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Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr 278 Dienstag den 29. November 1921. 80. Jahrgang Amtlicher Teil Ergebnis der Stadtverordnetenwahl i« Wilsdruff am 27. November 1921. Es sind auf den Wahlvorschlag Lindner 122, Zschoke 768, Wehner 680, Lehmann 144, Heinickel 184, Loßner 273, auf die verbundenen Wahlvorschläge Lindner-Zschoke 890, Wehner-Heinickel-Loßner 1137 gültige Stimmen entfallen. Gewählt sind vom i Wahlvorschlag Zschoke (Sozialdemokratische Partei) 1. Zschoke, Max, Buchhändler, 2. Bombach, Richard, Parteisekretär, 3. Jähne, Richard, Tischler, 4. Schumann, Curt, Angestellter, 5. Heinicke, Adolf, Tischler, 6. Neumann, Paul, Lagerhalter. Wahlvorschlag Wehner (Deutsche Volkspartei) I. Wehner, Louis, Prioatus, 2, Hientzsch, Theodor, Oberlehrer und Kantor, 3. Frühauf, August, Braumeister, 4. Zienert, Willy, Dachdeckermeister. Wahlvorschlag Lehman» (Beamte und Festbesoldete) 1. Lehmann, Heinrich, Oberstadtsekretär. Wahlvorschlag Heinickel (Deutsche Demokratische Partei) 1. Heinickel, Johannes, Käsereibesitzer. Wahlvorschlag Loßner (Deutschnationale Volkspartei) l. Loßner, Hugo, Stesimachermeister, 2. Sinemus, Wilhelm, Fabrikant. Wilsdruff, am 28. November 1921. «si Der Wahlkommissar. Dr. Kronfeld. Viehzählung. Auf Grund der Verordnung des Wirtschaftsministeriums vom 1. November 1921 findet am 1. Dezember 1921 eine Viehzählung statt. Die Zählung erstreckt sich auf Pferde, Rindvieh, Maultiere und Maulesel, Esel, Schafe, Schweine, Ziegen, Federvieh, Kaninchen, Bienenvölker und auf die Arbeilsverwendung der Pferde. Die Aufnahme erfolgt mittels Ortssiften nach dem Stande in der Nacht vom 30. November zum 1. Dezember 1921. Die Beteiligten wollen den mit der Nachprüfung Beauftragten des Stadtrats in zweckdienlicher Weise Auskunft erteilen. Wer wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 10000 Mark bestraft, auch kann Vieh, dessen Vorhandensein verschwiegen worden ist, im Urteil für den Staat verfallen erklärt werden. Wilsdruff, am 26. November 1921. 377 Der Stadtrat. Grumbach. Die Gemeinde Hal 2,75 Festmeter gutes, gesundes Nutzholz (14 Stämme Esche, 2 Stämme Ahorn) abzugeben. Preisangebote bis 3. Dezember 1921 an den Unter zeichneten erbeten. Grumbach, am 28. November 1921. 88Z Der Gemeindevorstand. Urm kMM haben.im „Wilsdruffer Tage blatt", das einen weitver zweigten u. kaufkräftigen Leser kreis besitzt, große Wirkung Kleine Zeitung für eilige Leser. * Vom 20. Dezember d. I. ab ist eine behördliche Erlaubnis notwendig für den Aufkauf von Kartoffeln bei den Landwirten. Nur zugclassene Großhändler und Ankäufer für eigenen Bedarf sind davon ausgenommen. * Der Polizeipräsident von Berlin hat das am 22. November wegen der Plünderungen erlassene Verbot von Versammlungen und Umzügen unter freiem Himmel aufgehoben. * Die englische Regierung hat im Verlauf der Angoraaus einandersetzungen mit Frankreich beschlossen, zum Schutz der englischen Staatsangehörigen ein Kriegsschiff nach Merstna zu entsend an. * Die an Frankreich gerichtete Warnung Lord Curzons billigte das gesamte britische Kabinett. * Die Botschafterkonferenz in Paris stimmte der restlosen Entfernung der ungarischen Truppen und Gendarmerie aus dem Burgenland zv März-Enthüllungen. Zu den Enthüllungen der sozialistischen Blätter über das Vorgehen der Kommunistenführer beim mittel deutschen Aufstand im März wird uns geschrieben: Die Einheitsfront des Proletariats, von allen drei sozialistischen Parteien heiß erstrebt, von den Kommunisten aber stets besonders in den Vordergrund der aktiven Tagespolitik geschoben, ist, so scheint es, für immer zu sammengebrochen. Für immer, was beutzutage aller dings nicht ganz so wörtlich genommen werden darf. Doch für heute und morgen ist es aus damit, ganz zweifellos. Denn