt, auch ReichStnnenmtntster v. Keudell erschien auf der Regierungsbank. Die Mitteilungen LandSbergS riesen im Hause aus der Linken eine immer erregtere Stimmung hervor, und al» Landsberg geendet hatte, erwartete man allgemein, daß nun Herr v. Keudell ant worten werde. Er machte aber nicht die geringste Miene dazu, auch Präsident Löbe wartete, und erst nach einer I Pause verkündete er, daß wettere Wortmeldungen nicht vorliegen. Nun brach aber auf der Linken der Sturm los. es hagelten förmlich Zurufe von Fragen auf den Reichsinnenmtntster nieder, ob er penn nicht erwidern und sich rechtfertigen wolle. Und erst dieser stürmischen Forderung gab Herr v. Keudell nach und meldete sich zum Worte mit der Begründung, er habe nicht gewußt, daß die Rednerliste bereit» erschöpft sei.