die Freiheit, das Berliner Organ der Unab hängigen, die gerade in den letzten Tagen noch in Ver bindung mit dem Hungerstreik der Gefangenen in Lichten burg uud den mehr und mehr um sich greifenden Lohn kämpfen der Arbeiter einem taktischen Zusammengehen mit den Kommunistrn sich geneigt zeigten, erklärt nach den bekannten Enthüllungen über den mitteldeutschen März« ausstand und die Atolle, tvelche die kommunistischen Führer dabei spielten, des Vorwärts rund heraus, daß die Versuche, mit den Kommunisten national oder intcr« national zusammenzugehen, nunmehr ein Ende haben würden. Es sei ausgeschlossen, mit den Vertretern dieser Partei gemeinsame Politik zu treiben. Denn für die Her stellung der Einheitsfront der Arbeiterklasse sei die erste, aber auch unerläßliche Voraussetzung: moralisch und Poli tisch einwandfrei zu handeln. Von diesem Ziele aber feien die Führer der kommunistischen Partei noch außerordent lich entfernt. Die deutsche Arbeiterklasse erfülle ihre wichtigste Pflicht gegen sich selbst, wenn sie „diese Gesell schaft" auch des letzten Restes der politischen Bedeutung entkleide, indem sie die Handvoll Vertreter an der Spitze der kommunistischen Partei unter sich lasse. Die Freiheit nimmt überdies den vom Vorwärts ge sponnenen Faden auch ihrerseits auf, indem sie nachweist, daß genau nach den gleichen Methoden, wie sie beim Märzputfch in Mitteldeutschland zur Anwendung kamen, auch in Breslau von der kommunistischen Führung ge arbeitet wuiDe. Auch dort mutete man den Arbeitern, immer nach dem unabhängigen Oraan. die nickst die ae ringste Lust verspürten, zu den Wassen zu greifen, Sprcng- attentate aus Gebäude zu, die der Arbeiterbewegung dien ten, nur zu dem Zweck, um die Arbeiterschaft in Auslegung zu versetzen. Auch dort wollte man Verbrechen dieser An zur Ausführung bringen, selbst auf die Gefahr hin, daß dadurch Menschenleben zu Schaden kämen. Auch dort trieb man auf diese Weise die eigenen Gesinnungsgenossen der Polizei in die Arme, nur um hinterher über den ge genrevolutionären Terror eben dieser herausgcforderien Polizei lamentieren zu können. Der Vorwärts seinersi^s ergänzt die ersten Mitteilungen nach den bei Klara beschlagnahmten Papieren durch weitere Berichte sähr des gleichen Inhalts. Die Ausrede, daß die ... fasser dieser Berichte gelogen hätten, will er natürlich nicht gelten lassen, weil zur Zeit, als diese nicht für die Öffent lichkeit bestimmten Dinge niedcrgeschrieben wurden, gar kein Anlaß zum Lügen vorlag, während jetzt, nach ihrer Veröffentlichung, für die Kommunistenführer allerdings sehr triftige Gründe zur Ableugnung dessen, was ihnen hier vorgeworfen wird, gegeben erscheinen. Der Vor wärts spricht von einer schlechthin vernichtenden Wirkung dieser Berichte, spricht von der Blutschuld der Kommu nisten, die nun auch für den blödosten Nichtpolitiker er wiesen sei, und bezeichnet es als eine heilige Pflicht, die Arbeiterschaft vor derart hinterhältigen Verführern zu warnen, damit sie nicht aufs neue von so gewissenlosen Kanaillen, von diesen über Leichen gehenden Gewalt menschen sich ins Verderben bringen lassen. Ob die Enthüllungen wesentlich dazu beitragen wer den, die bisherige Anhängerschar der Kommunistenführer von ihnen zu trennen, muß die nächste Zeit zeigen. Allzu weitgehende Erwartungen wird man jedoch nach dieser Richtung hin nicht hegen dürfen, denn an offenkundigen Beweisen dafür, daß den Kommunisten, wenigstens den jenigen, die in Berlin und Halle, in Thüringen und im Rheinland wirksam sind, der deutsche Arbeiter für die Ausführung der Sowjetbesehle aus Moskau gerade gut genug ist, hat es schon seit Jahr und Tag in Deutschland nicht gefehlt. Auch Rückschläge in der kommunistischen Bewegung waren wiederholt schon zu verzeichnen. Aber die Kommunisten haben sich doch immer wieder zu erheb licher Stoßkraft aufraffen können, wobei ihnen mancherlei Fehler in den anderen politischen Lagern erheblich zu statten kamen. Jetzt ist es die zunehmende wirtschaftliche Not des Volkes, an der sie ihr Parteisüppchen zu kochen verstehen. Mit eiserner Stirn setzen sie sich über alle Bloß stellungen, die ihrer Sache widerfahren, Hinwegs und da sic für ihr Austreten keine Schranke anerkennen, sich auch auf taktische Winkelzüge gegenüber den gleichfalls um die Führung der ArbeiterssKrst ringenden „Brudrrparteien" vorzüglich verstehen, werden sie nicht so leicht kaltzustellen sein; auch dann nicht, wenn die jetzigen Enthüllungen zu Strafprozessen und zu Verurteilungen führen sollten, ob wohl bei diesen in ungleich höherem Maße die Führer als die Gefiihrten getroffen würden. * Da? Material in Hande» des ODerreichsanwalts. Der Staatskommissar für die öffentliche Ordnung er klärt M den Enthüllungen, daß das bei Klara Zetkin an läßlich der Überschreitung der russischen Grenze vorge fundene Material am 8. Juli in die Hände des Staats- kommissars für öffentliche Ordnung gelangt und nackr sorgfältiger Prüfung und weiteren Nachforschungen am 16. August dem Oberreichsanwalt in Leipzig zur Einlei tung der strafrechtlichen Verfolgung gegen die beteiligten Personen übergeben worden sei. Am 29. September teilte der Obcrreichsanwatt mit, daß er die Verwertung des Materials im Untersuchungsausschuß zur Ermittlung der Ursachen und des Umfanges der März-Unruhen im Inter esse der Untersuck-ung nicht ermöglichen könne, da eine Geheimhaltung erforderlich sei. Am 10. November gab er bekannt, daß nunmehr nach dem Stand des Ver fahrens einer Verwertung des Materials keine Bedenken mehr entgegcnstehen. — Das Strafverfahren gegen die 2n soll bereits eingeleitet sein. WaMngisner Äberraschunaen. Herabsetzung der alliierten Kriegsschulden. — Deutschland soll eingeladen werden. — Briand hält Abschiedsreden. — Neue Beratungen in Sicht. Nachdem die Rede Briands den Plan der Abrüstung zu Lande zum Scheitern und damit die ganze Wafhing- toncr Konferenz ein wenig ins Wanken gebracht hat, haben die Amerikaner diesen Streich pariert und einen neuen Trumpf ausgespielt. Sie lassen jetzt die Meldung in die Welt gehen, daß sie nach einem erfolgreichen Abschluß der jetzigen Konferenz geneigt seien, eine zweite Konfe renz einzuberufen, auf der sie eine Herabsetzung der alliierten Schulden um 50 Prozent Zerschlagen würden. Voraussetzung sei, daß England seine Guthaben in gleicher Weise herabsetze. Präsident Harding hoffe, daß dieser neue Vorschlag Erfolg habe« werde. Voraussetzung ist aber, daß der Abrüstungsplan der Amerikaner angenommen wird. Dieser Vorschlag ist eine starke Überraschung, denn bisher war die Frage der Streichung oder Herabsetzung der Schulden Englands und Frankreichs an die Vereinigten Staaten ein Problem, für das die Amerikaner taube Ohren zeigten, offenbar, weil sie sich diese Frage für einen so günstigen Augenblick als Druckmittel aufsparen wollten. Die zweite Überraschung, die Harding hinzufügt, besteht darin, -aß Deutschland und Rußland eingeladen werden sollen, und zwar sowohl zur Teilnahme an der jetzigen wie an der künftigen Finanzkonferenz. Harding wünscht persönlich, daß beide Staaten den Beschlüssen über die Abrüstung beitreten möchten, vor allem, um die Be denken Frankreichs zu zerstreuen. Auch das ist ein ge schickter Gegenzug als Antwort auf Briands Rede. Die künftige Finanzkonferenz soll von vornherein auf die Teil nahme eines größeren Kreises von Nationen zugeschuitsi'." sein. „Der Soldat der Welt." Briand aber läßt nickt locker. Er hat in Washington zu guter Letzt vor seiner Abreise noch eine Ansprache gehalten, worin er mit der ihm eigenen Bescheidenheit erklärte, Frankreich sei aezwunaen, nickt nur für seine eigene Sicherheit, fondern als